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Gothika

Redcap, Blackcap & der böse Wolf
von

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Redcap: Lasst uns tanzen und schweben!

'Ein Schritt. Zwei Schritte. Drei Schritte.' Du zählst zum Spaß. Einmal nach links, dann nach rechts. Ein frei erfundener Tanz. Der Wald sieht unheimlich aus, wie du so hindurch spazierst, aber du beachtest diesen Aspekt gar nicht. In deinem Kopf reimst du dir deine eigene Melodie zusammen. 'One, two, three.' Das Glücklichsein hängt tatsächlich von der eigenen Weltansicht und kleinen, aber feinen Geschehnissen ab. Du tanzt und fühlst dich frei. Du machst, was du gern tust und bist glücklich. Und die raschelnden Blätter der Laubbäume begleiten dich mit ihren sanften Naturklängen. Im Moment reicht dir das vollkommen, um zufrieden zu sein. Du lässt dich von der Windrichtung steuern, wirbelst herum und umher. Dein rotes Rüschenkleid flattert gefühlvoll mit und versucht, sich mit dem Rascheln zu vereinen, die Töne zu verbinden. 'One, two, three.' Irgendwo weit weg hörst du das Echo einer Kirchenglocke, die die Mittagszeit bekanntgibt. Vielleicht solltest du zurückgehen? Deine Schwester wird auf dich warten müssen und sich Sorgen machen. Die frischen Lebensmittel werden vor sich hin schmelzen. 'Diese Natur hier ist unglaublich bunt und saftig erfrischend.' Die Natur... sie ist wunderschön, aber irgendwann kommt auch die Zeit des Verderbens, das kann man nicht aufhalten. Sowie Obst und Gemüse verfaulen, verabschieden sich in der kalten Jahreszeit die Gewächse von ihrer grünen Verkleidung. Nun, das würdest du wahrscheinlich sowieso nicht verstehen, wozu mache ich mir auch die Mühe? Dir kommt es so vor, als wärst du verzaubert worden und in einer anderen Welt gelandet, in der alles vollkommen schön erscheint. Was jetzt noch fehlen würde? Vielleicht ein geeigneter Tanzpartner?
 

„Vorsicht, Fräulein.“ Du hattest die Augen geschlossen und gar nicht gemerkt, dass jemand auf dich zukam und so knallst du nun geradewegs unsanft gegen jene Person. „Oh.“ Das Sonnenlicht des frühen Nachmittags reflektiert in seinen schönen Augen und scheint dir entgegen, es blendet richtig. Du bist hin und weg von seiner eleganten Gentleman-Erscheinung. Du reibst dir über die Augen. Ist es auch kein Traum? Nein, ist es nicht. „Entschuldigung, aber ich fand es hier so unglaublich schön, da war ich schon mit meinen Gedanken woanders ehe ich mich versehen habe.“ Du strahlst über das ganze Gesicht, deine Wangen glühen rot vor Emotionen und des momentanen Glücks. Wie makellos die Welt uns manchmal vorkommt und uns Frieden vortäuscht. „Das edle Fräulein kann außergewöhnlich hinreißend tanzen.“ Du verbeugst dich freudvoll und lächelst ihm entgegen. „Hihi, dankeschön. Ich heiße…“ „Rotkäppchen.“ Verwundert blickst du in sein hübsches Gesicht. „Woher wussten Sie das?“ „Hmmm… Reine Intuition.“ Er nickt, so als würde er sich selbst zustimmen und im nächsten Moment hält er dir seine Hand entgegen. Der Wind rauscht, die Blätter rascheln, doch du hörst nur deinen eigenen Herzschlag. Du solltest deinen Kopf mit etwas Anderem beschäftigen. Nicht mit diesem nutzlosen Unfug von Liebe, die nur Unheil bringt. „Wolf mein Name. Dürfte ich um einen graziösen Tanz mit Euch bitten?“ Seine grauen, wie von traumhaften Nebel durchtränkten Augen ziehen dich in eine andere Dimension der Empfindungen. „Gerne.“ Die ganze Zeit über hast du dein naives Lächeln auf den Lippen. Im nächsten Moment gleitet ihr beide reizvoll über das grasgrüne Parkett, das verziert von kunterbunten Blümchen und Blumen eine perfekte Tanzbühne abgeben könnte. Nur ihr zwei im Mittelpunkt. Seine starken Arme halten dich, deine Hände hast du auf seine Schultern gelegt. Die silbern glänzenden Haare des Mannes berühren deine Finger bei euren Pirouetten. Der Wind weht um euch herum, bringt dir seinen unglaublich anziehenden Duft näher, den du nur zu gern einatmest. ‚Woher kommt er bloß?‘ Ein wahrer Märchenprinz deiner Meinung nach.
 

„One, two, three…“ Seine sanfte Stimme lässt dich ruhig und aufgeregt gleichzeitig werden. Du schaust in seine Augen und glaubst Bewunderung und abgehobenes Interesse darin zu sehen. Es stört dich kein bisschen. „One, two, three…“ Du atmest ein und aus, bevor du einen neuen Gedanken fassen kannst, dreht ihr euch bereits wieder. Keine Angst vor dem Fall, denn er hält dich und du fühlst dich sicher. ‚Es tut so gut.‘ Du kicherst freudig und erlaubst ihm, dich weiter im Tanz zu führen und achtest nicht mehr auf deine Umgebung. Nur er und nur er, nichts kann dir jetzt diesen himmlischen Moment rauben.
 

Doch der Zeit ist es egal, wie gut es dir auch gerade gehen möge, denn sie schlägt erbarmungslos die nächste Stunde. Eine Stunde nach Mittagszeit.
 

Das nennt man einen brutalen Rückfall in die Realität, denn du bemerkst, dass du vor einer halben Stunde zu Hause hättest sein sollen. „Es tut mir leid, aber…“ Er dreht dich elegant in einer letzten Pirouette. „Ich verstehe, dass das junge Fräulein keine Zeit mehr vergeuden sollte. Entschuldigung.“ Er ergreift deine Hand und seine Lippen berühren dein Handgelenk. „Nein, ich…“ Dein Kopf glüht und du hast das Gefühl dich nie wieder von ihm entfernen zu können. Du schnappst nach Luft. Er lächelt. „Ich denke, wir haben es bereits nach Hause geschafft, also keine Sorge.“ Du wendest dich von ihm weg und stellst fest, dass ihr tatsächlich vor der Hütte deiner kleinen Familie steht. Und du fragst dich nicht einmal, wie er das gemacht hat sondern bist hin und weg von seinen Fähigkeiten. „Hier müssen wir uns wohl trennen.“ Du möchtest seine Aussage verneinen, denn sie gefällt dir überhaupt nicht. Was könntest du jedoch sagen? Du möchtest einfach wieder in seiner Umarmung versinken und nur an seinen Duft und die Wärme denken, mit der er dich verzaubert hat. „Herr Wolf, ich möchte Sie wissen lassen, dass es ein unglaublicher Tanz war.“ Wie dumm das klingt. Sein Lächeln raubt dir den Atem. „Das denke ich auch, edles Fräulein.“ Mit eleganten Schritten schreitet er näher, gleichzeitig willst du dich reflexartig entfernen - nur, dass du nach drei Schritten mit dem Rücken gegen die harte und raue Hüttenwand ankommst. „Oh.“ „Ein Schritt, zwei Schritte, drei Schritte.“ Schon wieder seine sanfte Stimme und du kannst nicht mehr klar denken, seine Nähe macht das übrige. Das einzige, was du hörst, ist dein Herzklopfen. Die ganze Zeit. „Dann hoffe ich, dass wir uns hiernach wiedersehen werden.“ Er streicht sanft über die rosa Strähnen deiner Haare. Du möchtest etwas sagen, aber hast keine Macht dazu, du beobachtest nur erwartungsvoll, wie sich seine Lippen deinen nähern. Du schließt die Augen und legst deine Arme um seinen Hals, vergräbst deine Finger in seinem seidigen Haar und ziehst ihn näher an dich heran. Nie wieder getrennt sein. Nie wieder unglücklich. Du spürst nur, wie er seine Arme um deine Taille legt und die Unglaublichkeit seiner Wärme, seiner Lippen, seines Atems bewirkt bei dir eine Auslöschung aller dir bisher bekannten negativen Gefühle. Kein Unglück. Kein Schmerz. Kein Leid. Keine Verzweiflung. Keine Boshaftigkeit. Keine Wut. Keine Trauer. Kein Neid.
 

Ihr schreckt auseinander, als im Inneren des Hauses etwas mit einem lauten Klirren zu Bruch geht.
 

Keine Verzweiflung. Keine Wut. Kein Neid.



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