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Hello, Tokyo!

von

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Shibuya

Zugegeben, vielleicht hatte er sich ein bisschen angestellt gehabt, allerdings war er nach wie vor immer noch ziemlich aufgelöst gewesen und diese Blechbüchsen schienen ihm einfach nicht geheuer.

Die junge Dame, welche sich ihm als Mioko vorstellte, hatte Gott sei Dank mehr als geduldig reagiert und ihm immer wieder erklärt, dass „Autos“ so nannten die Menschen hier, scheinbar diese seltsamen Gefährten kein Eigenleben besaßen und von ihnen somit auch keine Gefahr ausging.

Nachdem er sich das stählerne Teil ein paar Minuten betrachtet hatte, war er schließlich eingestiegen und musste feststellen, das es im Inneren durch aus bequem war.

Bequem und warm.

Mioko hatte sich neben ihm auf die hinteren Sitze gesellt, ja Sitze, im Magen dieses Ungeheuers, und ihm einen älteren Herrn vorgestellt, welcher wohl ihr Chauffeur war.

Deidara hatte einfach gelächelt, gesagt er hieße Deidara und dann still geschwiegen, immerhin hatte er nicht die leiseste Ahnung was ein Chauffeur war, vermutete allerdings das es ein überaus geschulter Mann sein musste, denn er konnte, so schien es, über diese sonderliche Maschine verfügen.

Immer noch reichlich nervös, aber sich trotz alle dem langsam beruhigend ließ sich der Blonde tiefer in die bequemen Sitze sinken und warf immer wieder flüchtige Blicke gen Mioko, die ihm von Zeit zu Zeit mit einem warmen Lächeln begegnete.

Sie spielte ebenfalls die ganze Zeit über an ihrem Chidori-Gerät herum, was auch immer sie da tat...

Nicht ganz wissend, was man denn nun von ihm verlangte zu tun, begann er das Preisetikett von seinem Sasori-Püppchen zu knibbeln, welches er die ganze Zeit über krampfhaft umklammert hatte.

Langsam bildeten sich bereits Abdrücke auf seinen Handinnenflächen.

„Wir müssen ein bisschen Geduld haben, es ist gerade Rushhour.“, erklärte Mioko und beugte sich nach vorne um einen besseren Blick auf die Ansammlung von stehenden Autos vor ihnen zu erhaschen.

Manche von ihnen machte schrille Geräusche, von allen Seiten knatterte es und die Geräte heulten auf wie Wölfe, wenn sie sich in Bewegung setzten.

Deidara nickte stumm.

Mioko ließ sich wieder auf ihren Sitz sinken.

„Ich wohn' ein bisschen außerhalb, im Zentrum sind die Wohnungen kaum bezahlbar, selbst für meine Familie.“

Sie verdrehte die Augen.

„Aber keine Angst.“, begann sie auf Deidaras unsicheren Blick hin, „Ich wohne alleine, also wirst du erst einmal deine Ruhe haben. Meine Wohnung ist nicht groß und nichts Besonderes, aber ich denke alle mal besser als unter einer Brücke zu schlafen.“

Sie kicherte und schenkte ihm ein freundliches Lächeln.

Er nickte nur.

Er war froh, dass Mioko ihn gefunden hatte, sie schien ihm tatsächlich helfen zu wollen, wobei auch immer und sie sah Jashin sei Dank auch davon ab mit ihrem komischen Kästchen vor ihm herum zu fuchteln.

Auch wenn es ihm ein wenig leichtsinnig schien, sich einfach an eine ihm völlig unbekannte Person zu hängen, doch wie es der Weilen aussah, hatte er keine andere Wahl.

Er unterdrückte ein Gähnen und kuschelte sich in seinen Mantel.

Der trug immer noch den Duft von zu Hause, seinen Geruch, den vom Hauptquartier, mit einer rauchigen Note, seinen Explosionen wegen.

Die letzten paar Stunden war der Gedanke an zu Hause noch präsenter gewesen.

So was wie Heimweh kannte er als Nuke-Nin zwar eigentlich nicht, aber seit dem er hier war erwischte er sich doch tatsächlich dabei, wie er die Anderen vermisste.

Nicht so richtig vermissen, wie man halt jemanden vermisste, den man mochte, aber nein...

Es wäre nur vielleicht alles halb so schlimm, wenn sie auch hier wären.

Und nicht nur er.

Ganz alleine.

Leise seufzend lehnte er sich an die Tür und ließ den Kopf gegen das kühle Glas sinken, beschaute sich die vorbeirauschende Umgebung.

Lichter über Lichter, ein Gebäude größer und imponierender als das Nächste und überall Menschen.

Aber- und Abermillionen Menschen.

Er schloss die Augen, ließ das alles einfach mit sich geschehen, ließ sich fahren, war viel zu erschöpft, als das er hätte etwas dagegen tun können.

Sein Schädel hatte wieder angefangen zu dröhnen und seine Augen brannten, die Luft hier schien anders zu sein, viel schärfer, schneidender.

Seit er hier war tränten seine Augen und seine Nase lief, er musste dauernd niesen und husten, sein Hals kratzte, als würde irgendein Gas ihn permanenten Reizungen aussetzten.

Wie auf Stichwort zog er die Nase hoch, was Mioko schmunzelnd aufblicken ließ.

„Du bist die Abgase nicht gewohnt, kann das sein?“, wollte sie wissen und begann in ihrer Handtasche zu kramen.

Er sagte nichts, schaute ihr nur aufmerksam zu.

„Hier...“, murmelte sie, und zog dann einen Mundschutz aus dem Inneren ihrer Tasche.

Er nahm ihn etwas zögerlich entgegen, warf der jungen Frau einen fragenden Blick zu, was diese erneut dazu veranlasste leise zu lachen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so unbeholfen bist.“, sie lächelte lieb, zog ihm den Mundschutz sanft aus den Fingern und half ihm hinein zu schlüpfen.

„Steht dir.“

Sie zwinkerte ihm schelmisch zu.

Er hustete einmal, wie als Antwort, hauchte ein „Dankeschön“ und ließ sich dann erneut gegen seinen Sitz sinken.

Inzwischen war es draußen stockdunkel.und langsam aber sicher drohte die Müdigkeit und Erschöpfung ihn zu überrumpeln.

Er wollte nicht schlafen, wollte aufmerksam bleiben, doch der heutige und gestrige Tag und dann auch noch das exzessive Saufen mit Sasori hatten dermaßen an seinen Kräften gezehrt, das ihm irgendwann einfach die Augen zu fielen.

Das raschelnde Geräusch einer Bettdecke ließ ihn blinzelnd erwachen.

Aufgeschreckt blickte er sich um, wollte bereits aufspringen, als er plötzlich Miokos Stimme vernahm, was ihn etwas zur Ruhe kommen ließ.

„Schon gut. Wir sind bei mir zu Hause.“, erklärte sie freundlich.

Misstrauisch schaute er um sich, in dem kleinen Raum, es war Wohnbereich und Küche in einem, der Gang links hinten führte wahrscheinlich zum Badezimmer.

Sogar einen Balkon gab es.

Mit einem Mal fürchterlich zitternd ließ er sich wieder auf den Futon sinken und schlang die Decke, welche Mioko der Weilen über ihn legte, fester um sich.

„Schlaf erst mal.“, flüsterte sie und strich ihm seine Ponysträhne aus dem Gesicht, „Du siehst aus, als könntest du ein bisschen Ruhe gebrauchen.“

Er nickte, immer noch zitternd, kuschelte sich in den Futon und in die Decke und schloss die Augen.

Er hörte nur, wie Mioko aufstand, sich scheinbar an den Abwasch gemacht hatte, dem Klirren der Teller und des Besteckes nach zu urteilen, während sie leise vor sich hinsummte.

Ein bisschen war es ihm, als befände er sich auf einem wankendem Schiff, sein Körper fühlte sich ganz schwer an, und er schimpfte sich selber in Gedanken, wie leichtsinnig er eigentlich gerade war.

Doch er konnte nicht anders, es war so warm, so bequem und er war so erschöpft.

Und auch Mioko.

Sie schien wirklich nett zu sein.

Leise seufzend entspannte er sich schließlich und war kurz darauf auch wieder tief und fest eingeschlafen.
 

„Also Deidara.“, Mioko legte ihr Stäbchen bei Seite und schaute ihn ernst an, „Das musst du mir aber jetzt man genauer erklären. Du bist es wirklich oder?“

Er hielt den Kopf leicht schief, ließ das Onigiri sinken, an welchem er der Weilen mümmelte.

Es war bereits Mittags, er hatte durch geschlafen, doch geduldig wie seine Gastgeberin scheinbar war, hatte Mioko mit dem Frühstück auf ihn gewartet.

Die erste Zeit hatten sie sich an geschwiegen, eigentlich kannte er sich selbst nicht so schüchtern, doch bei hübschen Frauen verwandeltet er sich gerne mal, von jetzt auf gleich, gefühlt, in einen 14 Jährigen zurück.

Er schlug verwirrt mit den Augen auf.

„Was meinst du damit, ich bin es wirklich?“, wollte er dann wissen, „Natürlich bin ich, ich, wer soll ich sonst sein?“

Sie schüttelte mit dem Kopf und starrte dann leicht geistesabwesend auf ihren panierten Tintenfisch.

„Ich glaube das alles nicht...“, hauchte sie kaum hörbar.

Nervös begann er eine lange, blonde Strähne um seinen Finger auf zu wickeln und stopfte sich den Rest des Reisdreiecks in den Mund.

Sie seufzte und zwang sich dann zu einem Lächeln.

„Wie bist du denn hier her gekommen?“, wollte sie dann wissen.

Er zuckte mit den Schultern.

Wenn er das wüsste, dann hätte er wirklich weniger Probleme.

Nachdenklich kratzte er sich am Kinn, nahm einen großzügigen Schluck seinen grünen Tees und überlegte dann.

„Wir waren von einer Mission heim gekommen, Meister Sasori und ich, genau,... wir waren auf dem Rückweg von Nayoga...“

Verzweifelt versuchte er sich die Puzzleteile von Erinnerungen zusammen zu suchen.

„Nayoga?“, wiederholte Mioko fragend.

Deidara nickte.

„In der Nähe des Hikada-Gebirges.“

Augenblicklich fuhr ihm ein Schauer über den Rücken, bei dem Gedanken an Goyakoma.

Unfreundliches, kleines Dorf.

Mioko schaute ihn verständnislos an.

„Ist ja nicht so wichtig.“, begann er von Neuem und ruderte hilfesuchend mit den Händen, „Auf jeden Fall waren wir gerade auf dem Rückweg zum Quartier, als wir auf Tobi und Zetsu trafen. Sie sagten uns, das wir schleunigst zu einer neuen Mission aufbrechen sollten, … irgendwie Peins Anordnung oder so. Und dann...“

Er dachte fieberhaft nach.

Was war dann passiert?

„Genau, sie meinten wir sollten schnell machen, also wollte ich Sasori und mich mit Hilfe meiner Kunst dort hin fliegen, aber dann meinte Tobi irgendwas von wegen das selbst das zu lange dauern würde, und...“

Nachdenklich zupfte er sich an seiner Ponysträhne, bis er mit einem Mal zwei, drei Reiskörner in dem hellen Blond hängen sah und sie mit äußerster Sorgfalt hinaus friemelte.

Er wusste nicht warum, aber Essen hatte er nie gekonnt.

Egal was er wann aß, entweder hing nachher die Hälfte davon in seinem Gesicht, oder aber in seinen Haarspitzen.

„Und dann?“, erinnerte Mioko ihn an die laufende Unterhaltung.

Er schreckte auf:“Tobi meinte, das es schneller gehen würde, wenn er uns mit seinem Dimensionjustsu schicken würde und dann...“

Er hielt inne.

Seine blauen Irden weiteten sich.

„Aber natürlich! Tobi! Irgendetwas muss schief gegangen sein und deswegen sind wir jetzt hier!“

Plötzlich stand er auf den Beinen, hätte beinah den niedrigen Tisch, an welchem sie gekniet hatten mit umgerissen.

Mioko musterte ihn misstrauisch.

„Du meinst Tobi, also Obito, hat euch hier hin geschickt?“

„Obito?“, wiederholte er verwirrt, „Wer soll das sein?“

Sie schüttelte den Kopf, schob sich an ihm vorbei zum Regal hinter ihm und zog mehrere DVD's hervor.

„Komm mit.“, forderte sie ihn dann auf, trat in den Wohnbereich zurück, über seinen Futon und ließ sich auf die Knie vor den Fernseher sinken.

Misstrauisch folgte der Blonde ihr und ließ sich auf seinem Schlafplatz nieder.

Sie schob die schmale Disc in den dafür vorgesehenen Schlitz und wartete, bis sich das Gerät anschaltete.

Gebannt hielt Deidara den Atem an, rutschte ein Stück nach vorne, darauf bedacht der jungen Frau nicht zu nahe gekommen, immerhin wollte er nicht aufdringlich wirken.

Verwirrt hielt er den Kopf schief und las den Titel des startenden Films, oder was auch immer sie ihm da gerade präsentierte.

„Naruto Shippuden“? - Der Biju-Junge?

Was hatten die denn alle mit dem?

Er bemerkte, wie sie ihm immer wieder verstohlene Blicke zu warf und mit großen Augen beobachtete er fassungslos das, was sich auf der Mattscheibe vor seiner Nase abspielte.

Es begann verhältnismäßig harmlos, es waren die Kirschblüten-Üsche, ihr Sensei und der Biju-Junge zu sehen, ebenso das Dorf Konohagakure.

Doch mit der Zeit wurde es immer sonderbarer, denn es traten immer mehr ihm bekannte Personen auf, der Kazekage, die Leute aus Sunagakure, sein Meister Sasori und schließlich auch... er selbst...

Wie paralysiert hockte er vor dem viereckigen Gerät, unschlüssig was er zu all dem sagen sollte, oder generell, was er davon halten sollte.

Was sollte das?

So beobachteten sie ihn selbst still schweigend, wie er einen, seiner Ansicht nach, überaus beeindruckenden Kampf mit Gaara, ablieferte, welchen er, selbstverständlich, gewann und auch wie Akatsuki begann anschließend, den Einschwänzigen mit Hilfe der Versiegulngsstatue auf zu nehmen.

Es war seltsam all das an zu schauen und noch immer hatte Deidara nicht die leiseste Ahnung was das war und vor allem wer da hinter steckte.

Er hätte tausend Sachen denken können, doch letztendlich begab es sich so, das sein Kopf mit einem Mal wie leer gefegt schien und er konnte nur leicht abwesend auf den Screen starren.

Nach gefühlten Ewigkeiten schaltete Mioko den Fernseher schließlich ab, was ihn inständig zusammen zucken ließ und aus seiner Trance erwachen.

„Verstehst du jetzt?“, wollte sie wissen und warf ihm einen ebenso hilflosen Blick zu.

Er schüttelte nur den Kopf.

Um ehrlich zu sein verstand er gar nichts mehr.

„Hier, wo wir leben, ist Naruto, beziehungsweise eure Geschichte, ein Anime, ein Manga. Es ist nicht real, es ist eine Geschichte, es ist fiktiv.“

Er merkte wie seine Kinnlade ein Stück nach unten klappte, wollte etwas sagen, doch brachte keinen Ton heraus.

Das konnte nicht sein es konnte, nein, es durfte nicht stimmen...

Andernfalls wäre das die einzig halbwegs sinnmachende Erklärung für das, was er in den letzten 48 Stunden erlebt hatte.

„Deswegen erkennen dich alle, sie denken du bist ein Cosplayer.“, erklärte sie aufgebracht weiter und ihre Stimme überschlug sich fast.

„Cosplayer?“, brachte er heiser hervor.

Sie nickte eifrig, zog dann ihr Chidori-Kästchen aus der Hosentasche und tippte mit schnellen Fingern drauf herum.

„Da!“, sie hielt ihm den leuchtenden Screen unter die Nase.

Mit zusammengezogenen Brauen beschaute er sich genau die Bildchen, die auf dem kleinen Ding erschienen waren und rutsche mit einem Mal fluchtartig einen guten, halben Meter zurück, bis er die Wand im Rücken spürte.

Was auch immer „Deidara Cosplay“ bedeuten sollte, denn das war das, was über den Bildchen stand, direkt unter „GOOGLE“, wovon er ebenfalls nicht den leisesten Schimmer besaß, es löste ein ungutes Gefühl in ihm aus.

Wieso zogen sich manche Menschen so an wie er? Oder Sasori? Oder Itachi?

Wer wollte schon aussehen wie die?

Blinzelnd warf er einen weiteren Blick auf die Bildchen und musste schlucken angesichts der Detailtreue.

Manche dieser Leute ähnelten ihm mehr, als er selbst sich ähnelte.

Er schluckte, schaute aus entsetzten Augen zu Mioko, die ihr Chidori-Gerät zurück in die Tasche gleiten ließ.

„Du bist hier nicht real.“, erklärte sie erneut, diesmal etwas ruhiger, „Verstehst du das, Deidara? Entweder werden dich die Leute für einen Cosplayer halten, oder sie werden in dir jemanden Verrückten sehen.“

„Verrückt?“, wiederholte Deidara ungläubig, das konnte passen, immerhin hatte er langsam das Gefühl den Verstand zu verlieren.

Mioko nickte besorgt.

„Also gehen wir mal davon aus...“, begann sie dann zögerlich, „Das was du erzählt hast stimmt...“

Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu.

„Also nehmen wir mal an, du bist der echte Deidara aus dem Anime Naruto, dann... wow... wow...“

Seufzend ließ sie sich auf Deidaras Futon plumsen und lächelte ihn verlegen an.

„Ich BIN der Echte!“, schaltete sich nun auch der Blonde ein.

Sie nickte.

„Das glaub ich dir, aber der Rest da draußen wird dir das nicht abkaufen. Warum hast du gesehen.“

sie deutete auf den ausgeschalteten Fernseher.

Deidara folgte ihrem Blick und nickte dann.

Das was Mioko sagte machte Sinn.

Was auch immer hier gespielt wurde, und ganz sicher war er sich immer noch nicht, doch so langsam wurde das Bild erkennbarer, er hatte ein scheiß Problem.

Wenn er Tobi in die Finger bekommen würde!

Oh, er würde ihm seine Maske vom Gesicht reißen, gefolgt von dessen Gesichtshaut, ihn zerstückeln und dann jedes Körperteil einzeln in die Luft sprengen!

Ja, das klang nach einem guten Plan.

Ein wirklich guter Plan.

Mioko holte tief Luft, schien sich der Weilen etwas gesammelt zu haben und stand dann entschlossen auf.

„Als erstes müssen wir dafür sorgen, dass die Leute dich nicht so schnell erkennen. Sprich, du brauchst andere Klamotten.“

Er nickte.

Stimmt, immerhin hatte er schon einmal den Verdacht gehabt, es könnte mit den Mänteln zusammen hängen.

„Warte mal.“

Sie wirbelte herum und begann in den Wandschränken zu kramen.

Misstrauisch krabbelte Deidara zu ihr und bekam im selben Moment auch schon ein T-Shirt und eine Sweatshirt-Jacke ins Gesicht gepfeffert.

„Oh, tut mir leid.“, ein leichter Rotton bildete sich rings um ihre Nasenspitze, doch Deidara schüttelte nur den Kopf.

„Schon gut.“, nuschelte er dumpf durch den Stoff hindurch und schüttelte die Oberteile von sich ab.

„Ansonsten...“, rätselnd musterte sie eine grau-rosa Stoffhose.

„Naja, fürs Erste wird’s reichen.“, entschied sie dann und warf ihm diese ebenfalls zu, „Bist ja ungefähr genau so groß wie ich. Vielleicht ein bisschen trainierter, aber wir gehen ja direkt neue Sachen kaufen.“

Er nickte, legte sich seine Übergangssachen zusammen, bis ihm mit einem Mal etwas einfiel.

„Ich hab kein Geld.“, gab er dann zu und schaute unsicher zu ihr auf.

Sie schüttelte nur den Kopf, trabte dann zu ihrer Tasche und zog ein glänzendes, kleines Kärtchen hervor.

„Mach dir darum mal keine Gedanken.“, beruhigte sie ihn, „Davon hab ich genug.“
 

Was auch immer „Shibuya“ war, es war das Eindruckvollste und auch gleichzeitig Beängstigenste was Deidara je gesehen hatte.

Miokos Chauffeur, welcher sich ihm als Wakari vorstellte und wer es letztendlich auch gestern gewesen war, der den völlig erschlagenen Deidara ins Bett getragen hatte, ließ sie am Rande der stark befahrenen Straßen raus und wenn er gedacht hatte, das in den restlichen Gebieten dieser Stadt viele Menschen unterwegs waren...

Was auch immer Shibuya so besonders machte, es war der Supergau. [Anm.: Oh ja...]

Die Menschen wimmelten sich wie auf einem Ameisenhaufen, alles kreuz und quer, es ging drunter und drüber und der Blonde wunderte sich, wie die einzelnen Leute in diesem Gewusel nicht den Überblick verloren.

Mioko hatte schnell reagiert, er selbst nur wie fassungslos auf die umstehenden Gebäude gestarrt, welche ihm noch pompöser vorkamen als ohne hin schon.

Ohne das er dem hätte etwas entgegenbringen können, hatte sie ihm schon den Mundschutz übergestreift und ihm die Kapuze seiner Jacke über die die Haare gezogen, nach seiner Hand gegriffen und ihn mit sich hinein in das Gewimmel gezogen.

Instinktiv hatte er sich an ihr fest gekrallt, aus Angst sie zu verlieren und wahrscheinlich somit nie wieder nach Hause zu finden.

Zielstrebig trabte die junge Japanerin auf eines der Gebäude zu, warf ihm immer wieder aufmunternde Blicke über die Schulter zu und zog ihn dann durch den gläsernen Eingang, welcher sich wie durch Zauberhand zwei teilte.

„Was war das?“, raunte er ihr zu und schaute aus großen, blauen Augen zurück auf die Glastür, welche sich wieder zu Einem vereinigte.

„Das meinst du?“, verwirrt schaute sie ebenfalls in Richtung Eingang und kicherte dann leise, „Eine automatische Schiebetür.“

„Auto?“, wiederholte er stutzig, denn die Blechbüchsen sahen doch ganz anders aus.

Nun herzhaft auflachend drückte sie kurz seine Hand, schüttelte dann immer noch schmunzelnd den Kopf und zog ihn hinter sich her Richtung fließende Treppe.

Mit angehobenen Brauen beobachtete sie amüsiert den Bomber wie er ungläubig auf die grauen Stufen unter ihren Füßen starrte.

„Rolltreppen.“, erklärte sie ihm schließlich.

Deidara nickte.

„Ah ja.“, er schaute zu ihr auf, „Ihr habt lustige Erfindungen, doch wozu soll das alles gut sein?“

Man konnte doch einfach ganz normale Treppen bauen, die man dann hoch lief?

Sie zuckte mit den Schultern.

„Das wüsste ich auch manchmal gern, wozu das alles gut sein sollte.“, murmelte sie und blickte dann nach vorne.

Anscheinend hatten sie den Laden erreicht, welchen sie gesucht hatte, denn Mioko ließ seine Hand los, schenkte ihm ein warmes Lächeln und schlenderte dann federnden Schrittes hinein.

Deidara folgte etwas unsicher, warf einen flüchtigen Blick auf die Leuchtschrift über dem Eingang.

„Nike“ [Anm.: Seid ihr eigentlich Team Nike oder Team Addidas? Würde mich mal interessieren.]

Was das wohl wieder bedeuten sollte?

„Mein Vater arbeitet eng mit der Firma Nike zusammen.“, erklärte die Braunhaarige, während sie bereits begann die ersten Klamotten von den Stangen zu nehmen und ihm vor die Brust zu halten.

„Grau, schwarz oder blau...“, murmelte sie gedankenverloren und tänzelte in die nächste Abteilung.

Immer noch reichlich verwirrt und keinen Schimmer habend, was sie ihm da gerade hatte mitteilen wollen, dackelte er ihr artig hinter her.

„Schwarz.“, sagte er dann, mit Blick auf die Sweatshirts in ihrer Hand.

Sie nickte lächelnd.

„Ja, kommt bestimmt gut.“, entschied sie und legte die restlichen zur Seite, packte ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich Richtung Hosen.

Es dauerte nicht lange, da hatte Mioko ihm bereits mehrere Outfits zusammen gestellt und er somit auch erfahren das sie Mode-Design an der lokalen Uni studierte, was wiederum wohl erklärte, weshalb sie dermaßen in ihrem Element war.

Und sie hatte ihre Sache gut gemacht, wie Deidara fand.

Bewundernd drehte er sich vor den Spiegeln, betrachtete sich in seinem schwarzen, dicken Sweatshirt unter dem knapp 10-15 Zentimeter eines weißen T-Shirts hervorlugten (das trägt man so, hatte sie ihm dazu erklärt) und einer schwarzen Jogginghose, welche an den Waden zwar ziemlich eng wurde, was aber wohl auch so im Trend lag, sollte man ihr Glauben schenken.

„Hier!“

Grinsend wie ein Honigkuchenpferd hielt Mioko ihm graue Sneaker unter die Nase.

Er nickte.

„Passt bestimmt.“, murmelte er und nahm den Karton entgegen.

„Zieh sie ruhig schon an, es ist Anfang Dezember und du kannst schlecht mit halben Sandalen herrum laufen.“

Sie lugte hinab auf seine Füße.

Er nickte, ließ sich auf einen der umstehenden, Lehnen losen Sessel sinken und beobachtete die quirlige Frau, während er in die Schuhe schlüpfte.

Während Mioko die restlichen Sachen und sein momentanes Outfit bezahlte betrachtete er sich erneut ausgiebig im gegenüber stehendem Spiegel.

Er gefiel sich so, zugegeben, eigentlich sogar schöner als der olle Wolkenmantel.

Und mindestens genau so bequem.

Schmunzelnd lehnte er sich ein Stück nach hinten und schloss kurz die Augen.

Der Tag mit Mioko war bis lang eigentlich gar nicht so übel, vielleicht brauchte er einfach nur eine leitende Hand und dann würde der Rest von ganz alleine gekommen...

Urplötzlich zuckten seine Mundwinkel ein Stück nach oben und er blickte auf, als mit einem Mal eine voll bepackte Mioko vor ihm stand.

„Und weiter geht’s!“, lachte sie ihn an.

Nickend erhob er sich.

„Lass mich die Tüten nehmen.“, bot er sich an.

„Oh, danke.“, ein leichter Rotschimmer bildete sich auf ihren Wangen, sie zwinkerte ihm mit beiden Augen zu und trieb ihn dann sogleich in den nächsten Laden.

„Wir brauchen noch eine Jacke für dich, Jacke, Schal, Handschuhe, die Winter in Japan sind kalt...“, murmelte sie, während sie zwischen den Kleiderstangen hindurch glitt.

„Schneit es hier?“, wollte er wissen, während er versuchte sie nicht zu verlieren.

„In Tokyo eher selten.“, gab sie zu und befühlte den Stoff der verschiedenen Schals, „Aber draußen in den ländlicheren Gegend, Richtung Kyoto, da fällt des öfteren Schnee.“

„Kyoto?“, wiederholte er ungläubig und ließ sich der Weilen von ihr einen schlauchförmigen, schwarzen Schal um den Hals wickeln.

Sie nickte.

„Japans zweite Hauptstadt, die Kaiserstadt, ziemlich beliebter Touristenort.“, schwatzte sie munter weiter, „Bei Gelegenheit kann ich sie dir zeigen, wenn du möchtest. Vorausgesetzt ich hab einen Tag keine Vorlesungen, ich kann nicht jeden Tag Uni schwänzen.“

„Was ist eine Uni?“

Das Ganze war alles so fremd und so viele Begriffe konnte er sich unmöglich alle auf einmal merken.

„Mh...“, sie hielt inne und tippte sich überlegend mit der Fingerspitze gegen das Kinn, „So was wie eine Akademie für Ältere, weißt du?“

Er nickte.

„Und du hast heute geschwänzt? Wegen mir? Bekommst du dann keinen Ärger?“, hakte er besorgt nach, doch sie schüttelte nur den Kopf.

„Nein, so ist das nicht da, es ist nicht so streng, ich geh ja für mich selbst dahin, nicht für Andere, verstehst du?“

Er schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf.

Er hatte keine Ahnung, wie er sich eine „Uni“ vorstellen sollte.

„Ist auch gar nicht so wichtig, ich kann dir das alles mal irgendwann zeigen.“, versprach sie ihm lächelnd und zog eine schwarze Jacke, mit Fellbesatz an der Kapuze vom Kleiderbügel.

„Eher S oder M?“, fragte sie an ihn gewandt.

Er zuckte mit den Schultern, woraufhin sie erneut herzhaft auflachte.

Warum auch immer.

Diese Menschen hier verwirrten ihn.
 

Komplett neu eingekleidet und mit fünf verschiedenen, riesigen Tüten ausgestattet, saßen sie ihm Starbucks und entspannten sich nach ihrer mehr als erfolgreichen Shoppingtour.

Mioko saß ihm gedankenverloren gegenüber, tippte immer wieder auf ihrem Chidori-Blitzgerät herum und nahm an und an einen Schluck aus der dampfenden Tasse, auf welcher eine Art grüne Meerjungfrau abgedruckt war.

„Was ist das eigentlich?“, wollte Deidara plötzlich wissen, während er seinen Macha Frappuccino schlürfte.

„Das hier?“, die Braunhaarige hob den Blick und drehte das kleine Viereck fragend in der Hand.

Deidara nickte zustimmend.

„Ach das.“, murrte sie beinah gelangweilt, als hätte die erwartete, das der Bomber nach etwas Spannenderem fragen würde, „Das ist einfach nur ein Handy.“

„Ein Handy?“, wiederholte er ungläubig und betrachtete sich das ominöse Teil.

„Was kann es?“

Mioko lachte leise, aß das letzte Stück Kuchen und schob ihm es dann über die dunkle Tischplatte entgegen, damit er es sich genauer ansehen konnte.

„Es kann vieles. Du kannst damit telefonieren, oder Bilder machen, Musik hören, im Internet surfen, Spiele spielen...“

Misstrauisch drehte Deidara die Platte in der Hand und hob sie dann mit spitzen Fingern hoch.

Ihm gegenüber begann Mioko erneut zu lachen.

Surfen?

Spiele spielen?

Musik hören?

Wie sollte das bitte alles funktionieren, immerhin konnte er weder Wasser, noch Instrumente, noch sonst etwas erkennen.

„Du verarscht mich.“, angesäuert schob er ihr das Teil zurück.

Schmunzelnd wischte sie sich die Lachtränen aus den Augenwinkel und nahm es dann wieder entgegen.

„Oh, Deidara...“

Sie seufzte schließlich:“ Es ist halt technisch hoch entwickelt, aber frag mich bloß nicht, wie das alles genau funktioniert im Inneren, davon hab ich genau so wenig Ahnung wie du. Nimm es einfach hin...“

Immer noch kicherte sie, doch er schüttelte entrüstet den Kopf.

Er wollte aber wissen wie es funktionierte, er wollte wissen wie das alles funktionierte.

Die Blechbüchsen, die fließenden Treppen und diese „Handys“.

Und es ärgerte ihn, das Mioko scheinbar genau so wenig Ahnung hatte wie er selbst und sich dafür nicht im Geringsten zu interessieren schien.

So viel Beeindruckendes umgab sie hier, wie konnte man das alles dann nicht hinter fragen?

„Aber wie kannst du nicht neugierig sein?“, fragte er sie erzürnt, „Wieso ist eure Welt so bunt und interessant und groß und ihr interessiert euch nicht dafür, ihr seid alle nur mit euch selbst und euren Handys beschäftigt!“

Miokos Lächeln verschwand mit einem Mal, doch der Bomber fuhr unbeirrt fort:“Diese ganzen Menschen hier, sie schieben sich nur aneinander vorbei, schauen sich gar nicht an. Alles ist, auto... auko... automatisch oder so und ihr wisst gar nicht warum, warum nicht? Wieso interessiert es euch nicht? Wieso ist euch das so egal?“

Verzweifelt blickte er sie an, doch sie schüttelte nur den Kopf und schaute ihn aus ernsten Augen an.

Er verstummte, schaute beschämt zu Boden und überlegte ob er vielleicht zu weit gegangen war.

Immerhin war Mioko so nett zu ihm gewesen.

Einen Augenblick schwiegen sie einfach nur und er wollte gerade den Mund öffnenen um sich zu entschuldigen, als Mioko ihm plötzlich ins Wort fiel.

„Du hast Recht, Deidara.“, flüsterte sie und in ihrer Stimme schwang etwas mit, was der Blonde nicht deuten konnte.

„Wir wissen so viel und doch haben wir von nichts eine Ahnung.“

Traurig lächelte sie ihm entgegen und er ließ deprimiert die Schultern hängen.

Erneut legte sich Schweigen über sie.

Verlegen begann der Blonde sich an seinen Haaren herum zu spielen.

„Mioko, ich...“, stammelte er hilflos, doch sie schüttelte nur den Kopf, stand auf und lächelte ihn dann wieder fröhlich an.

„Aber etwas Gutes hat diese ganze Technik dennoch!“, behauptete sie dann, was Deidara den Kopf schief halten ließ.

„Ach ja?“

„Ja.“, lachte sie und zwinkerte ihm dann zu, „Ich weiß wo Sasori ist!“

„Sasori?“, wiederholte er ungläubig und seine Augen weiteten sich mit einem Mal.

Stimmt, Sasori!

Den hatte er ja komplett vergessen!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  lula-chan
2017-11-28T15:16:23+00:00 28.11.2017 16:16
Tolles Kapitel.
Da hatte Deidara ja wirklich mal Glück. Mioko greift ihm ja wirklich gut unter die Arme.
So, so. Sie weiß also, wo Sasori ist. Wie sie das wohl rausgefunden hat?
Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht, und freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Von:  Luzie_
2017-11-28T07:44:04+00:00 28.11.2017 08:44
Na da bin ich mal gespannt wo Sasori sich hinverlafen hat. Super Kapitel


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