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Auf die eine oder andere Weise

(BBC)
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Auf die eine oder andere Weise
 

John lächelte im Blitzlichtgewitter, obwohl er noch nicht einmal wusste, ob er später überhaupt auf den Bildern zu sehen sein würde. Immerhin drehte der heutige Tag sich nicht um ihn selbst, sondern um Sherlock. Wie eigentlich immer, aber er hatte absolut kein Problem damit, noch nie gehabt. Im Gegenteil, es hatte Vorteile, ‚nur‘ der Mitarbeiter von Sherlock zu sein. So wurde er weder von Reportern noch von Fotografen verfolgt. Sherlock konnte nur von Glück sagen, dass er einen so äußerst liebenswürdigen Charakter besaß, so dass die Reporter ihn meistens in Ruhe ließen, so dass Sherlock bequem und unbedrängt seiner Arbeit nachgehen konnte. Solange er ab und an etwas Zeit für die Reporter und deren Wünsche einräumte. Das war zwar auch nicht sein Ding, aber John achtete darauf, dass es passierte, damit sich die Reporter nicht in laufende Fälle drängten, nur weil sie schon länger kein Futter mehr für ihre Artikel erhalten hatten.
 

Heute war einer der solchen Tage, die Sherlock der Presse widmete. Widerwillig, aber dennoch höflich, wenn auch falsch lächelnd, da er solche unnötigen Veranstaltungen hasste.

Mittlerweile war Sherlock so berühmt und beliebt, dass er bei Madame Tussauds eine eigene Wachsfigur erhielt. Und heute waren sie zur Einweihungsfeier eingeladen. Sherlock musste also mit seinem unechten Ebenbild posieren, wenn auch mit steif auf dem Rücken zusammengelegten Händen.
 

John allerdings stand stolz daneben. Er wusste, dass es eine Ehre war, eine solche Figur zu erhalten und dass sie nicht sehr häufig war und daher etwas Besonderes. Da die Presse sowieso in regelmäßigen Abständen Artikel mit Fotos veröffentlichten, wusste eh jeder, wie Sherlock aussah und Sherlocks Talent, sich zu verkleiden, war sowieso famos. Auch mit seiner steigenden Bekanntheit würde ihn verkleidet niemand erkennen. Allerdings kam es mittlerweile auch vor, dass Verbrecher, sobald Sherlocks Name während der Ermittlungen nur erwähnt wurde, bereits einknickten, ohne dass er überhaupt schon etwas für den Fall getan hatte. Sherlock war dann schon oft tödlich beleidigt, da ihm so schon der ein oder andere interessante Fall vermiest worden war und er nicht mehr sein Genie anstrengen musste.
 

John sah schmunzelnd zu, wie einige Leute Sherlock gratulierten, der sich sichtlich die scharfen Kommentare verkneifen musste. Nach und nach verflüchtigte sich die Menge, nur John blieb alleine neben der Figur zurück. Nachdenklich betrachtete er sie. Sie war sehr realistisch gearbeitet, wirkte fast wie echt, von der richtig getroffenen Augenfarbe bis hin zu dem erzwungenen Lächeln. Es war seltsam, dass der Künstler dieses falsche Lächeln gesehen und eingefangen hatte, normalerweise übersahen es die Menschen und hielten es für echt. Oder vielleicht wollten sie, dass es echt war. Allerdings war es gut, dass keiner von diesen Leuten Sherlocks Langeweile-Gesicht kannte. Er war sich sicher, niemand von all seinen Bewunderern würde es auch nur zwei Minuten mit einem gelangweilten Sherlock aushalten.
 

Er selbst war mittlerweile ein Meister darin, Sherlocks Langeweile nicht nur auszuhalten, sondern ihm auch immer wieder Beschäftigungen zu finden. Bei dieser nie enden wollenden Beschäftigungsfindung für seinen Freund musste er dann irgendwann stärkere Gefühle entwickelt haben, als es für einen besten Freund gut war. Als es für ihn gut war, denn nur zu gut wusste er, dass Sherlock nie seine Gefühle erwidern würde, auch wenn er mittlerweile einfach nicht mehr daran glauben konnte, dass Sherlock der Soziopath war, als der er sich selbst bezeichnete. Er war zwar kein Psychologe, sondern Arzt, aber er war sich sicher, dass Sherlock höchstens Aspergertendenzen aufwies.
 

Hier erwies sich nun die vermutlich einzige Gelegenheit, zumal er nun vollkommen alleine war. Wie üblich interessierte sich keiner für ihn, aber er wollte es auch gar nicht anders. Und es brauchte auch nur wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass vor ihm der echte Sherlock stand. Er wusste nicht, ob er es wirklich tun sollte, entschloss sich dann aber dazu.

John trat einen Schritt auf die Figur zu, reckte sich ein wenig und presste seine Lippen auf die der Wachsfigur. Eigentlich hätte er es wissen müssen. Die Lippen waren viel zu hart und viel zu kalt, als dass er weiterhin seine Illusion hätte aufrechterhalten können. Daher löste er sich bereits nach wenigen Sekunden wieder und sah in die grün-grauen Glasaugen der Wachsfigur und stellte sich vor, welchen Ausdruck die echten Augen wohl in einer solchen Situation tragen würden.
 

„Was tust du da?“

John zuckte zusammen, als er Sherlocks tiefe Stimme hinter sich vernahm, redete sich dann aber ein, dass Sherlock unmöglich den Kuss gesehen haben konnte, da er die Figur noch lange angestarrt hatte. Dennoch kam er sich ein wenig ertappt vor.

Lächelnd drehte er sich um, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass Sherlock so dicht hinter ihm stehen würde. Verlegen wollte er einen Schritt zurückweichen, doch er wurde festgehalten.

„Wäre es nicht besser, das Original zu küssen?“ wisperte Sherlock an Johns Lippen, bevor er diese mit seinen eigenen verschloss.
 

Noch ehe John eine Antwort formulieren oder auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde sein Kopf von seinen aufwallenden Gefühlen leergefegt. Automatisch hob er seine Arme, um sie um Sherlocks Nacken zu schlingen, um ihn weiter zu sich zu ziehen und so den Kuss zu intensivieren. Diese Lippen waren warm und weich und anschmiegsam, diese Lippen bewegten sich und öffneten sich, um eine vorwitzige Zunge herauszulassen, die sacht über Johns Lippen strich.

John konnte gar nicht anders, als die seinen zu öffnen und die fremde Zunge in seinem Mund willkommen zu heißen. Wie lange hatte er sich nach einem solchen Kuss von diesem Mann gesehnt.



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