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Blackout

Affäre Komplex - Teil 2
von

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Blackout
 

Setsunas Körper zuckte zusammen. Ein leichter, dumpfer Schlag hatte sie im Gesicht getroffen. Die junge Frau, Mitte 20, kam nur langsam zu sich. Die Lider zu heben, hielt sie für eine unlösbare Aufgabe. Sie fühlte sich schwer, die weiche Matratze unter ihr musste aus einem unglaublich zähen Material sein, andernfalls hätten sie ihre gefühlten tausend Tonnen Eigengewicht sicher bis in die untersten Erdschichten gedrückt. Langsam begann ihre Wange zu kribbeln. Was auch immer da auf ihr lag, musste jetzt dringend weichen. Leise stöhnend reckte sie ihr Gesicht nach oben. Das Gewicht rutschte herunter und legte sich wie ein Schal um ihren Hals. Schon besser, aber immer noch nicht perfekt. Von so viel Action musste sich Setsuna erst mal wieder erholen. Seufzend atmete sie tief durch. Ihr Kopf schwirrte. Der verführerische Duft um sie herum verstärkte ihr Schwindelgefühl nur noch mehr. Trotzdem legte sich ihr bei dem einnehmenden Geruch ein Lächeln auf ihre kirschroten Lippen. Auch wenn sie high davon wurde, tat er ihr unbeschreiblich gut.

Abermals seufzend drehte sich Setsuna auf die Seite. Der Duft hing überall, aber hier wurde er noch stärker. Sie folgte ihm. Jetzt erkannte sie, was sich ihr um den Hals gelegt hatte. Sie wusste nicht, wo sie war, es interessierte sie auch nicht. Sie schmiegte sich nur in die Umarmung und genoss die Körperwärme, die auf sie überschwappte. Diese ganzen Eindrücke begruben sie, deckten sie zu, hüllten sie ein. Bleierne Müdigkeit umkreiste sie, also entschied sich Setsuna dafür, wenigstens noch ein paar Minuten zu schlafen. Doch bevor sie sich ihren Träumen hingeben konnte, spürte sie noch mehr Wärme. Ein weiterer Arm legte sich von hinten um ihre Taille und sie fühlte, wie sich ein weiterer, definitiv entblößter Körper an ihren nackten Rücken schmiegte. Entsetzt riss sie ihre Augen auf.
 

Sie war nackt?!
 

Setsunas Augen brannten und versuchten einen milchigen Schleier davon zu blinzeln. Sie erkannte blasse Haut, an die sie selbst sich gekuschelt hatte. Ihr Blick wanderte leicht nach oben. Sandblondes Haar umschmeichelte das ruhig schlafende Gesicht, dem sie viel zu nahe gekommen war. >Haruka?!< Geschockt keuchte Setsuna. Schwermütig drehte sie ihren Kopf, um über ihre eigene Schulter blicken zu können. Weit kam sie nicht. Nur wenige Zentimeter hinter ihrem Kopf fand sie das anmutige Antlitz ihrer anderen besten Freundin, die sich wie eine zweite Haut eng an sie gelegt hatte. >Michiru?!<

Setsuna schluckte. Wie war sie hierhergekommen?! Und wieso zum Teufel musste sie auch noch fühlen können, dass alle drei Körper in diesem eindeutig zu kleinen Bett vollkommen nackt waren?!

>Okay, bleib ganz ruhig. Du träumst. Ganz sicher. Schließ deine Augen, atme ruhig durch, und wenn du sie wieder aufmachst, bist du in deinem eigenen Bett. Allein. Vollkommen allein.< Setsuna befolgte den stummen Befehl. Aber schon als sie tief durchatmete, war ihr klar, dass sie nicht träumen konnte. Dafür war der Duft einfach zu intensiv.

Setsunas Schläfen hämmerten. Was war geschehen? Wieso lag sie hier? Mit ihren besten Freundinnen? Zu dritt!? NACKT?? >Gut, Setsu… Woran können wir uns erinnern?< Die Antwort, die ihr spontan dazu einfiel, war kurz: An nicht viel.

Haruka schien zu träumen. Die Blondine seufzte, grinste im Schlaf und zog dann die Umarmung noch enger. Setsunas Herz schlug in einem leichten Anflug von Panik immer schneller. >Haruka! Genau!< Gestern hatte die Sportlerin ihren Geburtstag gefeiert. Tagelang waren Michiru und Setsuna damit beschäftigt gewesen, alles für die zweite Schnapszahl ihrer Freundin vorzubereiten. Haruka selbst hatte sich mehr für die Gästeliste und den Einkauf der Getränke begeistern können. Wein, Sekt und furchtbar süße Liköre… Jetzt erst bemerkte Setsuna den Pelz, der sich auf ihre Zunge gelegt hatte. >Kein Wunder, dass mir so schlecht ist…<

Ein weiteres Seufzen. Michiru regte sich. Die Geigerin streckte sich, drückte ihren Rücken durch, wobei sie ihre Kurven aufdringlich gegen Setsunas Rücken presste. Dann drehte sie sich und blieb bäuchlings, das Gesicht von Setsuna abgewandt, liegen.

Setsunas Atmung geriet beinahe außer Kontrolle. Ihr wurde heiß. Sie spürte, wie ihre Wangen immer kräftiger glühten und Harukas warmer Atem, der sanft über ihr Gesicht zog, machte die Situation noch unangenehmer. Ganz vorsichtig wollte sich Setsuna unter dem starken Arm, der sie gefangen hielt, hindurch winden. Viel zu nahe kam sie dabei Harukas entblößtem Dekolleté. Fast hatte sie sich befreit, als sie scheinbar festgehalten wurde. Setsuna überlegte. Wie lange würde es wohl dauern, ihre eigenen Haare durchzunagen? Denn Michiru lag fast gänzlich auf der grünschimmernden Haarpracht. Und jetzt? Setsuna biss sich auf die Unterlippe. Langsam drehte sie sich zurück in ihre Ausgangsposition. >Gut, ich brauche einen anderen Plan…<

Wieder war sie eingekesselt. Sie versuchte zu überlegen, aber der Kater schrie in ihrem Kopf und zerschnitt jede Idee schon in ihrer Entstehung. Wenn wenigstens dieses Dröhnen nachlassen würde…

Endlich tat sich etwas. Haruka knurrte - offensichtlich spürte selbst ihr schlafender Körper schon die Nachwirkungen des Alkohols - und drehte sich auf den Rücken.

Setsuna schloss ihre Augen. >Wurde auch Zeit!< Bevor es sich ihre Freundin anders überlegen könnte, wollte Setsuna fliehen. Sie richtete sich auf, sank jedoch sofort wieder in die Kissen zurück. Nicht nur, dass Michiru immer noch auf ihren Haaren lag, zudem traf sie der Kater wie ein Schlag mit einem Vorschlaghammer. Zischend drückte sie ihre Hände gegen ihre Schläfen. >Nie wieder Alkohol! NIE WIEDER!!<

Setsuna kniff ihre Augen zusammen. Sie musste aufstoßen. Flach auf dem Rücken zu liegen förderte eindeutig noch mehr ihre Übelkeit. Also sollte sie sich lieber wieder auf die Seite drehen. Nur auf welche? Am größten war ihr Abstand zu Michiru, also entschied sie sich für diese Variante.

In der stabilen Seitenlage angekommen, ihren Kopf auf dem Arm abgelegt, ließ wenigstens das ekelerregende Gefühl in ihrem Hals nach. Erschöpft atmete sie langgezogen aus.

Von dem warmen Atem gekitzelt schauderte Michirus Körper. Die Violinistin wachte langsam auf und in Setsuna stieg erneut Panik auf. Zu spät! Die ganze morgendliche Anstrengung hatte sich nicht gelohnt.

Michiru streckte und rekelte sich, bevor sich das hübsche Gesicht ihrer Freundin zuwandte. Die Meereskriegerin blinzelte verschlafen. Ihre grünblauen Augen, strahlend und tief wie der Ozean, lächelten liebevoll in entsetzte granatrote.

Setsuna wurde wieder schwindelig. >Fall bloß nicht in Ohnmacht! Die beiden würden garantiert nicht zögern, dich mit einer Mund zu Mundbeatmung wiederzubeleben!!<

Michiru grinste. Sie stemmte sich hoch, zog Setsunas Haarpracht unter ihrem Körper hervor und legte sich seufzend dicht neben sie. „Guten Morgen“, wünschte sie, als sie die bis zu den Hüften ihrer Körper heruntergerutschte Bettdecke über sich und ihre Freundin zog.

Setsunas Herz raste. Wie konnte Michiru nur so gelassen bleiben?! War ihr die Situation kein bisschen unangenehm?! Solche Gelassenheit hatte sie vielleicht von Haruka erwartet, aber doch nicht von ihr!

„Morgen“, hauchte Setsuna einsilbig.

Michirus Mundwinkel zuckten. Ohne Zurückhaltung rutschte sie so dicht an Setsuna heran, dass sich ihre Körper berührten. Setsunas Herz drohte, ihren Brustkorb zu zerschmettern, als sich plötzlich Michirus warme Lippen auf ihre eigenen legten.

Sie wollte zurückweichen, wollte fliehen vor der Nähe und der Wärme, die ihr zum ersten Mal überhaupt in dieser Form entgegengebracht wurden, aber sie konnte nicht. Die Liebe, die in diesem unbeschreiblichen Kuss mitschwang, rang ihren Kater nieder. Sie verdrängte alle Übelkeit, überdeckte sogar das Hämmern in ihren Schläfen. Setsuna schloss ihre Augen.

Behutsam löste Michiru den Kuss auf. Sie legte ihren Kopf auf einem Arm ab, schob ihre freie Hand in Setsunas Taille und beobachtete lächelnd das vor Verlegenheit immer noch glühende Gesicht Setsunas. Die traute sich jetzt endgültig nicht mehr, aufzusehen. Also strich ihr Michiru zärtlich über die Wange. Ganz zaghaft zeigten sich die schüchternen Augen nun doch. Michiru schmunzelte. Ausgerechnet die älteste aller Senshi war so verletzlich. Michiru lehnte ihre Stirn gegen Setsunas. „Ich hoffe, du bereust unsere letzte Nacht nicht.“

Setsuna schluckte. Das Katergefühl wollte wieder aufkommen und ihr Herzschlag schien aufgeregt die nächste Panikattacke zu erwarten. Also flüsterte sie: „Ja,… Ich meine nein! Ich meine… wenn ich ehrlich bin, kann ich mich an nichts erinnern… Tut mir leid.“

Michiru kicherte. „Schade. Vielleicht sollten wir deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Sowas Wundervolles sollte nicht in Vergessenheit geraten.“ Wieder lehnte sie sich vor, um ihre Gefährtin zu küssen. Diesmal mehr leidenschaftlich als liebevoll. Sie schob einen Arm unter die sich gelähmt fühlende Setsuna, drückte sich aufdringlich gegen den zitternden Körper und legte ihre freie Hand in Setsunas Nacken.

Setsuna war vollkommen machtlos. Michirus nackte Haut auf ihrer eigenen jagte ihr ganze Fluten von Schauern über den Rücken. Das leichte Kraulen in ihrem Nacken ließ Nebelschwaden durch ihre Gedanken ziehen, die durch den Duft der Meereskriegerin nur noch dicker und schwerfälliger wurden. Sie schaffte es nicht, zu denken, zu handeln, konnte sich nur tiefer in den Kuss ziehen lassen. Ein Laut, den sie von sich selbst nie gehört hatte, entglitt ihr, als sie sich seufzend Michirus Liebe ergab.

Ein Räuspern, und Setsuna riss die Augen auf. Sie lag halb auf dem Rücken, Michiru grinsend vor ihr, ein anderer Körper stützte sie von hinten ab. Ein weiteres Lippenpaar hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, eine weitere Hand legte sich in ihre Taille.

„Guten Morgen!“ Haruka stützte sich neben Setsuna ab und streckte sich, um auch Michiru einen Kuss zu geben. Dann legte sie sich wieder hinter Setsuna und streckte sich genüsslich. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen atmete sie tief durch. „Ich hab Hunger. Wie sieht´s aus? Ich hoffe, ich bin nicht die Einzige, die Lust auf Pancakes hat?!“

Setsuna blinzelte ungläubig. >Pancakes?! Ehrlich?!< Offensichtlich war sie der einzige Mensch auf Erden, der es nicht normal fand, mit einem totalen Blackout im Bett seiner besten Freundinnen aufzuwachen. Noch zwei tiefe Atemzüge, dann fasste sie einen Entschluss. Sie zog die Decke dicht unter ihr Kinn. Ohne den Protesten gegen ihren Deckendiebstahl auch nur die geringste Beachtung zu schenken, stand sie auf. Mit schnellen Schritten durchquerte sie den Raum und schlug endlich die Tür hinter sich zu. Mit erneutem Herzrasen lehnte sie sich gegen das warme Holz. Sie rieb sich die Stirn. Verwirrung, Scham, die Übelkeit vom Alkohol, abermals aufwallende Kopfschmerzen. Das alles war zu viel für sie. >Duschen… Duschen wird dir helfen, Setsu. Einfach kalt duschen…<

Kurze Zeit später prasselte das lauwarme Wasser auf Setsunas Kopf. Sie schwankte, musste sich sogar abstützen. Also setzte sie sich auf die kalten Fliesen und lehnte ihren Kopf gegen die kühlende Wand. Über Haruka und Michiru wollte sie sich keine Gedanken mehr machen. Der Kater stand heute im Fokus. Der wohl mächtigste Feind, dem sich Pluto jemals hatte stellen müssen.

Als sie die Tür des Badezimmers öffnete, eingehüllt in ihr dunkelrotes Handtuch, spürte sie erst einen leichten Widerstand und hörte dann ein leises Poltern. Überrascht hob sie die Brauen. Sie bückte sich, griff nach der umgestoßenen Wasserflasche und nahm auch den Teller Pancakes an sich. Auf ihm lag ein kleiner Zettel.
 

Hast garantiert auch Hunger ;P

Ruka
 

Ein kleines Stück weiter unten stand in anderer Schrift geschrieben:
 

Und gegen den Kater ;) Nimm dir heute mal frei und schlaf dich ordentlich aus.

<3 Chiru
 

Ein Lächeln legte sich auf Setsunas Lippen. So unangenehm der Morgen auch verlaufen war, musste sie doch zugeben, dass sich ihre Freundinnen wirklich rührend um sie kümmerten. Als sie sich aufrichten wollte, zuckte sie zusammen. Ihre Bauchdecke spannte sich schmerzhaft an. >Klasse! Muskelkater…<
 

Noch vor dem nächsten Morgengrauen begann Setsuna verschlafen zu blinzeln. Mit einem leichten Schlag auf ihren Wecker brachte sie das Display zum Aufleuchten. Montag, 05:27Uhr. Sie gähnte, streckte sich und zog sich gleich wieder zusammen. Hatte sie tatsächlich den ganzen Sonntag verschlafen? Sie hob ihren Kopf und blickte sich um. Auf der Kommode neben ihrem Bett stand die fast leere Wasserflasche und der Teller, mit einem letzten halben Pancake. Genug Beweise dafür, dass sich der letzte Morgen und die vorletzte Nacht tatsächlich so zugetragen hatten.

Setsuna flüsterte leise Flüche und zog sich die Decke über den Kopf. Wie sollte sie ihren Freundinnen und Mitbewohnerinnen je wieder unter die Augen treten können? Und wussten vielleicht auch schon die Anderen davon?! Setsunas Blackout reichte weit zurück. Die letzten Erinnerungsfetzen, die noch von der Party handelten, waren verschwommen. Sie hatte getanzt… Mit Haruka, aber auch mit Rei, Minako und Usagi. Entsetzt riss Setsuna die Augen auf. >Usagi!!< Hoffentlich hatte sie in ihrem Delirium keinen Blödsinn mit der Prinzessin angestellt!

Nein… In ihrer Erinnerung waren die anderen noch nüchtern gewesen, oder? Gesang… Jemand hatte gesungen, aber das taten ihre gerade erst erwachsenen Freundinnen doch häufiger, oder nicht? Vielleicht hatte Setsuna als Einzige den Alkohol nicht vertragen. Und in diesem Falle waren die anderen sicher vernünftig geblieben. >Bis auf Haruka und Michiru.<

Setsuna schlug die Decke zurück. Wieso war sie eigentlich bei ihnen im Bett gelandet? Das war garantiert nicht ihre eigene Idee gewesen! Wie die anderen Beiden gestern Morgen reagiert hatten… Setsuna schlug sich die Hände vor ihr vor Scham glühendes Gesicht. Sie wollte gar nicht wissen, was genau passiert war. Aber garantiert würden Michiru und Haruka sie aufklären wollen.

Sie richtete den Blick auf ihren Wecker. Fast zehn vor sechs. Er würde erst in über einer Stunde klingeln. Etwa zeitgleich mit dem von Haruka und Michiru. Bei dem gemeinsamen Frühstück würde sie sich ihnen stellen müssen…

Entschlossen schwang sich Setsuna aus dem Bett. Das musste sie sich nicht antun. Nicht am Montagmorgen noch vor der Arbeit. Sie beeilte sich und schaffte es tatsächlich, gerade in ihre Stiefel zu schlüpfen, als sie ein energisches Piepsen aus dem oberen Stockwerk hörte. Erleichtert verließ sie das Haus. Ihr für Haruka und Michiru liebevoll gedeckter Frühstückstisch würde fürs Erste wohl genug sagen.
 

Ganz bewusst trödelte Setsuna. Sie ließ sich Zeit auf ihrer Arbeit, machte sogar bereitwillig gleich zwei Überstunden. Auf dem Heimweg machte sie Umwege, erledigte noch einige Einkäufe und kam so erst am Abend wieder zuhause an. Leises Küchengeklapper war zu hören. Vorsichtig ließ Setsuna die Tür ins Schloss fallen.

Stille… „Setsu?“, hallte dann Michirus melodische Stimme aus der Küche.

Setsuna fluchte in Gedanken. „Ja, ich… musste Überstunden machen. Ich bin völlig fertig und will nur noch ins Bett…“, rief sie zurück, währenddessen sie sich die Stiefel abstreifte. Mit einem Glas Wein in der Hand betrat plötzlich Haruka den Flur. „Willst du nicht erst mal was essen?“

Setsuna verharrte einen Augenblick, bevor sie sich der Treppe zuwandte. „Hab ich unterwegs schon, aber danke. Gute Nacht!“, erklärte sie auf dem Weg nach oben.
 

In den nächsten Tagen schaffte es Setsuna , ihren Mitbewohnerinnen aus dem Weg zu gehen. Sie verließ das Haus, bevor deren Wecker klingelte, und kehrte erst nach Sonnenuntergang wieder zurück. Doch am Samstag stand sie vor einem Problem. Ihre Praxis hatte geschlossen. Und bei den ganzen Überstunden, die sie die Woche über genommen hatte, konnte sie heute unmöglich behaupten, noch viel Stress dort zu haben.

Den starren Blick auf die Deckentapete gerichtet lag sie in ihrem Bett. Es war noch früh. Haruka würde garantiert erst in einigen Stunden aufstehen und sicher würde Michiru so lange noch bei ihr bleiben. Setsuna könnte in aller Ruhe frühstücken und sich dann aus dem Haus stehlen. Und dann? Wo sollte sie hin? Aufs Shoppen hatte sie keine Lust. Vielleicht könnte sie sich verabreden… Aber mit wem?

Lieber nicht mit Usagi. Vielleicht hatte sie doch etwas angestellt, oder gesagt, weshalb sie sich vor der Prinzessin rechtfertigen müsste…

Mit Ami hatte sie sich immer gut verstanden. Aber die würde sicher für ihr Studium lernen.

Minako und Rei wären ihr heute definitiv zu aufgedreht und auf irgendetwas Actionreiches hatte Setsuna nun wirklich keine Lust.

Blieb noch Makoto. Allerdings würde die wieder von irgendwelchen Männern schwärmen.

Nein, keine von ihnen würde Setsuna heute als Alibi nutzen wollen. Seufzend drehte sie sich auf die Seite. Vielleicht könnte sie eine Erkältung vortäuschen. >Oder Migräne…<

Wie sie es erwartet hatte, ließ sich am Vormittag niemand blicken. Setsuna übernahm zum ersten Mal seit gut einer Woche ihre Hausarbeiten. Nach getaner Arbeit wanderte ihr Blick zur Uhr. Halb zwölf. Jetzt musste sie sich entscheiden. Kurzer Hand griff sie nach einem Zettel.
 

Guten Morgen! Die Waschmaschine läuft noch, Küche und Wohnzimmer sind aber fertig gesaugt und gewischt.

Falls ihr mich braucht, ich lege mich hin. Habe mir wohl was eingefangen…

Setsu
 

Halbwegs zufrieden legte sie das kleine Stück Papier auf den Küchentisch, bevor sie zurück in ihr Zimmer schlich.

Bis in die späten Mittagsstunden hatte sie ihre Ruhe. Dann klopfte es zaghaft an ihrer Tür. Setsuna reagierte nicht. Fast lautlos wurde die Klinke gedrückt und kurz darauf betrat Michiru den abgedunkelten Raum. Sie fand ihre Freundin ein Buch lesend auf ihrem Bett liegend. Auf Samtpfoten trat sie näher. Bevor sie sich mit auf die weiche Matratze setzte, stellte sie ein Tablett mit einer Tasse Tee, einer aufgelösten Aspirin und einer kleinen Schale Obstsalat auf der Kommode ab. „Wie geht es dir?“, fragte die liebevolle Stimme fürsorglich.

Setsuna sah von ihrem Roman auf. Ihr Blick fiel erst auf Michirus Mitbringsel, dann auf ihre Gefährtin selbst. Sofort hatte sie ein schlechtes Gewissen. Dennoch antwortete sie: „Danke, ich fühle mich nur irgendwie schlapp. Vielleicht sollte ich noch mal ein Weilchen schlafen.“ Michiru nickte. Nachdenklich zog sie ihre Brauen zusammen, als sie Setsuna ihre Hand auf die Stirn legte. „Wenigstens scheinst du kein Fieber zu haben. Ich glaube, du hast dich diese Woche einfach nur überarbeitet.“

Setsuna spürte, wie sich ihre Wangen röteten. Sie zuckte zurück. „Ja, ich… Ähm, sicher… Also… Danke, für den Tee, Michiru“, stammelte sie unbeholfen.

Michiru begann zu lächeln. Sie nickte verstehend und stand dann auf, um ihre Freundin wieder allein zu lassen.

Seufzend ließ sich Setsuna in ihre Kissen fallen.

Einige Stunden lang hielt sie es in ihrem Bett aus. Doch am Abend meldete sich trotz der Portion Obstsalat ihr Magen. Also schlich sie durchs Haus, versuchte niemandem auf dem Weg in die Küche zu begegnen. Dort angekommen suchte sie sich ein spartanisches Abendessen zusammen und machte Kehrt. Noch bevor sie den Flur erreicht hatte, hörte sie Schritte hinter sich. Setsuna lief schneller, hatte die Treppe fast erreicht, als sie doch eingeholt worden war. „Willst du nicht mal wieder mit uns essen, Setsu?“ Haruka kam noch näher und lehnte sich erwartungsvoll neben der erstarrten Setsuna gegen das Treppengeländer.

Mit einem aufgesetzten Lächeln wandte sich Setsuna um. „Lass nur, ich… fühle mich nicht. Ich werde wohl gleich wieder ins Bett gehen.“

Harukas Blick sprach Bände. Die Blondine glaubte ihrer Freundin kein Wort. „Siehst ganz erholt aus, wenn du mich fragst.“ Sie wartete, bekam aber keine weitere Antwort. Also zuckte sie mit den Schultern und wandte sich um. „Wenn du meinst…“ Die Windkriegerin schob ihre Hände in die Hosentaschen und schlenderte davon.

Wieder in ihrem Zimmer angekommen lehnte sich Setsuna gegen ihre Tür. Lange würden Michiru und Haruka ihr Verhalten sicher nicht mehr hinnehmen. Sie kümmerten und sorgten sich und bekamen nicht mal eine vernünftige Antwort, nicht mal ein aufrichtiges Dankeschön zurück. Auf sich selbst und ihre unnötige Verlegenheit wütend warf sich Setsuna auf ihr Bett.

Nur wenige Augenblicke später klopfte es erneut. Sie schreckte hoch. Abermals klopfte es, diesmal wieder zaghafter. Leises Flüstern war zu hören. Dann wurde plötzlich die Tür aufgerissen.

„Haruka!“ Michiru war ihrer Geliebten sofort gefolgt, sodass jetzt beide Kriegerinnen in Setsunas Zimmer standen. Haruka starrte Setsuna mit ausdruckslosem Blick an. Michiru sah noch einen Augenblick lang vorwurfsvoll zu ihr, bevor auch sie sich der Wächterin zuwandte.

Die saß mit geweiteten Augen immer noch auf ihrem Bett, ihr Herz bereit für eine neue Panikattacke. Endlich wurden Harukas Gesichtszüge weicher. Seufzend warf sie sich neben ihrer Mitbewohnerin auf die Bettdecke, schob sich bis zur gegenüberliegenden Bettkante und lehnte sich gegen die Wand. „Jetzt erzähl schon, was los ist.“

Setsunas Wangen begannen abermals zu glühen. Ihr Blick ruhte auf der Blondine, bevor er verunsichert zu Michiru wanderte.

„Wir machen uns langsam Sorgen um dich. Du hast noch nie so viele Überstunden gemacht wie in der letzten Woche… Und du ziehst dich immer mehr zurück. Noch mehr als sonst, meine ich. Was ist los? Hat es was mit dem letzten Wochenende zu tun?“, fragte die Streicherin vorsichtig nach.

Setsunas Gesichtsfarbe wurde noch kräftiger.

Michiru begann zu lächeln. Auch sie setzte sich mit aufs Bett und nahm Setsunas Hand. „Entschuldige bitte. Wir dachten nicht, dass dir das unangenehm sein könnte.“ „Den Eindruck hast du uns letzte Woche auch nicht vermittelt.“

Setsuna schnellte herum. Haruka grinste sie vielsagend an und zwinkerte sogar, als sich ihre Blicke trafen.

„Ruka!“, mahnte Michiru eindrücklich. „Setsuna, nichts davon muss dir peinlich sein. Über einen schier unendlich langen Zeitraum, den wir uns nicht mal vorstellen können, warst du allein. Da ist es nur verständlich, dass du dich auch irgendwann nach Nähe sehnen würdest.“

Die nächste Panikattacke, da war sie! Setsunas hoher Blutdruck löste ein Schwindelgefühl bei ihr aus, aber Michiru sprach unbeirrt weiter: „Dass du dich uns geöffnet hast, wissen wir wirklich zu schätzen. Und egal, worum es geht, du sollst wissen, dass wir immer für dich da sein werden. Wir lieben dich, Setsuna. Selbst wenn du wegen unserer Prinzessin-“ Setsunas schockierter Blick unterbrach Michiru in ihrer Rede. Für eine kurze Ewigkeit herrschte Schweigen.

Langsam schüttelte Setsuna den Kopf. „Ich sagte doch, ich kann mich an nichts mehr erinnern. Was habe ich angestellt?“ Sie zuckte zusammen. Haruka hatte eine Hand auf ihre Schulter gelegt und rutschte näher an die beiden Frauen heran. „Du hast nichts angestellt. Du hast getanzt, ihr habt gesungen… Du warst wirklich glücklich und ausgelassen. Dass du so betrunken warst, hat man dir gar nicht angesehen. Du warst einfach mal offen und sorglos. Und so hast du uns allen gefallen. Auch ihr.“

Setsuna starrte in die vertrauten grünen Augen.

„Sie weiß von nichts. Wahrscheinlich hättest du sie sogar küssen können, ohne dass sie etwas mitbekommt. Usagi war nämlich noch viel betrunkener als du, wenn du mich fragst.“ Nach einem weiteren Zwinkern lehnte sich Haruka wieder zurück.

„Also… habe ich es euch erzählt?“, fragte Setsuna zögerlich. Wieder sah sie zu Michiru.

Die Violinistin nickte. „Wir haben es aber vorher schon gesehen. Wie du mit ihr umgehst, und wie du sie ansiehst… Es ist anders, verstehst du? Ich weiß nicht, ob es auch die anderen bemerkt haben, aber ich glaube, die hatten genug mit sich selbst zu tun. Und damit, Minako heil nachhause zu kriegen.“

Haruka lachte.

Nachdem auch sie einen Moment gegrinst hatte, fuhr Michiru fort: „Aber erst nach der Party hast du es uns erzählt. Nicht ganz freiwillig…“

Haruka schnaubte unschuldig.

„Haruka meinte, es würde dir helfen, dich uns anzuvertrauen. Und das wird es auch. Ich konnte nicht ahnen, wie sie deine alkoholbedingte Offenheit ausnutzen würde!“ Michiru warf ihrer Geliebten einen tadelnden Blick zu, die nur selbstzufrieden grinste: „Ach! Und du warst ganz unschuldig, Schatz?“ Die Blondine richtete sich auf. Ganz dicht neben Setsunas Ohr schnurrte sie: „Ich hatte nicht zu viel getrunken, und ich kann mich noch ganz genau erinnern. Auch ihr kamt auf eure Kosten.“

Setsunas Blut schoss zurück in ihr Gesicht. Treffsicher hatte sie Haruka ihren Ellenbogen in die Seite gerammt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Whist
2017-02-13T18:48:33+00:00 13.02.2017 19:48
Ich mag die Geschichte, du schreibst sehr fein ^^
Antwort von:  Ruka_S_Orion
20.02.2017 19:24
Freut mich sehr :D
Von:  SilverSerenity
2016-01-28T15:46:01+00:00 28.01.2016 16:46
Könnte ich mich jetzt sowas von mit abschießen << besser als Demokratiepäda :P
Antwort von:  Ruka_S_Orion
28.01.2016 17:53
Würde sagen, Feierabend :D Vielleicht setze ich mich noch an die Vorstory ;P
Von:  fahnm
2016-01-28T11:32:19+00:00 28.01.2016 12:32
Tolles Kapitel
Ich freue mich aufs nächste OS.^^


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