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Geliebter Dämon

von

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Neue Erkenntnisse

Es dämmerte bereits als Rijan endlich mit der Versorgung von Sesshoumarus Wunden zufrieden war. Schweigsam war er gewesen. Sie hatte ein paar Mal versucht ein Gespräch anzufangen, doch ihr Patient war nicht wirklich darauf eingegangen. Also hatte sie es irgendwann gelassen. Sie hatte sich auf ihre Arbeit konzentriert und sich über sich selbst gewundert. Sie war eine Dämonenjägerin, das bedeutete sie tötete Dämonen. Nun jedoch war sie dabei einen Dämon gesund zu pflegen. Und das war an und für sich das Seltsamste an der Sache. Er hatte ihr selbst gesagt, dass sein Körper von allein heilte. Er brauchte ihre Hilfe nicht. Während sie Kräuter zermahlen hatte, hatte sie selbst gesehen, wie die Wunden langsam besser wurden.

Rijan kniete sich an das Ufer des kleinen Flusses und wusch ihre Hände. Heimlich linste sie zu Sesshoumaru. Seine Augen waren geschlossen. Sie fragte sich ernsthaft, ob er die Heilung seines Körpers beeinflussen konnte. Im Moment sah es jedenfalls danach aus. Sie blickte in das klare Wasser. Nur einmal zuvor hatte sie gesehen, wie sein Körper sich von schweren Verwundungen erholen konnte. Für einen Moment konnte sie das Bild eines silberhaarigen jungen Mannes sehen. Knuffige Hundeohren verdeutlichten, dass auch in seinen Adern Dämonenblut floss.

"Ich kenne deinen Bruder.", meinte sie leise.

"Kanntest.", verbesserte Sesshoumaru sofort. Erstaunt drehte Rijan sich um und sah ihn an.

"Kannte?" Es dauerte bis ihr dämmerte, was er damit hatte sagen wollen. Aus großen Augen starrte sie seine Hand an. Er folgte ihrem Blick und ließ sich tatsächlich zu einem schwachen Lächeln hinreisen. Rijan konnte ihn sekundenlang einfach nur anstarren. Hatte sie ihn je zuvor lächeln gesehen? Vermutlich nicht. Sie würde sich erinnern, wenn sie dieses Lächeln bereits einmal gesehen hatte.

"Ich hätte es getan, aber nein, jemand kam mir zuvor."

Neugierig ging sie zu ihm zurück.

"Naraku?", fragte sie leise.

Sesshoumaru schüttelte seinen Kopf und blickte an ihr vorbei.

"Nein, Naraku hatte damit nichts zu tun. Sie hat ihn umgebracht."

Sie? Rijan überlegte, wer sie wohl war. Ihr fiel eigentlich nur eine sie ein, die mit Inuyasha zu tun gehabt hatte. Entsetzen machte sich in ihr breit.

"Kagome?", keuchte sie.

Sesshoumaru betrachtete ihr Gesicht.

"Hai, Kagome war ihr Name."

Rijan verstand das nicht. Kagome hatte Inuyasha geliebt. Sie hätte ihn niemals umgebracht. Doch dann dachte Rijan an ihr eigenes Leben. War es so ungewöhnlich, dass man jemanden, der einmal alles für einen gewesen war, plötzlich hasste? Sie selbst war der lebende Beweis dafür.

"Was ist geschehen?"

Sesshoumaru schwieg eine Weile, doch schließlich erzählte er ihr die Geschichte. Rijan erinnerte sich, dass Inuyasha die Splitter des Juwels gesucht hatte. Offenbar hatten sie Naraku schließlich alle abgenommen und den Juwel vervollständigt. Inuyasha hatte die Wahl gehabt ein Mensch zu werden oder sich in einen vollständigen Dämon zu verwandeln. Rijan fiel es schwer zu glauben, dass Inuyasha letzteres gewählt hatte.

"Wie konnte er das tun?", fragte sie aufgebracht. Hatte er nicht an Kagome gedacht?

"Warum sollte er es auch nicht tun? Es war das einzige Mal, dass er etwas richtig gemacht hat."

Rijan blickte auf und starrte ihn an. Richtig, Sesshoumaru hätte ihn sobald sein Bruder ein Mensch gewesen wäre in sekundenschnelle getötet. Insofern hatte er vielleicht richtig gehandelt.

"Aber wieso hat Kagome ...?"

"Aus dem gleichen Grund, warum Menschen immer Dämonen töten.", entgegnete Sesshoumaru und schaffte es mit so einfachen Worten, dass Rijan sich mies fühlte.

"Um zu überleben.", meinte sie schließlich niedergeschlagen.

Das also war geschehen. Inuyasha hatte sich in einen Dämon verwandelt und seine Zuneigung zu Menschen war dadurch erloschen. Vielleicht hatte er versucht Kagome zu töten. Hatte sie es aus Notwehr getan oder war es Absicht gewesen? Hatte sie Inuyasha vielleicht genauso gejagt wie Rijan es mit Sesshoumaru tat? Sie konnte es sich schwer vorstellen und doch fand sie mittlerweile nichts mehr ungewöhnlich.

"Sie hat ihn also wirklich vernichtet."

Sesshoumaru nickte.

"Offenbar steckt in diesem Menschenweib mehr als man erwartet."

Rijan konnte seine Gefühle nicht teilen. Sie bedauerte was Kagome widerfahren war. Sie selbst war ein kleines Mädchen gewesen. Sie war verletzt gewesen und verängstigt. Kagome jedoch hatte diesen Halbdämon einst geliebt. Wie musste es sie getroffen haben, dass Inuyasha sich gegen das Menschsein entschieden hatte? Er musste gewusst haben, was mit ihm passieren würde. Doch vielleicht war es auch ganz anders gewesen. Rijan konnte das alles nicht begreifen.

"Was wurde aus Kagome?" Die Frage stellte sich Rijan unweigerlich.

"Sie verschwand."

Rijan hatte Gerüchte gehört. Man erzählte sich Kagome käme aus einer anderen Zeit. Sie wäre eine Art Fee oder Elfe, die sich durch alle Zeiten bewegen konnte. Doch geglaubt hatte sie daran nie. Das war ja auch einfach zu unsinnig. Andererseits bekämpfte sie Tag für Tag Dämonen, von denen man auch annahm, dass sie teilweise längst vernichtet waren.

Kopfschüttelnd erhob sie sich. Sie blickte auf Sesshoumaru herab.

"Plötzlich sind wir uns ziemlich ähnlich." Deutlich zeigte ihr sein Gesicht, dass er das eindeutig als böswillige Beleidigung ansah.

"Wir sind die letzten unserer Familien."

Rijan unterdrückte ein Gähnen. Sie war müde. Ihr Körper fühlte sich schlaff an. Trägheit erfasste sie. Sollte sie sich verabschieden? Oder sollte sie so unverfroren sein und einfach hier übernachten. Immerhin konnte sie sich sagen, dass es ja nur um seine Verletzungen ging. Es war nicht etwa so, dass Rijan sich durch Sesshoumarus Gegenwart plötzlich ihrer eigenen Einsamkeit bewusst wurde. Es war kein bisschen der Fall, dass sie gerne in seiner Nähe bleiben wollte.

Rijan beschloss wirklich hier zu bleiben. Nur um sicher zu gehen, dass seine Verletzungen ihn nicht umbrachten. Eine kleine Stimme in ihrem Kopf meldete sich zu Wort. "Findest du das nicht seltsam, Rijan.", flüsterte sie. "Er soll nicht an den Verletzungen sterben, die du ihm beigebracht hast, damit er sterben sollte. Du willst, dass er lebt nur um ihn dann doch noch töten zu müssen." Doch Rijan hörte nicht hin. Sie wollte das jetzt nicht näher ergründen. Im Moment war sie müde und brauchte einen Ort zum Schlafen. Sie rollte sich also im Schutz der Bäume zusammen und döste langsam ein. Es sollte die erste Nacht seit langem werden, in der Rijan nicht von Albträumen heimgesucht wurde. Träge öffnete sie ein Auge um zu bemerken, dass Sesshoumaru sie ansah. Sofort schloss sie ihr Auge wieder und gab sich der Dunkelheit hin. Bevor sie wirklich einschlief, hörte sie noch einmal ihre innere Stimme. "Ist es nicht seltsam, Rijan, dass du dich hier - in der Gegenwart deines größten Feindes - zum ersten Mal, seit du ihn verlassen hast, sicher fühlst?"
 

Rijan erwachte mit den ersten Sonnenstrahlen. Sie war es gewohnt früh aufzustehen. Sie streckte sich müde und blickte starr an den Himmel. Beinahe rechnete sie damit allein zu sein. Doch als sie ihren Kopf leicht drehte, sah sie Jaken schlafend auf dem Boden liegen. Ungeachtet der Tatsache, dass sie sich darüber nicht freuen sollte, fing sie an zu lächeln. Im ersten Moment erstaunte es sie beinahe selbst. Wie lange war es eigentlich her, dass sie das letzte Mal das Bedürfnis gehabt hatte zu lächeln? Kopfschüttelnd erhob sich Rijan und wankte zum Fluss. Sie kniete sich nieder und bespritzte ihr Gesicht mit Wasser. Vielleicht sollte sie baden gehen. Sie war schon seit Tagen unterwegs. Durch den Kampf war ihre Kleidung mit Blut befleckt. Schweiß strömte von ihr aus. Das ganze vermischte sich mit dem Geruch von Erde. Rijan rümpfte die Nase. Sie blickte über ihre Schulter. Sesshoumaru war nirgends zu sehen. Sie runzelte leicht die Stirn. Wo war er? Er war verletzt. Selbst er musste doch einsehen, dass er sich momentan nicht bewegen sollte. Sie unterdrückte ihren aufkeimenden Ärger und entschied, wirklich ein Bad zu nehmen. Zielstrebig ging sie den Fluss entlang. Wie sie vermutet hatte, wurde er breiter. Irgendwann endete der Fluss in einem Gefälle, das sich in einen See ergoss. Rijan lächelte erfreut. Ein See war zum Baden natürlich noch viel besser geeignet. Sie wollte gerade das schützende Dickicht der Büsche verlassen, als sie wie angewurzelt stehen blieb.

Die Sonnenstrahlen berührten langes, feuchtes, silbernes Haar. Hier war er also abgeblieben. Irgendwie war ihr bisher nicht in den Sinn gekommen, dass selbst Dämonen reinlich sein konnten. Rijan blieb also wo sie war und starrte Sesshoumaru wie ein gerade erschienenes Phänomen an.

Da stand er also, keinen Meter von ihr entfernt und gerade so wie Gott ihn einst wohl erschaffen hatte. Sein langes Haar zog sich durch die Nässe fast bis zu seinen Knöcheln. Es war nun nicht mehr so voluminös. Dicke Strähnen klebten an seinem Körper. Rijan widerrief alle ihre Zweifel, ob Sesshoumaru ein Mann war. Bei Gott, sie hatte in ihrem ganzen Leben noch keinen derartig perfekten Mann gesehen. Kräftige Schenkel und muskulöse Waden zeichneten sich unter seinen Haaren ab. Rijan verspürte den heftigen Wunsch seine Haare anzuheben um mehr von seiner faszinierenden Rückansicht zu sehen.

Als hätte er ihre Gedanken gelesen, tat ihr Sesshoumaru prompt den Gefallen. Er zog seine Haare nach vorne um sie auszuwringen. Rijan vergaß beinahe zu atmen, so derartig nahm sie sein Anblick gefangen. Kräftige Schulterblätter, ausgeprägte Muskelstränge, die seine Wirbelsäule einsäumten und ein überaus fester und runder Hintern. Sie sah zu wie er seine Hose aufhob und sie trotz seines einarmigen Zustandes ohne weitere Probleme anzog. Dann hielt er inne und drehte seinen Kopf leicht zur Seite. Sie konnte die farbigen Streifen auf seiner Wange erkennen.

"Willst du etwas sagen oder dich weiterhin im Gebüsch verstecken?"

Rijans Augen wurden größer. Verdammt, woher wusste er, dass sie hier war? Eine zarte Röte überzog ihr Gesicht, während sie sich peinlich berührt erhob. Ihre Blicke trafen sich, während sie aus dem Gebüsch trat und die lästigen Zweige von ihrer Kleidung fegte.

"Du solltest dich eigentlich gar nicht bewegen." Sie ging auf Konfrontationskurs. Das war immer noch besser als sich mit ihrem peinlichen Verhalten auseinander zu setzen.

Sesshoumaru drehte sich um und Rijan sah, dass er den Verband abgenommen hatte. Ungläubig sah sie auf seinen festen, muskulösen Bauch. Keine Wunde war da mehr zu sehen. Die Wunde, die der Dämon ihm mit seinem Knochen zugefügt hatte, war komplett verheilt. Rijan streckte ihre Hand aus und legte sie auf die Stelle, an der gestern noch die Wunde gewesen war. Seine Haut fühlte sich heute wärmer an. Vielleicht tat sie das aber auch nur, weil sie von der Sonne gestreichelt worden war.

"Das ist unglaublich.", meinte sie fasziniert. Sie trat näher und tastete seinen Bauch ab. Sesshoumaru knurrte, ließ sie aber gewähren.

"Nichts!"

Sie sah ihm ins Gesicht.

"Wie ist das möglich?"

Er entzog sich ihren Fingern und Rijan begann sofort ein Gefühl des Verlustes zu spüren.

"Ich bin ein Dämon, Rijan. Unsere Körper sind anders als eure."

Rijan ließ ihren Blick über seine Brust gleiten und schüttelte entschieden ihren Kopf.

"Für mich siehst du sehr menschlich aus."

Sesshoumaru schüttelte seinen Kopf. Sein langes Haar fiel ihm dabei über seine Schultern und ergoss sich über seinen nackten Oberkörper.

"Dämonen sind keine Menschen. Das solltest du wissen. Wir sehen vielleicht aus wie ihr, aber wir sind anders. Glaub es besser."

Rijan nickte, sagte aber nichts weiter dazu. Sesshoumaru wollte sich gerade von ihr wegdrehen, da fiel Rijans Blick auf die Wunde, die sie ihm zugefügt hatte. Sie war besser geworden, aber noch nicht verheilt. Ohne weiter darüber nachzudenken streckte sie wieder ihre Hand aus und berührte die Wunde. Damit musste sie Sesshoumaru komplett überrascht haben, denn ein schmerzhafter Laut kam aus seiner Kehle. Rijan sah ihn schockiert an und zog abrupt ihre Finger zurück. Sie hatte geahnt, dass sie ihn schwer verwundet hatte. Sie musste innere Verletzungen verursacht haben. Noch gestern hatte sie überlegt wie groß seine Schmerzen wohl waren, doch natürlich hatte er das gut vor ihr verborgen. Diese unerwartete Berührung hatte ihn jedoch geschmerzt und sein Laut ging Rijan durch und durch. Nie zuvor hatte sie Sesshoumaru solch einen Laut von sich geben hören. Sein Blick war verärgert. Ablehnung strömte nun von ihm aus. Er entfernte sich einige Schritte von ihr.

Rijan tat als hätte sie nichts gehört. Sie drehte ihm den Rücken zu und kniete sich an den Rand des Wassers. Verwirrung und Bestürzung machten sich in ihr breit. Zu wissen, dass jemand Schmerzen hatte war etwas anderes als dies auch zu hören. Und wenn Sesshoumaru plötzlich offen zeigte, welche Schmerzen er hatte, nahm das einen besonderen Wert ein. Und sie war diejenige, die für all das verantwortlich war. Rijan starrte ihr Spiegelbild an. Sie war blass. Eindeutig blasser als sonst. Sie sah wie sich die Klinge ihres Schwertes im Wasser spiegelte. Für einen Moment dachte sie daran, dass das ein unerwartetes Geschenk war. Sesshoumaru war verwundbar und hatte ihr eben offensichtlich eine Schwachstelle gezeigt. Und als sein Gegner sollte sie das eigentlich ausnutzen. Doch wie hätte sie das gekonnt? Alles in ihr weigerte sich, so ein Mensch zu werden. Sesshoumaru war niemand der Schwäche zeigte. Dass sie sie nun doch gesehen hatte, machte sie für einen Moment zu etwas sehr besonderem.

Langsam stand Rijan wieder auf und sah Sesshoumaru dabei zu wie er seinen Kittel anzog. Leichtes Bedauern erwachte in ihr. Einen so herrlichen Körper sollte man nicht verhüllen. Schockiert schüttelte sie ihren Kopf. Was dachte sie hier nur? War sie etwa über Nacht dem Wahnsinn verfallen. Vorsichtig betrachtete sie sein Gesicht. Er wirkte konzentriert, während er sich anzog. Beinahe hatte sie befürchtet, er könnte wirklich ihre Gedanken lesen. Doch offensichtlich war das nicht der Fall. Plötzlich erinnerte sie sich daran, dass er sie beim Namen genannt hatte.

"Woher weißt du, dass ich Rijan heiße?", fragte sie plötzlich misstrauisch. Er hob den Kopf und blickte ihr in die Augen.

"Jaken.", erwiderte er lediglich. Ach ja, richtig. Ihm hatte sie ihren Namen verraten. Lächerlich wie sie sich heute benahm. Hatte sie ehrlich geglaubt, er hätte sich über sie erkundigt?

"Sag, bedauerst du den Tod deines Bruders eigentlich nicht?" Sie sollte es besser wissen. Es war lächerlich die Frage zu stellen. Sie kannte die Antwort schon längst.

"Bedauern? Wozu? Er war schwach. Von einem Menschenweib getötet. Er hat es wirklich nicht besser verdient."

Rijan nickte nur. Warum gab er ihr nicht wenigstens einen Grund, ihn nicht zu töten?

"Menschen sind nicht so schwach wie du glaubst. Ich hätte dich auch beinahe getötet.", erinnerte sie ihn nicht ohne ein Spur von Stolz.

Sesshoumaru trat näher an sie und blickte ihr fest ins Gesicht.

"Nein, das hast du nicht. Du warst weit davon entfernt, mich zu töten. Ich sah den Ausdruck deiner Augen, als du mich verwundet hast. Du hättest niemals noch einmal zustoßen können. Ich hab es dir angeboten, erinnere dich."

Rijan erinnerte sich nur zu gut an den Moment ihrer eigenen Schwäche.

"Willst du eigentlich sterben?"

Die Frage schien ihn zu überraschen. Er schüttelte seinen Kopf und wollte an ihr vorbeigehen. Doch er blieb plötzlich stehen und sah sie an.

"Warum sollte ich?"

Sie zuckte mit den Schultern.

"Warum nicht? Du bist allein auf dieser Welt. Dein Bruder ist tot. Welchen Grund hast du noch hier länger zu verweilen. Ich denke für dich ist der Rest deines Lebens noch sehr lange."

Er zog eine Augenbraue hoch und musterte ihr Gesicht.

"Hört sich eher an als würdest du von dir sprechen."

Rijan zuckte zurück. Nein, niemals. Es war nicht ihr Leben von dem sie sprach. Sie hatte Angst gehabt zu sterben.

"Nicht jeder fürchtet die Einsamkeit, Rijan. Das unterscheidet uns von euch Menschen."

Seine Überheblichkeit war manchmal schon sehr nervig.

"Warum aber sonst hast du mir das Schwert gereicht?"

Sesshoumarus Mundwinkel zuckten flüchtig. Hatte er etwas lächeln wollen? Und wenn ja worüber? Über ihre Dummheit?

"Taktik, Rijan, Taktik. Ich wollte sehen, ob ich dich ernst nehmen soll."

Rijan verschränkte dir Arme.

Ernst nehmen? Nun, das machte Sinn und sie war so naiv gewesen, ihm das Gegenteil zu bescheinigen. Sie hatte es nicht gekonnt. Er war Zeuge gewesen.

"Das war sehr riskant. Was wenn ich es genommen hätte?", fragte sie scharf.

Sesshoumaru schüttelte seinen Kopf und ging weiter.

"Maße dir nicht, dich mit mir zu vergleichen. Während du es gegriffen hättest, hätte ich dich schon fünf Mal getötet. Ich bin schneller als du."

Rijan wollte ihm widersprechen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Ohne dass sie seine Bewegung gesehen hatte, stand er plötzlich dicht vor ihr. Sie schluckte hart. Okay, der Punkt ging an ihn. Er war wesentlich schneller. Aber das hatte sie schon immer gewusst.

"Okay, ich habe verstanden. Dennoch solltest du nicht vergessen, dass ich Dämonen jage. Dich werde ich eines Tages auch töten."

Sesshoumaru lächelte jetzt wirklich. Wie gebannt starrte Rijan ihn an.

"Menschen!", meinte er nur belustigt. Wieder drehte er sich weg und ging ein paar Schritte. Rijan schoss ein neuer Gedanke durch den Kopf.

"Woher wusstest du, dass ich hier bin. Ich war sehr leise."

Sesshoumaru blieb stehen und drehte seinen Kopf. Über seine Schulter hinweg sah er sie an.

"Ich bin ein Dämon, Rijan. Vergiss das nicht ständig. Ein Hundedämon um genau zu sein. Meine Ohren hören mehr als deine. All meine Sinne sind schärfer als die von euch Menschen." Warum hatte sie daran nicht gedacht? Selbstverständlich konnte er hören, wenn sie ihm jemand näherte. Sie fühlte sich plötzlich furchtbar dumm und naiv. Wie konnte es sein, dass sie ihn ständig unterschätzte. Sie hatte die letzten Jahre nur damit verbracht sich auf diesen Tag vorzubereiten. So wichtige Dinge konnten ihr nicht einfach entfallen.

Sie sah wie er im Dunkel des Waldes verschwand. Rijan seufzte schwer und ging zurück zum Ufer des Flusses. Sie begann sich zu entkleiden, als eine tiefe Stimme zu ihr durchdrang.

"Du solltest vorsichtiger sein, Rijan. In diesem Wald gibt es noch mehr Dämonen und offensichtlich kannst du sie nicht so einfach hören."

Ihre Kleidung fest an ihren Körper gedrückt stand sie da und starrte in das Dunkel des Waldes. Wieso konnte er zu ihr sprechen, wenn sie ihn nicht mehr sah. Konnte er etwa eins mit dem Schatten werden? Sie blickte sich weiter um. Weitere Dämonen? Sie konnte wirklich keine hören. Nun, das sagte ihr aber offensichtlich nicht, dass hier keine waren. Rijan gab sich ihrer Wut hin. Was dachte er sich eigentlich dabei? Wollte er ihr etwa Angst einjagen? Sollte er doch zur Hölle fahren. Sie konnte sich durchaus wehren. Abrupt ließ sie ihre Kleider fallen und watete in das kühle Nass. Und erst als sie tief eintauchte wurde ihr klar, dass er ihr nicht hatte Angst machen wollen. Er hatte sie gewarnt. Und nicht etwa vor sich selbst. Nein, Sesshoumaru hatte schlicht und ergreifend versucht sie zu schützen.

Rijan schwamm einige Runden und hing ihren Gedanken nach. Konnte das wirklich sein? Warum sollte er das tun? Es konnte ihm egal sein, was aus ihr wurde. Eigentlich musste es das sogar sein. Sie war ein Mensch und Sesshoumaru hasste Menschen. Dennoch seine Worte konnten nur ein Versuch des Schutzes gewesen sein. Rijan tauchte tief in das Wasser ein und versuchte zu vergessen, dass er sich vielleicht Sorgen machte. Sie wollte das nicht glauben, und noch weniger wollte sie zugeben, dass ein Teil von ihr sich danach sehnte, dass jemand sich um sie sorgte.

Prustend tauchte sie wieder auf.

"So ein Unsinn. Sesshoumaru macht sich keine Sorgen. Es interessiert ihn nicht. Vermutlich hat es gar nichts zu bedeuten." Sie schwamm zurück zum Ufer und zog ihr Untergewand an. Dann begann sie ihre Kleidung auszuwaschen. Sie lauschte hörte jedoch nichts. Vielleicht hatte er ihr wirklich nur Angst machen wollen. Hier waren vermutlich gar keine Dämonen.

Jaken tauchte plötzlich neben ihr auf und Rijan zuckte erschrocken zusammen. Wunderbar, soviel zu ihren Sinnen. Sie hatte ihn nicht einmal kommen gehört. Er sah sie böse an.

"Ihr habt keine Chance gegen Sesshoumaru-sama.", erklärte er finster.

Rijan sah ihn neugierig an.

"Wirklich?" Er nickte und richtete seinen Stab auf sie. Dann schüttelte er jedoch seinen Kopf, als wäre ihm etwas eingefallen. Er drehte sich um und wollte gehen. Doch Rijan hatte eine Frage, die auf ihrer Seele brannte.

"Sagt dir der Name Rin etwas?" Sie musste wahnsinnig sein, ihm diese Frage zu stellen. Er blieb stehen und sah sie über die Schulter hinweg an.

"Rin? Dieser Name ist lange nicht mehr gefallen."

Rijan zuckte mit den Schultern.

"Ich traf ein Mädchen, das mir von euch berichtete. Es wunderte mich, was sie zu berichten hatte."

Jaken drehte sich um und Wut spiegelte sich in seinen Augen.

"Sprecht diesen Namen nie wieder aus. Dieses verlogene Gör existiert nicht mehr."

Wie Recht er doch hatte. Rin war schon längst tot. Dennoch verletzte es Rijan diese Worte von Jaken zu hören.

"Sie meinte aber, sie hätte euch einst begleitet. Seltsam, wenn man bedenkt, dass Sesshoumaru keine Menschen mag."

Jaken kam einen Schritt näher.

"Es ist zu Eurem Besten, wenn Ihr Rin ihm gegenüber nicht erwähnt. Es könnte Euer Tod sein."

Rijan runzelte die Stirn. Was denn, war er etwa wütend auf sie?

"Aber sie hat euch begleitet."

Jaken seufzte und nickte schließlich.

"Hai, das hat sie wohl. Viele Jahre lang ist sie Sesshoumaru überall hingefolgt. Doch dann verschwand sie einfach."

Rijan nickte. Sie kannte die Geschichte schließlich.

"Wieso ist sie nicht mehr bei euch?"

Ob sie ahnten, was geschehen war?

"Warum? Wer weiß das schon? Rin ist ein Mensch. Niemand kann verstehen, was diese sich bei ihren Taten denken."

Er plusterte sich vor ihr auf.

"Ich wäre dafür gewesen dieses undankbare Gör einfach an den Haaren zurückzuschleifen, doch Sesshoumaru-sama war anderer Meinung."

Neugierde breitete sich in aus.

"Was meinte er?"

Jaken sah sich um. Rijan lächelte beinahe. Er war wirklich ein Plappermaul.

"Als wir sie fanden, stand sehr schnell fest, dass sie freiwillig gegangen war. Ihr fehlte nichts und sie hatte sich einer Gruppe Menschen angeschlossen. Also beschloss er, sie dort zu lassen. Es war ihr Wille gewesen."

Rijan glaubte beinahe jemand hätte ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie hatten nach ihr gesucht? Wie konnte es sein, dass sie davon nichts mitbekommen hatte. Sie starrte Jaken an. Dieser zuckte mit den SChultern und ging dann in den Wald zurück.

Rijan saß noch lange unbeweglich auf dem Boden und starrte ihm nach. Sie konnte nicht verstehen, was er gesagt hatte. Wieso hatte Sesshoumaru nach ihr gesucht. ES hätte ihm egal sein sollen, was aus ihr geworden war. Und plötzlich fügten sich diese Worte zu Sesshoumarus Worten von vorhin. Seine Sinne waren schärfer. Vermutlich hatte er bereits damals gewusst, dass sie im Gebüsch gestanden hatte. Und wenn er das gewusst hatte, machte das seine Tat noch viel schlimmer. Er hatte gewusst, dass sie niemals gewollte hätte, was Kohaku zugestoßen war. Und trotzdem hatte er es getan. Wut erwachte erneut in Rin. Nein, jetzt war es endgültig vorbei. Mehr Gründe brauchte sie nicht mehr um ihn endgültig zu vernichten. Entschlossen zog sie sich an und zog ihr Schwert. Mit schnellen Schritten eilte sie zum Lagerplatz zurück.

"Na, schön, du Hundedämon. Ob du nun willst oder nicht, das wird die letzte Stunde vom Rest deines Lebens sein."
 

Fortsetzung folgt.
 

Okidok, mit dem Schluss bin ich irgendwie nicht wirklich zufrieden, aber mal schauen, was sich darauf machen lässt. Von Sess Rückansicht hätte ich übrigens noch seitenlang schwärmen können, aber da auf diesen Seiten auch jüngere Menschen herumwuseln, lass ich es doch bei der harmloseren Variante :)
 

Bis zum nächsten Teil

rogi



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2007-02-20T11:39:26+00:00 20.02.2007 12:39
*schmunzel* Welch nettes Pitelchen das doch ist. ^^ Und wie herrlich sie ihn angeiert. Jaja, und sie liebt ihn doch und deshalb will sie ihn töten.
Wie du ihn beschreibst...herrlich. Einen solchen Mann kann man ja einfach nur anstarren. Und ich musste so lachen, als sich dann ehrrausstellt, dass er die ganze Zeit gewusst hat, dass sie ihn beobachtet. Weheheheee, lässt sie voll auflaufen. Lässt sich aber wohl auch gerne bewundern. o.O
Hach, der Gute is so unnahbar, dabei wünschte ich zu wissen, was er über Rijan denkt.. *zappel*

Aber das Kapi hat mich auch echt aufgewühlt. So der erste Absatz. Das Inuyasha von Kagome getötet worden is. Da hab ich erst mal dicke Backen gemacht. Das erzählste so mal eben nebenbei (ich weiß, ds gehört nicht in diese Geschichte), man denkt sich nichts böses und -BAUTZ- dann sowas.
Gelungener kleiner Schreckmoment.

Wie sehr Rijan noch an der Vergangenheit hängt, lässt du einen dann am Ende nomma richtig merken. Wo sie Jaken über Rin ausfragt. Und dass sie Sess jetzt endgültig töten will, glaube ich selbstverständlich noch´immer nicht. ^^ Sie liebt ihn und sie hängt an ihm. Aber was er getan hat quält sie.

Sehr lebendig und sehr gefühlvoll und emozional geschriebene FF. Eine FF voller Leben.
Von:  chaska
2006-11-18T21:22:34+00:00 18.11.2006 22:22
Sehr schön. Da erfährt man in der Geschichte, wie es um die Gruppe von Inu Yasha ausgegangen ist. Ein offensichtlich sehr tragisches Ende. In dieser Beziehung hat sich Sesshomaru doch mal zu einer etwas ausführlicheren Erklärung herabgelassen.
Dieser Part an dem See hat mir sehr gut gefallen. Was ich mich die ganze Zeit schon frage, ist: Ob Sesshomaru nicht doch weiß wer Rijan in Wirklichkeit ist. Seine Sinne sind, wie erwähnt doch um so vieles sensibler, als die eines Menschen. Hat sich Rin wirklich so verändert im Laufe der Jahre, dass er sie nicht mehr erkennt?
Liebe Grüße
chaska
Von:  MorgainePendragon
2006-05-25T10:46:41+00:00 25.05.2006 12:46
Das ist ein wirklich SEHR interessanets Kapitel mit ganz vielen, wunderbaren Aspekten, über die ich stundenlang nachsinnieren könnte, meine Liebe! (*schwärm* Über Sessis Rückansicht könntest du doch mal ein "unzensiertes" Kap als Adult reinstellen, eh??? *lechz*^^)

Gestaunt habe ich schon etwas: Sess und Lächeln! Aber, wie soll man sonst die Kurve bekommen und die Geschichte dorthin "biegen", wo du sie hinentwickeln willst (oder vielmehr: wohin ich GLAUBE, dass du sie hinentwickeln willst...^^). Er MUSS ja langsam auftauen - es sei denn, deine Story sollte eine "Neverending Story" werden^^. (Anmerkung d. Redaktion^^: Eines meiner Lieblings-Kinderbücher im Übrigen^^.)

Sess taut hier ja richtig auf, als er so viel über Yashas Schicksal erzählt. Und DAS ist der NÄCHSTE wirklich interessante Aspekt dieses Kapis - oder deiner ganzen Geschichte: InuYasha ist also tot! Herrjeh, jetzt könnt ich verstehen, wenn die Auri-chan es vorzieht, lieber NICHT weiterzulesen... Aber ich finde, dass es ein durchaus denkbares Ende der Geschichte rund um Kagome und Yasha sein könnte. Nachvollziehbar - und wunderbar tragisch. Wie du schon sagst: DAS ist es aber auch, was WIRKLICH fesselt.

Naja, und dann Rijans wiedersprüchliche Gefühle. Sie ist immerhin (neben einer Dämonenjägerin) eindeutig eine Frau. Und WER könnte sich SOLCH einem überirdisch schönen (eindeutig MÄNNLICHEN) Dämon schon entziehen^^. Hast du gut beschrieben^^. Also, ich kann dich voll verstehen. Ich könnt auch Stnden vom Body eines gewissen Samurai schwärmen - auch wenn(oder auch weil?) er von so vielen Narben gezeichnet ist... *seufz* *apathischen blick aufsetz*^^ Ich häng an deienn Worten! LG, Mado-chan
Von: abgemeldet
2003-07-13T13:55:12+00:00 13.07.2003 15:55
War mal wieder klasse. Ich hab mich halb tot gelacht, als Rijan Sessi nackt erwischt hat. Einfach gööttlich, die Vorstellung. Schreib also shhnell weiter!
Cu Yena
Von:  SeiyaDarkside
2003-07-12T22:49:48+00:00 13.07.2003 00:49
*zinker*
ich kenne die Seiten und Vorderansicht, lach
Nene, schreib mal schnell weiter, ich bin ja so was von gespannt, also wirklich ^^

Lieben Gruß
Seiya

PS.: Dieser Teil war wieder super ^^


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