Vorbei ist vorbei
Vorbei ist vorbei
Shikamaru sah in den Himmel.
Die Sonne schien freundlich durch das Blattwerk der Bäume hindurch in sein Gesicht und direkt über ihm zog eine Wolke vorbei.
Das Beobachten der Wolken ...
Seit er denken konnte, war es sein Lieblingszeitvertreib gewesen und in den fünfundzwanzig Jahren seines Lebens hatte sich dies nie geändert.
Während sie dort oben vom Wind weiter getrieben wurde, kamen Shikamaru die verschiedensten Gedanken.
Er erinnerte sich, wie er von klein auf auf dem Aussichtspunkt in Konoha saß und fasziniert die Wattebällchen, wie er die Wolken damals als kleines Kind genannt hatte, mit den Augen verfolgte.
Amüsiert dachte er daran, wie ihn die Leute ständig für diese Angewohnheit belächelt hatten und bis heute gab es nur ein paar wenige, die Verständnis dafür hatten oder zumindest gelernt hatten, es zu tolerieren.
Letzteres brachte ihn zum Schmunzeln. Einer bestimmten Person klar zu machen, warum er es so gerne tat, war wirklich ein hartes Stück Arbeit gewesen.
Temari hatte ihn jahrelang schief deswegen angesehen, aber letztendlich hatte sie es doch verstanden.
Ähnliches galt für Ino. Sie hatte anfangs zu jeder Gelegenheit betont, was für ein antriebsloser Mensch er war und dass es reine Zeitverschwendung war, in den Himmel zu starren.
Chouji, sein Vater und Asuma hingegen hatten immer hinter ihm gestanden.
Nur seine Mutter ... Nein, an ihre Einstellung verschwendete er jetzt keinen Gedanken.
Die Wolke verschwand aus seiner Sicht und Shikamaru war ihr dankbar dafür, wie sie ihm die wichtigsten Menschen in seinem Leben noch einmal bewusst gemacht hatte.
Seine Mutter, neben Ino und Temari die zweifellos anstrengendste Frau, die er kannte ... Er verdankte ihr viel, auch wenn sie häufig streng mit ihm gewesen war und oft die Hölle heiß gemacht hatte, wenn ihr irgendetwas nicht passte. Aber wahrscheinlich waren Mütter auch dafür da, dass man es als Junge nicht zu leicht hatte.
Sein Vater ... Ein intelligenter Pantoffelheld, der alles getan hatte, um es seiner Gattin recht zu machen und sie scheinbar wegen ihres Lächelns geheiratet hatte – inzwischen wusste Shikamaru es natürlich besser – und der im vierten großen Krieg sein Leben gelassen hatte.
Ino, seine Teamkollegin und Freundin, die unter ihrer oberflächlichen Schale ein riesiges Herz verbarg und ständig besorgt um Chouji und ihn war.
Asuma, sein Lehrmeister, der ihm beigebracht hatte, seinen Verstand richtig einzusetzen. Zuletzt hatte er durch ihn im Wesentlichen verstanden, auf was es im Leben wirklich ankam.
Chouji, sein bester Freund und der sanftmütigste und gutherzigste Mensch, den er kannte.
Die Erinnerung an damals, als die Rettungsmission um Sasuke gescheitert und Chouji fast gestorben war, hatte sich in Shikamarus Gedächtnis gebrannt. Seine Befürchtung, dass es vielleicht noch einmal so kam – oder schlimmer –, hatte sich glücklicherweise nie bestätigt.
Und zum Schluss Temari.
Vor dreizehn Jahren hatte er sie als berechnende, kaltherzige Kunoichi aus Sunagakure kennen gelernt.
Seit dem war so viel passiert.
Erst hatte sie ihm auf besagter Mission das Leben gerettet; dann hatten sie gemeinsam einige Male die Chuunin-Prüfung vorbereitet; einen Krieg überstanden ...
Er konnte sich nicht genau erinnern, wann es passiert war, aber irgendwann dazwischen hatte er gemerkt, dass mehr als Freundschaft zwischen ihnen war.
Es dauerte ein wenig, sie davon zu überzeugen, doch letztendlich hatte sie ihr altes Leben aufgegeben und war nach Konoha gezogen.
Acht großartige Jahre verbrachte er nun schon mit ihr, mit Höhen und Tiefen. Geheiratet hatten sie nie, doch dafür hatte sie ihm zwei wunderbare Kinder geschenkt, ein Junge und ein Mädchen, genauso wie er es sich immer vorgestellt hatte.
Shikamaru lächelte und schloss die Augen. Er genoss die warmen Sonnenstrahlen, die sein Gesicht streichelten, während sich das Gift weiter in seinem Körper verteilte und ihn lähmte.
Auch wenn sein Leben nun vorbei war, bereute er nichts. Obwohl sie kürzer war als er erhofft hatte, hatte er wirklich eine schöne Zeit gehabt – eine herrliche Zeit.