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Unbewusst, bewusst

Es ist schon komisch wie schnell sich die Meinung eines Menschen über eine Person ändern kann.
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Das Davor

Es ist schon komisch wie schnell sich die Meinung eines Menschen über eine Person ändern kann.
 


 

...

Es ist September. Mein erster Tag in der Universität. Es gibt unglaublich viele Studenten hier. Die meisten erfüllen das folklorische Klischee des Informatikers. Ich bin nun wirklich kein geselliger Mensch. Einsamer Wolf. Das passt allerdings auch nicht. Sozial engagiert würde ich mich auch nicht nennen.

Die Vorlesung beginnt. Alle versuchen sich in den Hörsaal reinzuquetschen und die Bänke zu befüllen. Ich sitze, üblicherweise für mich, relativ weit hinten. Ich bemerke einen Jungen.

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Der nächste Tag und wieder beginnen alle sich in die viel zu engen Bänke reinzuquetschen und versuchen schlau zu wirken. Ich gucke in die Runde. Alles Gesichter, die mich nicht unbedingt ansprechen. Doch ich sehe schon wieder diesen Jungen.
 

...
 

Es ist schon über eine Woche vorüber und ich bemerke schon wieder diesen Jungen. Irgendwie geht mir dieser Typ auf dem Senkel und ich kann ihn irgendwie nicht leiden.

Nein, ich habe noch nie ein Wort mit ihm gesprochen und ich habe auch keine Ahnung, wer er ist. Ich weiß nur, dass ich ihn auf irgendeine Art und Weise einfach nicht leiden kann.
 

...
 

Ich kam raus und sah die beiden an einem Tisch im Foyer. Sie waren am Hausaufgaben machen und saßen dort bis der nächste Zug kam. Ich saß mich zuerst zwei Stühle neben ihm. Aber er nahm seine Jacke vom Stuhl und ich beschloss ein Stuhl aufzurücken. Wie es normal für mich ist, kamen nach paar Fetzen Smalltalk ein paar sarkastische Bemerkungen. Die Zeit verging.

Wir saßen und redeten. Redeten viel. Unser Gerede war zwar wenig mit Inhalt gefüllt, aber wir redeten. Größtenteils bestand unsere Konversation aus rassistischen Witzen von Tommen und das Lachen meinerseits. Und zwischendurch meldete sich die unscheinbare Partei auch zu Wort. Er hatte nicht viel dazu beigetragen, aber er war auch nicht schüchtern. Aber Tommen hat einfach so viel geredet, dass es gleich für uns alle drei gereicht hat.

Draußen war es schon dunkel und sie wollten gehen. Noch paar sarkastische Bemerkungen und wir verabschiedeten uns. Ich sah ihm zu, wie er seine Jacke anzog. Das war buchstäblich das erste Mal, wo ich ihn bewusst angesehen habe. Er war komplett in schwarz gekleidet, schwarzer Pulli, schwarze Hose und eine schwarze Mütze. Er zog sich seine schwarze Jacke an und ich sah ihm dabei zu. Allerdings ohne irgendwelche Gedanken oder Gefühle. Wir verabschiedeten uns und ich sah auf meine Uhr. Es war schon fast 19 Uhr und ich wollte noch in die Mensa bevor ich nachhause fahre. Ich war nicht unbedingt hungrig, aber ich wollte irgendwas essen.
 

Ich ging in die Mensa, nahm mir was kleines und setzte mich hin. Und während ich da saß und aß, kam er mir auf einmal in Gedanken. Ich sah ihn in meinem Kopf und nach längerem Nachdenken schoss der Gedanke über, dass er gar nicht so unattraktiv sei. Dennoch, so ganz bewusst wollte es mir noch nicht werden. Ich war fertig mit dem Essen, ging zu meinem Fahrrad und radelte nach Hause. Es war November und dunkel und kalt. Nach einer halben Stunde kam ich dann endlich zu Hause an. Ich schloss mein Fahrrad ab, ging in mein Zimmer setzte mich an meine Hausaufgaben.
 

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Ich komme fast zu spät zur Vorlesung. Schnell schließe ich mein Fahrrad vor der Uni ab und husche rein. Auf dem Sofa sitzt er. Zuerst bemerke ich ihn nicht. Aber beim zweiten Hinblicken realisiere ich, dass er dort sitzt. Wir reden kurz, da ich verwundert bin, wieso er hier draußen säße und nicht in der Vorlesung. Aber dann gehe ich rein.
 

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Wir sitzen nebeneinander in der Vorlesung. Natürlich sind Hausaufgaben angesagt, da man diese nicht wie der Name sagt zu Hause macht, sondern überall anders. Die eine Frage ist schwer zu beantworten. Er versucht nachzudenken, aber ich lasse ihn nicht. Ich komme ihm etwas näher und versuche ihm aus dem Konzept zu bringen und ihn zu nerven. Ich sehe, wie er nervös wird. Er mag es gut zu kaschieren, aber ich merke, dass er sich immer weniger auf die besagte Frage konzentrieren kann. Um ihn noch weiter zu verunsichern, lehne ich mich ganz frech auf ihn. Es wirkt alles sehr vertraut und nicht seltsam. Wir tauschen sarkastische Phrasen aus.
 

Die Vorlesung ist vorbei. Wir nehmen den Bus. Tommen und er steigen hinten ein und ich vorne. Sehr schnell ist der ganze Bus überfüllt. Ich sehe sie eigentlich gar nicht mehr. Irgendwann steigen sie aus. Ich kann sie sehen, aber ich bin mir sicher, dass sie mich nicht sehen zwischen der ganzen Menschenmasse im Bus. Er allerdings scheint mich entdeckt zu haben und winkt mir zu. Ich winke zurück. Wieder dauert es eine Weile bis komisch Gedanken in mein Kopf eingekehrt sind.

Nun, war es denn nun komisch dass er mich in der Menschenmasse gefunden hat?
 

...
 

Ein langweiliger Mittag und Vorlesungszeit. Ich komme heute etwas zu früh. Der ganze Raum ist noch spärrlich befüllt. Aber etwas weiter vorne entdecke ich ihn allein in der Reihe sitzen. Ich gesellige mich zu ihm und setze mich neben ihm. Wir reden.

Die Vorlesung fängt an und wir reden weiter. Es sind keine konkreten Gesprächsthemen und bestimmt nicht interessant, aber wir können die ganze Vorlesung mit Reden befüllen.
 

...
 

Es dauert bestimmt schon 2 Stunden. Wir stehen vor seiner Haustür. Reden beklommen. Nicht, dass es einer merkt, aber wir zwei bemerken, dass es unbehaglich wird. Irgendwie können wir nicht loslassen, können uns nicht verabschieden, nicht sagen: Gute nacht, Bis Montag.

So stehen wir bestimmt schon 2 Stunden da- nachts und kalt unter einem schönen Sternenhimmel. Natürlich ist uns der klare Himmel nicht aufgefallen. Wir sind immer noch damit beschäftigt den nächsten Schritt zu wagen. Und endlich sich zu verabschieden. Ich kann nicht glauben, wie schwer es ist. Aber irgendwann muss es ja mal enden. Ich gucke auf meine Uhr, wobei dies nur eine Geste ist. Einfach um zu signalisieren, dass es spät ist und ich vielleicht endlich losgehen sollte, nachhause.

"Es ist schon spät, ich sollte gehen.", versuchte ich mich von diesem Moment loszureißen. Wir umarmten uns. Ich kann mich nicht erinnern, ob er oder ich... oder wir beide zuerst die Arme gehoben haben, aber es war eine schöne Umarmung. Es war nichts Romantisches und es herrschte keine sexuelle Spannung. Wir lagen in unseren Armen. Er streichelte mir mit seiner rechten Hand paar Male an meinen Rücken. Und wie schön es auch war, habe ich mich recht schnell losgerissen und habe mich verabschiedet. Wenn ich jetzt zurückdenke, dann wünsche ich mir, dass ich ihn nicht so schnell losgelassen hätte. Dass ich einfach so da geblieben wäre, bis er loslässt. Auch wenn ich weißt, dass es nichts geändert hätte, so hätte das wohlige Gefühl zumindest länger angedauert und ich hätte paar Sekunden mehr, an die ich mich erinnern möge.
 

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