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Überredungskünste

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Überredungskünste

Manchmal ist das, was wir wollen, nicht das, was wir brauchen. Und das, was wir brauchen, ist nicht das, was wir wollen.

Bei mir war das definitiv der Fall. Ich bin Rose Weasley. Und das, was ich am wenigsten brauchte und wollte, war Scorpius Malfoy.

Nach meinem Abschluss an der berühmtesten Schule für Hexerei und Zauberei habe ich einen Job im St. Mungo’s Hospital als Heilerin angeboten bekommen und ihn direkt angenommen. Der Gedanke, Auror zu werden, hatte mich zwar sehr gereizt, aber mein Dad und Onkel Harry hatten davon abgeraten. Die beiden sind Auroren und bekommen regelmäßig Ärger von Mom und Tante Ginny, weil sie sich ständig in Gefahr brachten und oft von zu Hause weg waren. Ich hatte zwar niemanden, von dem ich Ärger kriegen könnte, aber vielleicht würde es irgendwann mal so jemanden geben, und dann war ein fester Job mit geregelten Arbeitszeiten durchaus von Vorteil.

Ich freute mich auch tatsächlich auf meinen ersten Arbeitstag. Neue Leute kennen lernen, endlich eigenes Geld verdienen und auf eigenen Füßen stehen. Ich konnte es kaum erwarten, irgendwann eine Wohnung zu haben, vielleicht sogar in London. Zur Zeit wohnte ich noch bei Mom und Dad, sie hatten darauf bestanden, damit ich keinen Kredit aufnehmen musste. Die Kobolde von Gringotts verlangten überirdische Zinsen.

Als ich an meinem ersten Arbeitstag in das magische Krankenhaus kam, war ich überwältigt von der Geschäftigkeit und dem Trubel, der auf den Gängen herrschte. Ich war zwar schon öfter hier gewesen und hatte Leute besucht (Dad und Onkel Harry kamen ständig verletzt von ihren Aufträgen zurück), aber dass ich jetzt Teil davon werden sollte, konnte ich doch noch nicht ganz begreifen.

Ich reihte mich bei den ganzen Neuankömmlingen ein, die wild schwatzend im Eingangsbereich standen und auf ihre Zuteilung zu den Stationen warteten. Ich sah einige bekannte Gesichter. Zwei Ravenclaws und eine Hufflepuff, die im gleichen Jahr wie ich gewesen waren, standen in einer Gruppe zusammen. Ich grüßte sie freundlich und schaute mich dann weiter um. Ich sah über Schultern und Köpfe hinweg, doch was ich dann entdeckte, ließ mich komplett erstarren. Ein platinblonder, junger Mann stand am Rand der Gruppe und schaute mich direkt an. Scorpius Malfoy.

Als er sah, dass ich ihn anstarrte, fing er an zu grinsen. Es war so ein typisches Malfoy-Grinsen: überlegen, arrogant und verdammt sexy. Damit hatte er einige seiner Eroberungen rumgekriegt. Bei mir hatte er es auch versucht, doch ich konnte jedes Mal gerade so entwischen.

Jetzt kam Malfoy langsam zu mir herüber, sein Grinsen immer noch auf den Lippen.

„Weasley“, sagte er ruhig, lehnte sich neben mir an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Malfoy“, antwortete ich und sah stur an ihm vorbei.

„Was hat dich hierher verschlagen?“, fragte er.

„Hab ein Jobangebot bekommen und konnte nicht nein sagen.“

„War bei mir genauso.“

Ich nickte nur. Was wollte er jetzt hören? Während unserer Schulzeit hatten wir nur bedingt miteinander zu tun gehabt. Wir waren zwar beide Schülersprecher gewesen, doch das alte Feindbild von Gryffindor und Slytherin hatte immer verhindert, dass wir uns näher kennen gelernt hatten. Theoretisch galt das jetzt nicht mehr, aber ich hatte trotzdem keinen besonderen Anreiz mich mit diesem Frauenheld zu unterhalten.

„Weißt du schon, in welche Abteilung du kommst?“, fragte Scorpius weiter.

„Im Stellenangebot stand Magische Verwünschungen und Flüche.“

„Na so ein Zufall“, sagte er und lachte leise auf.

Na prima. Scorpius und ich würden in derselben Abteilung arbeiten. Das fing ja glänzend an.

„Geh mit mir essen“, sagte er auf einmal.

„Wie bitte?“, war alles, was ich hervorbringen konnte.

Bevor Scorpius noch einmal wiederholten konnte, was er soeben gesagt hatte, wurden Gott sei Dank alle Neuankömmlinge aufgefordert, sich vor den Fahrstühlen zu versammeln. Ich achtete darauf, so weit wie möglich von Scorpius weg zu stehen.

Nach und nach wurden wir den Abteilungen zugewiesen und von den magischen Fahrstühlen direkt auf die Stationen gebracht. Endlich war die Abteilung Magische Verwünschungen und Flüche an der Reihe, und ich stieg sicheren Schritts in den Fahrstuhl, gespannt wer außer Scorpius und mir noch ein Kollege werden würde. Doch außer Scorpius und mir kam niemand sonst. Die Fahrstuhltüren schlossen sich hinter uns und ließen mich ungläubig stehen.

Scorpius schien das sehr zu amüsieren. Er grinste mich wieder an und baute sich direkt vor mir auf.

„Geh mit mir essen.“

„Vergiss es.“

„Wieso?“

„Weil ich mich nicht in deine Galerie einreihen möchte.“

„Was?“

Bevor ich antworten musste, öffneten sich die Fahrstuhltüren wieder, und ich stürmte an Malfoy vorbei in den Gang hinaus. Die Leiterin der Station, eine Hexe im mittleren Alter namens Belinda Hawthorne, begrüßte uns kurz und schaute sich gestresst um.

„Sie müssen Miss Weasley und Mr. Malfoy sein.“, sagte sie. „Ich bin froh, dass Sie beide hier sind. Wir brauchen wirklich jede Unterstützung, die wir kriegen können. Wir fangen direkt mit der Visite an und dann gebe ich Ihnen die Akten der Patienten, damit Sie sich mit ihnen vertraut machen können.“

Gesagt, getan. Nach der Visite, zogen Scorpius und ich uns in ein kleines Zimmer zurück, das zwei Schreibtische beinhaltete und von jetzt an unser Arbeitsplatz sein sollte.

„Geh mit mir essen“, sagte er schon wieder, als ich gerade eine Seite umblätterte.

„Hör auf mit dem Unsinn“, antwortete ich, ohne von meiner Akte aufzublicken.

„Ich meine es ernst, Rose.“

Nun blickte ich doch auf. Das war das erste Mal, dass er mich mit meinem Vornamen ansprach. Er sah mir direkt in die Augen, wandte den Blick nicht ab und blinzelte nicht einmal.

Gerade als ich etwas sagen wollte, ging die Tür auf und Hawthorne steckte den Kopf herein.

„Ich brauche jemanden, schnell“, sagte sie.

Scorpius und ich sprangen sofort auf und folgten unserer Chefin in eines der Patientenzimmer. Ein älterer Zauberer mit pechschwarzen Haaren lag auf dem Bett, wälzte sich herum und stöhnte vor Schmerzen.

„Das scheint ein verdammt starker Fluch zu sein“, sagte Hawthorne. „Helfen Sie mir, ihn zu fixieren, damit ich ihn näher untersuchen kann.“

Wir gaben unser Bestes, den Patienten festzuhalten und beruhigend auf ihn einzureden. Trotz der Schmerzen schien er uns zu hören und versuchte mit uns zusammen zu arbeiten, was ihm sichtlich schwer fiel. Nach ein paar Sekunden schien Hawthorne herausgefunden zu haben, um was für einen Fluch es sich handelte. Sie fing an mit ihrem Zauberstab am Körper des Patienten hoch und runter zu fahren und murmelte vor sich hin. Tatsächlich entspannte er sich zusehends und schlief irgendwann ein.

Der restliche Tag verlief vergleichsweise ereignislos, doch die Aufregung saß mir immer noch in den Knochen, als ich in den Umkleideraum kam, meinen Kittel ablegte und mir meine Jeans und einen Pullover anzog. Ich schnappte mir meine Tasche und verließ das Krankenhaus, voller Vorfreude darauf, meinen Eltern von meinem ersten Tag zu erzählen. Doch als ich auf die belebte Londoner Straße trat, erwartete mich Scorpius bereits. Er lehnte am Schaufenster des verlassenen Ladens, der als Eingang zum St. Mungo’s diente.

„Du bist ganz schön hartnäckig“, sagte ich.

Schon wieder dieses Grinsen in seinem Gesicht, das machte mich wahnsinnig. Ich ging an ihm vorbei, und er stieß sich vom Schaufenster ab und passte sich meiner Schrittgeschwindigkeit an.

„Wir sind 7 Jahre lang zusammen zur Schule gegangen“, sagte er, „wir waren sogar beide Schülersprecher. Und nur dieser dumme Streit zwischen unseren Häusern hat mich daran gehindert, dich schon viel früher zu fragen. Das muss ich jetzt alles aufholen.“

„Du musst…?“

„Na ja, ich will natürlich.“

Jetzt musste auch ich grinsen. So unbeholfen hatte ich Scorpius noch nie erlebt. Doch trotz allem verlangsamte ich mein Tempo nicht und lief über die Straße. Was ich dabei nicht bedachte, war der Londoner Verkehr. Autofahrer in London sahen Ampeln eher als Richtlinien, denn als Regeln. Ich hörte nur die laute Hupe direkt neben mir und dann wurde ich auf den Boden gerissen.

„Bist du komplett verrückt?!“, schrie Scorpius mich an. Wir lagen beide auf dem Bordstein, er lehnte über mir und wir atmeten schwer. Was war nur gerade passiert?

„Schaust du nie nach links und rechts? Du hättest tot sein können!“, schrie er weiter.

Ich konnte immer noch nicht antworten. Benommen richtete ich mich auf und sah mich um. Als das Auto auf mich zugerast war, hatte Scorpius sich einfach auf mich gestürzt und mich auf die andere Straßenseite befördert. Der Verkehr lief weiter, als ob nichts gewesen wäre.

„D-du…“, stotterte ich. „Du hast mir das Leben gerettet.“

„Verdammt richtig“, sagte er, stand auf und half mir auf die Beine. „Mach das nie wieder!“ Mit wutverzerrtem Gesicht klopfte er sich den Schmutz von den Kleidern.

„Danke“, sagte ich leise.

Er schaute mich an. Ich muss wie ein Häufchen Elend ausgesehen haben, denn bei meinem Anblick entspannte er sich und atmete resigniert aus.

„Komm, ich bring dich nach Hause“, sagte er, legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich sanft den Gehweg entlang.

Unser Haus war nicht weit vom Fuchsbau entfernt. Dad und Großvater hatten es zusammen gebaut. Es war von hohen Weizenfeldern umgeben und man konnte es leicht übersehen, wenn man nicht wusste, wonach man suchte.

Scorpius und ich blieben mitten in einem der Weizenfelder stehen, als wir schon das rote Schindeldach sahen. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn an.

„Vielen Dank nochmal“, sagte ich.

„Das hätte jeder getan“, sagte er und blickte auf den Boden.

„Nein… nein, das hätte nicht jeder getan.“ Ich ging einen Schritt auf ihn zu und legte meine Hand an seine Wange, sodass er mich anschauen musste. „Danke“, sagte ich noch einmal.

Ohne ein weiteres Wort, kam Scorpius noch einen Schritt näher, legte seine Hand ein meinen Hals und küsste mich. Zuerst war ich überrascht, nicht nur von seinem Kuss, sondern auch von meiner Reaktion darauf. Mein ganzer Körper kribbelte und mir wurde von innen heraus warm. Ich drückte mich näher an Scorpius und erwiderte den Kuss. Er schlang seinen anderen Arm um meine Hüfte, sodass kein Zentimeter Luft mehr zwischen uns war. Als wir uns voneinander lösten, waren wir beide ein wenig außer Atem und ich spürte, dass mein ganzes Gesicht rot war. Scorpius sah zu mir herunter, immer abwechselnd in die Augen und auf den Mund. Dann küsste er mich noch einmal kurz.

„Ich hol dich morgen Abend um 8 ab“, sagte er, dann verschwand er mit einem lauten Knall, der von der verdrängten Luft herrührte, wenn man apparierte. Das hieß wohl, dass er keine Widerrede mehr duldete.

Na schön, ich würde mit Scorpius Malfoy essen gehen.
 


 

Ende



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