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Das Spiel des Lebens

von

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Ein Versuch der Annäherung

Kapitel 2: Ein Versuch der Annäherung

„Da sind wir!", als ich das Mehrfamilienhaus sah, in dem wir wohnten, ertönte meine Stimme. Sasuke schaute kurz auf und betätigte den Blinker. Sein Auto wurde langsamer und er fuhr an den Straßenrand. Der Wagen hielt genau vor meinem Haus an. Er stand vor einer Einfahrt.
 

„Beeil dich, ich darf hier nicht stehen.", seine Stimme war bestimmend und kalt. Also fast wie immer. Aber ich hatte keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen, die Zeit saß mir im Nacken. Eilig schnallte ich mich ab und packte meine Schultasche. Ich robbte weiter zur Wagentür, dabei wippte auch das Auto etwas mit. Das war mir sehr unangenehm. Schon als ich in den Wagen stieg und dieser durch mein Gewicht etwas nach unten sank. Ich wusste, dass dies normal war, aber ich war immer peinlich berührt durch meine überschüssigen Pfunde.

Ich packte den Griff der Beifahrertür und machte sie auf. Zaghaft drehte ich mich noch einmal zu Sasuke um.
 

„Danke fürs Fahren.", meine Stimme war brüchig und unsicher. Ich fühlte mich nicht ganz so wohl in Sasukes Gegenwart, aus verschiedensten Gründen. Vor allem aber, weil ich ihn nicht einschätzen konnte. Die ganze Fahrt über, die knapp eine Stunde Zeit kostete, vor allem durch den überfüllten Verkehr, sprachen wir nicht ein einziges Wort. Ich hatte oft versucht den Anfang zu machen, doch jedes Mal versagte meine Stimme durch einen überdimensionalen Kloß im Hals. Sasuke hatte dies nicht bemerkt oder es interessierte ihn nicht. Er selbst machte auch keine Anstalten ein Gespräch zu beginnen. Er war nur sehr genervt.
 

„Ja ja.", er schenkte mir nicht einmal einen Blick. Das war für mich das Signal und die Bestätigung, dass er seinen Gefallen bereute. Eilig stieg ich aus dem Wagen aus, der wohlgemerkt sehr teuer und edel aussah, und machte vorsichtig die Autotür zu. Das war nicht so schlau, denn dadurch ging sie nicht richtig zu. Ich öffnete sie erneut und wandte etwas mehr Kraft auf und schlug sie erneut zu. Doch schon wieder war ich zu zaghaft. Ich wurde rot.
 

'Ich bin echt zu blöd eine Autotür zuzumachen. Sasuke muss auch denken, dass ich behindert bin!', während meine Scham in die Höhe stieg, öffnete ich die Autotür ein drittes Mal. Nur dieses Mal ertönte eine laute, genervte Stimme aus dem Auto.
 

„Du musst sie stärker zumachen, sonst wird das nichts!", der Pegel seiner Laune sank immer mehr. Und mir wurde diese Situation immer unangenehmer. Um endlich abhauen zu können, ließ ich meiner Kraft freien Lauf und knallte die Tür zu. Nur war das zu viel Kraft, der ganze Wagen wackelte und ich hörte vom inneren des Wagens Gebrüll. Ich hob nur noch schnell meine Hand zum Abschied, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zu unserem 12 Etagenhaus.

Vor der Eingangstür blieb ich stehen und fing an in meiner Tasche zu wühlen. Wie es immer in solchen eiligen Gegebenheiten war, fand ich in meiner Tasche alles. Nur nicht meinen Schlüssel. Dabei war es ja nur die Schultasche und ich hatte gar nicht so viel Krimskrams drin. Aber jedes Heft war mir mindestens drei Mal im Weg. Plötzlich ging die Haustür auf.
 

„Hallo Natsuki-san!", etwas überrascht schaute ich auf.
 

„Schönen guten Tag, Obayashi-san!“, ich verbeugte mich etwas vor unserer Nachbarin. Obayashi-san wohnte genau gegenüber von uns. Pro Etage gab es vier Wohnungen, wie ein C angeordnet. Wir kannten uns nur vom Sehen. Aber sie war sehr nett mir gegenüber. Ihre braunen Augen grinsten mich hinter ihrer großen runden Brille an, die mit ihrer knallgelben Farbe ein starker Kontrast zu ihren schwarzen, zersträubten Haaren bildete.
 

„Vielen Dank und noch einen schönen Tag!", sie hielt mir die Tür auf. So musste ich nicht weiter vor der Tür nach dem Schlüssel kramen. Hastig huschte ich durch den Eingang.
 

„Danke, dir auch!", sie ließ die Tür los, während sie mir ihre Worte zu rief. Ich drehte mich nicht mehr um, sondern rannte zu unserem kleinen Fahrstuhl, der rechts in der Ecke versteckt war, gegenüber der dritten Wohnung. Doch ich hatte die Arschkarte gezogen, denn er war belegt. Zwei Männer standen davor und versuchten einen großen Schrank reinzuquetschen. Ich bezweifelte, dass sie das schaffen sollten, denn der Fahrstuhl war nicht besonders groß. Es passten gerade mal vier bis fünf Personen rein. Es war ja auch der Personenaufzug. Für Möbel gab es auf der linken Seite einen extra Lastenaufzug, allerdings musste man für die Benutzung erst dem Hausmeister Bescheid geben und eine Gebühr von knapp 6500¥ * für den Schlüssel hinterlassen. Den Fahrstuhl konnte man nämlich nur mit diesem überhaupt benutzen. Allerdings bekam man die Gebühr nach Abgabe des Schlüssels wieder, daher hatte man nicht wirklich irgendwelche Ausgaben.
 

„Tut mir leid, Kleine, aber das dauert hier noch eine Weile!", grinste mich einer der Typen an. Ich plusterte meine Wangen auf und war beleidigt. Was war denn so schwer daran, diese kleinen Umstände auf sich zu nehmen und den Schlüssel zu holen? Angepisst ging ich an den schwitzenden Männern vorbei Richtung Treppe, welche sich neben dem Personenaufzug befand. Verärgert stampfte ich die einzelnen Stufen hinauf, doch es dauerte nicht lange bis sich meine mangelnde Kondition zu Wort meldete. Ich war unsportlich, sehr sogar. Klar gab es einige Übungen und Sportarten, in denen ich relativ akzeptable Leistungen hervorbrachte. Treppensteigen gehörte aber definitiv nicht dazu und brachte mich zur regelrechten Schnappatmung inklusive Seitenstechen. Und genau dies setzte ab der vierten Etage ein. Meine Beine fingen schon an zu zittern und wurden wackelig. Blöderweise wohnte ich aber in der achten Etage. Noch ganze vier Etagen musste ich überwinden. Völlig aus der Puste setzte ich meinen Weg fort, machte in der fünften Etage dann aber eine Pause. Mir wurde warm, ganz heiß sogar und ich fing an zu schwitzen. Ich setzte mich auf eine Stufe und nahm meine Tasche auf den Schoß. Mit schwerer und lauter Atmung wühlte ich erneut in meiner Tasche. Dieses Mal aber nicht nach dem Schlüssel, sondern nach meinem Asthmaspray. Mein Asthma hatte ich eigentlich gut unter Kontrolle, Luftnot hatte ich nicht so oft. Aber heute war es bereits sehr aufregend, dazu war die Luftfeuchtigkeit hoch und die Pollenzeit hatte begonnen. Mein Asthma war zum Glück auch nur allergisch bedingt, vor allem durch Pollen. Trotzdem sollte ich es nicht unterschätzen, denn so wie jetzt, hatte ich Luftnot. Zum Glück fand ich mein Asthmaspray zügiger als meinen Schlüssel vorhin und konnte einen Zug nehmen. Ich atmete erst aus, setzte mein Asthmaspray an meinen Mund, holte langsam tief Luft und drückte dabei zeitgleich auf mein Spray. Ich hielt für 10 Sekunden den Atem an, entfernte das Asthmaspray von meinem Mund und atmete durch die Nase langsam wieder aus. Anfangs hatte ich mit der Technik so meine Probleme, aber nach einer gewissen Zeit ging es mir ins Blut und ich musste gar nicht mehr groß darüber nachdenken.

Nach einigen Sekunden bemerkte ich schon eine Verbesserung. Ich blieb noch einen Moment sitzen und suchte meinen Schlüssel. Dieses Mal fand ich ihn schneller. Dabei fiel mir auch mein Handy in die Hand, ich klappte es auf und erschrak. Es war bereits halb fünf! Rasant stand ich von der Stufe auf und erklomm noch die letzten drei Etagen.
 

Nach einigen qualvollen Minuten kam ich dann endlich an. Vor der Haustür musste ich noch einmal pausieren, stützte meine Hände auf meinen Knien ab und atmete tief ein und aus. Doch mir kam die Zeit wieder in den Sinn. Ich hatte dafür keine Zeit. Um 19 Uhr musste alles fertig sein.

Ich fummelte den Schlüssel für unsere Wohnungstür aus meinem Bund, steckte ihn ins Schloss und öffnet die Tür. Ich war etwas verwirrt, da nicht abgeschlossen war. Ich schloss aber immer ab, wenn ich das Haus als Letzte verließ. War Mutter etwa schon zu Hause? Sollte sie mir etwa helfen wollen, weil der Termin so wichtig war? Vorsichtig betrat ich die Wohnung, ließ die Tür leise ins Schloss fallen und legte meine Tasche auf unseren Boden ab.
 

„Hallo, ich bin da!", ich zog mir meine Schuhe aus, nahm meine Tasche wieder in die Hand und ging in die Küche, welche rechts vom Flur lag.
 

„Hey ane-chan*²!", mein kleiner Bruder Sota saß entspannt am Küchentisch und spielte an seinem Smartphone herum.
 

„Was machst du denn schon hier? Hast du heute nicht Training?", ich fragte mich, ob Shinichi ihm auch geschrieben hatte, das er zum Essen da sein sollte und daher früher Heim kommen musste. Ich ging auf ihn zu und legte meine Schultasche auf unseren runden Keramiktisch ab, welcher reinweiß war und daher viel Pflege benötigte.
 

„Nein, das Training fiel aus. Der Trainer hatte einen familiären Notfall. Wieso bist du denn so abgehetzt?", er sah mich etwas fragwürdig an und legte sein Handy zur Seite. Shinichi schien ihm nicht geschrieben zu haben.
 

„Shinichi hat mir geschrieben, dass er wohl einen Geschäftspartner bei uns zum Essen eingeladen hat. Ich muss die Wohnung sauber machen und Essen kochen. Ich schaffe es zeitlich nicht. Denn er wird sich kaum mit einem einfachen und schnellen Essen zufrieden geben!", stöhnte ich leicht erschöpft und setzte mich ebenfalls an den Tisch. Ich sackte etwas in mir zusammen. Es war mittlerweile schon 16:43 Uhr. Etwas über zwei Stunden. Wie sollte ich das alles schaffen?
 

„Echt? Mir hat er nichts geschrieben. Komm, ich helfe dir! Ich mache sauber und du kochst.", er grinste mich dabei unbeschwert an. Ich musste grinsen.
 

„Du weißt nicht einmal wo die Putzsachen sind. Lass mal. Sollte Mutter früher kommen und das sehen, wird sie ausrasten. Außerdem...", ich unterbrach meinen Satz und stand vom Tisch auf. Ich ging zu unserem blauen Kühlschrank. Als ich ihn geöffnet hatte, zog ich die Augenbraue in die Höhe. Ich hatte es befürchtet.
 

„Oh, der ist ja leer..."
 

„Du hast es erfasst, otouto*³!", natürlich war der Kühlschrank mal wieder fast leer. Ich hatte nicht ans Einkaufen gedacht. Aber ich hatte auch kein Geld da. Genervt und auch verärgert knallte ich die Tür wieder zu und fing an zu brummen. Wirklich an alles musste ich denken und erledigen erst recht. Ich senkte meinen Kopf, Verzweiflung stieg in mir auf. Mein Bruder sah mich traurig an, doch plötzlich fing er an zu grinsen.
 

„Ich hab eine Idee, ane-chan! Du ziehst dich jetzt erst einmal um, dann fangen wir mit dem Putzen an und dann bestellen wir einfach Essen und sagen, du hast gekocht!", stolz auf diese Idee gekommen zu sein, stemmte er seine Hände in die Hüften und formte ein breites Grinsen, breiter als eine Banane.
 

„Das wäre eine gute Idee, wenn wir Geld hätten. Und mein kleines Taschengeld reicht dafür nicht aus.", leider musste ich ihm sein Grinsen vermasseln. Die Idee war wirklich nicht schlecht, aber ich hatte nicht genügend Geld dafür und wahrscheinlich wäre es auch aufgefallen. Doch Sota grinste mich weiter an.
 

„Shinichi hat mir für Notfälle verraten, wo er Bargeld hier versteckt hat. Glaub mir, das würde für ein Essen für 100 Mann reichen!", seine Zähne kamen hervor, seine Augen waren vom breiten Grinsen etwas zugedrückt. Nun musste ich aber auch grinsen. Mein kleiner Bruder war ausgeklügelter als gedacht.
 

Es war halb sieben. Ich stand im Badezimmer und machte mich etwas frisch. Das Putzen war anstrengend und wir kamen ins Schwitzen. Vor allem bei dem schwülen Wetter, was auch ziemlich untypisch war für Mai. Ich tupfte mein Gesicht gerade mit etwas kaltem Wasser ab. Selbst meine Haare waren am Ansatz verschwitzt. Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür.
 

„Ane-chan beeil dich! Mama kommt gleich! Sie hat mir geschrieben, dass sie in 10 Minuten da ist!", rief mir mein kleiner Bruder von der anderen Seite der Tür zu. Ich wurde unruhig und fing an mich zu beeilen. Ich hatte mir bereits Sachen zurechtgelegt. Vor dem Putzen zog ich Schlabbersachen an, um die Schuluniform nicht schmutzig zu machen. Aber in Jogginghose und XXXL- Shirt konnte ich natürlich nicht zum Essen erscheinen.
 

„Ich bin gleich fertig, nur 5 Minuten! Bereite schon einmal den Tisch vor, bitte!", schrie ich gegen die Tür. Ich hoffte, dass alles geklappt hatte und ich keinen Ärger bekam.
 

„Ok.", antwortete er mir leise. Er schien wohl schon Richtung Küche zu gehen. Oder er hatte keine Lust mehr zu helfen. So viel wie heute half er noch nie bei der Hausarbeit, das war glaube ich überhaupt das erste Mal, dass er mehr machte als den Müll rauszubringen und beim Kochen zu helfen. Das war aber auch in Ordnung. Ich war die große Schwester und musste mich um ihn kümmern. Er sollte noch früh genug anfangen Verantwortung zu lernen, auch den Haushalt zu machen. Aber im Gegensatz zu anderen Kindern in seinem Alter half er ja schon mit oder viel mehr bot er es an. Vor allem mir, seitdem ich die Wohnung fast komplett alleine putzen musste. Wir kochten auch öfters zusammen, das machte ihm Spaß. Und den sollte er auch haben, deshalb ließ ich ihn mir auch helfen. Mir machte es aber auch Spaß und gab mir immer wieder etwas Freude neben dem ganzen Stress mit meiner Mutter und Shinichi.

Ich nahm meine bereit gelegten Klamotten und zog mich um. Die Jogginghose tauschte ich mit einem langen grauen Rock aus, welcher mir bis zu den Knöcheln ging und weit geschnitten war. Als Oberteil entschied ich mich für ein hellblaues Shirt mit halblangen Armen und einem kleinen Rundausschnitt. Mein Outfit war einfach gehalten, aber das war auch mein Stil. Ich hatte ehrlich gesagt kaum Ahnung von Klamotten. Natürlich sah ich mir auch Magazine und die Sendungen über Promis und deren Kleidung an. Aber diese Kleidung war für Körper wie meinen nicht gerade vorteilhaft, sogar einfach nur schrecklich. Ich konnte nicht alles tragen, aber es gab mittlerweile auch eine gute Auswahl an Kleidung, die sehr stylisch und modern war. Nur traute ich mich einfach nicht etwas Neues auszuprobieren. Haru und Daisuke versuchten mich schon immer umzustylen, aber ich fühlte mich nie wohl dabei. Es fühlte sich falsch an. Und so sollte man dabei nicht empfinden. Da mangelte es mir einfach an Mut und Selbstsicherheit um mal einen Schritt nach vorne zu wagen. Aber vielleicht sollte das besser werden, wenn ich älter werde.

Ich stellte mich vor unserem Badezimmerspiegel, welcher direkt über dem Waschbecken befestigt war. Ich löste meinen Dutt und ließ meine langen Haare auf meine Schultern und Brust fallen. Meine Haare waren eine der wenigen Dinge, welche ich an mir mochte. Sie waren zwar recht widerspenstig, aber mit der gewissen Pflege konnte ich sie bändigen. Ich erbte die Farbe meines Vaters. Er hatte auch rosafarbene Haare, natürlich nur nicht so lang. Meine reichten mir bis zum Bauchnabel. Aber ich trug sie selten offen, sie waren mir immer im Weg. Letztes Jahr hatten Haru und Daisuke mir zu meinem Geburtstag ein kleines Umstyling geschenkt, welches ich mir auch gewünscht hatte. Mir wurden die untere Hälfte der Haare in einem wunderschönen Lila gefärbt. Ich hatte also diesen modernen Ombre-Look, der nun aber wieder aus der Mode gekommen war. Ich fühlte mich damit dennoch sehr wohl und auch etwas hübsch, weshalb ich mein weniges Geld immer wieder sparte, um mir die Tönung regelmäßig aus dem Internet zu bestellen und die Farbe zu erhalten.

Ich kämmte mir die Haare grob durch, sie waren so dick, da war es nicht weiter dramatisch, wenn dadurch ein paar Haare ausgerissen wurden. Ich griff in die Haare hinein und formte sie wieder zu einem Dutt. Ich hatte viel zu sehr getrödelt, die 10 Minuten waren schon fast um!
 

Meine Schlabberklamotten schmiss ich auf mein Bett und machte die Tür schnell wieder zu. Ich rannte in die Küche zu Sota und half ihm, alles so aussehen zu lassen, als hätten wir gekocht und das Essen nicht bestellt. Ich zog mir hastig die Schürze um, um Flecken auf den frischen Klamotten zu vermeiden. Die Misosuppe schütteten wir in einen Topf, der nur auf kleiner Stufe des Herdes stand. Die Gyōza legten wir in zwei Pfannen, die ganz leicht brutzelten, damit sie nicht verbrannten, der Essensgeruch aber verstärkt wurde. Den Matchapudding summierten wir in einer großen Schüssel und stellten ihn in den Kühlschrank. Ich konnte nur von Glück reden, dass Sota zu Hause war und von Shinichis Geldversteck wusste. Ich hätte sonst die Hölle auf Erden gehabt, da ich so ein Gericht in der Zeit mit dem Einkaufen und Putzen nie geschafft hätte.

Sota und ich zerquetschten die ganzen Kartons und Behälter, in denen das Essen geliefert wurde, um Beweise zu vernichten. Wir nahmen einen großen Müllsack und stopften dort alles hinein, doch plötzlich hörten wir die Wohnungstür.
 

„Ist alles fertig? Shinichi ist gleich da. Ich hoffe, du hast mehr gemacht, denn es ist noch ein zweiter Geschäftspartner dazugekommen.", unsere Mutter stand im Türrahmen und schaute sich um. Als sie Sota sah, grinste sie ihn an.
 

„Was machst du mit dem großen Müllsack, mein Schatz?"
 

„Ich habe Natsu beim Kochen zugesehen und ihr geholfen, den Müll einzusammeln. Sie wollte ihn eigentlich wegbringen, damit die Küche sauber ist, falls Shinichis Partner in die Küche kommen. Aber ich möchte das machen, damit sie nicht alles machen muss und ich auch was dazu beigetragen habe.", Sota war ein Genie im Ausreden finden und dem Abwandeln von der Wahrheit. Er schmiss sich den Müllsack über die Schulter und verließ die Küche.
 

„Das ist sehr lieb von dir, mein Junge. Und du? Bist du mit allem fertig? Es riecht zumindest schon einmal gut...", ihre Stimme veränderte sich von lieb und nett in kalt und abwertend, nachdem sie mich ansprach. Sie ging zum Herd und schaute sich das Essen an, nahm einen Löffel von der Misosuppe. In diesem Moment wurde mir etwas mulmig. In mir stieg die Angst, dass sie es bemerkt hatte. Doch sie ahnte zum Glück nichts.
 

„Die Suppe schmeckt ganz gut. Gib mir die Schürze!", mit ausgestreckter Hand stand sie vor mir und wartete ungeduldig darauf, dass ich die Schürze abnahm. Ich wusste schon, was sie vor hatte. Also tat ich was sie sagte und öffnete den Knoten an meinem Rücken, zog den Kopf ein um die Schürze abzunehmen und gab sie meiner Mutter. Diese legte sie auf den Tisch ab.
 

„Stell alles auf den Tisch, sie werden jeden Moment da sein. Ich gehe mich eben frisch machen.", kaum gesagt verschwand sie aus der Küche Richtung Badezimmer. Zeitgleich kam Sota wieder rein. Ich kniete mich vor ihn und umarmte ihn erst einmal fest.
 

„Danke für deine Hilfe, otouto!", ich ließ ihn wieder los und sah sein Dauergrinsen.
 

„Kein Problem. Kann ich noch helfen?", ich schüttelte den Kopf.
 

„Nein, danke, den Rest mache ich alleine. Willst du dich nicht umziehen?", er schaute an sich herunter.
 

„Keine schlechte Idee, hehe,", er machte auf dem Absatz kehrt und ging in sein Zimmer. Ich derweil fing an das Essen auf Tellern und in Schüsseln zu positionieren. Meine Mutter kam wieder rein. Sie hatte sich die Haare zu einem Zopf gebunden, etwas Make-up erneuert und sich mit Parfum eingesprüht. Ihr langes Kleid, in dem sie nach Hause kam, ließ sie an. Kaum hatte sie sich die Schürze umgebunden, hörten wir auch die Tür.
 

„Schatz, ich bin da!", rief Shinichi von der Tür aus. Wir konnten ihn noch nicht sehen. Meine Mutter stupste mich an.

„Benimm dich!", sie zog mich am Arm mit in den Flur, um Shinichi und seine Geschäftspartner zu begrüßen. Es waren zwei Männer. Einer war ungefähr so alt wie Shinichi, also in den Vierzigern. Der Andere war etwas jünger, vielleicht Mitte dreißig. Sie grinsten uns an und schienen zumindest freundlich.
 

Nachdem wir uns alle begrüßt hatten, Sota kam derweil auch hinzu, setzten sich die Männer schon an den Esstisch im Wohnzimmer. Mutter und ich brachten das Essen und servierten es. Wir setzten uns ebenfalls. Ich saß zwischen Mutter und Sota, gegenüber des etwas jüngeren Geschäftspartners, der zwischen Shinichi und dem anderen Mann saß.

„Itadakimasu!", die Stäbchen wurden auseinander gezogen und sie fingen an zu essen. Sota und ich warfen uns Blicke zu. Wir mussten etwas grinsen. Die Erwachsenen fingen an während des Essens zu sprechen. Sie sprachen mit Shinichi und Mutter, wir wurden außen vor gelassen. Aber das wunderte mich auch nicht. Wir waren ja nur da, um das Gesamtbild abzurunden und daher nicht von großer Bedeutung. Mutter stand noch einmal auf um Bier zu holen für die Männer, das gehörte zu einem entspannten Abend dazu. An die Getränke hatte ich gar nicht gedacht. Aber das war anscheinend nicht schlimm, denn ich bekam keine vorwurfsvollen Blicke.
 

Die Suppe war gelöffelt und wir gingen zur Hauptspeise über, den Gyōza. Der etwas jüngere Mann, ich glaubte er hieß Tanema-san, nahm eines mit den Stäbchen und schaute es sich an. Hatte er etwas bemerkt? Er fing an zu grinsen.
 

„Und das ganze Festmahl haben Sie zubereitet, Hayato-san?", er schaute meine Mutter an. Diese fing grinsend an zu nicken.
 

„Ja genau. Als Shinichi mir sagte, dass er Gäste mit nach Hause bringen würde, machte ich mich sofort an die Arbeit."
 

„Interessant, dass Sie die Teigtaschen mit dem gleichen Stempel versehen, wie das Restaurant "Lotushimmel.", ich fing an zu blinzeln. Was sagte er gerade? Stempel? Ohne zu zögern nahm ich meine Stäbchen in die Hand und schaute nach, Sota machte es mir nach. Er hatte Recht! Oben war eine kleine Blume eingestanzt. Das hatte ich gar nicht gesehen! Ich bekam eine Hitzeattacke, mir wurde warm und komisch zugleich. Zaghaft drehte ich mich zu Sota, wir starrten uns erst unsicher an. Dann wandten wir den Blick zu Mutter, die uns wie eine Hexe anstarrte. Ihre Augen formten sich zu sehr kleinen Schlitzen, man konnte ihr Augeninneres kaum noch erkennen. Die Haut ihrer Wangen färbte sich rot. Entweder vor Wut oder Scham. Oder sogar beides in dem Moment. Mir lief der Schweiß von der Stirn.

‚Es wäre auch zu schön gewesen, wenn es geklappt hätte!‘

Ich verlor die Kontrolle meiner Kraft und ließ die Teigtasche fallen, die in die Soße fiel. Das Platschen war laut, da es sonst sehr ruhig im Raum war. Die Spritzer verteilten sich auf meinem Oberteil und auf dem Tisch.
 

„Natsuki...", Shinichis Stimme klang nicht sehr aufheiternd. Ich spürte seinen Blick, sah unter meinem Pony ängstlich zu ihm hervor. Er wollte mir doch wohl nicht vor den Partnern eine Standpauke halten?! Ich bemerkte den Blick von Tanema-san, der zwischen mir und Shinichi hin und her ging.
 

„Was hat das Mädchen damit zu tun? Ihrer Frau sollte doch kochen, oder etwa nicht?", seine Tonlage veränderte sich etwas, der Mann neben ihm schaute aufmerksam auf Shinichi. Dieser kam ins Schwitzen, denn er steckte etwas in der Zwickmühle. Er lachte verlegen.
 

'Er wird mich nachher köpfen, wenn mir nichts einfällt!'
 

„Das war meine Schuld!", schrie ich seinen Geschäftspartnern entgegen. Ich musste versuchen, auch wenn es mir gegen den Strich ging, Shinichi und Mutter aus der Situation rauszubekommen. Sonst hatte ich später den Salat und ich musste die Beiden noch um die Erlaubnis fragen, mich mit Sasuke für das Projekt zu treffen.

Tanema-san, sein Partner, Shinichi, Mutter und Sota starrten mich fragend an. Schön, dass ich das Wort erhoben hatte, nun vor Aufregung aber kein vernünftiges Wort mehr heraus bekam und nur stotterte. Sota zog mich an meinem Ärmel.
 

„Ane-chan, was machst du?", flüsterte er mir zu und blickte mich mahnend an. Da kam mir eine Idee. Viel mehr eine Erinnerung von früher, als Vater noch lebte…
 

„Tut mir leid, Sota, aber ich muss es gestehen!", ich wandte meinen Blick wieder vom ihm ab und sah Shinichi und seine Partner an.
 

„Unsere Mutter hatte wirklich gekocht und stand schon mehrere Stunden in der Küche. Aber mein Bruder und ich haben uns etwas in den Haaren gehabt, als wir von der Schule kamen. Als er mir so sehr auf die Nerven ging und mir dann auch noch den Fußball ins Gesicht schmiss, war ich so sauer, dass ich den Ball weggetreten habe. Leider ist er der Spieler und nicht ich. Ich traf aus Versehen die Töpfe. Es fiel alles herunter und es blieb keine Zeit mehr, um neu zu kochen. Es tut uns sehr leid, es ist unsere Schuld!", ich kratzte mich dabei verlegen am Hinterkopf und lachte blöd dabei. Ich erinnerte mich an diesen Tag noch genau. Er war ein paar Wochen vor Vaters Tod, an Sotas siebten Geburtstag. Plötzlich fingen die beiden Männer an zu lachen.
 

„So ist das Leben mit Kindern. Fast genauso ist es auch mal bei uns gewesen, als du mit deiner Freundin zu Besuch kamst, Tanema. Wir haben damals auch schnell was im Restaurant bestellen müssen, haha!", der ältere Mann konnte mit dem Lachen kaum noch aufhören, aber auch dieser Tanema lachte immer wieder auf.
 

„Ach echt? Dann scheine ich wohl solche Katastrophen auszulösen, haha!", auch er lachte wieder laut auf, dieses Mal lachten wir alle aber mit. Ich blickte kurz zu Shinichi. Als er meinen Blick bemerkte, zeigte er mir seinen Daumen, sogar nach oben gerichtet. Sota stupste mich mit seinem Ellenbogen an und kam an mein Ohr, ich bückte mich noch etwas zu ihm herunter.
 

„Echt guter Einfall, Natsu-chan!", wir grinsten uns an. Trotz der Schwierigkeiten, war es doch ein erfolgreiches Essen.
 

Ich hatte wieder meine Schlabbersachen an und lag auf meiner Matratze. Sota und ich zogen uns nach dem Essen zurück, damit die Erwachsenen noch über das Geschäft reden konnten. Das Bier floss auch in guten Mengen. Wir nahmen uns den Nachtisch mit aufs Zimmer und jeder machte sein Ding. Sota saß an meinem Schreibtisch und schrieb mit seinen Freunden am PC. Sein Computer war zur Zeit in Reparatur und er kam dadurch täglich in mein Zimmer. Mich störte es nicht, denn ich hatte meinen Laptop und war daher nicht in meiner Nutzung eingeschränkt.

Ich loggte mich gerade bei "schoolfriends" ein. Es war ein soziales Netzwerk, ähnlich wie Facebook, nur war dies auf Schulen und Universitäten begrenzt. Man fand hier alles, auch die Lehrer. Man konnte auch mit ihnen schreiben. Dazu gab es extra Gruppen für die jeweiligen Fächer, in denen die Hausaufgaben auch noch einmal aufgelistet waren, auch die aktuellen Projekte und Klausuren. Wir Schüler konnten darin überdies unsere Fragen stellen, die der Lehrer dann auch in der nächsten Stunde besprach. Man konnte aber zusätzlich mit den anderen Schülern in Kontakt treten. Jeder war aufgelistet, erst die Schule, dann die Klasse und am Ende die einzelnen Schüler. Klickte man auf den Namen, dann wurde man auf das Profil geleitet. Ich hatte über dieses Netzwerk noch Kontakt zu meinen alten Klassenkameraden und auch zu Haru und Daisuke. Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass Karin und Co. mich auch dort angreifen würden, doch sie taten es nicht. Wahrscheinlich waren sie vorsichtig, da hier auch die Lehrer unterwegs waren. Zudem wurde man gesperrt, wenn man Personen wegen Mobbings meldete. Denn die ausgewählten Admins hatten in solchen Fällen Zugriff auf jedes Profil.

Man konnte auch hier eine Privatsphäre einstellen, sodass dir nicht jeder ins Profil schreiben konnte. Allerdings wurde in dem Fall das Profil geteilt. Es gab ein Öffentliches, in dem jeder etwas schreiben konnte, zum Beispiel wenn es um ein Projekt ging. Dort war ich aber in der Lage einzelne Personen zu sperren, wenn zum Beispiel jemand jemanden belästigte. Und dann gab es ein zweites Profil, was dann nur für Freunde einsehbar war. Mir gefiel das Prinzip des Netzwerks sehr, da man hier wirklich die Kontrolle hatte.

Ich ging auf den Button "Nachrichten", der auf der rechten Seite aufgelistet war. Ich hatte insgesamt drei Stück. Die ersten beiden waren von Haru und Daisuke. Obwohl wir übers Handy fast täglich schrieben, wollten sie mir darüber auch schreiben, damit ich mich jeden Tag auf etwas freuen konnte. Zumal die Nutzung keine Kosten mit sich trug im Gegensatz zu SMS. Die dritte Nachricht war überraschenderweise von Temari. Ich hatte aus meiner aktuellen Klasse gar keinen in meiner Liste, auch sie nicht, da ich mich nicht so ganz traute, sie in meinen Club aufzunehmen. Hier hieß es nicht Freundesliste, sondern persönlicher Schulclub.

Gespannt öffnete ich ihre Nachricht.
 

‘Hey Natsu, ich bin mal so frech und füge dich in meine Liste hinzu.

Ich hoffe du nimmst an! Wäre schön, wenn wir hierüber etwas in Kontakt bleiben könnten!

Dann kann ich dir gleich ein paar Tipps geben, wie du die Furien bekämpfen kannst!^_^‘
 

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und bestätigte das Hinzufügen. Ich antwortete ihr auch im gleichen Moment und dankte ihr dafür. Sie gab mir etwas Mut und das machte die Schule nicht mehr zum schlimmsten Ort der Welt für mich.

Doch zeitgleich bekam ich eine SMS. Ich hatte das Handy noch nicht auf Vibration gestellt, daher erschraken Sota und ich beim Klingelton. Er drehte sich um.
 

„Lass mich raten: Haru oder Daisuke!", dabei lächelte er. Sota mochte die beiden auch sehr gerne, sie spielten in Osaka immer Fußball mit ihm und feuerten ihn bei jedem Spiel an. Schmunzelnd nahm ich mein Handy in die Hand und öffnete es mit der Sicherheit, dass einer der beiden erwähnten mir geschrieben hatte. Doch als ich eine nicht eingespeicherte Nummer sah, wurde ich stutzig.
 

‘Lass uns morgen nach der Schule treffen, damit wir den Auftrag aufteilen können. Sasuke‘
 

Den hatte ich ja total vergessen und auch den Vortrag.
 

„Deinem Gesicht nach waren es nicht die Beiden. Schreibt dir ein Verehrer?", dabei lachte Sota etwas auf. Jetzt verarschte mich mein kleiner Bruder schon damit. Das war schon etwas deprimierend.
 

„Haha, sehr lustig. Das ist ein Junge aus meiner Klasse. Wir haben ein Projekt zusammen. Er will sich morgen mit mir treffen, um den Vortrag vorzubereiten. Ich muss Mutter und Shinichi noch um Erlaubnis fragen...", ich wollte nicht übertreiben, es war nicht so, dass ich von Ihnen eingesperrt wurde. Aber ich musste für jedes Treffen Rechenschaft abgeben. Denn die Zeit, die ich weniger zu Hause war, musste meine Mutter schließlich den Haushalt machen. Deshalb durfte ich auch nicht jeden Tag weg bleiben, da ich meine Pflichten erfüllen musste. Aber Shinichi meinte immer, dass die Schule vorging, da fand ich ihn sehr sympathisch. In Osaka erlaubte er mir auch immer lernen zu gehen, manchmal auch außer Haus zu schlafen. Natürlich nutzte ich das Lernen oft als Ausrede, um mich auch mal so mit Freunden zu treffen. Und leider erwischte mich meine Mutter eines Tages dabei und seither, dass war zwei Wochen vor dem Umzug, hatte ich noch mehr Regeln diesbezüglich. Ich musste sagen mit wem und wo ich lerne, hatte nur ein bestimmtes Zeitfenster und musste sogar die Schmierblätter oder ähnliches vorzeigen. Und das nervte mich schon etwas.

Sota setzte sich derweil zur mir aufs Bett und schaute mit aufs Handy. Ich fing an eine Antwort zu tippen.
 

„Warte, willst du dem schreiben, dass du erst um Erlaubnis fragen musst?", entsetzt sah mich mein Bruder an. Ich zuckte nur mit den Schultern.
 

„Warum denn nicht? Ich komme halt aus einem strengen Haushalt, dass ist ja nichts schlimmes.", klar, für manche kam das sicher komisch rüber, aber im Endeffekt konnte mir das egal sein. Zudem meinte Sasuke doch eh, dass ich bemitleidenswert wäre. Doch ich kam nicht mehr dazu ihm eine Antwort zu schicken, da es plötzlich an meiner Zimmertür klopfte.
 

„Kommt ihr bitte ins Wohnzimmer? Meine Geschäftspartner sind weg und wir würden gerne mit euch reden.", Shinichi machte die Tür weiter auf und wartete auf uns. Ich sah kurz zu Sota, doch er sprang bereits von meinem Bett auf und ging Richtung Tür. Ich legte mein Handy und meinen Laptop zur Seite und ging ihm nach. Mit gesenkten Kopf ging ich an Shinichi vorbei zum Wohnzimmer. Mutter saß noch am Esszimmertisch, trank ein Bier und sah mich missbilligend an. Ich setzte mich ihr gegenüber neben Sota, Shinichi setzte sich neben unsere Mutter. Er legte die Hände auf den Tisch ab, faltete sie ineinander und sah mich an.
 

„Deine Geschichte vorhin war ja ganz nett, aber mich würde mal interessieren, wieso du wirklich bestellt hast und vor allem von welchem Geld? Das Essen war nicht billig von diesem Restaurant.", erwartend blickte er mich an. Natürlich hatte ich nicht das Glück und er beließ es dabei. Wahrscheinlich sollte ich gleich noch eine Menge Ärger bekommen…
 

„Es tut mir leid, ich habe es wirklich versucht, aber die Zeit war zu knapp! Obwohl mich jemand aus der Klasse nach Hause gefahren hatte, aber der Verkehr war überfüllt und der Bus fuhr wegen einen Unfalls nicht, daher kam ich nicht schnell genug zur Bahn. Ich war erst um halb fünf hier, ich musste noch putzen und aufräumen. Es war zu kurzfristig.", ich versuchte mich zu erklären. Ich hatte es ja wirklich versucht, aber so sehr ich mich auch bemühte und ins Zeug legte, die Zeit konnte ich nicht beeinflussen.
 

„Und mit welchem Geld hast du bezahlt?", hakte er nach.
 

„Ich hab das Geld aus deinem Versteck genommen, was du mir gezeigt hast. Sonst hätte gar kein Essen auf dem Tisch gestanden und ane-chan hat sich echt müde gegeben, Shinichi.", Sota setzte sich für mich ein. Ich hoffte, es funktionierte. Er schwieg für einen Moment und schaute mich an.
 

„Wenigstens hast du dir eine gute Story dazu einfallen lassen, welche das Eis gebrochen hatte und wir kamen gut ins Gespräch."
 

„Wozu bedankst du dich? Sie hat dir den Schlamassel auch eingebrockt!", meine Mutter nippte an ihrem Bier, sie war bereits leicht angetrunken. Einer von beiden musste mich immer nieder machen.
 

„Stimmt schon, aber die Zeit war wirklich etwas knapp. Wer hat dich noch einmal nach Hause gefahren?", warum wollte er das auf einmal wissen?
 

„Einer aus meiner Klasse....", gab ich verwirrt von mir.
 

„Dann möchte ich nicht, dass du unnötigen Kontakt mit ihm hast."
 

„Wie bitte?", wütend sprang ich vom Tisch auf, ließ meine flachen Hände auf die Tischplatte klatschen.
 

Mäßige deinen Ton, Natsuki!", ermahnte er mich mit einem anmaßenden Blick.
 

„Erklär du mir lieber erst einmal, warum ich mich von ihm fernhalten soll. Weil er mich etwa gefahren hat?!", ich war voller Wut, ich konnte sein Verbot nicht eine Sekunde nachvollziehen.
 

„Ja genau. Wenn er in deiner Klasse ist, wird er auch in deinem Alter sein. Mit 18 Jahren darf man hier aber erst den Führerschein machen. Das klingt nach einem schlechten Einfluss, wenn er mit 16 Jahren schon fährt.", verplant setzte ich mich wieder auf den Stuhl. Er hatte Recht, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Er war eigentlich noch viel zu jung, um Auto fahren zu dürfen. Aber er fuhr damit zur Schule, mitten am Tage. Das machte er doch nicht, wenn es verboten war.
 

„Vielleicht hat er eine Sondererlaubnis? Du darfst es mir nicht verbieten und das sehe ich auch nicht ein! Ich werde morgen nach der Schule zu ihm gehen. Wir haben ein gemeinsames Projekt. Wir müssen einen Vortrag machen und wollen uns morgen nach der Schule zusammensetzen, um die Aufgaben aufzuteilen. Da kann ich nicht auf deine Bitte eingehen. Er ist der beste Schüler der Klasse, mit ihm kann ich meine Note um einiges aufbessern!", ich stand mittlerweile wieder am Tisch. Es war mir egal, ob er illegal durch die Gegend fuhr oder nicht. Es ging mich auch nichts an und Shinichi erst recht nicht. Mit hochgezogener Augenbraue sah Shinichi mich an. Er erhob sich nun auch vom Stuhl und sah mich eindringlich an.
 

„Der beste Schüler?", ungläubig fragte er nach. Ich nickte bestätigend.
 

„Ja. Du weißt selbst, dass meine Noten scheiße sind. Schließlich hältst du mir das ja auch ständig vor und sagst ich muss mehr lernen. Da kann ich das doch nicht wegen so einer Sache aufs Spiel setzen! Ich brauche jede gut Note die ich kriegen kann!", es lief wieder genau anders, als ich es gehofft hatte. Ich wollte ihn nett um Erlaubnis fragen. Nun stehe ich hier und schreie ihn an. Sota hielt sich heraus, sah mich nur etwas besorgt an. Mutter soff weiter ihr Bier, hatte die Augen geschlossen und schien sich dafür nicht zu interessieren. Ihr toller Mann erledigte dies ja schon für sie. Shinichi verschränkte die Arme ineinander und sah mich bestimmt an.
 

„Nur für dieses Projekt. Du bist morgen Abend um 19 Uhr zu Hause. Ich möchte dann sehen, was ihr gemacht habt und wie ihr weiter vorgehen wollt und ob es noch zu einem Treffen kommen muss. Macht euch jetzt bettfertig!", damit war für ihn das Gespräch beendet. Nur für dieses Projekt? Das konnte er gar nicht bestimmen! Kopfschüttelnd verließ ich das Wohnzimmer. Er rief mir noch etwas hinterher, doch ich reagierte nicht mehr darauf. Ich war wütend. Es war so klar, dass es Schwierigkeiten gab. Es war egal wie viel ich machte, es war nie genug für ihn und meine Mutter. Ich stampfte in mein Zimmer und nahm mir meinen Schlafanzug aus dem Kleiderschrank. Als ich mich umdrehte, um ins Badezimmer zu gehen, stand Sota wieder in der Tür.
 

„Ich muss noch einmal an den PC.", er drängelte sich an mir vorbei und setzte sich an meinen Schreibtisch. Mir war es egal, ich ging eh noch nicht schlafen, daher störte mich seine Gesellschaft nicht.
 

Ich schloss mich im Badezimmer ein und zog mich um. Ein schwarzer Schlafanzug mit Dreiviertelhose und einem Oberteil zum Zuknöpfen mit kurzen Armen. Ich löste wieder meinen Dutt und kämmte meine Haare in Ruhe durch. In mir brodelte es. Klar, es lief nicht alles nach Plan, aber das Essen war gut und er hatte selbst gesagt, dass ihm der Fehler eigentlich geholfen hatte. Aber trotzdem musste er mir wieder Vorschriften machen. Natürlich, ich bekam im Endeffekt auch was ich wollte und konnte morgen lernen gehen, aber warum musste das immer so ein Kampf sein?

Während ich mich weiter in Wut redete, putzte ich mir meine Zähne und flocht meine Haare zu einem Zopf.
 

In meinem Zimmer wieder angekommen, saß Sota noch am Schreibtisch.

„Das Bad ist frei, du kannst rein.", Sota bekam zwar immer mehr Rechte und Vorzüge als ich, aber zu sehr sollte er das auch nicht ausnutzen.

„Ich gehe gleich, aber erst einmal will ich den Typen sehen. Den Badboy...", dabei grinste er mich frech an.

„Ich hab kein Bild von ihm.", ich ging zu meinem Bett. Das Licht an meinem Handy flackerte auf. Sota kam mir nach, er hatte den PC bereits runtergefahren. Ich war überrascht, dass er den Streit von eben nicht ansprach. Aber ich war auch etwas erleichtert, denn ich wollte mich nicht noch mehr in Wut reden. Und das tat ich jedes Mal, wenn ich über ein Thema erneut sprach. Sogar Wochen später konnte ich mich noch in Rage reden...

„Der ist doch auch bestimmt bei schoofriends. Wie heißt er?", Sota ließ sich auf meine Matratze fallen und nahm den Laptop auf seinen Schoß. Derweil schaute ich nach, wer mir geschrieben hatte und ließ mich auch auf die Matratze fallen. Es war wieder Sasuke.
 

‘Eine Antwort wäre sehr freundlich.‘
 

Bei dem musste auch alles nach seiner Nase gehen und man musste sofort springen, oder? Ich hing doch nicht ständig am Handy!
 

„Der Badboy ist ungeduldig.", kommentierte Sota seine SMS. Etwas genervt sah ich ihn an.
 

„Eigentlich geht dich das nichts an, Sota. Und hör auf ihn so zu nennen!", ich antwortete Sasuke kurz und knapp und bestätigte, dass wir morgen lernen. Nachdem dies erledigt war, klappte ich das Handy zu und legte es auf meinen kleinen Nachttisch. Ich musste mich über den Laptop und Sota beugen. Dabei nahm ich ihm am Ende auch den Laptop weg.
 

„Los, ich will den mal sehen! Gib seinen Namen ein!", mein kleiner Bruder war ganz schön neugierig. Ich aber irgendwie auch. Etwas zögerlich tippten meine Finger die Buchstaben auf der Tastatur, die seinen Namen ergaben. Und sein Profil ploppte sofort auf. Ich drückte auf seinen Namen, sodass man auf das ganze Profil schauen konnte. Und er hatte seines sogar komplett öffentlich gestellt. Auch seine private Seite war damit einsehbar, ohne das man in seiner Liste sein musste. Die Liebeserklärungen überhäuften sich. Eine nach der anderen, von den verschiedensten Mädchen. Diverse Einladungen, Bilder und Komplimente ragten zwischen diesen hervor. Sein Profilbild sah gut aus. Er trug die Schuluniform, saß lässig auf einer Bank und sah direkt in die Kamera.
 

„Das ist der Badboy? Der ist ja mega beliebt! So viele Mädels, ist ja der Wahnsinn! Und mit dem lernst du morgen? Ich dachte, die Weiber haben es eh schon auf dich abgesehen?! Werden die dich dann nicht erst recht hassen?", Sotas Frage war gar nicht so blöd, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Sehen durften die nicht, dass ich mit ihm zusammen irgendwo hinging... Am besten sollte man sich irgendwo in einem anderen Bezirk treffen, damit die Mädels nichts merkten.

Während ich in meinen Gedanken war, fummelte Sota vor mir am Laptop herum.
 

„Was machst du d- Moment mal, bist du bescheuert?!", grob stieß ich meinen Bruder zur Seite, der wieder einmal am Lachen war. Er hatte, während ich über seine Frage nachdachte, Sasuke eine Einladung zu meinem Club geschickt. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Das war mega peinlich und Sasuke dachte bestimmt auch, ich hatte sie nicht mehr alle oder war doch so eine Blöde, die auf ihn stand,
 

„Warum hast du das gemacht? Das ist voll peinlich! Ich kann ihm morgen gar nicht in die Augen sehen!", ich bekam Tränen in den Augen, das war mir so unangenehm. Mein Magen kribbelte vor Aufregung, doch Sota grinste nur wieder.
 

'Ich schlag ihm das Grinsen gleich aus dem Gesicht!'
 

„Wieso? Er hat doch angenommen!", erstaunt schaute ich auf den Bildschirm. Er hatte Recht, er nahm die Einladung an. Damit hatte ich nicht gerechnet. Oder nutzte er nur die Situation aus, um durch mein Profil mehr über mich zu erfahren und sich dann über mich lustig zu machen?
 

„Ich weiß was du denkst, ane-chan! Sei nicht immer so paranoid und sieh die Welt nicht immer so grau und negativ! Gute Nacht!", Sota umarmte mich, sprang vom Bett auf und rannte aus meinem Zimmer. Er war erst 12 Jahre alt und schon so vernünftig.
 

Sollte ich in Sasuke vielleicht einen Freund finden? Aber wollte ich so jemanden denn besser kennenlernen? So kalt und arrogant wie er war... Hoffentlich war das alles kein Fehler...
 


 


 


 


 

* etwas über 50€

*² ältere Schwester

*³ jüngerer Bruder



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