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The fragrant Flower

von

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Margerite


 

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Der frühe Winter kündigte sich an. Die ersten kalten Winde zogen über das Land. Sie hatten die dichten, unendlich wirkenden Wälder hinter sich gelassen und eine felsige Berglandschaft betreten. Nicht unbedingt der beste Ort, an dem man sich im Winter aufhalten konnte. Doch auch in dem Gebirge gab es Ortschaften, auch wenn diese weiter gestreut waren. Sie hatten sich beide für diesen Weg entschieden. Nachdem Fenin ihm damals am See versichert hatte, dass er gerne mit ihm unterwegs war, hatte sich Milo tatsächlich etwas auf ihn einlassen können. Mittlerweile war der Mann mehr als nur ein Reisender, den er an sein Ziel eskortieren wollte. Sie hatten sich angefreundet. Milo hatte sich viel zu schnell an die angenehme Gesellschaft gewöhnt. Umso ungewohnter fühlte es sich nun an, dass er alleine unterwegs war. Gestern Abend hatten sie ein Farmhaus erreicht, dessen Bewohner hier oben Schafe hüteten. Sie hatten ihnen Unterschlupf gewährt, wenn sich Milo im Gegenzug dafür um ihr Problem kümmerte. Eine Bestie in Form eines Bären, die die Gegend unsicher machen sollte. Fenin hatte ihn seit langem mal wieder gebeten, mitkommen zu dürfen und Milo hatte sich nur mit Mühe dagegen entschieden. Sie wussten beide, dass es so am besten war. Er konnte zwar verstehen, dass Fenin sich sorgte, doch ihm würde es nicht anders gehen, wenn der Mann wirklich mitkäme. Er hatte nicht einmal eine Waffe, um sich im Fall der Fälle verteidigen zu können.

Nachdem Milo einige Stunden durch die karge Landschaft gestolpert war, machte er sich wieder auf den Rückweg. Hier gab es so viele Gesteinsbrocken, Felsspalten und Unebenheiten, dass es schwierig war, nach etwas zu suchen. Die Bestie könnte in entgegengesetzter Richtung ihr Unwesen treiben, oder jeden Augenblick hinter einem Felsen hervorspringen. Milo gab sich alle Mühe, aufmerksam seine Umgebung abzusuchen, trotzdem hätte es ihn gewundert, wenn er den Bären sogleich gefunden hätte. Diese Landschaft war nicht nur unübersichtlich, auch hinterließ man kaum Spuren, was es dem Mann umso schwieriger machte, eine Fährte aufzunehmen. Zur späten Nachmittagsstunde kam er auf die Farm zurück. Der Weg war anstrengend gewesen. Gleichzeitig fühlte er sich schlecht, dass er die Bestie nicht erledigt hatte. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn er warten würde, bis sie hierher kam. Doch er wollte weder die Menschen hier, noch das Vieh in Gefahr bringen.

Noch bevor er das steinerne Haus erreichte, trat ihm eine schlanke Gestalt in den Weg. Fenin hatte sein edles, rotes Gewand geschlossen, um sich vor den kühlen Temperaturen zu schützen. Sein langes, zum Zopf gebundenes Haar wehte im Wind und fing für einen kurzen Moment Milos Blick ein, ehe er sich auf die hellen Augen des Mannes richtete.

„Was machst du hier draußen?“, begrüßte er den anderen. Es verwunderte ihn nicht einmal, dass Fenin alleine hier draußen war. Es war ihm in den Ortschaften, durch die sie gereist waren, nicht entgangen, dass der Mann sich schwer mit anderen Menschen tat. Er war nicht nur nicht sonderlich gesprächig, sondern wirkte von außen betrachtet auch noch ziemlich herablassend. Das komplette Gegenteil zu dem, wie er sich Milo gegenüber gab.

„Soll ich lieber im Stall sitzen? Ich habe auf dich gewartet.“ Milo lächelte ihn ob dieser Worte schief an.

„Ist hier was passiert? Ich konnte ihn leider nicht finden.“ Auf seine Frage schüttelte Fenin den Kopf, was Milo etwas beruhigte. Die Hirten konnten gegen diese Bestie genauso wenig ausrichten, wie Fenin. „Ich werde morgen noch einmal losgehen.“

„Bist du dir sicher? Ein normaler Bär ist schon unglaublich stark. Eine Bestie in Gestalt eines Bären dürfte um ein Vielfaches gefährlicher sein, als ein Keiler.“ Milo verstand die Anspielung sofort und hätte sich beinahe gekränkt gefühlt, da Fenin sein Können anzweifelte. Stattdessen schüttelte er den Kopf.

„Damals wurde ich überrascht und war verletzt, das ist kein Vergleich.“ Dass er in dieser felsigen Region genauso gut überrascht werden konnte, ignorierte Milo.

„Warum willst du es darauf ankommen lassen und dein Leben riskieren?“

„Was soll ich machen? Die Leute hier ihrem Schicksal überlassen?“ Es war das erste Mal, dass Fenin sein Handeln hinterfragte. Doch das war es nicht einmal, was Milo störte. Vielmehr war es sein abwertender Tonfall. Genauso wie der Blick, den er ihm nun schenkte. Auch wenn seine Lippen geschlossen blieben, machte er doch deutlich, dass ihn das Leben dieser Menschen nichts anging. Milo dachte einen Moment darüber nach, ihn darauf anzusprechen, doch er hatte keine Lust auf eine unnötige Diskussion.

„Tut mir leid, aber das ist nun mal der Weg, den ich für mich gewählt habe.“

„Was hast du davon, dein Leben wegen so etwas aufs Spiel zu setzen?“ Fenin klang ruhig, auch wenn seine Augen etwas anderes sagten.

„Ich habe gute Gründe dafür.“ Und damit war das Thema für Milo erledigt. Das war nichts, worüber er sich mit dem anderen unterhalten wollte. Schon gar nicht unter solchen Umständen. Während sich Milo darüber ärgerte, dass andere Menschenleben Fenin scheinbar nicht allzu viel bedeuteten, ging er an diesem vorbei. Er wollte sich etwas ausruhen und essen, nachdem er fast den ganzen Tag durch das Gebirge geirrt war.

Fenin war ihm auf den Schritt gefolgt, auch wenn er nichts mehr gesagt hatte. Diese Seite hatte er an dem anderen stets geschätzt und selbst jetzt war er ihm dankbar dafür, dass er nicht weiter nachbohrte. Es war das erste Mal, dass sie sich auf diese Art und Weise stritten, dennoch störte er sich nicht an der Anwesenheit des anderen. Ganz im Gegenteil begann er nach wenigen Minuten, in denen er sich in dem Teil des Stalls, in dem sie nächtigen durften, ins Stroh gelegt hatte, ein Gespräch.

„Hier draußen gibt es weit und breit nichts. Selbst die Tiere sind rar. Es dürfte schwierig sein, weiter zu reisen, wenn wir lange Zeit kein Gehöft finden.“ Dort wo Menschen lebten hatte er bisher immer Nahrungsmittel bekommen, unabhängig davon, unter welchen Umständen die Menschen lebten. „Bist du dir sicher, dass wir noch in Richtung Trora unterwegs sind? Weißt du, wie die Region aussieht?“ Es war nicht das erste Mal, dass Milo diese Fragen stellte, weswegen sie eher beiläufig klangen, um die Stille zu unterbrechen.

„Wir sind schon mal in einem Gebirge, es kann nicht mehr weit sein.“ Milo runzelte bei dieser Antwort leicht die Stirn. Es war natürlich schön zu wissen, dass sie auf dem Weg zu dieser Stadt ein Gebirge überqueren mussten, gleichzeitig fragte er sich aber, wie viele Gebirge es in diesem Land wohl gab.

„Wieso nimmst du so eine lange Reise eigentlich auf dich? Was gibt es dort?“ Fenin musterte ihn kurz, ehe er auf seine Frage antwortete.

„Verwandte von mir leben dort.“ Die Antwort war knapp, doch Milo konnte sich denken, dass noch mehr als nur das dahinter steckte. Da er sich aber nicht in die Familienangelegenheiten des Mannes einmischen wollte, gab er sich mit dieser Antwort zufrieden. Auch wenn es ihn etwas überraschte, dass Familien derart weit übers Land verstreut leben konnten.
 

Die Abenddämmerung kam schnell und hüllte den ohnehin schon düsteren Stall in Dunkelheit. Milo hatte es sich erneut im frischen Stroh gemütlich gemacht, während Fenin etwas abseits saß. Einige Augenblicke musterte er die Silhouette, ehe er sich etwas aufrichtete.

„Sitzt du bequem da? Komm doch her, der Boden ist schmutzig.“ Zumal sein gewählter Platz, an dem kaum Stroh lag, nicht sonderlich gemütlich aussah. Es war bereits kalt und nachts würden die Temperaturen noch weiter sinken. Er wollte nicht, dass Fenin sich seinetwegen eine Erkältung holte, während er selbst im wärmenden Stroh saß.

„Das stört mich nicht.“ Milo legte die Stirn in Falten, auch wenn der andere es bei den Lichtverhältnissen kaum sehen konnte.

„Hast du etwa Angst vor mir?“, scherzte er. Etwas, was er nicht gerade oft tat, doch gerade war er in einer gelassenen Stimmung. Für einen Moment herrschte Stille. Dann richtetet sich Fenin auf und kam tatsächlich näher. Ehe er sich aber neben ihm niederließ, zögerte der Mann kurz.

„Ich will dir keine Unbequemlichkeiten bereiten.“ Fenin war tatsächlich immer darauf bedacht, einen gewissen Abstand zwischen ihnen zu halten, so dass jeder in seiner Komfortzone bleiben konnte. Ob er sich selbst an Nähe störte, oder es rein aus Höflichkeit tat konnte Milo nicht sagen, doch er war vermutlich der Letzte, der ein Problem damit hatte. Zumindest wenn es sich bei der anderen Person um Fenin handelte.

„Was redest du? Ich bin für jede Wärme dankbar“, entgegnete Milo, während er ein Stück zur Seite rutschte, so dass Fenin gemütlich neben ihn passen würde. Zu seiner Zufriedenstellung setzte sich der andere, ohne weiter etwas zu sagen.

Für eine gefühlte Ewigkeit blieb es still. Milo nutzte die Ruhe um den Augenblick zu genießen. Aus einem ihm unerklärlichen Grund fühlte er sich überaus wohl in Fenins Gegenwart. Das war für ihn nicht neues, doch gerade in diesem Augenblick überkam ihn dieses Gefühl so heftig, dass er kurz an sich selbst zweifelte. Er war so lange alleine unterwegs gewesen. Vermutlich, so redete er es sich schließlich ein, war er einfach nur froh endlich wieder Gesellschaft zu haben.

„Fenin“, durchbrach er die Stille, um sich von dem Durcheinander in seinem Kopf abzulenken. Außerdem hatte er das Gefühl, dass er dieses Thema nicht offen stehen lassen konnte, auch wenn er dem anderen keine Rechenschaft schuldig war. „Ich werde diese Bestie so schnell wie möglich erledigen und dann reisen wir weiter. Ich weiß, dass es gefährlich ist, aber wie ich schon sagte, habe ich gute Gründe dafür. Auch wenn ich die Leute hier nicht kenne und mir ihr Schicksal egal sein kann, so kann ich nicht tatenlos zusehen, wie jemand derart terrorisiert wird. Ich setzte mein Leben nicht aus Nächstenliebe aufs Spiel, sondern weil ich diese Monster in meiner Nähe nicht tolerieren kann.“ Nach seiner langen Ansprache wurde es wieder totenstill in dem Stall. Für einen Augenblick fragte sich der Mann, ob Fenin möglicherweise bereits eingeschlafen war. Doch dann regte sich der andere.

„Willst du darüber sprechen?“ Milo entging nicht der beklommene Ton in Fenins Stimme. Ob der Mann bereits ahnte, was ihm widerfahren war?

„Nein.“

„Ich werde dich nicht aufhalten.“ Seine Worte klangen beinahe Sanft.

„Danke.“ Dies galt nicht nur für Fenins Einsicht, sondern auch dafür, dass der andere mal wieder nicht weiter nachhakte, wenn Milo deutlich machte, dass er über etwas nicht reden wollte.

Danach wurde es wieder still. Milo lauschte dem gleichmäßigen Atem des anderen, was ihm langsam aber sicher die Augen zufallen ließ. Mit einem wohligen Gefühl der Geborgenheit sank er schließlich ins Reich der Träume.
 

Die Nacht war ruhig geblieben, weswegen sich Milo wie angekündigt am nächsten Tag wieder auf die Suche nach der Bärenbestie begab. Zu seiner Erleichterung machte Fenin dieses Mal keinerlei Anstalten, ihn aufzuhalten, womit er nach ihrem Gespräch am vergangenen Tag beinahe gerechnet hatte. Stattdessen geleitete er ihn ein Stück, bis das Farmhaus drohte hinter einem Felsen zu verschwinden. Milo entging nicht, wie sich der andere aufmerksam umschaute.

„Fenin, mach dir keine Gedanken. Ich kann nicht nur auf mich aufpassen, ich werde diese Bestie auch zur Strecke bringen. Und danach reisen wir weiter nach Trora. Versprochen.“ Er suchte den direkten Blickkontakt mit dem Mann, in der Hoffnung ihn so etwas beruhigen zu können. Zu seiner Überraschung wirkte Fenin jedoch bereits sehr entspannt.

„Ich weiß. Pass einfach auf.“ Mit diesen Worten, die Milo etwas irritieren, trennten sich ihre Wege schließlich.



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