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Gegen den Strom des eigenen Blutes

von

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Gebt mir Engel, gebt mir Dämonen…

Kapitel 9.

Gebt mir Engel, gebt mir Dämonen…
 

…alles wäre besser als hier an Langeweile zu sterben!

Seit nunmehr zwei Tagen saß Dean in seinem Motelzimmer und hielt sich an Castiels Bitte oder war es doch eher ein Befehl gewesen? Was spielte das jetzt noch für eine Rolle? Cass war weg und er war hier. Frust in Reinform.

Das letzte mal als er so gelangweilt in einem Motelzimmer rum gesessen hatte, da war er noch ein Kind gewesen. Er und Sammy waren zurückgeblieben währen ihr Dad eine Azeman, eine weibliche Gestaltwandlerin jagte. Genau, dieser Fall war der letzte gewesen bei dem John seine Söhne geschont und sie im Motel zurückgelassen hatte. Danach war zumindest Dean stets mit auf die Jagt gegangen. Bei diesem Gedanken fühlte er sich zurückerinnert an das traurige Gesicht seines kleinen Bruders. Da John ihn weiterhin aus der Schusslinie haben wollte, blieb dieser ganz allein zurück.

Sam hatte ihm damals schon Leid getan, aber was es wirklich bedeutete allein in einem stickigen Motelzimmer zu sitzen und auf die Rückkehr seiner Familie warten zu müssen, erkannte er erst jetzt im vollen Ausmaß.

Zu zweit hatte sie wenigstens noch etwas spielen können und wenn es bloß eine Partie Karten war. Sams Genörgel und die vielen anstrengenden Fragen hatten Dean zwar stets genervt aber gerade jetzt würde er alles für einen quengelnden Sam an seiner Seite tun.
 

Am Anfang hatte er das ganze wie Zwangsurlaub betrachtet, hatte Fern gesehen, Bobby ausführlich Bericht erstattet bis dieser ihn als Quasselstrippe bezeichnet hatte und das Gespräch nach 1 Stunde und 32 Minuten von sich aus beendete.

Gut, also Bobby stand nicht auf lange, ausführliche Telefonate. Schön, dann halt nicht. Er würde schon was finden das ihn beschäftigte.
 

Da der Impala unerreichbar war, konnte er nicht einmal den Kofferraum plündern um alle Waffen mal wieder ausgiebig zu pflegen. Er wartete sein Arbeitsgerät zwar regelmäßig, aber so eine ausführliche Reinigung hin und wieder tat den Waffen bestimmt nicht schlecht. Und jetzt hätte er die Zeit dazu, lediglich die Möglichkeit fehlte.
 

Der Fernseher langweilte mit seinem Vormittagsprogramm. In einer Show wurden Menschen mit übersinnlichen Talenten gesucht, irgendwo verkaufte eine dickliche, blonde Frau Hundeshampoo und dort jammerte ein Chef darüber das seine Sekretärin – mit der er seine Frau betrog – ihn mit dem schnittigen, jungen Mann aus der Buchhaltung hinterging.

War die Welt wirklich so? Lebten die durchschnittlichen, normalen Menschen wirklich mit Tupperware und Wunderputzmittelchen friedlich in den Tag? Wenn ja hatte er nicht viel verpasst. Da lebte er lieber weiterhin sein einsames Leben als Jäger bevor er sich ein Leben mit solchen Prioritäten auftat.

Auf dem nächsten Sender lief ein Kulturbericht über Poesie in Amerika und wieder einen Kanal weiter konnte man Sekundenkleber in Vorratspackungen kaufen. Kurz entlockte ihm das ein Schmunzeln und seine Langeweile wurde von den Bildern seines Bruders unterbrochen. Sie hatten sich schon den ganzen Tag Streiche gespielt und das ganze gipfelte in wüsten Beschimpfungen und einer Bierflasche die mit Sekundenkleber bestrichen gewesen war.

Da aber die Gedanken an Sam mehr Schmerzen als Ablenkung schenkten, drückte Dean erneut auf die Pfeiltaste seiner Fernbedienung.

Der Bibelkanal wurde aus Prinzip übersprungen und so endete Dean vor einer Wiederholung der Wiederholung von letzter Woche.

Irgendwann wurden ihm die Lieder schwer und so schlief er über einer neuerlichen Talkshow ein.
 

Was ihn weckte war schwer zu beschreiben. Nur langsam kehrte sein Bewusstsein aus den Nebelfetzen seines Traumes in die Klarheit der Wirklichkeit zurück. Als Dean seine Augen aufschlug, war es stockdunkel. Nur ein kleiner, ganz schwacher Lichtschimmer schien durch das Fester ins Zimmer.

Wie lange hatte er geschlafen?

Das schwache Licht tanzte über den Boden, ging aus, wieder an, wieder aus und wieder an…
 

Ohne ein Geräusch zog Dean das Messer unter dem Kissen hervor.

Jetzt wusste er auch wieder was ihn geweckt hatte. Jemand oder besser gesagt Etwas war in diesem Zimmer!

Irgendwo verbarg sich im dunklen Zwielicht des Raumes ein Gegner! Deans Instinkte waren geweckt, der Jäger konzentrierte sich. Doch nirgends hob sich eine Silhouette von der Dunkelheit ab. Wenn das was er suchte so perfekt mit der Dunkelheit verschmolz, dann musste er auf eine Bewegung warten. Lange lag er still da, sein Herz hämmerte und das Blut rauschte in seinen Ohren. Nirgends bewegte sich etwas.

Plötzlich fühlte er einen Luftzug. Nicht mehr als ein Hauch der seine linke Wange streifte und kurz über seine Haare strich. Er zuckte zurück, ließ seinen Blick am Bettrand entlang wandern. Doch nichts. Keine Bewegung, keine Veränderung in der ihn umgebenden Finsternis.

Der Luftzug wiederholte sich und Deans Herz raste als würde es aus seiner Brust springen wollen. Woher kam der Wind? Es war kein Fenster offen und die Klimaanlage…die Klimaanlage, warum gab sie kein Geräusch von sich?

Erst jetzt wurde sich Dean der ungewöhnlichen, alles verschlingenden Stille bewusst. Als könnte hier und jetzt in diesem Raum kein Geräusch existieren. Außer dem hilflosen Pochen seines Herzens.
 

Wieder flackerte das Licht im Fenster und Dean wartete gespannt. Er rechnete mit allem, es könnte ja auch ein Geist sein. Warum war es im Zimmer nicht heiß? Die Klimaanlage lief nicht mehr und draußen herrschte trotz dunkelster Nacht noch große Hitze. Warum war es also nicht heiß hier drin? Wirklich ein Geist? Aber kalt war es ja auch nicht.
 

Erneut fegte ein Windstoß über ihn hinweg, stärker dieses Mal und vielleicht waren es bloß seine überreizten Sinne die ihm einen Streich spielten, doch er hörte etwas. Fern erinnerte es ihn an eine Stimme. Etwas Wimmerndes, Klagendes.

Dean lauschte, doch weder der Luftzug noch das Geräusch wiederholten sich.

Noch immer flackerte die Lampe, warf tanzende Schatten auf den Teppich. Wieder wurde sich Dean der Stille um sich her bewusst. Kein Autolärm von der Straße, keine Stimmen vom Parkplatz oder aus einem anderen Zimmer. Nichts, nur Stille und Schwärze und…
 

Wieder ein kurzer Lufthauch und wieder war diese Stimme da. Oder waren es Stimmen? Wie von Kindern, vielen Kindern. So hörte es sich an wen der Wind Geräusche von einem Spielplatz mit sich brachte, Lachen und Schreien vereint in einer seltsamen Kakofonie.
 

Der Wind kam und ging, ähnlich wie das flackernde Licht. War es das was ihn letztendlich geweckt hatte? Dieser seltsame, klagende Ton der durch sein Zimmer wehte? Sich einer anderen Anwesenheit bewusst, hatten seine Sinne Alarm geschlagen. Etwas war hier, hier in diesem Raum. Zusammen mit ihm.

Wieder huschte sein Blick von einer Seite des Zimmers zur anderen. Nirgends etwas zu sehen. Vielleicht war das was er suchte unter seinem Bett? Wohl kaum, wie kam Wind von unter dem Bett nach oben an sein Gesicht?

Der einzige noch verbleibende Ort den er bisher nicht bedacht hatte, war die Denke.

Mit einem schrecklichen Gefühl und klammen Fingern, die sich fest um den Griff des Messers schlossen bis seine Fingerknöchel weiß hervorstachen, hob Dean seinen Kopf…
 

…und blickte in ein blasses, kleines Kindergesicht.

Erschrocken fuhr er hoch, doch er konnte sich nicht bewegen! Er wollte aus dem Bett springen, flüchten aber es ging nicht! Eine unsichtbare Hand schien ihn ans Bett zu fesseln!

Trotz der von ihm immer mehr Besitzergreifenden Panik zwang sich Dean wieder an die Denke zu blicken. Das schneeweiße Kindergesicht musterte ihn emotionslos aus dunklen, fast schwarzen Augen.

„Was bist du?“ rief Dean aufgebracht und kämpfte erneut gegen seine unsichtbaren Fesseln.

Das Gesicht veränderte sich, Muskeln und Kiefer begannen sich unter der pergamentartigen Haut zu bewegen und die dünnen, blutleeren Lippen öffneten sich. Stumm formte das Kind Wörter, die Deans Ohr nie erreichten. Nur das klagende Geräusch welches den Windhauch begleitete, schien von ihren stummen Lippen zu tropfen.
 

„Was willst du?“ Angst und Verzweiflung fluteten Deans Stimme.

Er kämpfte um seine Fassung und wandte sich auf seinem Bett hin und her. Aber was immer ihn gefangen hielt, es war stark. Sehr stark! Es gab kein Entkommen…
 

Wieder sprach das Kind, wieder kam kein Laut über ihre Lippen. Dean spürte seinen hämmernden Herzschlag, seine Brust fühlte sich eng an, als würde ihm etwas die Luft abschnüren. Das Atmen viel ihm immer schwerer, er röchelte, versuchte Luft in seien Lungen zu saugen. Blanke Panik ergriff ihn, das Gesicht über ihm so fratzengleich und ohne Regung beobachtete ihn.

Ein letzter, gieriger Atemzug und Dean schrie: „Cass!“ Seine Lungen brannten wie Feuer! Von der Anstrengung ausgezehrt verschwamm das Bild vor seinen Augen und plötzlich…
 

…war alles vorbei.
 

Dean atmet wieder normal. Er griff an seine Brust, spürte das schnelle schlagen des Herzens und das hektisches Heben und Senken seiner Brust.

Das Zimmer war noch immer totenstill. Das Licht flackerte und als Dean aufblickte stand ein kleines, etwa neunjähriges Mädchen an seinem Bettende. Entsetzt erkannte er eben jenes Gesicht, welches vor wenigen Sekunden noch mit der Decke verschmolzen schien. Wieder versuchte er zu flüchten, wieder kam er nicht vom Fleck.

Das Mädchen war schlaksig, dünn und blass. Wie ein Geist. Dunkles Haar umrahmte ihr fahles, rundliches Gesicht. Sie trug ein helles Kleid mit vielen Rüschen. Im Zwielicht des Zimmer schien das ganze Kind förmlich zu leuchten.
 

„Was bist du? Was willst du von mir?“ verzweifelt zerrte Dean an seinen Fesseln. Das Mädchen stand so nahe, er hätte es berühren können, wenn er seine Hand nach ihr ausgestreckt hätte.

Plötzlich legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Kindes. Wieder öffnete es seinen Mund, formte Worte und dieses Mal verstand Dean.

„Versprich mir etwas“, bat das Mädchen. „Versprich es mir mit Leib uns Seel.“

Ihre Stimme klang hell und wäre wohl als weich und freundlich zu bezeichnen gewesen, wenn nicht ein seltsamer Widerhall ihre Worte zu vervielfachen schien. Ähnlich wie ein Echo oder der Versuch eines Kinderchors synchron zu sprechen.
 

„Was? Was willst du von mir? Wer bist du?“

„Versprich mir etwas und ich werde dich belohnen. Erinnere dich an meine Worte, denn der Tag wird kommen.“

„Wovon zum Teufel sprichst du?“

„Du sollst Versprechen, Dean Winchester“, forderte das Kind mit Nachdruck.

„Was soll ich dir versprechen?“

Das Mädchen legte ihren kleinen Kopf leicht schräg und blickte den immer noch gefangen Menschen aus ihren dunklen Augen an.

„Versprich mir es zu akzeptieren.“

„Was?“

„Das Schicksal.“

„Was? Wessen Schicksal?“

„Das deine, das der Welt. Versprich es mir.“

„Nein, ich verspreche gar nichts! Was willst du von mir hä? Ein Versprechen das ich mich nicht einmische? Ich werde immer das tun was ich für richtig halte, hörst du? Ich lasse mich von niemandem von meinem Weg abbringen!“

„Das ist gut“, lobte das Mädchen und ließ ihren Kopf auf die andere Seite fallen. Ihre Wange ruhte auf ihrer Schulter und Dean wurde das Gefühl nicht los, dass einem normalen Menschen diese Position unangenehm sein musste. Also definitiv kein Mensch. Aber was war das Kind dann? Ein Dämon so wie Lilith?
 

„Du musst es mir versprechen, nur für dieses eine Mal“, sprach das Mädchen weiter.

„Das kann ich nicht, ich weiß nicht wer oder was du bist! Vielleicht verkauf ich dir meine Seele mit diesem Versprechen!“ schrie Dean.

Das Kind schien zu überlegen was es als nächstes sagen sollte. Ihr Kopf hob sich von der Schulter und sah Dean wieder gerade an.

„Der Tag wird kommen und du wirst zweifeln. Versprich mir nicht zu Handeln und ich werde dich belohnen.“

„Versprechen kannst du mir vieles, ich glaub dir trotzdem nicht! Warum auch, ich meine du tauchst hier mitten in der Nacht auf, fesselst mich ans Bett! Wie soll da eine Vertrauensbasis entstehen?“
 

„Du musst mir nicht vertrauen, noch nicht. Nicht Heute, nicht hier. Später“.

„Schön“, Dean war die Spiele langsam leid. „Schön, sagen wir mal ich würde dir das Versprechen geben. Ich würde mich an diesem einen Tag nicht einmischen. Woher weiß ich wann genau ich mich zurückhalten soll? Verrätst du mir das?“ Seine Geduld war erschöpft, Gereizt und langsam völlig verschwitzt von seinem Kampf gegen die Fesseln wurde Dean Stimme immer lauter.

„Ja“, antwortete das Kind schlicht.

„Gut“, brüllte er. „Dann lass hören.“

„Mein Name ist Fedra“

„Und weiter?“

„An dem einen Tag, da wird der dem du am meisten vertraust dir diesen Namen nennen. Dann sei ohne Furch, kämpfe nicht weiter sondern akzeptiere es. Wenn du das für mich tust, werde ich dich belohne. Also versprich mir Dean Winchester, versprich es mir mit deinem Leib und deiner Seele.“
 

Panik überkam Dean, als das Mädchen auf ihn zu schritt. Wieder kämpfte er, wieder war es sinnlos. Erneut schien die Luft aus dem Raum zu entweichen, wieder rang er die aufkommende Todesangst nieder. Die Bilder vor seinen Augen verschwammen. Das weiße Mädchen schien sich zu krümmen, verlief mit einer Träne zu einer seltsamen Form.

Dean röchelte, hilflos schien die Schwärze immer Näher zu kommen, drohte in einzuhüllen und in die ewige Dunkelheit hinab zu ziehen.

„Versprich es mir“, klang die leise Kinderstimme dicht an seinem linken Ohr. „Bitte versprich es mir.“

„Ich…“ stöhnte Dean. „Ich verspreche es.“
 

Und dann, dann war alles vorbei.
 

Dunkelheit wich schummrigem Dämmerung, absolute Stille dem rattern der Klimaanlage, dem fernen Rauschen von Autos auf den Straßen der Stadt und Dean erwachte schweißgebadet in zerwühlten, weißen Laken in seinem schäbigen Motelbett.

Laut schnappte er nach Luft, versuchte sich zu beruhigen und sah sich panisch um. Doch nichts war ungewöhnlich. Alle so wie es sein sollte, wie es war bevor er eingeschlafen war. Noch immer lief der Fernseher, das Messer lag unter seinem Kopfkissen – davon hatte er sich sogleich überzeugt – und kein Kind weit und breit.
 

Ob das wohl alles nur ein verrückter Traum war? Hatte er sich eingebildet was sich eben noch so real angefühlt hatte?

Viel Zeit darüber nachzudenken bekam der Jäger nicht. Denn kaum war sein Puls wieder im Normalbereich da hörte er das bekannte Geräusch von flatternden Flügeln. Einen Wimpernschlag später stand die schlanke Gestallt Castiels im Zimmer.

Doch etwas stimmte nicht. Seine ganze Erscheinung war auf den ersten Blick vertraut, so wie immer. Vielleicht waren seine Haare noch ein wenig unordentlicher, die Krawatte saß schiefer und lockerer den je.

Dann erkannte Dean was ihn wirklich an Cass Aufmachung störte. Ein roter Fleck der rasch größer wurde und sich über das weiß des Hemdes ausbreitete.

„Gott Cass!“ rief er, stürzte aus dem Bett und erreichte den Engel gerade noch rechtseitig, bevor dieser zu Boden ging.



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