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The fragrant Flower

von

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Dahlie


 

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Das gut ein Meter lange Wiesel sprang in einer derart schnellen Bewegung auf Milo zu, dass dem jungen Mann nicht viel mehr übrig blieb, als sich zur Seite fallen zu lassen. Nur knapp verfehlten die gewaltigen Fangzähne seinen Arm und schnappten mit einem lauten Geräusch neben seinem Ohr zu. Noch ehe der Schwarzhaarige den Boden berührte, riss er seinen Arm zur Seite und schlug die Bestie mit seinem Hirtenstab. Der krumme, ebenholzfarbene Stock traf sein Ziel und schleuderte es trotz des geringen Kraftaufwands so weit weg, dass deutlich wurde, dass es sich dabei um ein magisches Werkzeug handelte. Das Wiesel war nicht ernsthaft verletzt, aber der Abstand, den Milo sich dadurch verschaffte genügte, damit er wieder schnell aufstehen konnte ohne Angst um seine Deckung haben zu müssen.

Doch entgegen seiner Erwartung griff die Bestie nicht sofort wieder an. Sie stand wenige Meter entfernt auf ihren Hinterbeinen, musterte ihn und schien nachzudenken. Nicht dass der Mann diesen Wesen eine höhere Intelligenz zuschrieb, doch in diesem kleinen Kopf konnte gerade nichts gutes vor sich gehen. Er nutzte den Moment, um das Ding, das er gerade aus dessen Versteck gescheucht hatte, etwas genauer zu beschauen. Schließlich konnte es nur von Vorteil sein, seinen Gegner unter die Lupe zu nehmen.

Dass es so etwas wie ein Wiesel war hatte er auf den ersten Blick gesehen. Doch nicht nur die überdimensionale Größe machte diese Bestie so gefährlich. Im Gegensatz zu einem normalen Wiesel, das durchaus eine süße Seite haben konnte, war an diesem Ding überhaupt nichts süß, hübsch oder gar ansprechend. Seine langen Fangzähne waren auch mit geschlossenem Maul deutlich zu sehen. Es geiferte stark, während die zerfetzten Ohren heftig zuckten. Das lange Rückenfell stand nach oben und sah mindestens genauso strähnig und zerzaust aus, wie das restliche Fell. Der ursprünglich weiße Bauch war mit Schlamm, Pflanzenresten, aber auch Blut beschmutzt. Der Schwanz war buschig und wirkte nahezu steif. Milos Blick huschte gerade noch rechtzeitig zu den rot schimmernden Augen zurück, um darin die Absicht eines erneuten Angriffs zu erkennen. Anscheinend hatte diese Bestie ihn nun lange genug angestarrt.

Dieses Mal war der Mann auf den Angriff vorbereitet. Er riss den langen Stab in seiner Hand nach oben und ließ das eingedrehte Ende auf das Wiesel niedersausen, als dieses in Reichweite kam. Er verfehlte jedoch sein Ziel, da es mit einem flinken Sprung auswich und nach seiner Seite schnappte. Die Bestie mochte schnell sein, aber er war schneller. Ohne in der Bewegung zu stocken, schwang er den Stab weiter und traf die Bestie erneut und dieses Mal mit deutlich mehr Kraft. Wieder wurde sie davon geschleudert und stand nicht mehr so schnell auf. Milo nutzte diese Schwäche, um zu dem Wiesel zu eilen und ihm seinen Gnadenstoß zu verpassen. Das Blut, das dabei an seinem schlichten Holzstab haften blieb, wischte er mit etwas Moos ab. Während er über seine unscheinbare, aber dennoch starke Waffe strich, konnte er nicht anders als zu lächeln. Nichts gab ihm ein besseres Gefühl, als eine solche Bestie zu erlegen. Ob sie nun ein schwacher oder ein starker Gegner gewesen war, das spielte keine Rolle. Jede Bestie weniger, die in dieser Welt wandelte, war ein Gewinn für alle. Außerdem spielte die Stärke eines Monsters nur selten eine Rolle, wenn es an die Bezahlung ging.

Milo griff das erlegte Wiesel an den Hinterbeinen und zerrte es mit sich. Ja, er war ein Monsterjäger. Er kümmerte sich um allerlei Bestien oder Dämonen, die ihm über den Weg liefen. Bevorzugt natürlich gegen Bezahlung. Dies war weder ein komfortabler, noch ein sicherer Beruf, doch irgendjemand musste ihn machen. Nun mochte der zierliche, nicht sonderlich groß gewachsene junge Mann nicht gerade wie jemand aussehen, der viel Kampferfahrung und vor allem Stärke hatte, doch wer brauchte schon Kraft, wenn er eine magische Waffe, die gegen solche Wesen wahre Wunder bewirkte, bei sich trug? In dieser Welt, in der bereits das alltägliche Leben für die meisten Menschen nicht allzu leicht zu bewältigen war, konnten es sich nur die wenigsten leisten, sich mit solchen Monstern herumzuärgen. Und dennoch waren sie überall und sorgten für Chaos. In den Wäldern wimmelte es nur so von ihnen und Wälder machten nun einmal einen Großteil des Landes aus. Die vielen kleinen Ortschaften, die es gab, trennten meist nur wenige Felder von dem nächsten Wald. Straßen, wenn es sie überhaupt gab und als solche bezeichnet werden konnten, führten durch die düstersten Wälder und gestalteten jegliche Reisen als gefährliches Vorhaben. Trotzdem lebten die Menschen mit diesen Gefahren, was blieb ihnen auch anderes übrig? Es gab einfach zu wenige, die etwas gegen diese Bedrohung unternahmen.

Während Milo zu der Ortschaft zurückkehrte, in der er diesen Auftrag erhalten hatte, legte sich ein zufriedener Ausdruck auf sein Gesicht. Seine klaren, blauen Augen leuchteten geradezu und bildeten dabei einen krassen Kontrast zu seinen schwarzen Haaren. Wie oft war ihm schon gesagt worden, dass seine Augen besonders waren? Dass man bei jemandem wie ihm mit braunen Augen rechnete? Er nahm es stets als Kompliment hin. Sein Erscheinungsbild passte in vielerlei Dingen nicht zusammen, alleine in Anbetracht seiner Berufswahl. Da rundeten diese Augen das Bild nur noch ab.

Als er schließlich die kleine Siedlung erreichte, die sich nicht einmal einen einfachen Holzwall leisten konnte, mussten die Bewohner zweimal hinschauen. Die zweifelnden, ungläubigen Blicke wandelten sich schnell in Freude um, als sie die Bestie entdeckten, die er hinter sich herschleifte. Ein älterer Mann mit langem Bart, den er zusammengebunden hatte, kam auf ihn zugeeilt. Seine Augen funkelten und er schlug die Hände zusammen, als er vor ihm stehen blieb. In seinem Blick war sowohl positives, als auch negatives zu lesen, so dass Milo sich nicht genauer damit befassen wollte. Er mied den Blickkontakt, indem er das Wiesel mit einer schwungvollen Bewegung dem Mann vor die Füße warf.

„Ist es das, was Euch terrorisiert hat?“

„Ja, ja genau! Es tut uns leid, junger Herr, dass wir an Euch gezweifelt haben. Aber, mit Verlaub, Ihr seht nun wirklich nicht wie jemand aus, der -“

„Ist schon gut“, unterbrach Milo ihn mit einem aufgesetzten Lächeln. Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas in der Art zu hören bekam. Er konnte dem Mann nicht einmal böse sein. „Fürs Erste solltet Ihr Ruhe haben.“ Es war auch nicht das erste Mal, dass er plötzlich derart höflich angesprochen wurde, obwohl er zuvor eher belächelt worden war. Wenn sich die Chance ergab, jemanden auf die Monster anzusetzen die einen bedrohten, dann legte man seine Hoffnungen selbst in jemanden, an den man eigentlich gar nicht glaubte. Schließlich hätten diese Leute keinen Verlust, wenn er bei so einer Aktion draufging. Milo verwarf den Gedanken mit einem Kopfschütteln und schaute den Mann auffordernd an. „Ich hoffe Ihr habt Euer Versprechen nicht vergessen.“

„Nein! Natürlich nicht!“ Ohne zu Zögern kramte der Mann in seinen Taschen und holte schließlich einen kleinen silbernen Stein hervor, den er ihm in die Hand drückte. Da die meisten Dörfer nicht wirklich Kontakt nach Außen hatten oder Handel betrieben, gab es keine einheitliche Währungen. Milo ließ sich bevorzugt in Materialien bezahlen, die er auch anderswo gegen Lebensmittel eintauschen konnte. „Seid gesegnet, junger Herr.“

Ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen, während er das Silber in seiner eigenen Tasche verschwinden ließ. Mittlerweile hatte sich gefühlt die halbe Ortschaft um sie versammelt, um die Bestie von Wiesel voller Ehrfurcht zu bestaunen. Während es für Milo ein leichtes gewesen war, es zu erlegen, war es für einen Menschen mit herkömmlichen Waffen, die bei Bauern meist nur aus stumpfen Mistgabeln oder Hacken bestanden, beinahe unmöglich. Selbst wenn die stärksten Männer zusammen arbeiteten gab es immer Verletzte. Und Verletzungen waren etwas, was man sich nicht erlauben konnte.

„Das muss gefeiert werden!“, rief auf einmal ein anderer Mann aus und erhielt sofort jubelnde Zustimmung von allen Seiten.

Das Wiesel wurde geschnappt und unter freudigen Rufen fortgetragen. Hier und da kamen Leute zu Milo und sprachen ihm seinen Dank aus. Für den Mann war das alles etwas zu viel, weswegen er sich schnellstmöglich zurückziehen wollte. So gerne er auch half, wenn auch in erster Linie für sich selbst, so mochte er es lieber ruhig, anstatt im Mittelpunkt zu stehen. Bevor er aber verschwinden konnte, hatte sich die Schar genauso schnell wieder aufgelöst, wie sie zusammengekommen war. Jeder wuselte mit einem Mal noch hektischer durch die Gegend, als ohnehin schon. Alles wurde für ein großes Fest zusammengetragen. Während Milo noch darüber nachdachte, ob er bleiben und eine kostenlose Mahlzeit ergattern sollte, wurde er auf einmal erneut angesprochen.

„Ich danke Euch vielmals für Euren Mut.“ Die Stimme war zart, beinahe leise und doch fest. Vor ihm stand eine junge Frau, die kaum älter als er selbst sein konnte.

„Das ist mein Broterwerb“, tat Milo ab. Immerhin verdiente er sich so seinen Lebensunterhalt.

„Ihr seid ein Magier, nicht wahr? Ich wusste schon immer, dass es mehr aufs Köpfchen ankommt, als auf Muskeln.“ Es war offensichtlich, dass sie ihm schmeicheln wollte. Milo schenkte ihr ein leichtes Lächeln, ging aber nicht weiter darauf ein, da er kein Interesse an einem Flirt hatte. „Sagt, könnt Ihr mir ein paar Tricks beibringen?“ Ihre Augen funkelten so sehr, dass es Milo beinahe leid tat, sie enttäuschen zu müssen.

In dieser Welt gab es zwar Magier, doch diese erlernten ihre Fähigkeiten, um magische Artefakte und Waffen, wie sein Stab eine war, herzustellen in jungem Alter unter der Leitung eines Großmeisters. Doch selbst wenn es sich jeder dahergelaufene Bauer auch noch später aneignen könnte, könnte Milo ihr diesen Wunsch nicht erfüllen. Er war nur ein Mensch und wusste kaum mehr über diese Magier, als das gemeine Volk. In den sechs Jahren, die er bereits durch das Land reiste, war er noch nie einem begegnet. Er hatte nur immer wieder hier und da Informationen aufgegriffen.

„Dieses Wissen ist lediglich Auserwählten vorbehalten. Tut mir leid.“ Noch immer lächelnd verschwieg er die Tatsache, dass er nur ein gewöhnlicher Mensch war. Er hatte keine Lust auf noch mehr Fragen bezüglich seines Jagderfolges. Die Frau nahm es ihm jedoch nicht übel und lachte kurz.

„Das dachte ich mir schon. Darf ich Euch zum Essen einladen? Dieses Fest können wir schließlich nur Euretwegen abhalten.“

Tatsächlich wäre Milo gerne länger geblieben um etwas zu essen und mal wieder wo anderes als auf dem Waldboden zu schlafen. Doch mit der Aussicht, von dieser Frau eingeladen worden zu sein, verging ihm die Lust darauf. Es war nicht das erste Mal, dass ihm ein solches Angebot gemacht wurde. Früher hatte er sich noch darauf eingelassen, doch schnell gemerkt, dass es nicht das war, worauf er aus war.

In solchen kleinen Ortschaften kamen nur selten Fremde vorbei. Und noch seltener handelte es sich dabei um junge Männer, die noch dazu in der Lage waren Bestien zu erlegen. Da war es nur verständlich, dass die Frauen versuchten, diesen Besucher zu betören, in der Hoffnung, ihn als zukünftigen Mann oder vielleicht auch nur für eine Nacht zu gewinnen. Es war nicht so, dass Milo sie nicht ansprechend fand, er hatte einfach keine Zeit für so etwas. Es gab noch reichlich Bestien und Dämonen, die von ihm getötet werden wollten. Bis dahin würde er sich nicht einfach so zur Ruhe setzen. Mal abgesehen davon war er im Gegensatz zu den Dorfbewohnern vorsichtig, wenn es um den Verzehr von Bestienfleisch ging. Vermutlich würde er hier sowieso nichts anderes bekommen. Milo seufzte innerlich auf.

„Es tut mir leid, aber ich habe es eilig. Ich war gerade auf dem Weg zu einem wichtigen Treffen, als ich hier vorbei kam“, log er. Die Enttäuschung war der Frau sofort anzusehen.

„Wie wichtig kann ein Treffen schon sein, dass es auf eine Nacht mehr oder weniger ankommt?“, versuchte sie ihn zum Bleiben zu überrede, doch Milo schüttelte leicht mit dem Kopf.

„Wollt Ihr etwa, dass ich Euretwegen Ärger bekomme?“

Sie verzog kurz ihre Lippen, sprach dann aber: „Wartet hier.“ Schnellen Schrittes verschwand sie zwischen den Häusern.

Keine Minute später kam sie mit einem kleinen Bündel in den Händen zurück.

„Selbstgemachte Laibe. Denkt an mich, wenn Ihr sie esst.“

„Danke.“ Diese nette Geste überraschte Milo mehr als er zeigte. „Wenn ich mal wieder in der Nähe bin, werde ich Euch einen Besuch abstatten“, versprach er mit dem Wissen, niemals wieder hierher zu kommen.



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