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Die Chroniken von Khad-Arza - Die andere Seite des Himmels

Drittes Buch
von

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Thiras Schwäche

Die Zeiten waren gut aufeinander abgestimmt gewesen. In dem Moment, in dem Thira wusste, dass die anderen auf Scharans Schiff waren, spürte sie die Tari Randora merklich kälter werden, während sie durch den Korridor rannte. Sie fand Yamuru durch bloße Instinkte; als sie ihrem Cousin letztlich irgendwo in der Nähe des Hecks der Tari Randora gegenüber stand in einem der Korridore, die Kouriha bereits gezogen und darauf vorbereitet, ihn auseinanderzunehmen, lächelte er sie an. Es war dieses überlegene, arrogante Lächeln, das sie an ihm so verabscheute; diese Fratze, in der immer dieses Amüsement steckte, das sie verspottete, ohne dass ihr Vetter auch nur ein Wort sagte. Keuchend hielt sie an und umklammerte ihre Waffe, ihren Hass auf ihn herunter zwängend; wer mit Hass kämpfte, hatte vielleicht mehr Schlagkraft, war aber auch blind. Sie wusste, wieso die Zuyyaner seelenlos genannt wurden. Weil Emotionen beim Kampf nur behinderten und die Sicht auf das Ziel blockierten. Das war der Grund, aus dem jedem zuyyanischen Krieger eingebläut wurde, seine Emotionen zu verschließen... und den Schlüssel wegzuwerfen.

Und Yamuru konnte das nicht... er war wie ein offenes Buch. Das war der große, vielleicht einzige Fehler, den dieser Mann besaß... der einzige Punkt, an dem sie ihn treffen könnte.

„Du bist allein gekommen.“, stellte sie kalt fest, „Dann hältst du dich an die Abmachung.“

„Wir wollen ja fair bleiben.“, sagte er lächelnd, „Ich habe nicht vorgehabt, dir eine lange Nase zu drehen. Hast du geglaubt, es würde für deine... Kameraden so leicht, Neisa zurückzuholen, nur, weil ich jetzt nicht da bin? Ich bin nicht der einzige Kämpfer da.“

„Aber der gefährlichste.“, sagte sie und erntete schallendes Gelächter von ihm.

„Du rührst mich. Dein Respekt ehrt mich, Cousine.“

„Für die anderen der gefährlichste, weil du zwei Reikyus hast.“, addierte sie schnarrend und zog mit einem kurzen Zischen ihre Waffe hoch, „Ich werde mit dir fertig. Du magst Großmeister sein, aber du hast etwas, das dich töten wird, Yamuru Mirrhtyi... etwas, das ich nicht habe.“

„Mir fallen da mehrere Dinge ein, die ich habe und du nicht, mit denen ich dir zumindest wehtun könnte.“ Sie ging nicht darauf ein und stürzte sich ohne weitere Umschweife frontal auf ihn. Mit einem Satz zurück hatte er jedoch seine Sanhari gezogen und mit ihr den Schlag der Kouriha geblockt, dass es laut klirrte. Thira verzog keine Miene und schlug noch mal nach ihm, er jedoch ließ aus einer Waffe Eissplitter schießen, denen sie haarscharf ausweichen musste, um nicht skalpiert zu werden. Mit einem Schwung ihrer eigenen Waffe zerschmetterte sie den letzten Eiszapfen direkt vor ihrem Gesicht und versetzte ihrem Vetter einen Hieb, der ihn tatsächlich zurückdrängte.

„Hier drinnen nützen dir die Eismassen da draußen, die danach lechzen, dir zu dienen, gar nichts!“, keuchte das junge Mädchen und wirbelte herum, als er einen Gegenangriff startete und sie mit seiner Sanhari zurück schleuderte. Wieder krachten beide Eiswaffen klirrend aufeinander.

„Oh, ich könnte sie herein zitieren. Aber das würde die Tari Randora demolieren, das wäre ein Jammer. Chenoas Vater hat sich so viel Mühe gegeben, sie zu bauen, und ich weiß ja jetzt, wie Nervenaufreibend so eine Fertigung ist.“ Es folgte ein rasanter Schlagabtausch beider Fronten, bei dem noch diverse Eissplitter durch den Korridor jagten und sich teilweise tief in die Wände bohrten oder zumindest mit ätzendem Geräusch riesige Kratzer hinterließen.

„Hast du geglaubt, ich gäbe dir die verfluchte Karte tatsächlich, wenn du kommst?“, fragte Thira ihren Cousin, als die Klingen erneut aufeinander stießen und er sich plötzlich so dicht zu ihrem Gesicht herab beugte, dass sie beinahe mit ihrer Nase die seine berührt hätte. „Dumm von dir, Yamuru.“

„Ich habe nie geglaubt, du würdest sie mir geben.“, grinste er sie an und kam noch etwas näher, während sie mit der Klinge der Kouriha gegen seine Waffe drückte und versuchte, ihn weg zu stoßen. „Aber kriegen werde ich sie trotzdem... weil du schwach bist.“

Sie riss die Kouriha mit einem gewaltigen Ruck nach oben und traf ihn am Arm. Er war zwar überrascht, wie es aussah, aber keineswegs beunruhigt, denn das alberne Grinsen wischte ihm der Angriff nicht aus dem Gesicht, als er zurückfuhr und einem neuerlichen Angriff seiner Cousine geschickt auswich. Sie schlug nach ihm und glaubte bereits, sie würde seinen Hals erwischen... dann bewies er ihr, dass er in allen Punkten vor ihr war. Er war größer als sie, kräftiger, schneller, und er seinerseits schien genau zu wissen, was er machen musste, um sie zu kriegen... was sie von sich nicht behaupten konnte, wie sie gerade leicht verärgert feststellte. In dem Moment, in dem er sie packte und rückwärts gegen die Wand des Korridors stieß, in dem Moment, in dem er ihr die Sanhari gegen die Kehle presste und mit einer einzige Bewegung seines linken Reikyu-Auges dafür sorgte, dass sie ihre eigene Waffe klirrend fallen ließ, war Thira plötzlich klar, dass er die ganze Zeit nur gespielt hatte. Dass er sie hatte glauben machen wollen, sie könnte ihn schlagen, und jetzt machte er auf einmal ernst und sie war entwaffnet.

Wie eine gefangene Kriegerin reckte sie das Gesicht trotzig in die Höhe und begegnete seinem intensiven Blick voller Kälte und Abscheu. Sie würde ihm ins Gesicht sehen... sie würde nicht demütig vor ihm kriechen, egal, was auch immer er ihr mit seinem Auge antun würde. Es war noch nichts verloren, auch, wenn es gerade schlecht aussah. Keuchend schnappte die Grünhaarige nach Luft und sah Yamurus Lächeln verschwinden, als sie in seine verschiedenen Augen starrte. Die Farbe seines rechten Auges war Magenta... die Farbe von Macht, die Farbe von Magie. Magentafarbene Augen waren selten und soweit Thira wusste insbesondere eine Eingenart der Blutsverwandten des Mirrhtyi-Clans. Ihre eigene Mutter, selbst ein Abkömmling der Mirrhtyis, hatte ebenfalls magentafarbene Augen gehabt.

„Siehst du... schwach.“, amüsierte sich der junge Mann und beugte sich drohend über sie, als sie gegen ihren Willen schauderte. Was war es, das ihr so eine Gänsehaut verschaffte? Die Waffe an ihrer Kehle, mit der er sie jeden Moment aufschlitzen könnte? Oder doch eher sein Gesicht, das ihrem für ihren Geschmack etwas zu nahe kam...? Im nächsten Moment fuhr sie zusammen, als seine Hand ihren Oberarm losließ, den sie gerade noch gegen die Wand gepresst hatte, und stattdessen zu ihrem Oberschenkel glitt und den Saum ihres kurzen Kleides streifte –

„Du wirst sterben, Yamuru! Noch einen Schritt näher... und ich töte dich!“, fuhr sie ihn an und riss mit aller Kraft den Blick von seinen Augen los, als sie das Bein empor schnellen ließ und es ihm zwischen die Beine rammte. Er keuchte und wurde sichtlich bleich im Gesicht, der Moment seiner Pein reichte ihr, um ihre Arme loszureißen und die Reikyu zu beschwören... doch kaum einen Moment später packte Yamuru sie etwas gröber am Handgelenk und rammte sie erneut mit einem brutalen Stoß gegen die Wand in ihrem Rücken, sodass sie aufkeuchte und sämtliche Reikyus vergaß. Er machte keinen Hehl daraus, dass ihr Tritt ihm ziemlich wehgetan haben musste und ihn erzürnt hatte, und sie fragte sich, ob sie ihn jetzt zum ersten Mal wütend sah statt blöd grinsend.

„Ah-ah-ah, nicht so eilig.“, tadelte er sie in der Manier eines Vaters, der mit seinem Kleinkind schimpfte, und sie sah ihn innerlich wüst gegen den brutalen Schmerz in seinen Weichteilen kämpfen. „Berechnend, Cousine... wir sind hier noch lange nicht fertig. Gibst du mir die Karte freiwillig?“ Sie schnaubte ihn an und wich seinem Gesicht aus, das ihrem schon wieder zu nahe kam.

„Geh mir vom Leib!“, blaffte sie ihn an, „Komm nur noch näher und du wirst es bereuen!“

„Verstehe, ist wohl das erste Mal, dass dir irgendein Mann so nahe kommt. Die Männer auf Tharr früher waren wohl nicht sonderlich nett zu dir...?“ Sie zischte. Da war es wieder, sein Lächeln. Obwohl sie ihn nicht ansah, spürte sie es deutlich... wie schnell hatte der bitte seine Schmerzen überwunden? „Vergib mir, dass ich so grob bin, Thira. Aber da du geschworen hast mich zu töten, müsste ich um mein Leben fürchten, würde ich es sanfter angehen... von daher bleibt mir ja keine andere Wahl. Ja, ich habe mich an die Abmachung gehalten. Jetzt wird es Zeit, dass du das auch tust. Gib sie mir, Thira. Dann wird es weniger schmerzhaft.“

„Du kannst mich mal. Hol sie dir, wenn du dich traust.“, entgegnete sie kaltblütig und als sie wieder in sein Gesicht sah, schauderte sie – das Grinsen, das sich auf seine Lippen schlich, unterschied sich irgendwie von dem üblichen. Sie wusste nicht, auf welche Weise... sie begriff nicht, was in ihm vorging, und zum ersten Mal stellte sie fest, dass Emotionen, wie er sie so offen ausstrahlte, sie absolut verwirrten. Er fühlte irgendwas, er dachte sich irgendwas, genau jetzt, und was es war, konnte sie einfach nicht erfassen... sie wäre ohnehin nicht dazu gekommen, denn im nächsten Moment packte er sie, riss sie von der Wand weg und stieß sie zur Seite, um sie frontal mit der Sanhari anzugreifen. Ihrer Kouriha beraubt blieb ihr nichts anderes übrig als ihm auszuweichen, aber als sie herum wirbelte, war er plötzlich wie aus dem Nichts wieder vor ihr, versperrte ihr den Fluchtweg, packte sie abermals und schmetterte sie mit einem gewaltigen Stoß gegen die nächste Wand, die daraufhin aber nachgab. Thira merkte noch während sie rückwärts zu Boden stürzte, dass es keine Wand, sondern eine Tür gewesen war, gegen die er sie geschleudert hatte, und als sie in den Raum dahinter hinein gefallen war und sich aufrappelte, folgte er ihr in das Zimmer und knallte die Tür zu. Thira keuchte heftig und spürte den Schmerz in ihrem Kopf und Rücken nur geringfügig, während sie zusah, wie ihr Cousin mit einer simplen Bewegung seiner Waffe einen Schwall Eis auf die Türklinke und das Schloss schleuderte, worauf beides einfror.

„So.“, behauptete er wieder seelenruhig, „Jetzt kannst du nicht raus und keiner rein, bis ich den Zauber auflöse. Ich habe alle Zeit der Welt, Thira. Du wirst hier nicht rauskommen und ich nicht gehen, bis ich die verfluchte Karte habe. Und deine Kouriha liegt draußen, ich habe eine Waffe und eine Reikyu mehr als du, du bist geliefert. Also, wie geht es weiter?“

Er verspottete sie. Sein ganzes Sein veräppelte sie, sein zufriedenes Lächeln, mit dem er sie jetzt musterte, als wäre sie ein Stück Fleisch, sein magentafarbenes Auge, sein anderes Auge erst recht. Sie spürte Zorn in sich und verdrängte ihn... sie musste kalt bleiben, wenn sie nicht wollte, dass er sie angreifen konnte. Nirgends war der Mensch leichter anzugreifen als an seinen Gefühlen... und obwohl Yamuru seine so offen ausspielte, als hätte er gar nichts zu verlieren, war es ihr noch nicht gelungen, ihn zu schlagen. Irgendetwas übersah sie... irgendwie.

Sie trat zwei Schritte rückwärts im Raum, weg von Yamuru.

„Du wirst mich töten müssen, wenn du die Karte willst.“, schnarrte sie giftig. „Ich werde sie dir nicht geben, Yamuru.“

„Immerhin warst du so vorausschauend, sie tatsächlich bei dir zu tragen, statt sie irgendeinem deiner Kumpels anzuvertrauen.“, amüsierte er sich und putzte mit zwei Fingern imaginären Dreck von der Sanhari. „Ich meine, eigentlich ist das doch ziemlich dumm von dir.“

„Die Karte gehört mir.“, grollte Thira, „Und ich beschütze sie mit meinem Leben. Das ist meine Bürde und nicht die der anderen. Die haben genug zu tun.“

„Nein, daran liegt es nicht.“, behauptete Yamuru und wurde plötzlich ernst. „Du vertraust ihnen nicht. Du vertraust niemandem, weil du Gefühle... verabscheust. Und vertrauen kannst du nur Maschinen. Wie du eine bist... eine seelenlose Puppe. Ich bedaure dich... Cousine.“
 

Ihre Reaktion zu beobachten war köstlich. Sie zuckte; nur ganz kurz und so unscheinbar, dass er es fast übersehen hätte, aber er wusste genau, dass die Worte an der Stelle trafen, wo er sie hatte haben wollen. Sie trat einen Schritt zurück und stieß gegen die Wand des Raumes. Yamuru verkniff sich das triumphierende Grinsen, er wollte sie nicht ansehen wie ein Löwe, der gerade froh darüber war, sein dummes Beutetier in eine Sackgasse getrieben zu haben. Dieser Vergleich mit dem Löwen und dem Lamm war irgendwie auch völlig überholt. Thira war kein Lamm. Thira war ein Ungeheuer... dessen wahre Macht allerdings erst mal aufgerüttelt werde musste.

„Du... bedauerst mich?“, schnarrte sie, und er ergötzte sich regelrecht an ihrem verzweifelten Kampf um Selbstbeherrschung. Er spürte ihre Furcht – sie hatte Angst. Ob vor ihm, ob vor seinen Worten, ob vor der Wahrheit, er wusste es nicht, aber er spürte, dass ihr die Angst aus jeder Pore drang. „Wie rührend.“

„Eine Seele ist das, was uns Menschen von Steinen unterscheidet.“, belehrte er sie mit einem gönnerhaften Lächeln, das er sich einfach nicht verkneifen konnte. „Sie macht uns lebendig, sie macht uns zu Individuen, weil jeder eine Seele hat. Oder haben sollte... du bist zu lange unter Chenoas Fittichen gewesen. Chenoa hat keine Seele mehr... deswegen hat sie dir deine ebenfalls entfernt.“

„Wovon redest du da?!“, fuhr sie ihn an und als er das Gefühl hatte, sie würde sich gleich in bestialischer Manier auf ihn stürzen und ihm die Kehle zerfetzen, packte er sie blitzschnell an den Oberarmen und rammte sie mit Gewalt gegen die Wand, sodass sie keuchte. Er verhinderte, dass sie fliehen oder ihn noch mal treten konnte, und spürte wieder die Angst in ihr, als er sein Gesicht so dicht zu ihrem herab senkte, dass sich beinahe ihre Lippen berührt hätten. Ihre Nähe elektrisierte ihn. Sie machte ihn ganz hibbelig, je länger sie einfach nur da war, und diese Furcht, die sie hatte, machte alles nur noch schlimmer.

Es gab keinen Grund für sie, ihn zu fürchten...

„Jeder hat eine Seele, wenn er geboren wird.“, sagte er zu seiner hübschen Cousine und grinste, als sie versuchte, den Kopf wegzudrehen, um seinem Gesicht zu entkommen. „Manche verlieren sie, wenn sie zu viel Schlimmes erleben. Die Seele macht uns lebendig, aber auch verwundbar... sie ist gleichzeitig unsere Stärke und auch unsere größte Schwäche. Deine Seele allerdings ist nicht tot, Thira... sie ist nur versperrt, weil du zu viel bei Chenoa warst. Du hast eine... ich kann es dir beweisen.“

„Versuch es und ich werde dich töten!“, schwor sie wütend, „Ich werde dir weder die Karte noch meine Seele überlassen! Ich werde nicht zulassen, dass du irgendetwas mit mir machst, das mich schwach macht. Und die Seele ist es, die uns sterblich macht, Yamuru. Was meinst du, warum wir Zuyyaner so begnadete Krieger sind? Weil wir fähig sind, unsere Sterblichkeit... zu verschließen.“

„Macht uns das wirklich stark, wie... Steine zu sein?“, grinste er amüsiert. „Steine lachen nicht, wenn ihnen die Sonne den Rücken wärmt. Sie weinen nicht, wenn einer ihrer Brüder von einem Blitz zerschlagen wird. Sie sind einfach nur... da. Willst du sein wie ein Stein? Was passiert, wenn man einen Stein ins kalte Wasser wirft? Er geht unter, statt zu kämpfen und an der Oberfläche zu bleiben. Wenn ich dich in den Schatten werfe, Thira... wirst du untergehen... etwa so wie ein Stein.“

Er griff mit einer Hand ihr Kinn, um es wieder zu sich herum zu drehen, ehe er den Abstand zwischen ihnen überwand und sie küsste. Es war eine heikle Sache gewesen, diesen Schritt zu machen, aber es war notwendig – und es erzielte genau die Wirkung, die er erwartet hatte. Thira erstarrte, als seine Lippen ihren Mund verschlossen, und er spürte trotz geschlossener Augen, dass sie ihn anstarrte. Sie wehrte sich nicht, sie starrte nur und war wie eingefroren, bis er begann, sie etwas energischer zu küssen und mit der Zunge zwischen ihre Lippen zu fahren. Dann zitterte sie, aus ihrer Starre erwacht wie ein Frosch im Frühling, und es musste reiner Instinkt sein, der sie dazu trieb, den Mund zu öffnen und ihm entgegen zu kommen. Und sie erwiderte seinen Kuss mit einer verboten berauschenden Leidenschaft, die er ihr gar nicht zugetraut hätte, die ihm aber nur zu Gute kam, als er sie heftiger gegen die Wand drückte, den Kuss intensivierte und ihr Kinn losließ, um die Hand stattdessen auf ihren Oberschenkel zu legen und unter ihren kurzen Rock zu gleiten, bis er fand, was er gesucht hatte.

Als er sich zufrieden von ihren Lippen löste, keuchte sie und starrte ihn fassungslos an, während auf ihre Wangen eine verlegene Röte schlich, die definitiv bewies, dass sie nicht seelenlos war. Yamuru grinste, als er die Hand unter ihrem Kleid hervor zog und ihr die Karte unter die Nase hielt, die er von ihrem Schenkel montiert hatte, wo sie sie versteckt und festgebunden hatte. Wenn man zwei Reikyus hatte, war es nicht schwer, das Ding zu finden, selbst unter der Kleidung.

„Tadaa.“, machte er stolz und sah sie erbleichen, „Ich habe doch gesagt, ich kriege die Karte. War das etwa dein erster Kuss? Bedauerlich.“

Ihr Gesicht wandelte sich von fassungslos in wutentbrannt, und sie riss sich von ihm los und schlug nach ihm – er wich ihr blitzschnell aus und schleuderte die Karte samt seiner Sanhari von sich weg gegen die Wand neben der Tür, wo die Waffe das Pergament aufspießte und gegen die Wand nagelte, außerhalb ihrer beider Reichweite. Thira zischte.

„Das wirst du büßen... das wird dir leid tun, Yamuru!“

„Na, na, du hast wohl doch eine Seele. Immerhin wirst du wütend.“, grinste er und wich einem neuerlichen Schlag von ihr aus, ehe er sie mit Leichtigkeit wieder zu fassen bekam und sie abermals gegen die Wand rammte, sich so dicht gegen ihren Körper pressend, dass sie keuchend nach Luft schnappte und wieder errötete. „War ja auch hinterhältig von mir, dich zu küssen, nur um die Karte zu klauen. Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich dich geküsst hätte, weil ich dich liebe?“

„Es wäre mir am liebsten, wenn du mich überhaupt nicht geküsst hättest.“, erwiderte sie bebend und er schmunzelte.

„Ah, sicher? Das war aber nicht sehr überzeugende Abscheu gerade eben.“ Sie spuckte ihm ins Gesicht und er packte mit einer Hand ihre Kehle, drückte nur so fest zu, dass sie ins Keuchen kam, aber nicht lebensbedrohlich verletzt wurde, ehe er sich wieder zu ihr herab beugte – sie erstarrte, als er direkt vor ihren bebenden Lippen inne hielt, und ihr ganzer Körper begann vor Spannung zu zittern, als er ihre Kehle langsam losließ und in diesem geringen Abstand vor ihr verharrte. Er spürte ihre Atem in seinem Gesicht, er spürte die Hitze, die durch ihren Körper schoss wie ein Fluss aus Feuer, den er entzündet hatte, er spürte die Panik in ihrem Inneren, gemischt mit Wut... und Neugierde.

„Nur ein Wort, Thira...“, flüsterte er und hob seine Hand, um durch ihre grünen Haare zu streichen, über ihre Schulter hinab über ihr Kleid, ihren Arm, ihre Hüfte... sie war wirklich begehrenswert. Jetzt, in diesem schwachen Moment, in dem sie ihm so dermaßen ausgeliefert war, mehr als jemals zuvor. Er wollte ihr nicht wehtun... er hatte sie doch lieb. „Ein Wort, warum du... nicht wegläufst. Oder mich tötest. Du hättest es längst tun können... und doch stehst du hier und zitterst... vor Erregung.“

„Lügner!“, fauchte sie und zerstörte damit fast die empfindliche Stimmung zwischen ihnen – ihre Wut war nicht überzeugend. Sie zitterte vor Unsicherheit... ihre Stimme war ein kaum ernst zu nehmendes Japsen.

„Nur ein Wort, Thira...“, raunte er, „Neugierde.“

Dann küsste er sie wieder, dieses mal heftiger.
 

Sie tötete ihn nicht. Sie hätte es gewollt, sie war sich so sicher gewesen, dass sie es gewollt hatte, aber sie konnte nichts tun... sie konnte sich nicht wehren, als er sie küsste und in ihr diesen Rausch auslöste, den schon der erste Kuss verursacht hatte. Sie spürte, wie ein heißer Schauer aus Verwirrung, sexueller Erregung und Furcht durch ihren Körper jagte, und es wurde schlimmer. Es war wie Feuer, und es verbannte sie, ließ sie keuchend nach Luft schnappen, als er von ihren Lippen abließ, um stattdessen ihren Hals zu küssen mit einer Hingabe, die sie fast um den Verstand brachte. Sie konnte nur heftig atmen, keuchen, während ihr ganzer Körper ihr nicht mehr gehorchen wollte, sie am ganzen Leibe zitterte, als litt sie an Schüttelfrost. Dabei war ihr alles andere als kalt. Sie versuchte wutentbrannt, die Emotionen zu zerschmettern, die Yamurus Berührungen in ihr auslösten, die sie so dermaßen verwirrten und unterwarfen, die ihren Körper zu seinem willenlosen Sklaven machten... sie versuchte, dagegen zu kämpfen, aber das Gefühl war zu mächtig. Es drückte sie zu Boden, es presste ihr die Luft aus den Lungen und ließ ihr Herz vor Ekstase rasen, als sie auch wörtlich zu Boden sank, weil ihre Beine nicht mehr fähig waren, sie zu tragen. Yamuru packte sie und hinderte sie daran, umzukippen, presste sie gegen die Wand und küsste sie abermals auf den Mund. Sie küsste ihn zurück, ohne zu wissen, warum oder was sie da tat. Sie küsste ihn – sie berührte ihn, die schlang wie in einem Wahn aus Fieber und Drogenträumen die Arme um seinen Nacken, ließ zu, dass er seinen Unterleib gegen ihren drückte, genau dort, wo die Quelle der Hitze lag. Stöhnend löste sie sich aus dem wilden Zungenkuss und er packte ihr Kinn, hinderte sie daran, das flammend errötete Gesicht wegzudrehen und sah ihr in die Augen. Seine Augen waren bildschön. Zum ersten Mal sah sie in sein Gesicht und das einzige, was sie spürte, war nicht die Abscheu von sonst, auch nicht die Furcht vor seiner gewaltigen, tödlichen Macht oder der seines linken Auges; das einzige, was sie spürte, als sie ihn ansah, war die Präsenz seiner Seele. Und sie war mächtig... sie überstieg Thiras Verstand und sie wusste nicht, was sie tun sollte – nicht mal, was sie denken sollte, als sie so in den Armen ihres Cousins an der Wand hing, das rechte Bein angewinkelt und den Fuß um seine Kniekehle geschlungen, um sich an ihm festzuhalten und ihn gleichzeitig am Weglaufen zu hindern.

„Du bist sehr überzeugend darin, deine Meinung über Leute zu ändern, wie es scheint, Cousine.“, stellte er fest und sah sie erstaunt an, ehe er seine Hand hob und ihr so andächtig über das Gesicht streichelte, dabei lächelnd, als wäre sie seine einzige Gottheit, auf die er seit Jahrtausenden wartete. „Ich kann sie sehen... seine Seele. Vielleicht wirst du doch nicht untergehen... wie ein Stein, hm?“

„Warum machst du das?“, wollte sie wissen und ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern. Der Ton war verschwunden – die ganze Welt war verschwunden, alles war weg bis auf diese brennende Hitze in ihrem Körper, dieses Gefühl, das sie mit aller Macht unterwerfen wollte. Sie versuchte verzweifelt, es zu verjagen, aber es kam immer wieder. Es ging nicht weg, egal, was sie machte. „Du hast die Karte. Ich bin unbewaffnet, du hast gewonnen, oder nicht? Reicht es dir nicht, Yamuru?“

„Ehrlich gesagt, nein.“, flötete er guter Laune und sein Grinsen machte sie rasend. Sie wollte ihn tot schlagen. Sie wollte ihn zerschmettern, sie wollte seine Seele zerreißen, diese Macht, die sie so faszinierte, die so unglaublich schön und... begehrenswert war. Gleichzeitig wollte sie, dass er sie wieder küsste, dass er sie berührte, dass er weiter machte und diese Flamme in ihrem Inneren so sehr schürte, bis sie daran zu Grunde ging – verdammt, sie musste sich beherrschen! Sie musste das unter ihre Kontrolle zwingen... wo war die Seelenkontrolle geblieben, derer sie sonst mächtig war? Es war, als hätten die paar Küsse ihr ganzes Können einfach weg gepustet. „Wir sind die letzten Kinder der Himmelclans, Thira. Die letzten, die... vom Westclan und Nordclan übrig sind. Wir sind die Kinder Kataris, der Gottes der Zuyya, unseres gemeinsamen Urahnen, und wir sollten... unsere höchsten Ahnen verehren, denkst du nicht?“ Sie schüttelte sich und wand sich in seinem Griff, versuchte mit aller Macht, sowohl seelisch als auch körperlich, von ihm loszukommen.

„Wenn du geglaubt hast, ich werde deine Frau und lasse dich die Erben deines Clans zeugen, dann hast du dich geschnitten!“, fuhr sie ihn an, „Du kannst mich nicht so unterwerfen, Yamuru!“ Er lachte zu ihrem Ärgernis.

„Du wirst deine Bestimmung noch finden, kleine Thira... und ich meine. Katari hat unser Schicksal bereits bestimmt. Und früher oder später wirst du diesem dir vorbestimmten Weg von ganz allein folgen. Dafür ist immerhin doch die… Trias da, oder?“

Sie erstarrte. Moment. Die Trias... er sprach davon. Von ihrem wahren Zweck, genau das, was sie nicht verstand. Das, wovon Karana geträumt hatte – verdammt, sie musste das erfahren, sie musste diese Antwort haben...

„Was ist die wahre Bedeutung der Trias? Was hast du neulich damit gemeint und… wozu wurde sie bitte gebaut, wenn nicht dazu, die Menschheit zu retten?!“

„Vielleicht dient sie ja dazu, die Menschheit zu retten.“, erwiderte er, „Chenoa hat dich also im Unwissen darüber gelassen, was… die wahren Pläne deines Großvaters und auch Alrik Jchrrahs waren…?“ Thira starrte ihn an.

„Wovon redest du, antworte endlich!“, zischte sie, „Ich bin es leid, dich zu löchern!“

„Wirst du meine Frau, wenn ich es dir sage?“, fragte er grinsend, und zur Antwort schnaubte sie ihn trotzig an.

„Niemals!“

„Auch gut, dann verrate ich es dir eben nicht...“, entgegnete er langsam, und sie keuchte, als er sich wieder zu ihr herunter beugte. Seine Hände ergriffen ihre Oberarme und er drückte sie mit sanfter Gewalt wieder gegen die kalte Wand, worauf sie nach Luft schnappte. Yamuru lächelte. „Sag mir… was fühlst du gerade, Thira? Ist dir warm…?“ Sie japste nur und starrte ihn trotzig an, ihm die Antwort schuldig bleibend.

Sie hätte ihn erschlagen sollen. Weglaufen sollen, irgendetwas tun sollen, aber sie konnte nicht. Sie konnte nur starren, direkt in sein Gesicht unmittelbar vor ihrem... direkt in seine so berauschende, mächtige Seele, die ihr Angst machte und in ihr gleichzeitig eine so heftige Erregung verursachte, dass sie leise stöhnte, als Yamuru sich zu ihrem Mundwinkel beugte, sie dort küsste und dann eine Spur von Küssen ihren Hals hinab bis zu ihrem Schlüsselbein setzte.

„Du antwortest ja gar nicht, Thira…“ machte er amüsiert, als er am Ausschnitt ihres Kleides angelangte. Sie schloss zitternd die Augen, versuchte krampfhaft, sich auf dieses Mysterium um die Trias zu konzentrieren, aber es gelang ihr beim besten Willen nicht, und nur noch weniger, als er eine Hand hob und sie vorsichtig auf ihre Brust legte. Sie schnappte nach Luft und öffnete die Augen wieder, um ihm abermals in das bildschöne Gesicht zu starren, das wieder vor ihrem war.

„Ich habe meine Kouriha nicht… aber wenn ich sie wieder habe, stirbst du für das hier…“ versprach sie ihm keuchend, und er grinste.

„Das werden wir ja sehen.“
 

Ihr war heiß. Die Hitze pulsierte in ihrem Inneren wie etwas Lebendiges, wie etwas, das seinen eigenen Willen hatte, als Yamuru sie ein weiteres Mal verlangend auf die Lippen küsste, auf eine Weise, die sie berauschte und alles andere aus ihrem Kopf verjagte. Sogar die Gedanken an den Zweck der Trias, den er ihr einfach nicht nennen wollte. Sogar die Gedanken an ihre Kameraden, die Gedanken daran, dass sie ihren Cousin töten sollte, statt sich ihm so an den Hals zu werfen... alles war weg, übrig blieb allein das Feuer, das sie eigentlich fürchtete. Sie hatte Feuer immer gehasst. Feuer war die letzte Erinnerung, die sie an ihre Eltern hatte, als sie noch gelebt hatten, denn im sengenden Feuer des Vulkanausbruches 989 war sie von ihrer Mutter in ein nach Tharr fliehendes Raumschiff gestoßen worden, damit sie in Sicherheit käme. Sie war ein Eiskind, Feuer war grundsätzlich ihr Feind. Aber jetzt ließ sie zu, dass der Feind sie berührte, sie verschlang mit Haut und Haaren, als sie Yamuru auf die Lippen küsste und seine Hände begannen, an ihrem Kleid zu nesteln, es ihr von den Brüsten zu ziehen und sie auf eine Weise dort zu berühren, die sie sich nie im Leben jemals hätte ausmalen können. Sie stöhnte und lehnte den Kopf gegen die Wand, als er mit routinierten, erfahrenen und doch irgendwo flatterhaften Bewegungen ihre Brüste sanft drückte, ihre Brustwarzen stimulierte, bis sie sich hart aufrichteten, und dabei ihre Kehle küsste, als würde er sie gleich beißen und wie ein Raubtier in Stücke reißen. Sie zog das rechte Bein etwas an und schob es unwillkürlich nach oben, um mit dem Knie an seinem Oberschenkel entlang zu reiben, gefährlich nahe an der Mitte, und sie spürte, dass er schauderte. Es war das erste Mal, dass sie so von einem Mann berührt wurde; oder dass sie einen Mann so berührte. Und Yamuru war ein Mann... definitiv, dachte sie verwirrt, berauscht und erregt zugleich, als sie das Knie noch etwas anhob und es gegen seinen Schritt drückte. Er war bereits hart vor Verlangen nach ihr und sie spürte ihn mit einem unruhigen Stöhnen etwas von ihr zurückweichen, sodass sie das Knie wieder sinken ließ, gleich darauf küsste er sie erneut und presste sich gegen ihren Körper, sodass sie seine unverkennbare Männlichkeit jetzt an ihrem Bauch spüren konnte. Keuchend riss sie sich aus dem Kuss los und lehnte den Kopf zurück, sah aber sofort wieder nach vorne und in Yamurus Gesicht; seine Wangen zierte ein etwas unseriöser Rotschimmer und er hüstelte.

„Ich bin... nicht hier, um dir wehzutun, Thira.“ Sie zischte und errötete ebenfalls, während die Erregung in ihrem Inneren brannte wie eine unlöschbare Flamme, die sie ganz verrückt machte und die in ihrem Inneren danach schrie, dass er weiter machte...

„Ich hasse... dich, Yamuru!“, japste sie schwer atmend und wurde mit jedem Wort lauter, ihre Stimme fester, als sie mit aller Macht gegen den Willen ihres eigenen Körpers anzukämpfen versuchte. „Ich hasse dich! Ich werde dich umbringen!“

Er packte sie an den Armen und rammte sie gegen die Wand, erneut. Und er beugte sich wieder über sie und küsste sie auf diese gierige, leidenschaftliche und irgendwie trotzdem sanfte Weise, die die Hitze in ihr wie eine Flamme ausschlagen ließ.

„Ja, tu das.“, raunte er gegen ihre Lippen, als er den Kuss beendete und das Gesicht so dicht an ihrem ließ, dass er sie durch die Bewegungen seines Mundes fast gleich wieder küsste, „Hasse mich, Thira Jamali, es sind Emotionen, es ist deine verdammte Seele! Ich will, dass du eine Seele hast, ich will, dass du brennst unter dem Feuer... deiner Seele!“ Und sie schrie beinahe, hätte er sie nicht wieder intensiv geküsst, als seine Hand unter ihren Rock und zwischen ihre Schenkel fuhr. Er ließ ihr die Unterwäsche an; aber die Art, in der er mit den Fingern selbst mit der Unterhose dazwischen über ihre empfindlichste Stelle rieb, machte sie fast wahnsinnig vor Lust. Sie fragte sich irgendwo in dem Nebel aus Erregung, der sie umgab, mit wie vielen Frauen er wohl schon geschlafen hatte. Er musste jedenfalls eine beachtliche Menge Erfahrung haben, er schien genau zu wissen, was er zu tun hatte, dabei wusste Thira selbst nicht mal, was sie am meisten erregte... sie hatte doch keine Ahnung von sowas. Es war das erste Mal, dass sie solche Emotionen erlebte, und es brachte sie um. Sie wand sich keuchend unter seiner Hand, unter seinen Küssen, sie wollte mehr, sie wollte, dass er mit ihr tat, was Männer nun mal mit Frauen taten – sie wollte sich diesem so tödlichen Feuer mit Entzücken hingeben und sich einfach gehen lassen, obwohl all diese Empfindungen, die plötzlich auf sie einströmten, sie so verwirrten und beunruhigten, dass an Entspannung gar nicht zu denken sein sollte... es fühlte sich an, als wäre sie gar nicht mehr Thira Jamali. Ja, sie war irgendwo weit weg, die, die hier auf dem besten Weg war, zum ersten mal in ihrem Leben Sex zu haben, und das mit ihrem Cousin, war eine andere, eine, die sie nicht kannte und die in ihr Panik weckte – aber es war eine berauschende, gute Panik, die ihr Verlangen nach diesem verdammten Mann so sehr steigerte, dass sie glaubte, sie müsste platzen –

Und in dem Moment hörte er plötzlich aus heiterem Himmel auf. Thira öffnete die roten Augen und starrte ihm keuchend ins Gesicht, als er sie losließ und sich zurückzog, als wäre nie etwas gewesen. Ihr Herz raste und alles in ihr kribbelte und zitterte vor Verlangen nach ihm, sie brauchte länger als nötig, um zu begreifen, dass er nicht vorhatte, weiter zu machen. Eigentlich schnallte sie es erst, als er bei der Tür angekommen war und seine Sanhari und die Karte aus der Wand zog, mit einer Handbewegung den Eiszauber von der Türklinke löste und dabei war zu gehen.

„Halt!“, schrie sie ihm nach, „W-was wird das hier?!“

„Deine Kameraden kommen zurück.“, flötete er und sie hatte das Gefühl, ihr Gesicht müsste verglühen vor Schamesröte, die ihr empor stieg, als sie daran dachte, dass dieser Typ sie gerade so unverschämt intim berührt hatte. Dass er jetzt offenbar unverrichteter Dinge abhauen wollte, schürte eine Wut in ihr, gepaart mit Demut und Scham über ihre eigenen Gefühle, dass sie hätte schreien können.

„Das wagst du nicht!“, blaffte sie ihn an und hatte Mühe, ihren Pragmatismus zurück zu gewinnen, als sie ihm nachsetzte in den Korridor, „Du wirst nicht mit meiner verdammten Karte davon kommen, Yamuru Mirrhtyi!“ Doch als sie ihn beinahe erreicht hatte, war er plötzlich im Nichts verschwunden, und noch immer benebelt von dem Rauschgefühl in ihr und dem Zittern ihrer Knie fuhr Thira herum, als sie seine Stimme plötzlich direkt neben sich vernahm, wohin er sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit bewegt haben musste. Das konnte jeder Zuyyaner, der gut in Seelenkontrolle war, aber normalerweise konnte Thira diese Bewegungen vorher einschätzen und orten – dass sie jemand auf solche Weise überraschte, war eigentlich nicht möglich, hatte sie geglaubt. Sie verabscheute Yamuru für das, was er mit ihr machte – dieser Hurensohn. Er hatte genau gewusst, was für Wirkungen seine Berührungen haben würden, er hatte das alles gewusst und genau deswegen getan. Allein die Gedanken an das Erlebnis von eben lähmten sie vor gleichzeitiger Demut und dem immer noch flammenden Verlangen nach mehr, das sie verzweifelt zu unterdrücken versuchte.

„Keine Angst, wir haben uns bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen, Thira.“, sagte Yamuru zu ihr und sie starrte ihn an, das Gesicht errötet vor Zorn und Verlegenheit über die Demütigung, die er ihr antat. „Du wirst... schon noch auf deine Kosten kommen. Du hast gelogen, weißt du? Du hast ja... eine Seele, ich habe sie genau gespürt. Eben gerade... war sie da.“ Er grinste sie an und fasste in beinahe ekelhafter Zärtlichkeit mit den Fingern nach ihrem Kinn. Sie ohrfeigte ihn und beschwor in rasender Wut ihre Reikyu herauf, bereit, ihn zu töten.

„Fass mich nicht an!“, schrie sie, „Du hättest mich um ein Haar vergewaltigt und klaust meine Karte und denkst, ich würde dich ziehen lassen?! Dann hast du meine Gutmütigkeit weit überschätzt, Cousin. Ich habe kein Mitleid mit dir, nur, weil du ein fehlgeleiteter Irrer bist.“ Er trat einen Schritt zurück, absolut unbeeindruckt von ihrer Ohrfeige, und grinste triumphierend.

„Na, na.“, machte er tadelnd, „Jetzt wirst du unhöflich. Ich weiß, du bist sauer, ich hab aufgehört, bevor du kommen konntest. Aber ich bin nicht scharf darauf, mich jetzt noch mit dem Rest eurer Bagage herum zu schlagen, vergib mir... Thira.“ Das war alles, was er sagte, und als sie wutentbrannt all ihre Macht darauf konzentrieren wollte, sein Unterbewusstsein mittels Reikyu brutal in Stücke zu reißen, verschwand er spurlos. Und sie blieb zurück auf dem mit kaltem Licht erhellten Korridor der Tari Randora, mit zitternden Knien und der Röte im Gesicht, die nicht weggehen wollte, die Reikyu in der Hand und mit diesen abscheulichen Gedanken, die sich nicht verjagen ließen... mit diesen Gedanken an das, was er eben mit ihr gemacht hatte, und an das Feuer, das in ihrem Inneren verzweifelt brannte, so heftig, dass es ihr Angst machte. Und zum ersten Mal in ihrem Leben verspürte Thira eine so wahnsinnige Todesangst davor, an diesem Feuer zu verbrennen, dass ihr die Tränen kamen.
 


 

______________
 

Muh! oô



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Izumi-
2014-04-19T11:34:57+00:00 19.04.2014 13:34
Na, endlich mal dran gedacht! XDD
Das Yamuru-Thira-Liebhab-Kapitel.
Ist gar nicht so leicht, da viel zu zu sagen... außer dass ich es natürlich mochte, weil ich das Pairing mag. Besonders natürlich Yamuru, über Thira rümpfe ich ja immer so ein bisschen (doll) die Nase, weißt du ja...
Yamuru ist natürlich die Coolheit (nicht die Geilheit? =D), er ist so poser. Und dabei ist er so ein Troll, hach, ich liebe den Typen. ♥
Ich bin immer irritiert davon, wenn irgendwie gesagt, wird, irgendwer hätte keine Seele... Chenoa, die Zuyyaner allgemein, wer auch immer. Weil die Seele ist doch der Lebensgeist, ist man ohne Seele nicht tot? Oder je nachdem, wie man das nun definiert, wenigstens völlig gleichgültig, sitzt den ganzen Tag in der Ecke und tut nichts anderes als atmen? óo Das fiel mir letztens erst auf, irgendwie ist das mega komisch. Also nicht im Sinne von schlecht geschrieben-komisch, sondern eher im Sinne von wirft ein seltsames Licht auf die Charaktere-komisch. oô Weil gerade die Zuyyaner sind doch eigentlich intelligent, das wirkt immer so ein bisschen so, als wollten sie sich gegenüber allen anderen Völkern profilieren, oder so. Was ich ihnen durchaus zutraue, aber irgendwie etwas kindisch finde. XD
Egal, ich schweife ab.
So, wie lief das denn, Yamuru kriegt natürlich, was er will, weil er ist da Yamuru und die beiden haben sich etwas lieb. Aber nicht genug... irgendwie hat mir Thira echt leid getan, als er dann einfach abgehauen ist, ich meine... DAS war mies. XD Sie hat doch auch ihre Bedürfnisse! XD
Mal sehen, ich denk, ich les demnächst mal weiter. ♥


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