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Einfach perfekt

Eine Liebesgeschichte aus der Reihe: Mädchen
von

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Katie kam nach Hause. Sie hatte sich auf diesen Abend sehr gefreut, der erste überhaupt in dieser Hinsicht und sie hätte wirklich nie erwartet, dass es diese Fügung nehmen würde. Wer konnte schon mit so etwas rechnen? Besonders in dieser Form und auch noch so intensiv. Niemand kann das nachvollziehen und das machte ihr wohl am wenigsten aus, denn in ihrer Ungewöhnlichkeit ist die ganze Situation gar wundervoll zu nennen. Wirklich wundervoll!
 

Sie war an diesem Morgen noch vor dem lauten Aufspielen ihres Handywecksongs aufgewacht, hatte an ihrer Lippe genagt und im Stillen jede Sekunde abgezählt, die sie noch ausharren musste. Als sich schließlich laut ihr Handy meldete, wusste sie, dass der Alltag anfing und sie zuerst den halben Tag auf ihrer Arbeit rumbringen musste. Nur einen halben Tag musste sie heute das spielen, was alle von ihr erwarteten; diese Person, die alle kennen wollten, still, einfach, nicht mehr hübsch als nötig, zögerlich und fügsam. Vor allem schien ihr anzuhaften, dass sie allein war. Ihre Wohnung gehörte nur ihr. Ein Single in den jungen Zwanzigern. Wie konnte man sich wundern? In der Schule hatte sie sich mit Lernen und Freunden befasst, danach die Ausbildung, für die sie alle Mühen aufbrachte und nun die Arbeit, die sie gewissenhaft erledigen wollte. Sie nahm sich Zeit für Shopping, Zeit zum Lesen, Internet, Fernsehen, sie liebte Kinobesuche, ging aber nur selten, weil es ihr allein missfiel, aber Zeit zum Kennenlernen einer anderen Person hatte sie sich nicht genommen. Da war kein Platz, dass sie es hätte wagen können, alles war vollgestopft mit Alltag.

Wenn sie in Filmen sah, wie leicht sich eine Beziehung daraus entwickelt, dass plötzlich ein Mann sie ansprach, wenn sie ganz versunken in aller Öffentlichkeit einen Kaffee trank oder ein Buch las, so stellte sich die Frage ein, warum es nicht auch ihr so erging. Wenn Freunde ihr von so etwas erzählten, so war es ganz ähnlich. Sie meinten sogar, dass sie nur am richtigen Ort zur richtigen Zeit sein müsste und zack! wäre das Glück perfekt. Auch könnten sie gar nicht verstehen, dass sie, wo sie doch nun wirklich nicht unansehnlich war, keine Beziehung anziehen würde. Meistens kam dann der berühmte Singlespruch alter Damen über ihre Lippen:

"Ich brauche keinen Kerl.", aber im Innern wusste sie immer, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als jemanden an ihrer Seite, sie wünschte sich, zu lieben und geliebt zu werden; Sexualität war ihr einerlei, sie wollte nur in dem Gefühl schwelgen und es genießen wie alle andern auch, bei denen es so leicht und so verschwendet schien.

Aber das hatte nun ein Ende.
 

Die Arbeit überwand sie träumend, in heller Vorfreude. Ihr Herz pochte und sie hatte das Gefühl, dass sie vieles heute gar nicht mitbekam. Eine Minute vor 13 Uhr, packte sie ihre Tasche zusammen und lauerte wie ein Schulkind vor dem Beginn der Sommerferien. Punkt 13 Uhr stürmte sie aus dem Büro und wünschte den Verbliebenen, von denen sie die verwirrten Blicke im Nacken spürte, einen noch recht schönen Tag, sie werde nun zum Friseur huschen.

Sie ging nicht gern zum Friseur. Eigentlich sah sie darin nie eine Notwendigkeit, denn so wie sie ihr Haar für gewöhnlich trug, konnte sie es noch gut selbst schneiden und das machte sie gar nicht mal schlecht, wie sie von allen Seiten immer wieder hörte, doch an diesem Tag, diesem ganz besonderen Tag, wollte sie ganz besonders aussehen und das bekam leider Gottes nur ein Profi hin.

Drei Stunden dauerte es.

Von mittellang auf sehr lang, von blond zu einem Pink, das in Richtung der Spitzen knallrot wurde. Ein wahrer Strom an Farbe und die Friseuse war von Anfang an nicht sicher gewesen, ob die Verwandlung von normal auf - nun, wie auch immer man das nennen wollte, ein Erfolg sein würde. Darum schaute sie nicht schlecht drein, als Katie wirklich hübsch aussah. Die Farbe schmeichelte ihrer natürlichen Unscheinbarkeit und ließ eine ungekannte Auffälligkeit von ihr Besitz ergreifen, die keineswegs unansehnlich war. Ja sogar eine alte Frau, die sich ihre Dauerwelle erneuern ließ, sprach sich begeistert über so viel schöne Farbigkeit aus, meinte auch, Katie habe Ähnlichkeit mit einem rosa und roten Rosenstrauß. Das freute Katie, denn auch ihr gefiel es, sie hatte von Anfang an gewusst, dass sie großartig aussehen würde.

Nach dem Friseur, der sie eine größere Summe als gedacht kostete, stürmte sie in den Modeladen ihres Vertrauens. Sie war fest davon überzeugt, dass es der einzige Laden war, der wie auf ihre Figur zugeschnittene Klamotten führte. Sie konnte alles tragen, hatte sich aber vorausschauend ein Kleid zurücklegen lassen oder eher bestellen lassen, denn als sie das letzte Mal vor einer Woche dagewesen war, war die richtige Größe vegriffen gewesen. Das Kleid war weiß und für den Sommer geschnitten, reichte nicht ganz zu den Knien und war von einem sehr leichten, luftigen Stoff. Eine andere Farbe bei ihrer neuen Frisur hätte gauklerisch gewirkt, so aber sah sie aus wie die Figur ihres eigenen Animes.

Sie gab das Geld gern aus. Sie gab an diesem Tag mehr Geld aus, als zu einem anderen Zeitpunkt. Aber es war ein besonderer Anlass und der durfte etwas kosten.
 

Sie war den ganzen Tag unterwegs gewesen, hatte sogar noch etwas Abendessen besorgt, sogar eine kleine Flasche Absinth. Das Menü hatten sie am Vortag abgesprochen. Jetzt war alles perfekt.

Katie bereitete das Essen vor und stellte es verzehrfertig auf den Tisch, den sie sonst nur zur Ablage irgendwelcher Papiere nutzte, und stellte ihren LapTop dazu, den sie hochfuhr und verließ daraufhin das Zimmer, um zu duschen, sich zu parfümieren, frische Wäsche und das Kleid anzuziehen, das Bestmögliche zu verkörpern, was ihre Gestalt hergab - an diesem Tag ging alles gut. Alles perfekt.

Als sie zu ihrem Essen zurückkehrte, begann ihr Herz so verstärkt zu hämmern, dass ihr ganz übel zu werden drohte. Sie setzte sich auf den Stuhl, den Blick auf den Computer gerichtet und trank einen Schluck Absinth. Ihr zitterten die Hände. Nie war sie so nervös gewesen. Skype müsste jeden Moment eingeschaltet werden. Aber sie war das Mädchen, sie durfte sich eine kleine Verspätung gestatten - so war es doch immer.
 

Zehn Minuten nach der verabredeten Zeit konnte sie das Programm endlich öffnen. Ein Kloß saß ihr in der Kehle. Bis hierher war alles perfekt. Sie kaute an der Unterlippe und war dankbar, dass sie auf Lippenstift verzichtet hatte.

Sofort nach dem Öffnen kam die Anfrage auf einen Webchat. Alles perfekt. Sie nahm an und das leicht erschrockene Gesicht von Ben tauchte auf dem Bildschirm auf.

Sichtlich war er so nervös wie sie, aber er hatte dennoch den Willen gefunden, sich zu überwinden und einfach der Absprache gemäß alles vorzubereiten.

Auf seinem Tisch stand das gleiche Gericht. Er hatte sich auch hübsch gemacht. Trug sogar einen Anzug und eine etwas leger sitzende Krawatte, die er nicht leiden mochte, weil sie ihm den Hals so abschnürte. Katie sah ihn auch das erste Mal mit modisch gegelten Haaren. Er sah gut aus.

"H-hallo Fräulein.", grüßte er sie und ein breites Lächeln zog sich über sein Gesicht, welches auch Katie zum Lächeln zwang. Sie musste einfach lächeln, wenn jemand ihr zulächelte.

"Hey.", entgegnete sie, so wie immer.

"Wow, du siehst atemberaubend aus."

"Du auch. Ich habe nicht erwartet, dass du dich so in Schale werfen würdest.", gestand sie und vergaß, dass sie Zuhause allein war und er Zuhause allein war. Sie waren nicht allein und zu Hause, sie waren in einem Restaurant, ja, das war die Vorstellung.

"Es ist unser Rendevous, da kann ich doch nicht zulassen, dass du als Einzige hübsch aussiehst. Außerdem war es mir mal ein Bedürfnis, in Schale geschmissen mit dir zu reden.", sagte er und errötete dabei, wonach er gleich nach seinem Glas Absinth griff, das gleiche Glas wie Katie es hatte, und einen kleinen Schluck trank, "Wie haben die Leute auf deiner Arbeit reagiert, als du so aufgekreuzt bist?"

"Oh, das werden die erst Montag sehen. Ich war erst vorhin beim Friseur.", meinte Katie.

"Du wirst wie der Feuervogel auffallen. Also strahle, wenn es soweit ist.", riet er ihr und streckte ihr keck die Zunge entgegen, wie er es schon immer machte, wenn er sie kichern hören wollte. Es funktionierte jedes Mal.

"Muss ich dir jetzt danken? Oder wie ...?"

Er ließ sie nicht ausreden, schielte lieber auf das Essen vor sich:

"Du darfst das Bufett eröffnen. Das reicht mir schon. Ich hab einen Bärenhunger, bis jetzt hab ich nichts runterbekommen können."

"Schon gut, schon gut. Wir beginnen zu essen. Guten Appetit.", lachte sie und griff die Gabel, wartete, bis er die seine hatte und ohne die Augen von ihm zu nehmen, begann sie die Nudeln langsam zu essen.
 

Der Abend war, wie sie es geplant hatten. So etwas war beiden eigentlich fremd gewesen. Was wollte man auch von einer Online-Beziehung erwarten? Man kannte die Leute nicht, sie konnten einen von grundauf verarschen und sich für sonstwen ausgeben und ehe man es sich versah, hatte man ein Treffen mit einem Triebtäter, der einen zu der neuesten Schlagzeile jeder deutschen Zeitung machte. Ein trauriger Star. Und deswegen waren sie wohl zusammen gekommen.

Man hörte ständig in den Medien, dass Triebtäter, Vergewaltiger und Psychopathen, und wie sich solche kranken Leute noch nennen mochten, immer auf Sex und Treffen oder persönliche Informationen bestanden, auf Photos und Clips.

Ben war von Anfang an anders gewesen. In einem Sinne war er genauso schüchtern und desinteressiert wie Katie am Anfang gewesen. Er hatte sie nur aus Versehen geaddet, eigentlich hatte er seine Cousine Kathie wegen eines Spiels anschreiben wollen, dass sie ihm mal wieder zurückbringen könnte und Katie, die über die Nachricht mehr als verwundert gewesen war, hatte ihm geantwortet, dass sie keine Ahnung hätte, wovon er laberte und hatte erwartet, dass irgendein dummer Kommentar von ihm folgen würde. Aber stattdessen entschudligte er sich aufrichtig, das kam ihr zumindest so vor. Der Nachrichtenaustausch war damit inoffiziell eröffnet worden, wenn man es so wollte, dass sich zwei Leute über zwei Monate hinweg etwa 25 Nachrichten schickten, in denen sie sich über diese Verwechslung ausließen.

Danach wanderten sie tapsend aufeinander zu. Meistens ging es um Spiele, die Katie nicht mal kannte, oder um Filme, die wiederum Ben nicht kannte. Eines Tages stellte Ben schließlich die Regeln auf - was fast schon wie ein Fetischbeginn klang, aber es war etwas anderes. Er meinte, dass sie sich gern weiterhin schreiben konnten, aber treffen würden sie sich nicht, niemals. Er hatte seine Arbeit und sie ihre und das sollte so bleiben. Dann stand es beiden frei, von sich zu erzählen, aber nichts zu persönliches, der andere hat nicht das Recht, Fragen über Privates zu stellen, es sei denn, der Gesprächspartner hat das Thema selbst angeschnitten. Ihre Leben sollten getrennt bleiben, denn immerhin waren sie im richtigen Leben Fremde und nur im Skype miteinander bekannt. Kein Austausch von Bildern oder Dateien, kein Miteinbeziehen von anderen Personen in den Chat, der sich irgendwann zum Videochat wandelte.

Katie fand das vernünftig, denn vor Fremden, die ihre Daten kannten, fürchtete sie sich permanent. Ben scheinbar auch. So war es gut.

Aber dann nach etwa fast einem Jahr, wo sie miteinander auch Weihnachten und Silvester mit Onlineverbindung zusammen verbracht hatten, wurde aus einer regelmäßigen Bekanntschaft doch eine kleine Notwendigkeit für beide. Sie freuten sich auf die Chats und in dem festgelegten Rahmen funktionierte es einwandfrei. Sie lernten einander kennen von einer Seite, die man im richtigen Leben niemals so erleben würde.

Und dieses Rendevous war Bens Idee gewesen. Er hatte sie gefragt, ob sie fände, dass er und sie hässlich wären. Katie hatte verneint, was nichts mit Eitelkeit, sondern mit Ehrlichkeit zu tun hatte. Und desweiteren meinte er, dass zwei Leute, die, trotz dass sie eigentlich recht ansehnlich waren, noch nie eine Beziehung hatten, es doch wenigstens verdienten, einmal in ihrem Leben ein richtig perfektes Rendevous zu haben. Nett essen, gut aussehen, reden, etwas Alkohol trinken, tanzen und unter Umständen am Ende in einem Bett schlafen, kein Sex. Er erwähnte niemals Sex und das gefiel Katie, weswegen sie auch zustimmte und ihn drängte, dass sie es in die Tat umsetzen sollten.
 

Das Essen lag mittlerweile hinter ihnen. Sie redeten eben noch, beide mit erröteten Wangen von dem Absinth. Er stieg ihnen nicht in den Kopf, denn sie hatten sich auf ein Drittel des Glases geeinigt und sonst Wasser. Denn Trunkenheit sollte nur die Stimmung verbreiten, nicht aber die Umdrehungen der Spirituose.

"Zeit zum Tanzen. Bist du bereit?", fragte Ben, "Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht und tja, wir haben beide Stühle auf Rollen, also hol einen Stapel Bücher aus dem Regal und stell mich oben auf, dann geht's los."

Katie war hingerissen. Es wäre ihr erster Tanz. Sie machte, was er ihr gesagt hatte und testete, ob der Stuhl sich auch bereitwillig bewegen ließ. Es war eine etwas wacklige Konstruktion, aber es funktionierte, wenn man nicht gerade einen schnellen Tanz eingeplant hatte, was nicht zu erwarten war, da weder sie noch Ben richtig, richtig tanzen konnten.

"Bin soweit", gab sie zur Auskunft und einen Klick später erklang eine Ballade. Guns 'n' Roses, wenn sie sich nicht irrte. War klar, denn Ben erschien ihr nicht wie der Typ, der auf eine schnulzige Klassiknummer das Parkett betreten würde. Das Lied war angenehm und sie bewegte sich mit dem Stuhl, mit dem Bildschirm vor sich langsam hin und her und lächelte ihrem Gegenüber zu, der es ihr gleichtat.

"Ich dachte, bei meinem ersten Tanz trete ich meiner Partnerin auf die Füße. Aber es scheint fast, als hättest du gar keine.", sagte Ben und beide mussten lachen. Dann gab er das Kommando, dass er sie drehen würde und Katie drehte sich mit dem Stuhl. Nein, das war kein Stuhl. Das war Ben und Ben hielt ihre Hand und führte sie das ganze Lied hindurch in einem wundervollen Tanz. Es machte ihr nichts aus, dass sie barfuß war. In einem Film hatte sie gesehen, dass viele Leute ohne Schuhe tanzten. Ob Ben Schuhe trug? Sie wagte nicht zu fragen. Die Illusion war gerade zu perfekt. Sie tanzten unter freiem Himmel und Gun 'n' Roses spielten auf der Bühne nur für sie und sie konnte Ben riechen und spüren und genoss es. So musste es sich anfühlen. Das war nicht gestellt, das war echt. Es war perfekt.

Katie merkte gar nicht, dass sie zu mehreren Liedern tanzte. Ben hatte eine ganze Liste angelegt und war jeder Zeit bereit, die Musik zu dämmen und den Tanz abzubrechen, aber es dauerte an. Sie drehten und bewegten sich über eine Stunde hinweg und nur die aufkommende Erschöpfung trieb sie schließlich zur Einhalt.

"Das ist der schönste Abend meines Lebens.", gab Katie zu und stand ganz nahe am Bildschirm, ganz nahe an Bens Gesicht.

"Meiner auch. Ich dachte nicht, dass es so schön wird. Eher dass du irgendetwas nicht wie besprochen machst und die ganze Stimmung nicht so -"

"-vollkommen ist?"

"Ja, genau. Es ist perfekt."

Sie lächelten sich an und im Hintergrund konnte Katie von Bens Seite aus hören, wie eine Turmuhr die Mitternacht verkündete. Er hatte das Fenster extra dafür aufgelassen, dachte sie und kam sich wie im Märchen vor. Das war doch der Augenblick, wo ...

"Cinderella bekam an dieser Stelle einen Kuss. Aber wir müssen uns beeilen, nach Mitternacht verwandel ich mich wieder in einen Kürbis."

Katie wollte lächeln, aber sie konnte es nicht. Ben kam mit dem Gesicht ganz nahe an den Bildschirm und spitzte unsicher die Lippen. Katies Herz pochte schnell und sie näherte sich zögernd.

Da ist kein Bildschirm, dachte sie, da ist nur Ben und wir werden uns berühren.

Ihre Lippen berührten den Bildschirm, beide zugleich und sie spürten das glatte Plastik und wünschten sich zugleich, dass es nicht da wäre, dass es echte Haut wäre, mit Geruch, mit Wärme, die Lippen einer anderen Person, genauso wie man es sich immer vorstellt, wenn man in Träumen jemanden liebevoll küsst.
 

Sie lösten sich. Waren beide nicht sicher, ob der andere es bemerkte. Ihre Augen schauten sehnsuchtsvoll drein und hätten alles getan, um die Barriere zu durchdringen, ahnten aber, dass dieses Spiel hier nur funktionierte, weil sie eben nicht die Verpflichtung hatten, beieinander sein zu müssen, in getrennten Leben hausten.

Mit den Stühlen noch immer als Ersatz wanderten sie zu ihren Betten. Sie standen noch immer vor den Bildschirmen, unschlüssig.

"Jetzt schlafen wir nebeneinander.", meinte Katie, um sich zu versichern, dass es auch in seinem Sinne war.

"Ja, wie ausgemacht.", nickte er und sein unsicherer Blick schien den Boden abzusuchen, "Schlafen wir nackt?"

Sie überlegte. Wenn sie den Traum träumte, ein Rendevous zu haben, so endete es damit, dass sie im Bett lag mit dem Mann, der mit ihr den Abend verbracht hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie nackt waren und doch, einem schnellen Impuls folgend, nickte sie plötzlich und zog die Träger ihres Kleides von den Schultern.

"Halt.", sagte er und Katie hielt inne, "Langsamer. Sonst wird es vulgär. Zieh dich einfach normal aus, aber langsam. Versuch nicht attraktiv zu wirken, du willst mich ja nicht verführen. Wir schlafen beieinander und nicht miteinander."

Katie nickte und ließ langsam erst das Kleid gen Boden gleiten, dann die Unterwäsche. Ben konnte nur bis zum Ansatz ihrer Brust sehen und sie genauso. Es war wie ein zensierter Anime.

Sie nahmen beide ihre Laptops von den Bücherstapeln und stellten ihn auf das Kopfkissen. Beide hatten sie Einzelbetten, also die Sorte, an der man schon erkennen konnte, dass weder Damen- noch Herrenbesuch sich über Nacht ankündigen würde, von daher war es ein wenig eng, aber es ging.

Beide schlüpften unter die Decke. Er konnte nichts bei ihr sehen und sie nichts bei ihm. Katie sah, wie er zur Decke starrte, sie legte sich hin und machte das Licht aus, auch auf seiner Seite brannte kein Licht mehr. Als sie lag und er auch, wirkte es wirklich, als lägen sie im selben Bett.

"Und wie ...", begann Katie flüsternd.

"Es war wundervoll. Einfach perfekt.", meinte er schnell und lächelte sie an, "Du bist wundervoll und perfekt."

Sie lächelte und verkniff sich nicht, dass ihr die Tränen in die Augen traten. Es war wie im Film, wie am Ende irgendeiner Liebeskomödie, bei denen sie immer so losheulen musste und dies hier war echt. Er war bei ihr. Er war in ihrem Bett und sie brauchte sich keine Sorgen zu machen.

"Du warst wundervoll und perfekt. Danke, dass du dir so etwas hast einfallen lassen."

"Danke, dass du mitgemacht hast."

"Gute Nacht, Ben."

"Gute Nacht, Katie. Ich freue mich darauf, morgen neben dir aufzuwachen."
 

Katie liefen die Tränen aufs Kopfkissen. Es funktionierte und die Gewissheit war, dass es weiter funktionieren würde, solange sie nur im Videochat beieinander waren. Sie hatten keine Angst, sie vertrauten einander, denn die Regeln gaben ihnen Sicherheit, sie mussten keinen Betrug fürchten. Es war unschuldig und schön, genauso perfekt wie Film.
 

-Ende-



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Palmira
2013-10-13T13:04:25+00:00 13.10.2013 15:04
Also... Ich habe die Fanfiction gelesen, und mir fiel erst gar nichts dazu ein. Normalerweise fällt einem immer etwas ein, angefangen bei der elementaren Frage, ob man die Geschichte mochte oder nicht. Aber in diesem Fall? Ich glaube, ich habe sie Mittwoch gelesen, und heute erst kommt ein Review zustande, was nichts mit Zeitnot zu tun hatte.
Ich musste wirklich erst über das nachdenken, was ich gelesen hatte. Denn zunächst schien es völlig befremdlich, geradezu gekünstelt - im allerersten Moment. Als ich es noch mal las, fiel mir auf, dass es absolut aktuell ist. Zumal die beiden keinen krampfhaften Abstand voneinander halten, nicht in der klinisch sauberen Art, aber eben auch immer mit ganz klaren Grenzen, die erstaunlich wenig Verlegenheit mit sich bringen.
Du kannst sehr gut mit Worten umgehen. Damit fängst du diese ganze Aufregung ein, unter der gleichzeitig die Sicherheit liegt, dass nichts Unvorhergesehenes passieren wird, nichts, was Katie nicht kontrollieren kann. Ganz besonders gefallen hat mir dieser Satz:
Die Farbe schmeichelte ihrer natürlichen Unscheinbarkeit und ließ eine ungekannte Auffälligkeit von ihr Besitz ergreifen, die keineswegs unansehnlich war.
Ich finde, das charakterisiert die Veränderung sehr gut, da man gleichzeitig weiß, dass sie sich nicht haltlos in eine Veränderung stürzt, nur um jemandem zwanghaft zu gefallen. Ich fand es sehr angenehm, diese klar getrennte Mischung von typischer Aufregung und dem Bewusstsein für ihre Grenzen.
Rechtschreibfehler waren kaum vorhanden. "Rendezvous" schreibt man mit einem "z", wobei ich allerdings nicht ganz sicher bin, inwiefern das eingedeutscht wurde. Ich kenne es jedenfalls noch so.
Für mich gilt ebenfalls, dass ich über diese Geschichte mit großer Wahrscheinlichkeit einfach hinweggegangen wäre. Nicht, weil ich Liebesgeschichten prinzipiell nicht lesen würde, aber weil ich etwas gänzlich Anderes hinter Titel und Kurzbeschreibung vermutet hätte, als sich dort tatsächlich verbarg. Durch den Vorsatz, die Geschichten der Aktion zu lesen und zu kommentieren, bin ich trotzdem dazu gekommen, und es stellte sich als echter Gewinn heraus.
Von: abgemeldet
2013-10-13T12:44:01+00:00 13.10.2013 14:44
Eine sehr bemerkenswerte Geschichte für die auf jedenfall große Respekt von mir hast.

Einerseits ist es eine sehr schöne und irgendwie süße Geschichte in der wirklich viel Liebe steckt. Andererseits aber ist sie (für mich zumindest) auch irgendwie traurig. Beide lieben sich zwar, haben aber auch Angst davor das es nicht mehr so sein könnte wenn sie sich mal in Wirklichkeit gegenüberstehen. Zugegeben, durch eine persönliche Erfahrung kann ich diese Agst auch durchaus nachvollziehen und ist bei allgemein unsicheren oder schüchteren Menschen nun mal sehr... äh... menschlich.(sorry, bin nicht ausdrucksstark genug um das gut zu beschreiben).
Der Moment war für die beiden zwar perfekt, aber ob man dies als großes Glück bezeichnen kann bleibt doch eher fraglich.
Dementsprechend interessant war es auch das du das Ende so offen gelassen hast und sich jeder selbst denken kann wie es denn im Leben der beiden nun weitergehen könnte. Ich wünsche den beiden natürlich nur das Beste :)

Rest war auch alles gut. Schreibfehler sind mir keine aufgefallen und dein Schriebstil war auch sehr schön. Steckte sehr viel Gefühl drin und zugegeben hat es mich auch ein Stück weit berührt. Du hast sehr niveavoll wie einige andere Leute (z.B. ich XD) es nie hinbekommen würden.

Das Idee ist finde ich auch super. Heutzutage es ja niht gerade unüblich, oder kommt wohl gesagt oft vor, das Freundschaften, sowie auch Beziehungen ihren Ursprung im Internet haben. Ich denke sowas kennt fast jeder der über Internet und das besagte Produkt verfügt um über das Internet zu schreiben und zu telefonieren (aus Markenrechtsgründen werde ich den Namen des Produktes ncht noch einmal erwähnen).
Das du aus einer Thematik die Idee für eine derartige Geschichte gemacht hast macht auf mich schon ganz schön Eindruck. Man merkt wie viel Liebe da drin steckt.

Zu guter letzt muss ich dann noch der Userin die unter mir das Kommentar geschrieben hat Props geben. Ich habe zwar überhaupt nichts mit ihr zu tun, aber bin zufällig auf ihrem Steckbrief gelandet wo dann auch die Empfehlung für deine Geschichte war.
Warscheinlich hätte ich sie von mir aus nie gelesen. Ich mag zwar Love Storys, auch die Art die ohne Sex auskommen, aber wenn dann bezieht sich das meißt auf Serien von denen ich sowieso schon Fan bin und ich lese nur selten mal ne FF von etwas was ich nicht kenne, geschweige denn was völlig eigenes.
Im Grunde zeigt mir das mal wieder das ich etwas offener fremden Sachen gegenüber sein sollte, da ich ja wirklich eine richtig schöne Geschichte sonst verpasst hätte.


Um es in einen Satz auszudrücken. Eine wirklich tolle Geschichte die (wie die Userin unter mir auch schon bemerkt hat) keine Angriffsfläche für große Kritik lässt.
Von: abgemeldet
2013-10-03T14:17:09+00:00 03.10.2013 16:17
Hey :)
Ich weiß ehrlich gesagt gerade nicht so recht, was ich sagen soll ...

Die Idee finde ich unglaublich. Eine menschliche Beziehung durch das Internet. Wie kommt man darauf?
Ich habe noch nie etwas vergleichbares gelesen. Die Idee scheint verrückt und zugleich wirklich perfekt.

Ich finde es erstaunlich, dass Katie damit zufrieden ist. Wenn man die heutigen Verhältnisse mal bedenkt, dann ist es schon fast absurd.
Und doch konnte ich mir genau vorstellen, warum es Katie so ging.

Keine überflüssigen Beschreibung, keine sexuellen Anspielungen, einfach nur wahrhaftige, echte Liebe.
Ich habe förmlich beim Lesen am Text geklebt, wollte gar nicht mehr aufhören.

Der One Shot mag ein bisschen Kitschig sein, aber auf eine gute Weise.
Ich weiß nicht einmal warum, aber am Ende sind mir selbst die Tränen in die Augen gestiegen, was ich wirklich als faszinierend empfinde!

Die Charaktere waren gut ausgearbeitet. Sie hatten keine Allerweltsgesichter und waren nicht Mary-Sue/Gary-Stue. Für mich waren sie gut nachvollziehbar, obwohl mich die Vergangenheit der Beiden schon interessiert hätte.

Dein Schreibstil ist gut, es ist der Inhalt, der ihn einzigartig macht. Mir gefällt deine Beschreibung und die Bekräftigung von wichtigen Fakten, ohne das du den Text formatieren musstest.
Desweiteren hast du an den passenden Stellen Absätze eingebaut.

Die Dialoge waren logische und menschlich. Ich hasse es, wenn Charaktere über alle Maßen schlagfertig sind, kein Mensch kennt auf alles eine passende Antwort.
Man konnte die Schüchternheit deutlich beim Lesen spüren, was ich erstaunlich finde. Du hast es schließlich nur einmal erwähnt.

Ich fand außerdem Katies Aufregung sehr lebensnahe, dank dieser konnte ich mich auch mit ihr identifizieren. Ich weiß nicht , wie lange sie das wirklich durch halten, aber ich finde es gut, dass es ein offenes Ende ist. Die Zukunft ist ungewiss, aber sie scheint sich daran gar nicht zu stören.

Allerdings hapert es hier und da an der Rechtschreibung. Fehler wie das Wort "Bezihung" ohne ie müssen meines Erachtens nach nicht sein.
Ich würde dir raten noch mal drüber zu schauen, um die groben Fehler herauszusuchen und zu verbessern. Niemand ist perfekt und deshalb würde ich nicht mit Kleinigkeiten wie einem falschen Komma kommen.

Apropos perfekt: Es war übrigens der Titel, der mich magisch angezogen hat. Ich dachte nämlich, dass dieser ironisch gemeint wäre, obwohl ich mir nun nicht mal mehr ganz sicher sein kann, ob er es ist oder nicht.

Ich kann auch nicht genau sagen, ob sie wirklich damit zufrieden ist und einfach nur lächelt, um glücklich zu wirken. Es ist die Tatsache, das sie weinte, die mich etwas stutzig macht und mich Fragen stellen lässt.

Zusammenfassend finde ich diesen One Shot sehr gut, er hat eine gute Länge, inhaltlich hat er mich berührt und die Charaktere sind auch gut. Ich hätte ja wirklich gerne mehr kritisiert, aber das ist bei einem OS immer eine gewisse Herausforderung. So weit ich das richtig gesehen habe, finde ich nichts weiteres.
Ich würde den OS gerne in meinem Weblog vorstellen, wenn du einverstanden bist :)

Ganz liebe Grüße
abgemeldet


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