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Bonds of power

The world gone mad
von
Koautor:  Kyraliah

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Schattenhyänen

Marius

Er ließ seinen Blick durch die Nacht schweifen, schon längst gefunden habend, was er suchte. Kein Grund zur Ungeduld. Ruhig verharrend strich er nicht einmal seine Haare aus der Stirn, die ihm inzwischen lose in diese fielen. Leichter Wind trieb sämtliche Gerüche der Siedlung in die Nacht hinaus. Demnach auch seinen. Es sollte also im Grunde vollkommen reichen.
 

Doch ein paar Minuten später war es nicht nur Wind, der aus Richtung der Siedlung kam. Leichte, jedoch schnelle Schritte näherten sich ihm. Panisch? Eher nicht. Aber er erkannte sie auch nicht als einen der Leute hier. Zu leichtfüßig für die meisten hier. Und wer wollte von ihnen auch hier raus kommen? Da gab es nicht mehr so viele andere Optionen. Und da er immer noch keine Gefahr von dieser Person für sich fühlte, hielt er den Blick weiter in die Nacht gerichtet.

Erst als jener recht nahe zu ihm trat und ihn ansprach, warf er ihm einen kurzen Seitenblick zu. Schon alleine, um zu zeigen, dass er ihn vernommen hatte. Sah so aus, als wäre der Kerl wirklich gerannt. Und ahnte wohl, um was es ging, wenn man seine Frage berücksichtigte. "Dein Herzschlag und Puls beschleunigen sich beim Rennen. Du solltest das in solchen Situationen vermeiden", beschied er ihm schließlich und wandte den Kopf wieder ab. Es waren vier, wenn er sich nicht verzählt hatte. Und noch strichen sie um den Parameter herum den, er ihnen und anderen gesetzt hatte. Waren sich scheinbar noch nicht sicher, ob sie es riskieren wollten. "Es zieht sie an. Beute läuft immer davon." Seine Stimme beinhaltete keine Wertung. Mehr als ob er etwas zitieren würde.
 

Da, am Rande des Feldes war jenes Wesen, das wohl der Anführer der kleinen Gruppe war. Kaum erkenntlich für jemanden, der nicht wusste, auf was er zu achten hatte. Fast perfekt verschmolzen mit der Nacht, obwohl jene hell genug durch den Mond mit den wenigen Wolken war.

"Und im Grunde ist es genau umgedreht." Er wandte sich dem jüngeren wieder zu. Noch nicht sehr besorgt, dass seinem Gebiet wirklich ein Angriff bevorstand. "Sie sind noch nicht vorgedrungen, weil ich hier bin." Marius ging wahrlich nicht mit seinen Eigenschaften hausieren, doch der Kerl hatte sich ein paar Antworten verdient. Jener hatte ihn in der Bar erkannt. Bestimmt wusste er nicht als was, aber etwas war da gewesen. Auch wenn Marius sich etwas mehr Verschwiegenheit von Leuten wie diesem gewünscht hätte. Aber womöglich war jener noch am lernen. Sogar recht wahrscheinlich. Gerade wenn man bedachte, dass er mit dieser Frage hier aufgetaucht war. Er hätte auch einfach aus der Siedlung abhauen können. Doch nun stand er hier, neben Marius. Jemandem, den er nicht kannte. Mitten in der Nacht. Sich nicht sicher sein könnend, ob er im Grunde Freund oder Feind war und ob dort draußen wirklich etwas war, das auf ihn lauerte.
 

Leise seufzend hob Marius die Hand und zeigte auf eine Stelle. "Beobachte den Schatten, den das offene Tor wirft. Er wird immer wieder länger und größer. Da sind sie sich gerade noch nicht sicher, was sie machen sollen. Vier Stück, wenn ich richtig gezählt habe. Rah'ivs - Schattenhyänen. Die ersten, die ich soweit südlich erlebe. Ist wohl doch an der Zeit weiterzuziehen." Letzteres murmelte er mehr zu sich selbst. Aber anders als sein Gesprächspartner nun vielleicht denken könnte, war Marius nicht wirklich auf der Flucht. Er folgte seinen Instinkten. Und bisher war er damit gut gefahren.
 

Crash

Mit jedem Schritt, den er dem anderen näher gekommen war, hatte er deutlicher diese Aura gespürt, die jenen umgab. Er spürte sie, empfand sie aber nicht als gefährlich. Eher im Gegenteil. Es fühlte sich eher an wie ein warmer Sommerregen - Crash verzog die Stirn zu einem irritierten Runzeln bei diesem Gedanken.

Der Typ aus der Bar jedenfalls regte sich nicht. Erst als er ihn angesprochen hatte, sah er ihn kurz an, so als sei sein Kommen eher lästig, weil er gerade schwer beschäftigt war. Seine Frage wurde ihm nicht beantwortet. Dafür bekam er den überaus freundlichen Hinweis, dass er seinen Pulsschlag besser unter Kontrolle haben sollte?! Crash hob erstaunt die Augenbrauen und sah den Größeren zweifelnd an. „Mir ist mein Puls egal“, knurrte er leise, „wenn ich das Gefühl habe, dass jemand entweder Scheiße baut oder Hilfe braucht.“ Wobei Letzteres ihm normalerweise egal war. Der Gedanke, dass - was auch immer da draußen war - wegen diesem Mann gekommen war, hatte zwei Seiten: kamen sie in der Absicht, ihn anzugreifen, oder kamen sie, weil er sie kontrollierte. Er war schon Symbionten begegnet, die eine Vereinigung mit Tieren eingegangen waren. Ob das bei den Shadows auch möglich war, wäre ihm neu, sie würden vom Schatten gelenkt. Aber da er letztlich das Gefühl hatte, ohnehin über gar kein Wissen zu verfügen – und doch irgendwie sehr viel wusste, würde ihn auch das nicht wundern.

"Es zieht sie an. Beute läuft immer davon."

Crash trat noch einen Schritt nach vorne, nicht unbedingt näher an den anderen heran - von dem hielt er einen Sicherheitsabstand - sondern zur Seite, um in die selbe Richtung blicken zu können.

Bezog jener die Worte auf ihn? Seinen Puls? Oder auf die Menschen, die auf der Flucht aus dem Norden hier durchkamen?

Seine Augen verengten sich, als er einer Bewegung gewahr wurde. Ein Schatten, ähnlich dem, den er Virginia gesehen oder eher erahnt hatte. Genau konnte er es nicht erkennen. Auch damals hatte er das nicht gekonnt, nur gemerkt, dass da etwas war. Er hatte gewartet, aber was auch immer es gewesen war, hatte kein Interesse an ihm gehabt.

‘Vor den Schatten darf man nicht davonlaufen. Sorge dafür, dass sie dir nicht begegnen. Aber wenn sie dich sehen, laufe nicht davon. Dein Schatten wird dir folgen! Und geh möglichst nicht durch die Schatten. Sie gehören dem Schatten!‘

Er war nie schlau aus seiner Mutter geworden, hatte auch nicht aus ihr schlau werden wollen. Erst langsam begriff er, dass sie auf ihre ganz abstruse Weise versucht hatte, ihn auf etwas vorzubereiten. Sie hatte mit allem, was sie gesagt hatte, ihn nach ihren Vorstellungen vorbereitet und erzogen – aber auf was? Wofür? Im Guten oder Bösen? Er wusste es nicht. Im Moment wusste er gar nichts mehr. Er war auf der Suche nach der Wahrheit, die bitter auf der Zunge schmeckte, ohne dass er wusste, ob er sie schlucken oder ausspucken wollte.

Nun sprach der andere weiter und Crash begriff nicht, worauf er es bezog: auf seine Frage oder auf das zuvor Gesagten. Doch die Klärung folgte sogleich. Weil er hier war? - Crash sah ihn ungläubig an. War der Kerl größenwahnsinnig? Glaubte er, die Macht über solche Schattenwesen zu haben?

Crashs Blick folgte dem Fingerzeig und er sah den Schatten am Tor. Es wirkte tatsächlich wie ein Lauern, ein Abwarten, ein Zögern.

Rah'ivs - etwas regte sich in Crash, als er den Namen hörte, eine Erinnerung, so deutlich, wie wenige. Er sah sich an seine Mutter gepresst, von ihren Armen gehalten. Sie kauerten in einem verlassenen, ziemlich verfallenen Haus. Es war dunkel, still, bedrohlich. Sie hielt ihm ein Ohr zu, doch durch das andere auf ihrem Brustkorb konnte er dennoch gut die Worte hören, die sie vor sich hin sang. „Rah‘vis rahkin da dalif krakan fasih. Mupta deleshi“, murmelte er leise den Singsang seiner Mutter. Der Schatten schien kleiner zu werden, Crash meinte ein Jaulen zu vernehmen, wie das eines geprügelten Hundes.

Irritiert sah er zu dem Größeren, erinnerte sich erst jetzt an die Worte, die jener auch an ihn gewandt hatte. „Was treibt sie nach Süden?“, fragte er. „Ist es die ‚weglaufende Beute‘? Oder werden sie wirklich getrieben?“ Dass der andere weiterziehen wollte, konnte er verstehen. Er blieb ja momentan auch nicht gern an einem Fleck. Aber bedeutete das nicht, wenn er alles zusammen betrachtete, dass er die Leute hier, ihrem Schicksal überlassen würde? Leute, bei denen er ein Jahr gelebt hatte, die befreundet mit ihm waren?

Aber das spielte jetzt gerade keine Rolle. Es zeichnete sich dadurch nur ein klareres Bild von diesem Arschloch - wie Harry ihn vielleicht zurecht tätowiert hatte.
 

Marius

Das fast schon bellende Lachen, das ihm entkam, war gänzlich ungewollt, als er die pikierte Stimme des anderen hörte. Im Grunde war an der Situation auch gar nichts lustig, aber etwas an dem Satz stichelte seine Lachmuskeln. Das Geräusch jedoch schnell wieder verstummen lassend, blieb nur eine Ahnung von einem Lächeln auf seinen Lippen zurück. "Dir mag dein Puls scheißegal sein, denen da ist er es nicht." Der Rest des Satzes war jedoch fast schon interessanter. "Und von beiden genannten Optionen unter welcher Voraussetzung bist du dann hier? Weil ich Scheiße baue, oder weil ich Hilfe brauche?" Marius Augen funkelten interessiert auf.
 

Es war nicht so, als ob er den Hyänen keine Aufmerksamkeit mehr schenken würde. Aber das waren niedere Schattenwesen. Selbst Kugeln könnten sie töten, wenn sie in dem Moment trafen in welchem der Körper ganz in dieser Welt war. Sein Parameter - wenn man so wollte auch gestecktes Revier - sollte sicher sein. Vor ein paar Jahren war er schon einmal auf mehr von denen getroffen. Es gab andere und jene wollte er nicht einmal einzeln treffen, ohne Vorbereitung. Nein, im Grunde wollte er auf überhaupt keine von den Viechern treffen. Weder auf die eine, noch auf die andere Art und Weise.
 

Als er schließlich seine kleine Erklärung losgelassen hatte, war da eher wenig Überraschung im Gesicht des anderen zu sehen. Soweit man das in dem blassen Mondlicht überhaupt abschätzen konnte. Aber inzwischen hatten sich seine Augen doch recht gut an das kaum vorhandene Licht hier draußen gewöhnt. Stattdessen nuschelte jener etwas und... Marius Kopf ruckte herum in Richtung des Tores als das leise, ein wenig gequälte Jaulen erklang. Ein paar Mal langsam blinzelnd, ignorierte er die gestellte Frage erst einmal. Konnte es sein? Hatte er da gerade wirklich jemanden mit der Macht über Worten neben sich stehen? Mit der Macht, Worten Leben und damit Bedrohung einzuhauchen?
 

Sich diesem abermals zuwendend trat er ein paar Schritte in dessen Richtung: "Sag sie nochmal. Die Worte, die du gerade genuschelt hast. Laut, als ob du etwas befehlen würdest. Leg soviel 'wehe wenn nicht' in deine Stimme, wie du kannst. Sprich sie tief aus dem Brustkorb, mit der größten Überzeugung, dass sie funktionieren werden, die du aufbringen kannst." Er machte eine wegwerfende Bewegung in Richtung des Tores. Und als der Kerl ihn ansah, als ob er nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte, hob Marius nur eine Augenbraue, ganz als ob er fragen würde, ob das heute noch was werden würde? Und schließlich tat es der jüngere Mann sogar. Zuerst noch ein wenig zögerlich. Zu zögerlich, wenn es nach Marius ging. Doch schließlich gewannen die Worte an Lautstärke und ja.. ja da war etwas, das er lange nicht mehr gespürt hatte. Da war die Kraft, die immer einher ging, wenn sich Mächte trafen und maßen. Und obwohl die fremde Sprache noch lange nicht so ausgesprochen worden war, wie Marius sich das gewünscht hätte, so besaß sie doch genug Schlagkraft. Diesmal war es nicht nur ein leises Jaulen das ertönte. Jaulen. Panisches Gekeife und wenn ihn nicht alles täuschte, sogar das schmatzige Entstehen einer Wunde. Huh…
 

Seinen Körper entspannend, steckte er seine Hände wieder in seine Jackentaschen und hielt den Mann da vor sich im Blick. Die Hyänen waren schon auf dem Rückzug. Es gab keinen Grund mehr, sich auf jene zu konzentrieren. "Nicht schlecht, fürs erste Mal, wie ich vermute? Bisschen zu zaghaft, aber daran kannst du ja arbeiten." Sein Gewicht von einem Bein aufs nächste verlagernd, überlegte er kurz. "Keine Ahnung, was die Viecher soweit in den Süden treibt. Vielleicht Ausläufer vom Winter. Sie bevorzugen kühlere Gegenden. Das sind instinktgetriebene Wesen. Sie denken nicht so weit wie du ihnen das unterstellst mit der Frage nach der weglaufenden Beute. Du und ich wären jetzt gerade Beute gewesen. Nicht die nen Tag entfernte, nächste Siedlung." Er hielt inne, den Kopf ein wenig schräg legend. Nachdenkend. "Aber ja, vielleicht werden sie von etwas getrieben. Who knows?"
 

Crash

Mit dem Wissen um die Hyänen begriff Crash, weshalb den anderen sein erhöhter Pulsschlag vorhin gestört hatte. Dass jenen sein Unwissen amüsiert hatte, war ihm egal. Zeichnete das negative Bild nur deutlicher. Auch seine provokante Frage, wofür er da war, trugen dazu bei. Er hatte ein „Um das herauszufinden, bin ich hier.“ geknurrt, damit das Thema für seinen Teil zumindest beendet.

Nun trat dieser Kerl zu ihm und befahl ihm, erneut die Worte seiner Mutter zu benutzen, sie zu rezitieren, als seien sie Befehle. Was bildete der Kerl sich eigentlich ein?! Und dazu dieser Blick. Als sei er ein doofer Schuljunge, oder Harry, der nach seiner Nase tanzen musste, wie er das wollte. Seine Augen verengten sich etwas, er hob abwehrend das Kinn und blickte den anderen unverwandt, fast ein wenig trotzig an.
 

Allerdings spürte er, wie sich das Dunkel jenseits der Schatten zu formieren schien, im Begriff war, einen Gegenangriff zu starten. Nun, schaden konnte es sicher nichts...

„Rah‘vis rahkin da dalif“, begann er etwas zögerlich, räusperte sich und fuhr etwas nachdrücklicher fort, „krakan fasih. Mupta deleshi“ er spürte diesmal mehr Widerstand und Abwehr als beim ersten Mal, als er die Viecher vermutlich überrascht hatte. „Rah‘vis rahkin da dalif krakan fasih. Mupta deleshi“, wiederholte er nun lauter, bestimmter immer wieder und wieder. Er spürte Widerstand, hörte und fühlte, was die Worte bewirkten. Sein Körper schien zu schwanken, es kostete Kraft und er spürte, dass er schwitzte, obwohl er sich kaum bewegte. Es war ein seltsamer Kampf, doch der Widerstand ließ schließlich nach. Dann verschwand er sogar. Crash atmete schwer, war mit einem Mal furchtbar müde. Er lauschte in sich hinein, um sich herum, kurz die Augen schließend. Die Aura, die er nun an diesem Ort spürte, war nur noch von dem Kerl, der glaubte er, Crash, sei ein naives kleines Kind, wie seine folgenden Worte ihm deutlich machten.

Er war nicht schlecht gewesen?! Fürs erste Mal?! Aber zu zaghaft?! Klang wie: ‚Du Mädchen!‘

Crash schnaubte genervt, verzog unwillig den Mund. Wäre die Tatsache, dass sie sich hier gerade über die Schattenwesen unterhielten wie andere über das Wetter nicht verblüffender gewesen, wäre er dem Kerl gern verbal ins Gesicht gesprungen.

So aber schluckte er seinen Ärger runter und hörte den Überlegungen des anderen zu. Offenbar kannte jener sich mit diesen mystischen oder was auch immer Wesen aus - was ihn aber nicht unbedingt sympathischer machte.

Crash richtete sich wieder mehr auf. Ihm lag die Frage auf der Zunge, ob die Schattenhyänen wiederkommen würden, doch er schluckte sie runter. Ein weiterer Vortrag über sein Nichtwissen war nicht nötig. Er nickte die Feststellung ab, dass sie die Beute gewesen wären und ihm war klar, dass diese Schattenhyänen vielleicht nur Vorboten für etwas Größeres gewesen sein könnten. Wie auch immer. Eines stand fest: Zeit zu verschwinden!

Schlafen würde er dann halt morgen wieder. Innerhalb der Ortschaft fühlte er sich gerade wenig wohl.

Er drehte sich um, hob die Hand zum Abschied und lief los.
 

Marius

...sprachs und ging weg.
 

Marius konnte sich ganz ehrlich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte mal so tiefgehendes Amüsement mit einer Situation verspürt hatte. Auf welche Knöpfe hatte er gerade gedrückt, um solche Blicke abzubekommen? Hatte der Kerl vielleicht doch schon mehr Erfahrung und fühlte sich jetzt auf den Schlips getreten? Sah aber halt so gar nicht danach aus. Also, nach der Erfahrung. Es wirkte kurzzeitig eher so, als würde der Typ mit dem nächsten Windhauch in sich zusammenklappen. Naja, der würde schon merken, dass so etwas Übung brauchte.

Nicht, dass er da viel mitreden könnte. Das waren alte Erfahrungswerte und betrafen ihn persönlich nicht. Marius selbst war anders. Anders als alle anderen. War das ein Satz? Die Stirn leicht runzelnd, hob er schließlich doch endlich eine Hand, um sich die in die Stirn gefallenen Haarsträhnen wieder nach hinten zu streichen. Die Hyänen dürften heute erst einmal genug haben.
 

Sich auf den Heimweg machend, dachte er über die Geschehnisse des Abends nach. Er hatte sich hier zum Bleiben entschieden, weil die Leute hier das meiste mystische Zeug als Aberglauben abtaten. Sie lebten noch in ihrer heilen Welt. Die Kreaturen und Menschen, die anders waren, waren ihnen bisher erspart geblieben oder hatten sich nicht zu erkennen gegeben. Sozusagen das Paradies für Marius. Alles auf das er hier aufpassen musste, waren die paar Idioten, die meinten, dass ihre Siedlung ein leichtes Ziel war. Sah ja auch auf den ersten Blick so aus, aber er wäre niemals ein Jahr irgendwo geblieben, wenn er sich nicht halbwegs sicher fühlen könnte. Also war er an die Arbeit gegangen. Hatte unauffällig geschult, Frühwarnsysteme wie die Glocken eingebracht, die Generatoren im Keller der Bar mit anderen Kellern verbunden. Die versteckten Scheinwerfer auf den Dächern und so weiter und so fort.
 

Schließlich seine kleine Wohnung betretend, hielt er mitten im Raum inne. Wenn er wirklich weiterziehen wollte, dann sollte er das wohl baldmöglichst tun. Also wäre es Zeit für eine Bestandsaufnahme. Nicht, dass er viel besaß, auf das er Wert legte, aber wenn er wieder auf Reisen ginge, dann bräuchte es ein wenig mehr als seine Klamotten und Waffen. Er fühlte sich noch ausgeruht, durch die letzten Tage. Könnte er also sogar noch diese Nacht aufbrechen? Sollte er? Es würde ihm ein wenig um Harry und Silvia leid tun, aber er war sowieso nicht der Typ für großes Abschiednehmen. Zudem er sich recht sicher war, dass zumindest Silvia heulen würde.

Marius verzog das Gesicht. Er konnte weinende Frauen nicht leiden. Eigentlich konnte er es überhaupt nicht leiden, wenn geheult wurde. Das brachte einen in den wenigsten Fällen weiter.

Sein Bett ein Stück auf die Seite schiebend und eines der nun losen Bretter anhebend, zog er seinen großen Hikingrucksack aus dem frei gewordenen Platz hervor. Und dann ging er methodisch daran, alles einzupacken wie er es benötigen würde. Wie wichtig die Dinge priorisiert waren und wie schnell er rankommen musste. Sich den schwarzen Polyestergurt um den Oberkörper schnallend, heftete er seine Waffe schließlich über seine Schulter, bis das kleine Klicken davon verkündete, dass sie nun sicher zwischen seinen Schulterblättern befestigt war.
 

Da er methodisch vorging, dauerte es vielleicht eine Stunde, bis er schließlich in der Scheune nebenan das Tor aufschob. Dahinter kam das einzige zutage, mit dem er schon immer eine Hass-Liebe geteilt hatte. Sein schweres Motorrad. Keine Ahnung was das mal für ne Marke gewesen war. In den letzten Jahren hatte er soviel daran rumgeschraubt, dass davon sowieso nicht mehr viel übrig sein dürfte. Das mit den Autos hatte er in seinen jüngeren Jahren mal versucht, doch die waren ihm nicht anpassungsfähig genug. Zu schwerfällig. Zu abhängig von Straßen. Mit den Reifen, die das Baby hier nun dran hatte, war auch ne Feldüberfahrt nicht das schlimmste, das einem passieren konnte.

Die Maschine rausschiebend, seufzte er. Irgendwie tat er sich tatsächlich schwer hier zu verschwinden. Es dürfte mit eines der angenehmsten Jahre seines Lebens hier gewesen sein und sobald er die Maschine anwarf, würde er unweigerlich wieder im Survivalgeschäft mit einsteigen. Marius war gut darin, das war es nicht. Aber die Abende auf der Veranda oder die Spaziergänge auf den Feldern würden ihm tatsächlich fehlen. Damn it.
 

Den Schlüssel einsteckend und das Motorrad schließlich anwerfend, nickte er zufrieden, als die Maschine ruhig dahin schnurrte. Na gut, dann ging die Reise wohl wieder los. Er ließ das Licht aus, bis er ein ganzes Stück aus der Siedlung draußen war. Mal sehen, wo er bis zum Morgengrauen ankam. Die Nächte über zu reisen war für ihn sicherer als sie schlafend zu verbringen. Nächte waren gefährlicher als Tage. Blieb nur noch abzuwarten wie schnell sich sein Biorhythmus wieder umstellen würde.



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