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Legende aus Schatten geboren

von

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Gerettet

Morphas verderbliche Macht begann schnell zu wirken. Als ich in Zoras Reich aus den Schatten trat, war das Wasser bereits von einer Eisschicht überzogen. Mein Atem bildete weiße Wolken in der Luft. Der einst so friedliche Ort war schon jetzt in einer Umarmung des Todes gefangen. Und langsam aber stetig presste er ihm jeden Rest Lebens aus. Ein verzweifeltes Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ich sah hinunter, entdeckte unter der Eisschicht ein verzweifeltes Gesicht. Violette Augen verschränkten sich in stummen Flehen mit meinen. Ich kniete vor der Eisfläche nieder, kämpfte mit meinen Dolchen gegen die Härte ihres Gefängnisses. Die junge Zora schlug von der anderen Seite mit Kräften dagegen. Nach einige Minuten der Anstrengung wurde ich mit einem lauten Knacken belohnt. Das Eis brach. Bevor sich die Eisdecke wieder schließen konnte, griff ich hinein. Mit meiner Hilfe kletterte eine schöne Zora aus ihrem Gefängnis. Es dauerte einen Augenblick, bis ich sie erkannte. Es war Ruto, die Prinzessin der Zoras. Mit einem erleichterten Lächeln fiel sie mir in die Arme. „Oh, bei den Göttinnen“, flüsterte es an meinem Ohr. „Wenn du nicht zufällig vorbeigekommen wärest, wäre ich irgendwann mit dem Wasser eingefroren.“

Ich hielt sie, bis ihr Körper etwas von der eisigen Kälte verloren hatte und ihre Schluchzer langsam verebbten. Dann löste sich die Zora von mir und wischte sich mit einer schnellen Geste über die Augen. „Ich bin Ruto, Prinzessin der Zoras. Darf ich auch deinen Namen erfahren?“

„Mein Name ist nicht wichtig“, sagte ich sanft.

„Oh doch, das ist er.“ Eine schmale Hand griff mich am Ärmel, hielt mich mit einem Lächeln fest. „Ich lasse dich erst gehen, wenn du ihn mir sagst.“

Es wäre klüger gewesen, wenn ich ihr einen anderen Namen genannt hätte. Doch mein Geist war noch wie gelähmt nach der Stärkung Morphas. „Mein Name ist Shiek“, sagte ich deshalb.

Sie lächelte ein zauberhaftes Lächeln. „Shiek. Also . Das werde ich mir merken.“

Dann legte sich ein ernster Ausdruck auf ihr Gesicht. „Ich würde gerne länger bleiben, aber ich habe es furchtbar eilig. Wenn das, was ich vermute, hierfür verantwortlich ist, ist keine Zeit zu verlieren.“ Sie zwinkerte mir zu. „Mach es gut.“

Damit ließ sie mich stehen und eilte Zoras Fluss und dem Ausgang entgegen. Ich schaute ihr nach und hatte das Gefühl, dass die verdorbenen Schatten wieder ein Stück Land verloren hatten. Und schmunzelnd fiel mir ein, dass sie sich gar nicht bedankt hatte.
 

Eis stand für Erstarrung, für Tod und Stillstand. Auf dem Weg hierher hatte ich seine lebenserstickende Kraft gespürt. Doch dieser Ort war schön. Das Licht brach sich an hunderten Eiskristallen, holte das ferne Licht der Sterne für kostbare Minuten in unsere Welt. Als Link den Raum betrat, hatte ich das Gefühl, die Kälte würde ein wenig weichen. „Sei gegrüßt, Link...“ Eine Woge der Erleichterung löste sich aus der Erstarrung der Angst, in die mich die Worte von Links Schatten versetztet hatten! Er lebte! Prüfend betrachtete ich ihn, versuchte Verletzungen zu entdecken. Die Erleichterung verstärkte sich, als ich keine fand. Er betrachtete mich seinerseits. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, den Ausdruck in seinen Augen ließ sich nur schwer deuten. Diesmal rannte er nicht auf mich zu. Er ging in langsamen Schritten, ließ mich dabei nicht aus den Augen. „Du auch, Shiek.“

Navi schwirrte an ihm vorbei. Das wütende Klingen der Feenstimme ertönte an meinem Ohr. „Was hast du dir dabei gedacht? Eine Feuerwand? Geht's noch? Du hättest ihm das Gesicht verbrennen können. Und was hätte Hyrule dann gemacht du...du...“

„Zappelqualle?“, schlug ich vor.

Navi gab ein undamenhaftes Schnauben von sich. „Passt! Die sind auch strohdumm und haben kein Rückgrat! Was denkst du, wollte Link tun? Dich küssen?!“

Für einen Moment glaubte ich, einen Hauch von Verlegenheit auf Links Wangen zu sehen. Aber vielleicht war es auch nur eine Täuschung des Lichts. „Was geschehen ist, ist geschehen“, sagte er ruhig. Er biss sich auf die Lippen. „Es war nicht richtig von mir, dich aufhalten zu wollen.“

„Ich...ich habe nur Angst, dass ich dich nicht wiedersehe...“

Ich trat näher, legte meine Hände um seine vom Eis kalten Finger. „Noch kann ich dir nicht mehr zu dem sagen, was meine Mission ist. Aber eines Tages werde ich das. Und wenn ich sage, dass wir uns wiedersehen. Dann ist das ein Versprechen.“

Sein Lächeln wärmte mich von innen. „Was muss ich tun, um den Zoras zu helfen, mein weiser Ratgeber?“

Mir war allzu deutlich bewusst, das wir uns noch immer an den Händen hielten. Es fiel mir seltsam schwer, mich auf das zu konzentrieren, was gesagt werden musste.

„Wenn du hierher kamst, um die Zoras zu retten, hast du den ersten Schritt getan. Doch mehr findest du hier nicht...Mit einer Ausnahme sind alle Zoras unter einer dicken Eisschicht gefangen...Ich konnte nur die Prinzessin retten, aber sie lief in Richtung des Wassertempels davon!“

Link nickte. „Was ist der Urheber dieser Kälte?“

„Dieses Eis wurde von einer bösen Macht erschaffen...Das Ungeheuer im Wassertempel ist der Urheber dieses Übels. Du musst das Übel beseitigen, sonst wird das Eis nie schmelzen...Hast du den Mut, den Gefahren im Tempel zu trotzen und die Zoras zu retten, dann erlerne nun die Melodie, die dich zum Tempel führt."

Link grinste schelmisch. „War das eine rhetorische Frage?“

Ich warf ihm einen gespielt tadelnden Blick zu. „Zeit entschwindet. Menschen scheiden...in ewig wie des Wassers Fluss...zu königlichem Streben reift des Kindes Mut ...junger Liebe Knospen erblühen groß und stark...des Wassers Kraft allein dies schafft. Lausche der Serenade des Wassers und trage sie in deinem Herzen.“

Wie Tropfen fielen die ersten Klänge von meiner Lyra. Doch schnell steigerten sich die Töne, wurden breiter, schwollen an zu einem Fluss aus Melodien. Link fiel ein und der Fluss wurde zum Strom. Gemeinsam ließen wir uns auf dem Wasser tragen, bis die letzten Töne im Boden versickerten. Als sich unsere Blicke trafen, sah ich darin etwas, das ich zuvor nicht gesehen hatte. Ein fragender Ausdruck lag in Links Gesicht. Schon öffnete sich seine Lippen, um eine Frage zu stellen, doch ich kam ihm zuvor. „Link...wir werden uns wiedersehen...“

Der Ausdruck auf seinem Gesicht wurde wehmütig. Er streckte seine Hand nach mir aus, ließ sie auf halber Strecke aber wieder sinken. „Bis zum nächsten Mal, Shiek“, sagte er sanft. Ich trat in die Schatten. Mit dem Gedanken, ob ich womöglich geflohen war, wollte ich mich nicht beschäftigen. Denn trotz des Eises war mir nicht mehr kalt.
 

Es war gegen alle Vernunft hier zu sein. Ich hatte Link nichts zu sagen. Ich hatte ihn kein Lied zu lehren. Ich wusste, dass er seinen Schatten überwinden würde. Aber ich wollte es sehen. Ich wollte ihn sehen.
 

Die Veränderungen kamen langsam. Erst kämpfte die Morgensonne gegen die grauen Schlieren des verhangenen Himmels. Dann zerriss sie das Tuch aus Grau und Rot und Orange flammte auf in einem Feuer der Hoffnung. Dann änderte sich der Wind. Fahl und feucht war er bisher ein Bote des Todes gewesen. Nun trug er wieder den Duft von Kräutern, von Tau und Gras mit sich. Und von Wasser. Von frischem, sauberen Wasser. Als Morphas Kräfte auf neue schwanden, wich die Verderbnis aus dem Hylia-See. Was übrig blieb, waren glitzernde, blaue Fluten, auf denen der Wind Wellen warf. Und endlich sah ich ihn. Ruto, erwacht als eine der Weisen, sandte ihn in einem blauen Kristall auf die Insel, auf der ich wartete. Als er mich sah, wich die Erschöpfung in seinen Augen einem warmen Strahlen. Ich atmete tief ein. Und dann dankte ich den Göttinnen. Mit wenigen Schritten überwand ich die Distanz zwischen uns.

„Das Wasser steigt und das Böse verlässt den See ...Link, du hast es geschafft!“

Er stellte sich an meine Seite, ließ wie ich den Blick über die blauen Fluten, gerahmt von saftigen Wiesen schweifen. Ich wusste nicht, wer von uns zuerst die Augen schloss, aber ich denke, das wir es beide taten. In jeder Brise, die unsere Haut streichelte, war eine Spur wieder erwachenden Lebens. Zeit spielte keine Rolle, während wir dort standen. Einatmen, ausatmen, wurde zur Ewigkeit. Seite an Seite schöpften wir Kraft für einen Neubeginn.

„War es schlimm?“, fragte ich schließlich.

Link sah sich an, fuhr sich durch die Haare. Die Erschöpfung kehrte in seine Augen zurück. Ich führte ihn zu dem alten Baumstamm, reichte ihm einen Laib Brot und eine Flasche Milch. Er nickte dankbar und begann zu kauen, während er nach Worten suchte. Doch bald schon hielt er inne und sein Blick schweifte in die Weite. „Diesmal war es anders...es war, als müsste ich gegen mich selbst kämpfen.“

„Aber du hast gesiegt?“

Er lächelte matt. „So sehr man über sich selbst siegen kann. Wir können unsere Dunkelheit nicht besiegen. Nur immer weiter gegen sie kämpfen.“ Ich musterte ihn, wie er dort saß. Mir wurde bewusst, das auch er sich verändert hatte. An uns allen gingen diese Ereignisse nicht spurlos vorbei. Ich saß keinem Kind mehr gegenüber. Selbst nicht dem übermütigen jungen Mann, den ich aus dem Zeitportal hatte schreiten sehen. Die neue Reife war nötig. Aber traurig machte es mich dennoch.

„Was hat er dir erzählt?“, fragte ich leise. Wie von selbst fand meine Hand den Weg auf seine Schulter.

Die Bewegung holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er lächelte, legte seine Hand auf die meine. „Du weißt es noch nicht?“

Ich erwiderte sein Lächeln. „Ich weiß nicht alles.“

Er verdrehte die Augen. „Komisch. Mir kommt es immer so vor.“

Lachend stupste ich ihn in die Seite, wurde aber gleich weder ernst.

Seine Finger umschlossen meine Hand fester, während er nachdachte. „Er...hat viel erzählt...manche Dinge waren reiner Unfug. Wie zum Beispiel, das du für Ganondorf arbeiten sollst.“ Mein Herz setzte einen Schlag aus, doch er schien es nicht zu bemerken. Unbeirrt fuhr er in seiner Erzählung fort. „Anderes war weniger weit hergeholt.“ Er rang mit sich, dann senkte er den Blick. „Der Rest ist geheim, Shiek.“

Ich überbrückte den letzten Abstand zwischen uns, nahm ihn in die Arme. Sofort schlang er die Arme um mich, drückte mich an sich mit einer Kraft, das es fast weh tat.

„Ganz ruhig“, flüsterte ich an seinem Ohr. „Egal, was er gesagt hat, am Ende hast du gesiegt.“

Ich spürte, wie er nickte. Nach viel zu kurzer Zeit löste er sich von mir. Verlegen fuhr er sich durchs Haar, mied meinen Blick. „Ich soll mich im Namen der Weisen des Wassertempels bei dir bedanken.“

Ich schmunzelte. „Ruto wollte sich bei mir bedanken? Ich verstehe...“

Link sah mich forschend an. „Gibt es da etwas, was ich wisse sollte?“

„Nur, dass ihr etwas spät eingefallen ist, wo ihre Manieren sind.“

Link grinste. „Mir ist heute zum ersten mal aufgefallen, dass sie überhaupt welche hat. Mensch, du hättest sie als Kind erleben sollen! So ein Gör hast du noch nicht erlebt!“

„Und du hast die Prinzessin der Zoras natürlich wie eine Dame behandelt?“

Link grinste. „Natürlich!“

Navi schnaubte in Links Mütze. „Das wüsste ich aber! Die Dame, mit der er reist, kann dir versichern, dass er nicht mal weiß, wie er das Wort schreibt.“

Link fischte Navi hervor und begann sie zu schütteln. „Pass ja auf, du vorlaute Fee!“

Kichernd befreite sich Navi aus Links Händen und schwirrte davon. Aber nicht, ohne zuvor mein Ohr zu umkreisen. „Sie hat ihm übrigens ihre Liebe gestanden.“

Links Wangen glühten. „Mensch, Navi! Das war...“

„Geheim?“ Die Fee kicherte schadenfroh. Dann schwirrte sie schleunigst, aus Links Reichweite. Aber er bemühte sich gar nicht mehr um die Fee. Stadtessen war er damit beschäftigt, mit seinen Stiefeln Muster auf den Boden zu malen. „Shiek...als du von dem Erblühen junger Liebe gesprochen hast...hast du da Ruto gemeint? „

Seltsam schmerzhaft pochte mein Herz in meiner Brust. Aber es stimmte. Ich hatte Ruto gemeint. Warum fiel es mir dann so schwer, es auszusprechen? Wegen Dingen, die nicht sein konnten? Ich war Zeldas Schatten. Und wenn dies alles vorüber war, würde ich vollends in die Schatten zurückkehren und als stiller Wächter über sie wachen. Ich zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. „Auch in ihrem Namen müssen wir Hyrule den Frieden wiederbringen! Schau Link...Du und Prinzessin Ruto, ihr habt gemeinsam das bösartige Monster besiegt! Der See füllt sich mit reinem Wasser und alles ist wie zuvor.“

„Ja...stimmt.“ Ich merkte, wie er sich um ein Lächeln bemühte.

Ich spürte, dass mir noch mehr Worte auf der Zunge lagen. Und ich floh, bevor ich sie aussprechen konnte. Es gelang mir nicht gleich, in die Schatten zu treten. Bei einem ersten Versuch landete ich auf dem toten Baum, bei dem zweiten im Hylia-See. Ich wusste nicht, ob ich den verdorbenen Schatten die Schuld dafür geben sollte. Doch ich brauchte zwei Versuche, bis es gelang. Es tut mir leid, dachte ich. Und ich wusste nicht, ob ich nur ihn, oder uns beide meinte.



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