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Ich bin nicht mehr der Hobbit, der ich einst war

von

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Prolog, in dem eine Entscheidung getroffen wird.

Die Sonne stand triumphierend und hell leuchtend am Himmel. Es schien fast so, als feierte sie zusammen mit den Siegern der großen Schlacht.

Erebor gehörte wieder den Zwergen. Ihr König, Thorin Eichenschild, hatte sein Reich zurückerobert. Eine glorreiche Zukunft lag vor ihm, seinen Freunden und Untertanen.

Der Drache Smaug war tot und niemand zweifelte daran, dass der Frieden das Land überziehen würde.

Es gab also genug Grund zum Feiern. Und das taten alle. Nur einer nicht. Ein kleiner Hobbit, der viel riskiert hatte und Teil dieser gewaltigen Geschichte war, hatte keinen Grund, glücklich zu sein. Im Gegenteil. Er hatte alles verloren, was wichtig für ihn war. Seine Freunde, ein zweites Zuhause, sein Herz.
 

Er sprach kaum. Er war zu sehr in Gedanken versunken, um wirklich Teil dieser Welt zu sein. Den Blick stur nach vorn gerichtet, ritt er neben Gandalf.

Ihr Weg führte sie zurück ins Auenland. Ein ruhiger, wunderschöner Ort, den er nur allzu oft vermisst hatte. Seine Heimat.

Er drehte sich um und betrachtete schweigend den Einsamen Berg, der stolz und majestätisch in die Höhe ragte. Sobald die Nebelberge überquert waren, würde er aus Bilbos Sicht verschwinden.

Doch dort, in der Ferne, waren all die Freunde, die er so lieb gewonnen hatte. Freunde, die er nie wiedersehen konnte, weil ihn Thorin Eichenschild mit der Verbannung bestraft hatte. Nach allem, was er für die Zwerge getan hatte, wurde er fortgeschickt und durfte nie mehr zurückkommen.

Kurz schloss der Hobbit die Augen und biss sich auf die Unterlippe.

Er sollte keine Trauer empfinden. Seine Freunde hatten die Schlacht um Erebor überlebt. Thorin und seine beiden Neffen hatten zwar schwere Verletzungen davon getragen, doch Gandalf hatte Bilbo mitgeteilt, dass keine davon lebensgefährlich war und die drei bald damit beginnen konnten, ihre zurückeroberte Heimat neu aufzubauen.

Ihn schmerzte der Gedanke, dass er Erebor niemals in voller Pracht sehen durfte. Bilbo Beutlin war für die Zwerge ein Dieb, der kein Recht hatte, ihr Heim zu betreten.

Langsam öffnete er wieder die Augen.

Ja, Bilbo Beutlin konnte niemals nach Erebor.

»Gandalf?«

Die Stimme des Hobbit durchbrach die Stille, die sich schon seit Stunden über die beiden Reisenden gelegt hatte. Der alte Zauberer stoppte sein Pferd und drehte sich zu Bilbo um, bevor dieser weitersprach.

»Ich kann nicht zurück ins Auenland«, sagte er leise. »Es gibt dort nichts mehr für mich.«

Gandalf lachte. »Wovon redest du da? Ich erinnere mich noch ganz genau an einen Hobbit, der es kaum erwarten konnte, wieder in seinem weichen Sessel zu sitzen und ein gutes Buch zu lesen.«

Der Halbling lächelte matt. »Ja, aber diesen Hobbit gibt es nicht mehr, Gandalf. Du hattest recht.«

»Gewiss hatte ich das, aber womit?«

»Du sagtest, dass ich ein anderer sein werde, wenn ich dieses Abenteuer überstehe. Es stimmt. Ich bin nicht mehr Bilbo Beutlin. Er würde sich über sein gemütliches Zuhause freuen und sein Leben so weiterführen, als wäre nichts gewesen. Aber ich kann das nicht, Gandalf. Ich würde verrückt werden. Ich muss weiterziehen. Mein Abenteuer kann nicht einfach so vorbei sein. Ich habe schon viel gesehen, aber noch nicht alles.«

Der Graue musterte den Hobbit schweigend und nickte dann leicht. »Ich verstehe, mein Freund. Doch wohin soll deine Reise führen?«

Bilbo blickte in die Ferne. »Im Süden liegt Rohan, nicht wahr? Das wäre doch ein Anfang.«

»Dann hast du einen langen Weg vor dir«, merkte der Zauberer an. »Doch nach allem, was passiert ist, zweifle ich nicht daran, dass du diese Reise unbeschadet überstehen wirst. Das Glück war bislang immer auf deiner Seite.«

Der Halbling rang sich zu einem leichten Lächeln durch. »Wenn man von ein paar Ausnahmen absieht, Gandalf. Einiges lief nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt hatte...«

Sein Blick trübte sich, als er an die letzte Begegnung mit Thorin dachte. Er konnte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht mehr vergessen. Verachtung und Hass hatten Bilbo mitten ins Herz getroffen. Der Zwergenkönig hatte ihm am Anfang ihrer Reise viele verletzende Worte ins Gesicht geschleudert, doch die letzten, die Thorin an ihn gerichtet hatte, schmerzten noch immer und hatten tiefe Narben hinterlassen.

Er schüttelte den Kopf, um der Erinnerung zu entkommen.

Es hatte wirklich keinen Sinn, zurückzublicken. Er musste nach vorn sehen. Die Welt wartete auf ihn und Bilbo hatte vor, von ihr zu lernen, um das neue Leben, das er für sich gewählt hatte, als stärkerer Hobbit zu bestreiten. Und wenn er genug Kraft gesammelt hatte, konnte er vielleicht ein letztes Mal dem König unter dem Berg gegenübertreten.

Gandalf bedachte ihn mit einem wissenden Blick. Der Hobbit war sich sehr sicher, dass der Zauberer wusste, dass Bilbo mehr als nur Freundschaft für Thorin empfand und er war froh, dass der Graue diese Information für sich behielt. Es spielte ohnehin keine Rolle mehr. Der Zwerg hatte sich dafür entschieden, den Halbling zu hassen und es gab wohl keine Möglichkeit, seine Meinung zu ändern. Er war eben ein sturer, uneinsichtiger und herzloser Dummkopf.

Aber Bilbo war ein noch viel größerer Dummkopf, denn er hatte zugelassen, dass er sein Herz ausgerechnet an jemanden wie Thorin Eichenschild verloren hatte. Es war seine eigene Schuld, dass er nun mit diesen furchtbaren Gefühlen leben musste.

»Du bist dir auch ganz sicher, dass du das tun willst, Bilbo?«

Die Stimme des Zauberer riss den Hobbit aus seinen Gedanken.

»Ja, ich bin mir ganz sicher. Das ist der richtige Weg, Gandalf«, lautete seine Antwort. »Du willst mich doch nicht überreden, doch ins Auenland zurückzukehren, oder?«

Der Graue schüttelte lachend den Kopf. »Nichts läge mir ferner, mein Freund. Deine Mutter wäre sicherlich sehr stolz auf dich.«

Bilbo dachte eine Weile über diese Worte nach und blickte zum Einsamen Berg.

»Denkst du, dass er mich töten wird, wenn ich sein Königreich betrete?«

»Du kennst ihn und seinen ausgeprägten Stolz, Bilbo. Er müsste es tun.«

»Dann muss ich alles, was ich vorhabe, vor dem Treffen mit ihm erledigen«, sagte der Halbling mit einem schwachen Lächeln.

Sein Pony setzte sich langsam in Bewegung und hielt direkt neben Gandalfs Pferd an.

»Könntest du mir einen Gefallen tun, Gandalf?«

»Ich werde es versuchen.«

Bilbo zögerte kurz, bevor er seinen Wunsch äußerte, den sich der Zauberer mit gerunzelter Stirn anhörte.

»Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«

Der Hobbit nickte. »Falls ich es irgendwann tatsächlich zurück nach Erebor schaffe, wird es mir vieles erleichtern. Und ich denke, es ist ein perfekter Neuanfang.«

Der Graue nickte verstehend und versprach, den Wunsch seines Freundes zu erfüllen.

Nachdem sich die beiden verabschiedet hatten, setzte sich Bilbos Pony erneut in Bewegung. Der Weg, der vor ihm lag, war ihm unbekannt, doch er spürte keine Angst. Der Tuk in ihm hatte die Oberhand und füllte sein Herz mit Vorfreude und gesunder Aufregung.

Ein letztes Mal betrachtete er den Einsamen Berg.

»Irgendwann sehen wir uns wieder, mein König.«
 

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Schweißgebadet erwachte Bilbo mitten in der Nacht.

Es war nicht das erste Mal, dass Albträume ihn terrorisierten. Bereits kurz nach Beginn der Reise hatte die Gestalt des Drachen Smaug ihn bei jeder Gelegenheit heimgesucht.

Er war diesem Wesen noch nie begegnet, doch trotzdem sah er den Feuerspucker klar und deutlich vor sich. Schlaf war ein Luxus, in dessen Genuss er nur noch selten kam.

Leise richtete er sich auf und betrachtete die Zwerge um ihn herum, die scheinbar keine Probleme mit einem Drachen hatten, der sie verfolgte.

Ein kurzer Seufzer entfuhr ihm. Die Reise war ohnehin schon kräftezehrend, doch im übermüdetem Zustand wurde alles zur reinen Qual.

Nachdem er sich aufgerichtet hatte, streckte er sich und sah hinüber zu dem einzigen Zwerg, der noch wach war.

Thorin hielt den Blick weiterhin in die Dunkelheit gerichtet, als sich ihm eine Person näherte und neben ihm platz nahm.

»Soll ich mal für eine Weile Wache halten?«, fragte der Hobbit leise.

Als keine Antwort von dem Zwerg kam, seufzte Bilbo leise und fuhr fort: »Ihr denkt immer noch, dass ich einschlafen würde, nicht wahr? Traut Ihr mir denn überhaupt nichts zu?«

»Warum freut Ihr Euch nicht einfach darüber, dass Ihr diese Aufgabe nicht übernehmen müsst, Herr Beutlin?«, kam schließlich die gemurmelte Antwort.

Der Hobbit verschränkte die Arme vor der Brust. »Weil ich mich nützlich machen will«, antwortete er. »Schließlich gehöre ich zu Euch und möchte auch die gleichen Aufgaben übernehmen wie jeder andere hier.«

Der Zwergenkönig sah den Halbling mit kalten Augen an. »Ihr mögt Teil dieser Unternehmung sein, doch glaubt nicht einmal für einen Augenblick, dass Ihr einer von uns seid, Hobbit.«

Bilbo biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick.

Man sollte meinen, dass sich Bilbo bereits an Thorins harte Worte gewöhnt hatte, doch sie trafen ihn immer wieder wie Pfeile mitten in die Brust.

»Was müsste ich tun, um zu Euch zu gehören?«, kam die zögerliche, geflüsterte Frage.

Thorin schnaubte. »Ihr müsstet ein anderer sein, Herr Beutlin. Ein vollkommen anderer Mann.«

Der Zwerg stand auf. »Und Ihr werdet Euch niemals ändern.«

Noch lange, nachdem der Zwergenkönig sich von ihm entfernt hatte, bewegte sich der Hobbit nicht von der Stelle und blickte stumm in die Nacht.
 

Es folgt: Kapitel Eins, in dem die Geschichte von Bilbo Beutlin erzählt wird.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich begrüße euch zu meiner ersten Geschichte zu „Der Hobbit“. Wie immer, wenn ich mich in neue Gebiete wage, fühle ich mich erst einmal unsicher. Kann ich die Charaktere richtig darstellen? Ist mein Schreibstil passend? Kann der Plot überzeugen? Kenne ich mich gut genug aus?
Ich habe immer das ungute Gefühl, dass man meine Unsicherheit am Anfang der Geschichte bemerkt. Die Worte kommen nur in Bruchstücken und alles wirkt erzwungen und unecht.
Glücklicherweise vergeht das nach einer Weile und ich hoffe, dass ich während dieser Fanfiktion dazulerne, um für kommende Projekte gerüstet zu sein.
Ich habe es bisher nicht geschafft, „Der Herr der Ringe“ zu lesen und kenne mich nur ansatzweise mit Mittelerde aus. Ich habe zwar „Der (kleine) Hobbit“ mehrmals gelesen, doch qualifiziert mich das wohl kaum als Experte. Sollten irgendwie Unwahrheiten oder irgendwelche Fehler in meiner Geschichte auftauchen, könnt ihr mich gerne darauf hinweisen und korrigieren.
Es ist schwer für mich, die Geschichte einem Genre zuzuordnen. Ja, natürlich geht es um die Beziehung zwischen Bilbo und Thorin, allerdings ist das nur einer der Bestandsteile der Geschichte. Das Projekt nur als Romanze zu bezeichnen, wäre wohl falsch. Es geht vor allem um Bilbo und seinen Werdegang. Ich bin sehr daran interessiert, in die Seele meiner Hauptcharaktere zu schauen und ich hoffe, dass ich bei Bilbo zumindest an der Oberfläche kratzen kann.
Auch wenn ich immer etwas skeptisch bin, was eigene Charaktere in Fanfiktions angeht, habe ich selbst zwei davon eingebracht. Es ließ sich, egal wie ich es auch anging, nicht vermeiden und ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen, dass ich ein paar unbekannte Gesichter in das Projekt gebracht habe. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-03-12T19:54:19+00:00 12.03.2014 20:54
oh, ich war neugierig und ich wurde nicht enttäuscht *gg*

die Geschichte gefällt mir schon jetzt!

nach Rohan geht es also
argh! was für einen Gefallen sollte Gandalf ihm erfüllen?

Thorin, wie nett er doch immer zu den kleinen Hobbit ist =/

also ich bin ja jetzt auch kein Fanficexpertenleser oder so
aber mir persönlich hat der Prolog schon sehr zugesagt
es liest sich gut und vom Inhalt her war mir auch nie langweilig

du hast zwar der Herr der ringe nicht gelesen, aber wohl die Filme dazu gesehen?
es geht ja jetzt nach Rohan, hmn bin ja schon wirklich gespannt darauf was du mit den Herrn Bilbo so alles vorhast *gg*

mach dir keine Sorgen, ach wenn vielleicht im Verlauf der Geschichte nicht alles so ist wie es vielleicht sein sollte, ich meine, es ist ja doch fanfiction

zwei eigene Charaktere kommen noch dazu?
ja, kann ich jetzt noch nicht sagen, wie die mir schmecken werden
sollten sie aber einfach super gut in die Story passen, dann wird es wohl keine Probleme geben

mir hat es hier spaß gemacht und ich werde wieder da sein, wenn es weiter geht!
Antwort von:  Rausgepickt
13.03.2014 07:42
Heyho!

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. :)
Es freut mich sehr, dass dir der Prolog gefallen hat.

Ich hab' die Filme zu "Der Herr der Ringe" gesehen und habe mir für diese Fanfiktion auch nochmal die Szenen in Rohan angesehen, damit ich zumindest ansatzweise weiß, worüber ich schreibe. :'D
Weil ich recht selten zum Lesen komme, habe ich mir auch das Hörbuch gekauft, aber damit bin ich leider auch noch nicht sonderlich weit gekommen. :/

Die zwei eigenen Charaktere sind hoffentlich nicht zu störend, aber einer von den beiden kommt auch nur in zwei Kapiteln vor. Der andere muss (leider) in allen folgenden Kapiteln dabei sein, weil Bilbo sonst 2/3 der Geschichte allein wäre und nur Blödsinn anstellt, wenn ihn keiner davon abhält. *g*

Nochmals vielen Dank für deinen Kommentar! :D



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