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Unmei no akai ito

Der rote Faden des Schicksals
von

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Shôto

Mit seinem eigenen Eis in der Hand setzte er sich wieder neben mich.

Wir aßen schweigend. Aber es war keine unangenehme Stille. Nicht für mich.

Auch wenn ich nicht viel über ihn wusste, so fühlte ich mich in Shôtos Nähe doch wohl.
 

„Danke...“, meinte ich schließlich leise und sah ihn von der Seite an.

„Wofür?“, wollte er wissen und leckte sich Schokoeisreste von der Oberlippe.

„Dafür, dass du mein mickriges Leben gerettet hast...“ Wieder ließ ich den Kopf sinken. „Und für das Eis... Was schulde ich dir?“

Einen kurzen Moment blieb es still. „Ich habe das nicht getan, damit du in meiner Schuld stehst“, erklärte er mir und knabberte an seiner Eiswaffel. „Ich hab das getan, weil... naja... weil ich mir Sorgen mache...“, gestand er leise und wurde wieder rot.

Ich musterte ihn von der Seite, stand dann langsam auf. Ich traute meinen Beinen noch nicht, doch meine Knie waren nicht mehr weich.

„Hättest du... Lust noch mit zu mir zu kommen?“, fragte ich ihn schüchtern. „Also... zum Reden... dort ist es ruhiger...“

Ich wollte ihm alles erzählen. Alles, was vorgefallen war. Ich wollte nicht, dass er sich weiterhin Sorgen um mich machte.

Überrascht blickte er mich an und nickte dann. „Reden...“, wiederholte er. Sein Gesichtsausdruck wurde wieder unlesbar für mich. Scheinbar hatte er auch so sein Päckchen, das er mit sich rumschleppte.

Ich lächelte ihn an, wartete darauf, dass er sich erhob und mir folgte.
 

Es war nicht mehr sehr weit bis zu mir nach Hause. Den Weg legten wir schweigend zurück.

Ich schloss unsere Haustür auf und betrat mit Shôto die Wohnung.

„Mama! Ich bin wieder da! Ich hab einen Freund mitgebracht!“, rief ich und zog mir meine Schuhe aus.

„Fühl dich wie zuhause“, lächelte ich Shôto an und zeigte ihm, wo wir die Gästepantoffel aufbewahrten.

Er entschied sich für ein Paar in hellblau und wechselte seine Schuhe, stellte sie ordentlich neben meine.

„Willkommen daheim, Izuku!“, hörte ich die Stimme meine Mutter aus dem Wohnzimmer und gleich darauf ihre Schritte.

Sie blieb im Türbereich zum Flur stehen und lächelte uns an.

Ich ging zu ihr, drückte ihr wie üblich einen Kuss auf die Wange.

Shôto folgte mir und verbeugte sich vor meiner Mutter. „Ich bin Shôto Todoroki. Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Midoriya-san“, stellte er sich höflich vor.

„Oh, die Freude ist ganz auf meiner Seite. Es kommt selten vor, dass Izuku jemanden mitbringt“, lächelte sie.

Ich grinste verlegen. „Mama... hör auf...“

„Ist doch wahr, Izuku... Wann war es, dass jemand da war? Das ist bestimmt schon Jahre her!“

Ich warf ihr einen Blick zu, der sie hoffentlich zum Schweigen bringen würde, doch sie plapperte einfach weiter. Ich sah ihr an, dass sie sich freute, dass ich jemanden als Freund bezeichnet hatte.

„Wir sind in meinem Zimmer...“, unterbrach ich sie schließlich einfach.

„Ist gut. Ich bringe euch gleich Tee und Kekse!“, grinste sie und verschwand in der Küche.
 

Ich seufzte und grinste Shôto dann schief an. „Sorry...“

Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als er den Kopf schüttelte. „Kein Grund sich zu entschuldigen.“

Ich zeigte ihm den Weg zu meinem Zimmer und bat ihn herein.
 

Vor kurzem hatte ich erst auf- und umgeräumt. Die ganzen Fanartikel meines Lieblingshelden aus Kindertagen waren nun in einer großen Kiste in meinem Schrank verstaut und mein Zimmer selbst hatte sich in ein gewöhnliches Jugendzimmer verwandelt. Ich fand, da ich nun ein Oberschüler war, hatte diese Veränderung unbedingt sein müssen.
 

Ich warf meinen Rucksack in eine Ecke neben meinem Schreibtisch und ließ mich dann auf mein Bett fallen.

„Setz dich ruhig...“, lächelte ich Shôto an.

Er nahm auf meinem Schreibtischstuhl platz und sah sich in meinem Zimmer um.

Ich sah ihn an, musterte ihn und war mir erneut nicht sicher, ob ich ihm alles erzählen sollte. Meine Mutter wäre enttäuscht, wenn er das erste und das letzte Mal hier wäre.
 

Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken.

„Izuku? Ich bringe euch den Tee und die Kekse“, erklang die Stimme meiner Mutter vom Flur. „Mach mir doch bitte mal auf.“

Ich stand auf und öffnete die Tür.

Sie drückte mir ein Tablett in die Hand und grinste wieder, schob mich dann leicht beiseite.

„Bleibst du zum Abendessen?“, fragte sie an Shôto gewandt.

Dieser blinzelte etwas überfordert, schüttelte dann aber den Kopf. „Danke, sehr freundlich. Aber ich möchte keine Umstände bereiten. Außerdem erwartet mich meine Familie zum Abendessen zu Hause“, lehnte er höflich ab.

„Hm, schade. Vielleicht ein anderes Mal“, erwiderte sie und winkte uns zu, ehe sie die Tür schloss und uns alleine ließ.

Ich verzog das Gesicht und grummelte leise. Sie musste wirklich nicht so sehr übertreiben.
 

Das Tablett wanderte auf meinen Schreibtisch. Ich goss uns Tee in die Tassen und nahm mir einen der Kekse.

„Bedien dich“, lächelte ich.
 

Eine kurze Weile knabberten wir Kekse und tranken Tee, ehe ich tief ein- und wieder ausatmete.

„Ich hab mich vor zwei Wochen mit Kacchan gestritten...“, begann ich zu erzählen. „Also, mit Bakugô...“

Shôto sah mich an und nickte verstehend, blieb aber still und hörte weiter zu.

Ich erzählte ihm alles, was in unserer Kindheit passiert war, wie er mich immer und immer wieder geärgert hatte und wie mir dann vor zwei Wochen der Geduldsfaden gerissen war und ich ihn beschimpft hatte.

„Das Problem an der Sache ist, ich hasse ihn überhaupt nicht... Ich hab ihn angelogen... Und ich möchte mich dafür bei ihm entschuldigen, aber ich weiß nicht wie...“, brachte ich leise hervor. „Ich wünsche mir eigentlich nur, dass wir wieder Freunde werden könnten...“

„Du magst ihn“, sagte Shôto schlicht, als wäre es das normalste auf der Welt.

„Ich... ja... Ich kenne ihn schon ewig... Und hab ihn immer bewundert... Er war mein bester Freund...“

Wieder nickte Shôto. „Und du weißt nicht, was passiert sein könnte, als er anfangen hat dich zu ärgern?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Er sagte immer nur, dass ich ein Versager wäre und nichts könne und nur nerven würde...“

Einerseits machte es mich traurig, darüber zu reden. Andererseits tat es gut, es jemandem zu erzählen.

Wir sprachen noch eine Weile über die ganze Situation und Shôto versprach mir, dass er mir helfen würde.
 

Irgendwann blickte ich ihn an. Zu gerne würde ich mehr über ihn erfahren. Er wusste nun ja auch sehr viel über mich. Aber ich traute mich nicht, ihn zu fragen.

„Was ist?“, wollte er wissen, als er meinen Blick wahr nahm.

Ich schluckte, wich seinem Blick aus. „Ich... weiß so gar nichts über dich...“, brachte ich dann heraus.

„Du möchtest mehr über mich wissen?“

Ich nickte und sah ihn schüchtern an.

„Ich glaube nicht, dass dir das gefallen würde...“, gab er distanziert zurück.

„Wie meinst du das?“

„So, wie ich es sage. Bei mir ist es keine heile Welt...“

Er war aufgestanden und tigerte nun unruhig in meinem Zimmer hin und her. Scheinbar schien er mit sich selbst zu kämpfen.

Ich krabbelte vom Bett, blieb vor ihm stehen und lächelte ihn an. „Wir sind Freunde, richtig?“

Er erwiderte meinen Blick. „Ich hoffe es...“, antwortete er unsicher.

Mein Lächeln wurde breiter. „Weißt du, ich hatte Angst dir von meinem Streit zu erzählen. Was wäre gewesen, wenn du einfach gegangen wärst und nichts mehr von mir wissen wolltest? Und trotzdem hab ich es getan. Und ich bereue es nicht. Denn du bist immer noch hier und redest mit mir.“

„Wie könnte ich dich deswegen weniger mögen?“, fragte er mich. „Bakugô hat den Streit zwischen euch provoziert... Du hast dir das schon viel zu lange von ihm gefallen lassen... Und du hättest schon früher mit mir reden können...“ Er blinzelte, senkte dann den Blick. „Ich fürchte... das Gleiche gilt auch für mich...?“

Ich nickte, zog ihn dann zum Bett und setzte mich mit ihm dort hin.

„Du kannst mir alles erzählen. Für so was hat man doch Freunde.“
 

Wieder sah ich, wie er mit sich kämpfte und schließlich verlor.

Leise begann er zu erzählen. „Mein Vater hat einen ziemlich strengen Erziehungsstil. Wenn man nicht das macht, was er von einem möchte, wird man bestraft. Er hat es mit seiner Art sogar geschafft, dass meine Mutter in die Psychiatrie eingewiesen wurde. Sie wurde so sehr von ihm unter Druck gesetzt, dass sie mir im Affekt kochendes Wasser ins Gesicht geschüttet hat.“

Erschüttert sah ich ihn an, hielt mir eine Hand vor den Mund.

Er deutete auf seine Brandnarbe im Gesicht. „Das ist davon übrig geblieben. Durch einen Gendefekt habe ich dieses Aussehen. Die rechte Seite spiegelt meine Mutter wieder, die linke meinen Vater. Sie sah mich und wollte wohl die Gene meines Vaters in mir vernichten. Ich habe noch ältere Geschwister. Doch bei ihnen haben sich die Gene meiner Mutter durchgesetzt. Meine beiden älteren Brüder haben früh das Haus verlassen, weil sie mit meinem Vater nicht mehr zurecht kamen. Nur meine Schwester ist noch da und beschützt mich vor Vater...“
 

Ich betrachtete ihn. In seinem Gesicht konnte ich eine tiefe Traurigkeit erkennen, die ihm überhaupt nicht stand. Ich wollte ihn trösten, ihn in den Arm nehmen, war mir aber nicht sicher ob das so klug war. Vielleicht mochte er so etwas nicht.

Ich ließ es und lächelte ihn daher nur aufmunternd an.

„Du hast nichts falsch gemacht. Dein Vater ist ein Unmensch!“ Obwohl ich seinen Vater nicht kannte, mochte ich ihn schon jetzt nicht. Ich wusste nicht, wie ich reagieren würde, stände ich irgendwann einmal ihm gegenüber.

Um Shôto doch irgendwie zu trösten lehnte ich mich mit der Schulter an seine. „Danke, dass du mir davon erzählt hast.“

Er sah mich an, schüttelte dann leicht den Kopf. „Das war nicht alles...“

„Noch mehr?“, wunderte ich mich und legte den Kopf schief.

„Ja...“, antwortete er schlicht und senkte den Kopf. Wieder kämpfte er mit sich selbst, ballte seine Hände zu Fäusten und seufzte dann. „Mein Vater hat ein Problem damit, dass ich schwul bin.“
 

Tbc...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Angel_Cas
2020-08-01T12:10:41+00:00 01.08.2020 14:10
Guten Tag,
Ein wirklich tolles Kapite! 👍
Die Beiden sind so süß!
Freue mich auf das nächste Kapitel!
Liebe Grüße
Von:  Yuna_musume_satan
2020-07-29T22:59:46+00:00 30.07.2020 00:59
Oh gott das ist SOOOOOO ergreifend deine Story hach ich bekomme nicht genug


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