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C'est pas la mer à boire.

Es ist nicht so schlimm wie du denkst.
von
Koautor: abgemeldet

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One

Es war als wäre ein Traum in Erfüllung gegangen. Okay, im Grunde genommen war sogar ein Traum in Erfüllung gegangen. Nicht nur, dass ich meinen Bachelor endlich in der Tasche hatte, nein, meine Familie hatte eine ganz besondere Überraschung für mich. Kaum hatte ich mein Zeugnis in der Hand, wurde mir eröffnet, dass ich mich in einer Woche gemeinsam mit meiner besten Freundin Lea auf den Weg nach Orlando machen würde.

Universal Studios.

Orlando.

Wow.

Sollte meine Familie mich bis dato noch nie sprachlos erlebt haben, war es spätestens jetzt so weit.

Das musste gefeiert werden und zwar nicht nur bei einem hübschen Essen. Nachdem mein Zwillingsbruder Mike und ich uns von unseren Eltern verabschiedet hatten, besuchten wir mit den anderen Absolventen unseren Stammclub. Drei Jahre harte Arbeit hatten sich also doch noch ausgezahlt.
 

In der Woche drauf ging es dann schon los. Lea und ich waren beide natürlich furchtbar aufgeregt. Das Biest hatte natürlich alles gewusst – ich wollte gar nicht wissen wie schwer es für sie gewesen war das Geheimnis für sich zu behalten.

Der Flug nach Übersee dauerte gar nicht so lange, wie ich zuerst gedacht hatte. Als ich die utopische Zahl auf den Unterlagen gelesen hatte, hatte ich schon angenommen, dass ich nach eineinhalb Stunden durchdrehen würde. Ich konnte es nicht ausstehen, wenn ich mich so lange nicht bewegen konnte. Auch wenn ich es nicht erwartet hätte, konnte ich glücklicherweise einige Stunden schlafen. Den Rest der Zeit vertrieb ich mir mit lesen, Beine vertreten mit dem Alibi aufs Klo zu müssen und mit Lea im Flüsterton über die bevorstehenden Abenteuer zu tuscheln. Ich konnte es kaum erwarten – neben dem Harry Potter Theme Park freute ich mich auch schon unheimlich darauf Orlando selbst zu erkunden. Zudem war ich noch nie in Amerika gewesen, was das alles noch spannender machte.

Eine Stunde vor der Landung wurde ich noch einmal richtig müde und sah mich schon schlafend im Hotelzimmer liegen. Als wir uns dann allerdings im Landeanflug befanden, vollführte meine Stimmung eine 180 Grad Drehung und ich war putzmunter und bereit mich ins Getümmel zu stürzen. Immer wieder warf ich aufgeregte Blicke aus dem Fenster und stupste Lea an, wenn ich irgendetwas entdeckt hatte und sei es nur ein Typ mit einer lustigen Kopfbedeckung. Manchmal war ich auch wirklich einfach zu unterhalten.

Aufgrund schlechter Erfahrungen hatte ich ein mehr als mulmiges Gefühl in der Magengegend, als wir endlich die Gepäckausgabe erreichten. Ich wusste nicht wie oft wir im Kreis gelaufen waren – wenn ich genauer darüber nachdachte, fragte ich mich ohnehin wie man zwei Personen ohne jeglichen Orientierungssinn gemeinsam auf eine Reise schicken konnte. Vielleicht wollten unsere Familien uns insgeheim los werden? Ich sollte diesen Gedanken später mal anbringen … Während ich mich in der viel zu großen Halle noch umsah um herauszufinden wo wir denn nun genau unsere Koffer zurückbekommen würden, startete Lea schon los mit den Worten „He, da ist meiner!“ – zum Glück hatte sie nicht gerade das dezenteste Gepäckstück, was die ganze Prozedur erheblich erleichterte. Ich tänzelte ihr hinterher, peinlich darauf bedacht in niemanden hineinzulaufen oder über einen der vielen Koffer zu stolpern. Es machte mich mehr als nervös, dass mein Koffer nicht gleich nach Leas auftauchte obwohl ich natürlich wusste, dass es nichts hieß, dass ich ihn zuhause nach ihr aufgegeben hatte. Nach nicht einmal fünf Minuten hatte ich gedanklich schon die Hoffnung aufgegeben und mich damit abgefunden, dass ich mir wohl Klamotten und eine Zahnbürste und Schminkzeug und überhaupt alles neu kaufen musste, als mich meine beste Freundin aus ebenjenen negativen Gedanken riss, indem sie mich anstupste und meinte „Ist das nicht deiner?“ Ja, das war jetzt die Frage – würde es auf diesem Planeten nicht so wahnsinnig viele schwarze Koffer geben, wäre das alles einfacher. Ein Blick auf das Schild sorgte dafür, dass mir ein riesiger Stein vom Herzen fiel. Mini-Panikattacke überwunden. Sobald wir wieder zu Hause wären, würde ich mir definitiv einen neuen Koffer zulegen. In einem knalligen Pink mit den Worten „Here I am“ oder so.
 

„Weißt du, ich bin echt froh, dass Mike schon arbeitet, sonst wäre mir das hier alles entgangen.“ Ein breites Grinsen lag auf Leas Lippen als sie die Tür in unser Hotelzimmer öffnete. Ein leichtes Lachen entwich mir. Ja, da hatte sie wirklich Glück gehabt.

Das Zimmer war ein Traum. Es war riesig und das Bett war wahnsinnig gemütlich. Während ich mit meiner viel zu großen Toiletttasche ins Badezimmer marschierte, legte Lea sich quer übers Bett und seufzte tief. Ein Schmunzeln lag auf meinen Lippen. „Du faules Stück“, rief ich ihr lachend zu während ich das Duschzeugs in die Dusche stellte und meine Schminksachen auf dem viel zu kleinen Kästchen aufstellte. Ich hatte mich nicht entscheiden können welchen Lippenstift ich mitnehmen sollte, weshalb ich einfach … naja so gut wie alle mitgenommen hatte. Meine Sammlung an Lippenstiften beherbergte 10+ Stück – das hörte sich harmloser an als 18 oder wie viele auch immer es waren. Nachdem ich also meine 10+ Lippenstifte nach Farbe sortiert hatte, verließ ich das Badezimmer wieder und warf mich neben Lea aufs Bett. Wir wechselten nicht mehr viele Worte, bis eine nach der anderen in den Schlaf glitt. Auch wenn ich es bis vor ein paar Minuten nicht bemerkt hatte, war ich doch ganz schön erledigt. Und das Bett war wirklich wahnsinnig gemütlich!
 

Bereits am nächsten Tag machten wir uns frisch und munter auf den Weg Richtung Universal Studios. Obwohl sich unsere Meinungen von frisch und munter wohl wirklich unterschieden. Im Gegensatz zu Lea war ich ein Frühaufsteher. Sie war ein furchtbarer Morgenmuffel und ich gut gelaunt sobald ich klar sehen konnte. Vor ihrer täglichen Schokolade sollte man sie nicht ansprechen, weshalb ich mich vorbereitet hatte und ihr nach dem Aufstehen einen Schokoriegel auf den Nachttisch gelegt hatte. Ich war bereits geduscht und fast fertig geschminkt. Meine Haare hatte ich zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und als ich mich gerade für Lippenstift Nummer 3 entschieden hatte, ging die Badezimmertür auf und Lea schlurfte an mir vorbei unter die Dusche. Ich unterließ es ihr einen wunderbaren Guten Morgen zu wünschen, denn eigentlich konnte ich schon froh sein, dass sie nicht in die Dusche hineinfiel und ich Erste Hilfe leisten musste. Obwohl ich das nach meinem letzten Auffrischungskurs wieder ziemlich gut drauf hatte.

Ich legte meinen Lippenstift auf und nahm ihn mit nach draußen. Wer wusste schon was heute noch auf uns wartete, vielleicht traf ich ja meinen Traummann, da musste der Lippenstift sitzen. Das Badetuch, das ich um meinen Körper gewickelt hatte, hängte ich über einen Stuhl, bevor ich zum Koffer ging und meine Klamotten hervorzog. Natürlich hatten wir es am Vortag nicht mehr geschafft unsere Sachen in den großen Schrank zu räumen und so wie ich uns kannte, würde das auch nichts mehr werden. Aber ein Leben aus dem Koffer war auch spannend!

Gut gelaunt und vor mich hin summend schlüpfte ich in kurze Jeanshotpants und ein Top mit Slytherinlogo. Der Harry Potter Theme Park wartete auf uns, da durfte man auch Farbe bekennen. Oder Haus – wie dann auch immer. Nachdem ich ein Paar dunkelgrüner Sneakersocken angezogen hatte, tapste ich hinüber zu meinem Nachttisch und legte den Schmuck an, der dort lag. Mein Bauchnabelpiercing und meine Kette trug ich ohnehin immer, fehlten noch mein Armband, ein paar Ringe und ein Fußkettchen. Ich liebte Schmuck. Und Lippenstifte. Ich war wohl doch mehr Mädchen, als ich mir eingestehen wollte.

Erst nach einem ausgiebigen Frühstück taute meine beste Freundin wieder auf und man konnte sich endlich mit ihr unterhalten. Ich war so aufgeregt, dass ich unbedingt alles bis ins kleinste Detail besprechen wollte – was würde uns erwarten? Was würden wir sehen? Wen würden wir sehen? Ich versuchte halbwegs ruhig zu bleiben und nicht nervös und aufgeregt herumzuzappeln, was mir nur schwer gelang. Mein halbes Frühstück ging zurück, da ich vor Aufregung kaum einen Bissen runter gebracht hatte.

Als wir dann wenige Stunden später mitten in der Winkelgasse standen, konnte ich mir ein begeistertes Quietschen allerdings doch nicht mehr verkneifen. Es fühlte sich alles so unwirklich an. Sagenhaft. Ich konnte es immer noch nicht glauben.
 

Nachdem wir meinem Zwillingsbruder ein wunderschönes ‚Selfie’ aus der Winkelgasse geschickt hatten, machten wir uns auch schon auf Erkundungstour. Butterbier, Bertie Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen, Schokofrösche und alles was das Herz begehrte. Ich hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war und im Prinzip war es mir auch egal. Ich wollte nicht ständig daran erinnert werden, dass wir nicht auf ewig hier bleiben konnten.

Hier und da waren Fotografen unterwegs und Lea musste ich mehr als einmal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie begann aufgeregt auf und ab zu hüpfen und als sie felsenfest davon überzeugt war den rotbraunen Haarschopf von James Phelps in der Menge ausgemacht zu haben, hatte ich Angst, dass sie wirklich abheben würde. Natürlich wäre es mega cool gewesen die Schauspieler von Fred und George zu treffen, aber mein geschultes Auge hatte den ‚rotbraunen Haarschopf’ schon Minuten zuvor als rostigen Mistkübel identifiziert.

„Beeil dich mal die Führung geht gleich los. Und nein da läuft kein Phelpszwilling herum“, lachte ich und zog Lea an der Hand mit. Für manche Menschen war sie vielleicht anstrengend, aber ich war daran gewohnt. Wir kannten uns seit über 10 Jahren. 10+ Jahre also. Da gewöhnte man sich an den anderen. Ich grinste Lea an und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Du bist ein Biest, Renée“, gab sie gespielt beleidigt zurück, lachte aber. „Das weißt du doch“, antwortete ich immer noch breit grinsend und kniff sie sanft in die Wange, so wie meine Großmutter es früher immer getan hatte.

Die Führung war wirklich interessant. Es gab so viele Informationen aufzusaugen, dass ich einfach nur hoffte niemals irgendetwas zu vergessen. Es war das ultimative Erlebnis. Es fühlte sich an als wären wir wirklich dort. Fehlten eigentlich nur mehr Zauberstäbe. Und die sollten wir bekommen.

Wir gingen weiter und uns wurde ein Film gezeigt, der uns einen Blick hinter die Kulissen bot. Es war wirklich faszinierend was man da auf die Beine gestellt hatte. Lea und ich warfen uns einen begeisterten Blick zu und man konnte wohl kaum sagen, wer von uns beiden mehr strahlte. Die Muskeln in meinen Wangen taten bereits weh vom vielen Grinsen, doch es wollte einfach nicht verschwinden. Es war ungefähr der glücklichste Tag in meinem Leben. So richtig glauben konnte ich das alles immer noch nicht – es war so unwirklich, so surreal. Und doch passierte es.

Gebannt starrte ich wieder auf den Bildschirm. Einige Bilder der großen Schlacht von Hogwarts flimmerten darüber und die tiefe Männerstimme, die uns informativ durch den Film geführt hatte, begann wieder zu sprechen und erklärte uns wie sie die Funken aus den Zauberstäben gemacht hatten.

Ein leuchtend grüner Blitz erhellte den Raum und rein aus Reflex schloss ich die Augen. Bevor ich sie wieder richtig öffnen konnte, musste ich ein paar Mal blinzeln. Ich hatte meine Augen wohl eine Millisekunde zu spät geschlossen, denn es tanzten ein paar helle Punkte in meinem Blickfeld herum; es dauerte ein paar Momente bis ich endlich wieder klar sehen konnte. Ich sah mich nach Lea um, doch die war nicht auffindbar – stattdessen stieß mich eine fremde Rothaarige zu Boden und rief laut „Pass auf!“ Ich war vollkommen überrumpelt und stieß mir sogleich den Kopf am Boden. „Verdammt“, grummelte ich und zog die Augenbrauen zusammen.

Erst als ich mich wieder aufrappeln wollte, fiel mir auf, dass ich ein Stück Holz in der Hand hielt. Was zum …? Ich sah an mir herab. Spätestens jetzt war ich komplett mit der Situation überfordert. Wieso zur Hölle trug ich einen Slytherinumhang? Wo war mein Top hingekommen? Ich war ja ein Harry-Potter-Nerd, aber das war wirklich zu viel des Guten – selbst für mich! Wer erlaubte sich hier einen Scherz mit mir? Mir stand der Mund offen und verblüfft musterte ich die Rothaarige neben mir noch einmal genauer. Bonnie Wright? Ginny Weasley? Was zum Teufel passierte hier gerade? Schnell sah ich mich um und mir blieb beinahe das Herz stehen. Um mich herum ging gerade die Welt unter, und nein das war nicht übertrieben. Ich befand mich in einer großen Halle und überall schrien Menschen wild durch die Gegend. Farbige Blitze flogen durch die Luft und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich gesagt, ich stand mitten in der Eingangshalle von Hogwarts. Aber das war … das war … doch dämlich. Ich schluckte schwer. Oder?

„Renée was ist los mit dir? Pass doch besser auf!“ Die Rothaarige schien ziemlich durch den Wind zu sein, doch das gab ihr immer noch kein Recht mich so anzuschnauzen.

„Geht’s dir noch gut?“, blaffte ich zurück und strich mir die Haare aus dem Gesicht, die aus welchem Grund auch immer nicht mehr in einem sorgfältigen Pferdeschwanz steckten. Einen kurzen Moment lang wurde mir klar, dass wohl Lippenstift Nummer 3 auch weg war, doch der kurze Trauermoment war schon wieder verflogen, als Ginny/Bonnie mich erneut aus dem Weg stieß. Ein roter Blitz sauste an uns vorbei und meine Gegenüber zog mich schnell aus der Schussbahn in einen Gang hinein.

Sie rüttelte mich kurz an den Schultern und schnippte dann etwas genervt vor meinem Gesicht herum. „Reiß dich zusammen Ree, was ist denn los mit dir?“, fragte sie erneut. „Ich muss Ron suchen, versprich mir bitte, dass du nicht drauf gehst, okay?“ Also doch Ginny, ha! Ich nickte nur etwas überfordert und sah ihr verwirrt hinterher, als sie mich stehen ließ.
 

Um erst mal etwas zur Ruhe zu kommen, atmete ich tief durch. Ich hatte keine Ahnung was das hier für ein Bullshit war, aber offenbar musste ich hier durch. Vielleicht irgendein verrückter Test, den sich meine Familie ausgedacht hatte. Oh Mann, wenn ich meinen Bruder in die Finger kriegen würde!

Nervös drehte ich den Zauberstab in meiner linken Hand. Ein paar pinke Funken sprühten daraus hervor und trafen mich auf der rechten Handfläche. Ich fluchte und rieb mir die Hand am Umhang, bevor ich den Zauberstab in ebenjene Hand nahm. Vielleicht war meine rechte Hand ja nicht so tollpatschig. Ich atmete noch einmal tief durch und glaubte nicht, dass ich das wirklich tat – ich richtete den Zauberstab auf einen kleinen Marmorbrocken, der in der Nähe lag und murmelte: „Wingardium Leviosa.“ Genau so wie wir es damals von Hermine Granger gelernt hatten. Der Brocken rührte sich nicht. Mist. Ich stand kurz vor einem Heulkrampf, riss mich dann aber zusammen, rückte meine unsichtbare Krone zurecht, wie mein Bruder immer sagte, und versuchte es erneut. Und zum Teufel, der Brocken begann tatsächlich zu schweben! Ich war so erstaunt, dass ich mit meinem Handgelenk einen komischen Schlenker machte und der Brocken aus dem Gang hinaus sauste und irgendjemanden am Kopf traf. „Ups. Tut mir leid!“, rief ich hinterher und grinste unschuldig. Ich hatte keine Ahnung ob dieser Jemand Freund oder Feind war, aber egal. Ich wusste ja nicht mal ob ich Freunde oder Feinde hatte, wenn man schon beim Thema war. In dem Moment fiel mir die Rothaarige Weasley wieder ein. Ich lief aus dem Gang hinaus und stolperte beinahe über meine eigenen Beine. Oder den Typen, den ich ausgeknockt hatte. Oder den viel zu langen Umhang, so ganz war ich mir noch nicht sicher.

Schließlich kam es wie es kommen musste, und ich fiel der länge nach auf die Nase. Was denn auch sonst.

„Warte, ich helfe dir!“

Jemand griff nach meinen Armen und zog mich auf die Beine.

„Danke“, murmelte ich etwas verwirrt und musterte den Rotschopf kurz, der mir gegenüberstand.

„Alles okay bei dir, Ree?“

Ich zog die Brauen zusammen und warf ihm einen bösen Blick zu. Ginny hatte mich vorhin schon so genannt, das taten normalerweise nur die, die mich besser kannten und keine Angst davor hatten eine Ohrfeige zu kassieren.

„Wie hast du mich gerade genannt?!“, entfuhr es mir.

„… Ree? So wie immer? Aber ich kann auch Renée zu dir sagen, wenn dir das lieber ist“, ruderte der Rothaarige zurück und trat einen Schritt von mir weg. Sicherheitsabstand.

„Wieso kennst du meinen Spitznamen würde mich mal eher interessieren“, fauchte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

Mein Gegenüber verdrehte die Augen. „Oh Mann, das ist jetzt echt nicht der Moment, die Slytherin in dir raushängen zu lassen. Du bist Ginnys beste Freundin, sie nennt dich ständig so, das hab ich mir halt irgendwann auch angewöhnt, tut mir leid. Sollten wir lebend hier raus kommen, kann ich mir das gerne wieder abgewöhnen.“ Der Rothaarige hob abwehrend die Hände und ließ sie dann wieder sinken.

Ich schnaubte und verdrehte kurz die Augen – keine Ahnung was er da palaverte, aber gut. Anscheinend war Ginny Weasley meine beste Freundin. Etwas schräg denn ganz offensichtlich war ich eine Slytherin.

Bevor ich etwas zu dem Rothaarigen sagen konnte, stand Ginny neben ihm und schien etwas aufgelöst.

„Ron! Da bist du ja, ich hab dich überall gesucht.“

Die Rothaarige schien aufgebracht zu sein, doch ich hörte ihr nicht mehr zu, als sie auf Ron einredete. Ich sah mich kurz um und entdeckte zwei weitere Personen, die auf uns zu liefen. Ich tippte einfach mal auf Harry und Hermine und hatte – oh Wunder – Recht damit. Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung was ich in einem Haufen Gryffindors tat, aber gut. Vielleicht war nicht nur ich auf den Kopf gefallen?

Also …wie es schien war ich in Hogwarts, besuchte das Haus Slytherin, war die beste Freundin von Ginny Weasley und mit Harry und Co. befreundet (zumindest ging ich davon aus, schließlich hatten mich die noch nicht verflucht). Klasse. Wirklich Klasse. Das klang beinahe etwas nach einem schlechten Film. Erneut fragte ich mich, wer sich das ganze Theater ausgedacht hatte. Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Bruder dahinter steckte – er hatte schließlich gerne mal verrückte Ideen, wenn es darum ging, jemanden zu überraschen. Dabei sollte er wissen, dass ich so etwas hasste. Vor allem dann, wenn ich absolut keine Ahnung hatte, wie ich mich aus diesem Schlamassel befreien konnte. Und momentan schien es so, dass es allzu schnell keinen Ausweg aus dieser mehr als schrägen Situation gab. Lea war weit und breit nicht zu finden und auch von den restlichen Teilnehmern der Führung entdeckte ich kein bekanntes Gesicht. Vielleicht war das Teil der Führung? Dass man sich als Zauberer beweisen konnte? Womöglich waren unter den Sitzen in dem kleinen Kinosaal irgendwelche geheimen Rutschen und Tunnel gegraben worden, die jeden Besucher in einen eigenen Raum brachten, aus dem sie mit Hilfe von imaginärer Zauberei entkommen mussten? Ähnlich einem escape room, in dem man Rätsel lösen musste um weiterzukommen, nur eben ohne Freunde. Ich verstand den Sinn zwar nicht ganz, schließlich war ich ja mit Lea hier und wollte das alles mit ihr erleben, aber man sollte höhere Gewalten nicht hinterfragen. Ich konnte mir zwar noch keinen Reim darauf machen wie Magie hier funktionieren sollte, aber vielleicht war in Amerika einfach alles möglich. Vielleicht war das der American Dream. Oder so. Ganz zufrieden gab ich mich mit meiner zugegeben ziemlich unlogischen Antwort ohnehin nicht, aber zumindest der Gedanke daran, dass Lea in der gleichen oder eine ähnlichen Situation stecke, nur ein paar Räume entfernt, sorgte dafür, dass ich nicht wie am Spieß zu schreien begann, wie so ein kleiner Psycho.
 

Während Ginny und die anderen irgendetwas besprachen, das mich nicht interessierte, sah ich mich um. Es herrschte heilloses Chaos. Am Boden lagen einige bunte Steinchen, die vermutlich zu den Punktegläsern gehörten. Interessanterweise schwirrten aber nicht so viele Menschen durch die Gegend, wie erwartet, was wohl hieß, dass es sich hier nicht um die Große Schlacht von Hogwarts handelte. Was auch erklären würde, wieso das Goldene Trio seine Gryffindorumhänge trug. Okay, dann hätten wir das schon mal geklärt. Kurz überlegte ich und konnte mich nur an eine weitere Schlacht in den Hallen Hogwarts’ erinnern – Harry und die anderen mussten also in ihrem sechsten Jahr und Dumbledore bereits tot sein. Dann war Ginny in ihrem fünften Jahr – hieß das, dass ich auch im fünften Jahr war? Ich konnte es nicht sagen, aber interessieren würde es mich schon irgendwie. Wenn ich bei dieser Schnitzeljagd schon mitmachen musste, wollte ich mich wenigstens in meine Rolle einfügen. Hm … Schnitzel wäre jetzt auch lecker …

„Ree, könntest du bitte aus deinen Tagträumen erwachen und deinen Zauberstab schwingen? Vielleicht hast du in deinen UTZ-Kursen ja irgendetwas Hilfreiches gelernt, das uns helfen könnte“, drang Ginnys Stimme genervt an mein Ohr.

Puh, der kleine rothaarige Knirps war aber auch wirklich schwer zufrieden zu stellen. Ich hatte kaum Zeit über die wenig vorhandene Logik nachzudenken, dass ich als Siebtklässlerin in Slytherin Ginny Weasley als beste Freundin hatte. Ich musste wahnsinnig beliebt sein. Ironie off.

Ginny war an mich herangetreten und redete mit heiserer Stimme auf mich ein.

„Was ist nur los mit dir? Du bist nicht ganz bei der Sache – oder kämpfst du für die andere Seite?“ Ihr misstrauischer Gesichtsausdruck verriet mir, dass es klug wäre nichts Falsches zu sagen.

„Nein. Alles okay, ich bin nur gerade etwas überfordert ehrlich gesagt.“ Keine Lüge. Und offenbar auch etwas, das sie hören wollte, denn ihre Miene war nicht mehr ganz so angespannt und misstrauisch wie zwei Sekunden zuvor.

„Das kann ich verstehen, ich war auf so einen Kampf auch nicht vorbereitet.“

Und mit diesen Worten stürzte sie sich auf irgendeinen Todesser. Zumindest nahm ich an, dass es ein Todesser war, er trug leider seine hübsche Maske nicht. Schade eigentlich.

Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung was ich tun sollte. Ich durchquerte die Eingangshalle, wich hier und da ein paar Blitzen aus und hielt mich im Hintergrund. Ich bemerkte allerdings relativ schnell, dass auch das nichts brachte. Ein großer, blonder Todesser hatte wohl ein Auge auf mich geworfen – redete ich mir zumindest ein, denn das hörte sich tausend Mal netter an, als ‚er wollte mich mit aller Macht töten’, auch wenn er genau das versuchte. Sämtliche Flüche, die mich verfolgt hatten, waren aus der Spitze seines Zauberstabes gekommen. Ich hielt kurz inne und atmete tief durch. Ich konnte mich nicht noch länger davon schleichen, er würde mich solange verfolgen, bis er mich erwischte. Und auch wenn ich ganz offensichtlich ein Ass im Ausweichen war, konnte das schließlich nicht ewig so weitergehen.

Vorsichtig lugte ich um die Säule, hinter der ich mich versteckt hatte und erhaschte einen Blick auf die irren Augen des Todessers. Zugegeben, der Typ machte mir etwas Angst. Da brauchte er mich gar nicht lange verfolgen, sein Blick alleine sorgte dafür, dass ich mich am liebsten wo verkriechen wollte.

„Komm raus, komm raus!“, rief er in meine Richtung und ein Schauer lief mir über den Rücken.

Ich umklammerte meinen Zauberstab und es war schon ziemlich traurig, dass dieses Stöckchen meine einzige Rettung sein sollte. Wenn das alles doch ein Scherz meiner Familie war, dann wurde es allmählich wirklich Zeit, dass er zu Ende ging. Wer auch immer von ihnen dafür verantwortlich war, konnte sicher sein, dass es dieses Jahr kein Weihnachtsgeschenk von mir gab!

Bevor ich noch länger darüber nachdenken konnte, wurde ich zu Boden geschleudert, als meine Schutzsäule halb gesprengt wurde. Mistkerl. Konnte er sich nicht ein anderes Opfer suchen? Musste es ausgerechnet die Slytherin sein, die zwar ihre UTZ ablegte (oder abgelegt hatte, ich wusste es nicht) aber GANZ OFFENSICHTLICH keinen Zauberstab gerade halten konnte? Irgendwelche Funken sprühten schon wieder daraus hervor und brannten mir ein Loch in den linken Schuh. Der blonde Todesser stieg über die Trümmer hinweg und kam auf mich zu – ich betrachtete ihn noch einmal kurz und taufte ihn schließlich Yaxley; ich hatte zwar keine Ahnung ob es wirklich Yaxley war, aber ich erinnerte mich vage daran, dass Yaxley blond war und um ehrlich zu sein machte es das Sterben etwas angenehmer, wenn der Mörder einen Namen hatte (egal ob es der richtige war oder nicht). Wie ich mich kannte würde mich diese fehlende Information nach meinem Tod heimsuchen und ich würde nie in Frieden ruhen können.

Auch wenn ich nicht wirklich wusste, was ich tat, richtete ich meinen Zauberstab auf Yaxley und brüllte: „Expelliarmus!“ Natürlich traf mein Zauber ihn nicht mal ansatzweise, denn der Blitz schoss einen halben Meter an ihm vorbei. Na, das waren ja gute Voraussetzungen.

„Mach es mir nicht zu leicht!“, rief er und richtete seinerseits den Zauberstab auf mich.

Dank meiner ungeahnten Fertigkeit im Ausweichen, traf sein Fluch die nächste Wand.

Die Wut in seinem Gesicht hätte ein Blinder ablesen können.

„Mit so einem dreckigen kleinen Halbblut wie dir, werde ich doch mit links fertig“, drohte er und schoss sogleich weitere Flüche auf mich ab, denen ich irgendwie ausweichen konnte. Ich versteckte mich erneut hinter einer Säule und versuchte den Gedanken zu verdrängen, der mich schon während dem Lesen der Harry-Potter-Bücher gequält hatte: Wieso wusste hier offensichtlich jeder den Blutstatus von jedem? Glück im Unglück für mich – ich wusste zwar jetzt mehr über … ähm … mich, allerdings war ich auf den nächsten Fluch nicht gefasst, weshalb ich erneut zu Boden geschleudert wurde. Mein Gesicht glich inzwischen vermutlich einem Schlachtfeld und sollte sich Lippenstift Nr. 3 irgendwo in den Untiefen meines Umhanges verstecken, war er vermutlich kaputt. Was für ein Tag.

Schnell rappelte ich mich wieder auf, erhob den Zauberstab und brüllte – etwas zu hysterisch – die erste Zauberformel, die mir in den Sinn kam: „Bombarda maxima!“

Keine gute Idee.

Wie nicht anders zu erwarten war, verfehlte mein Fluch Yaxley (zum Glück sonst wäre ich vermutlich voll mit Eingeweiden gewesen und um ehrlich zu sein steht dieser Punkt nicht auf meiner Bucketlist) und traf stattdessen die Treppe hinter ihm. Ich hatte es also geschafft eine Treppe in Hogwarts halb wegzusprengen – das einzig gute daran war, dass ein Brocken vom Geländer Yaxley am Rücken traf und er zu Boden ging. Hatte also alles seine Vorteile.

„Tschuldigung!“, rief ich wie automatisch, nachdem ich einen empörten Blick von Keine-Ahnung-Wem auffing. Allerdings war ich mir fast sicher, dass es sich um eine Todesserin handelte. Naja. Höflichkeit hatte ja noch keinem geschadet. Außer mir, denn Yaxley hatte inzwischen seinen Arm nach dem Zauberstab ausgestreckt und mir eine hübsche Beinklammer verpasst.

Schreiend fiel ich zu Boden, wie ein Stock. Ich konnte mich gerade noch mit meinen Händen auffangen, schnitt mir aber an der Kante eines Gesteinsbrockens den linken, äußeren Unterarm auf.

„Du gehst mir wirklich auf den Geist!“, rief ich Yaxley entgegen, grabschte nach meinem Zauberstab, den ich fallen gelassen hatte und murmelte: „Petrificus totalus.“

Wenn meine Beine nicht immer noch in dieser Klammer stecken würden, hätte ich einen Freudentanz aufführen können, denn Yaxley, der gerade dabei gewesen war sich wieder aufzurappeln, kippte nun ebenso zu Boden wie ein Brett.

„Jetzt siehst du mal wie das ist! Nicht angenehm, was!?“, grinste ich in seine Richtung und streckte ihm die Zunge entgegen. Seine Augen huschten hin und her und ich redete mir einfach mal ein, dass er nervös wurde. Steigerte ungemein das Selbstwertgefühl.

Etwas mühsam stützte ich mich auf meinen linken Ellenbogen, was zwar unglaublich schmerzte, aber ich war so vollgepumpt mit Adrenalin, dass ich es fast nicht merkte. „Wingardium Leviosa“, sagte ich ruhig und sehr bedacht, damit zum zweiten Mal in Folge nichts schief gehen konnte.

Yaxley hatte die Augen panisch weit aufgerissen (also war er doch nervös gewesen, ha!) als er sich langsam vom Boden erhob und durch die Luft schwebte. Ich wusste zwar nicht recht was ich jetzt mit ihm machen sollte, aber ihn einmal quer durch die Eingangshalle zu schleudern, schien mir eine gute Idee zu sein. Auch wenn mein Plan nicht ganz so aufging wie er sollte, reichte es trotzdem dafür, dass ich Ron mit meinem Yaxley-Paket nicht über den Haufen schoss und ebenjenes Paket ausknockte in dem ich es gegen eine Wand prallen ließ. Yaxley wurde bewusstlos, was ich so toll fand, dass ich ihn aus Versehen zu Boden fallen ließ. „Sorry!“, rief ich hinüber und verzog das Gesicht. Das hatte sicher weh getan. Sein Zauberstab zerbrach und die Beinklammer löste sich sofort. Erleichtert atmete ich auf und ließ mich auf den Rücken sacken. Erst jetzt wurde mir der Schmerz in meinem Unterarm richtig bewusst. Aber das war noch harmlos im Vergleich zu dem was passieren hätte können.

Zu meiner eigenen Sicherheit (und der der anderen) blieb ich vorerst am Boden liegen. Es wurde immer ruhiger und ich ging davon aus, dass sich die Todesser langsam aus dem Staub machten. Ich überlegte gerade ob ich eine Runde schlafen sollte (vielleicht würde ich ja aus diesem Albtraum erwachen), als Bonnies … äh … Ginnys Gesicht über mir auftauchte.

„Alles okay?“, fragte sie und streckte mir die Hand entgegen um mir aufzuhelfen.

Ich nickte nur, ließ mich von ihr auf die Beine ziehen und atmete einmal tief durch.

„So. Und jetzt?“


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, und nun kommen wir zu den Aufgaben für das erste Kapitel:

» überstehe die Schlacht ohne allzu großen Schaden zu nehmen
» finde heraus in welchem Jahrgang du bist
» sorge dafür, dass deine Familie und deine Freunde nicht misstrauisch werden
» Bonus: versuche dich an einfachen Zaubern, um herauszufinden ob es dir überhaupt möglich ist zu zaubern
» versuche dir einen Überblick über die Situation zu schaffen um rauszufinden in welchem Jahr du dich befindest
» duelliere dich mit einem Todesser und versuche dich an verschiedenen Zaubern (mind. 4)
» Bonus: finde heraus ob du dich mit Ginny Weasley verstehst
» Bonus: versuche deinen Blutstatus herauszufinden!

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Ich weiß leider nicht, ob meine Göttin inzwischen wieder auf Animexx angemeldet ist, werde es allerdings in der Beschreibung einfügen sobald ich es weiß. =) Komplett anzeigen

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