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Schmerz der Unendlichkeit

von

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Legende:

"...." Gesprochenes

//....// Gedachtes
 

Des war's auch schon. Hoffe auf viele viele Kommis! Bis dann.
 


 

Schmerz der Unendlichkeit
 

//Was für ein langweiliger Tag heute//, dachte sich Atemu und stützte seinen Kopf in seine Hände, als plötzlich die schweren Türen zum Thronsaal aufschlugen. Der junge Pharao blickte verwundert auf und sah zwei Wachen reinstürmen. Jeder hielt jeweils ein Arm eines jungen Mädchens, das den Kopf hängen ließ, und trugen es eher bis zum Thron, als, dass es selber lief. Die Wachen schmissen sich auf die Knie und drückten das Mädchen auf den Boden.

"Oh Pharao, wir haben eine Diebin gefasst. Schon seit Wochen hatten wir sie gewarnt, doch sie versuchte es immer wieder. Was wollt Ihr mit ihr machen?"

Atemu betrachtete die drei nachdenklich. Wie alt war das Mädchen?

"Steh auf!", sagte er nach einer Weile, doch das Mädchen rührte sich nicht. Einer der Wachen packte sie an den Haaren und zog sie auf die Beine. Nachdem sie selber ihr Gleichgewicht gefunden hatte, kniete sich die Wache wieder auf den Boden.

Atemu erschrak bei dem Anblick, der sich ihm bot. Das Mädchen trug zerfetzte dreckige Kleidung. Ihre Haare waren verfilzt und ihr Blick leer. Außerdem war sie so dünn, dass ihre Knochen deutlich zu sehen waren. Sie wirkte eher wie ein Geist, als ein Mensch.

Plötzlich riss sie schmerzerfüllt die Augen auf. Ihr ihrem Gesicht stand Erschöpfung und Verzweiflung geschrieben. Hörbar rang sie stockend nach Luft. Ihre Hände verkrampften sich in den Stück Stoff, das sie als einzige Kleidung trug. Dann hörte das Röcheln auf und sie fiel bewusstlos um. Atemu wäre vor Panik fast aufgesprungen, um zu dem Mädchen zu eilen, doch er musste Fassung bewahren.

In Hektik fasste er einen Entschluss: "Bringt sie in eines der leeren Zimmer. Sie soll versorgt werden. Frische Kleidung und Nahrung. Wehe sie stirbt!"

Damit wand er sich um und verschwand in seinen Gemächern.
 

Atemu schritt gedankenverloren hin und her. Von seinem Bett zu seinem Schreibtisch. Von seinem Schreibtisch zu seinem Bett. Dieses Mädchen ging ihm nicht aus dem Kopf. Wie hieß sie? Woher kam sie? Und überhaupt, sahen viele Menschen seines Landes so aus? Lebten viele in einer solch entsetzlichen Armut?

Schnell marschierte er aus dem Zimmer. Er brauchte Antworten auf seine Fragen.
 

Langsam öffnete sie ihre Augen. Das grelle Licht ließ ihre Pupillen sich zusammen ziehen und sie blinzelte ein paar mal um sich an die Helligkeit zu gewöhnen, doch konnte sie alles nur verschwommen wahrnehmen. Sie befand sich in einem Raum mit weißen Wänden. Sie griff um sich. Sie lag auf etwas weichem und war von einem leichten Stoff bedeckt. Sie hatte so etwas schon oft gesehen. Aber nur bei anderen. Man nannte es, so glaubte sie, ein "Bett". Sie kannte so etwas nicht. Bisher hatte sie immer auf Sand, Stroh oder Stein geschlafen. Aber sie schien tatsächlich in einem "Bett" zu liegen. Hatte sie es endlich geschafft? War sie jetzt endlich bei den Göttern? Wurde sie endlich vom Leben erlöst? Ganz sicher, sonst würde sie ja nicht in einem Bett liegen.

Doch warum fühlte sie sich so schwach? Selbst die Augen offen zu halten erforderte schon viel Kraft von ihr. Gezwungenermaßen schloss sie diese wieder. Sie war so glücklich. Endlich würde sie ihre Eltern und ihre Brüder wiedersehen.

Leise, ohne es richtig zu merken, flüsterte sie: "Vater?... Mutter?..."

Ohne eine Antwort zu bekommen, wurde sie plötzlich von jemanden aufrecht hingesetzt. Sie öffnete die Augen, doch konnte sie nicht erkennen, wer diese Person war, die ihr half, da sie alles noch verschwommen wahrnahm. War es ein göttlicher Diener?

Die Person öffnete leicht den Mund des Mädchens, steckte etwas rein, das stark nach Brot schmeckte, und sagte: "Iß!"

Sie hatte nichts anderes vor und aß Stück für Stück mindestens zwei Brotlaibe auf. Hin und wieder legte die unbekannte Person einen Becher Wasser an ihre Lippen, den sie in einem Zug leerte. Gleich danach ging es mit diversen Früchten und weiteren Brotlaiben weiter.

Sie wusste nicht wie lange sie schon da saß und sich füttern ließ, oder wie oft schon andere Personen den Raum betreten hatten, um weiteres Essen oder Trinken zu bringen, doch als es dunkel im Zimmer und ihr "Wohltäter" eine Kerze anzündete, zitterte sie am ganzen Leib. Nicht vor Anstrengung oder Hunger. Einfach durch die Freude und über das ungewohnte Gefühl, etwas im Magen zu haben.

Doch alles hatte irgendwann einmal ein Ende. Sie wies die weiteren Brotstücke ab und verspürte nur noch Müdigkeit.

Die andere Person verstand und wollte gerade das Zimmer verlassen, als das Mädchen etwas von sich gab: "B-bin ich... tot?"

Sie starrte auf ihre Decke und wagte es nicht, aufzublicken.

Die andere Person verstand nicht so recht und ging auf das Bett zu. "N-nein. Du bist nicht tot..."

"Was? A-aber..." Tränen verschlechterten ihre Sicht noch mehr und heftige Schluchzanfälle überfielen sie. "A-aber... Ich wollte... ich wollte doch so gerne meine Eltern wieder sehen... Warum bin ich nicht tot? Ich will zu meiner Familie!" Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und konnte die Tränen nicht stoppen. Warum sagte sie so etwas? Sie sollte glücklich sein. Sie lebte und hatte etwas zu Essen. Das hatte sie sich doch schon so lange gewünscht.

Die andere Person wusste nicht was sie machen sollte. Sie hatte bis jetzt noch nie miterlebt, wie jemand anderes in ihrer Gegenwart ein Gefühlsausbuch hatte. Plötzlich steuerte ihr Körper von alleine. Sie ging auf das Bett zu, setzte sich neben das Mädchen und nahm dieses in die Arme. Das Mädchen vergrub ihr Gesicht in das Leinenhemd ihres Helfers und weinte bitterlich weiter.

"Pst... ganz ruhig. Es ist noch nicht die Zeit gekommen, deine Eltern wiederzusehen. Noch nicht. Aber du wirst sie wieder sehen. Ganz bestimmt...", hörte das Mädchen eine ruhige Jungenstimme, die von der fremden Person kam.

So saßen sie noch weit in die Nacht hinein und schliefen schließlich gemeinsam Arm in Arm ein.
 

Atemu wachte auf und begrüßte den Tag mit einem herzhaften Gähnen. Komisch, das war doch gar nicht sein Zimmer. Plötzlich regte sich etwas in seinen Armen. Verwirrt schaute er hinunter. Ein schlafendes ruhiges Gesicht blickte ihn an. Ach, stimmte ja, er hatte am letzten Abend dem unbekannten Mädchen Essen gebracht und ist in der Nacht bei ihr geblieben. Eigentlich müsste er jetzt zu seinen Priester, aber er musste bei dem Mädchen bleiben. Es war seine einzige Chance.

Wieder bewegte sich etwas in seinen Armen.
 

Als sie die Augen öffnete, war das erste, das sie sah, wunderschöne lila Augen. Man konnte in ihnen versinken und sie strahlten Wärme, aber auch Stolz aus. Das Mädchen wusste sofort, dass dieser Mensch ein großes Herz besaß.

"Hallo!", sagte Atemu und riss das Mädchen aus ihren Gedanken.

"H-hallo...", antwortete sie unsicher.

"Geht es dir besser?"

"Hm... ja..."

"Das ist schön."

Das Mädchen schaute sich im Raum um und bemerkte, dass sie in den Armen des Jungen mit den eigenartigen Haaren lag. Irgendwie wurde es ihr unangenehm und das Blut schoss ihr ins Gesicht. Auch Atemu bemerkte die Situation und half dem Mädchen, sich aufrecht aufzusetzen.

Schweigend saßen sie sich gegenüber, bis Atemu das Schweigen brach: "Wie heißt du?"

"Mehnet."

Atemu kicherte. "Wie die Göttin. Wie alt bis du?"

"14. Und du?"

"Ich bin 15."

"Wie heißt du eigentlich?"

"Oh, Entschuldigung. Ich heiße Atemu."

Das Mädchen verlor jegliche Farbe im Gesicht.

"W-wo bin ich?"

"Im Palast. Aber du brauchst nicht..."

Mehnet konnte es nicht fassen. Der Pharao hatte ihr zu Essen gegeben und sie in der Nacht getröstet. Warum? Sie war doch nur eine kleine Diebin. Mehr nicht. Eigentlich sollten ihr die Hände abgehackt werden.

Mehnet schmiss sich auf den Boden und wollte sich vor ihrem Pharao verbeugen, als Atemu ihren Arm ergriff und sie wieder auf das Bett zog. Er hielt sie an beiden Schultern fest und blickte ihr in die schon fast schwarzen Augen. Doch sie senkte die Augen vor Ehrfurcht.

"Schau mich an, Mehnet!", sagte der junge Pharao und sie gehorchte ihm untertänig.

"Ich will nicht, dass du dich vor mich hinkniest..."

Mehnet konnte erst nicht verstehen, was er damit meinte, doch dann erblickte sie noch etwas anderes in seinen Augen. Er war einsam. Er wollte nur jemanden zum reden haben.

Sie lächelte und nickte. Sie merkte nicht, wie um Atemus Herz gerade ein Stein von einer dicken Mauer abgebröckelt war.
 

"Mehnet! Jetzt komm doch endlich!", rief Atemu und rannte die Düne weiter hoch. Es waren jetzt 15 Tage her, als er Mehnet getroffen hatte. Doch war sie kaum wieder zu erkennen. Ihre Haare waren jetzt glatt und nicht mehr verfilzt. Sie lachte wieder und in ihren Augen war Lebensfreude zu sehen. Sie war wunderschön, jetzt, da sie nicht mehr so dürr und abgemagert war.

Mit jedem Tag, an dem Atemu mit Mehnet zusammen sein konnte, fühlte er sich besser. In jedem wichtigen Moment bröckelten Steine von der Mauer die sich in seinen 14 Lebensjahren um sein Herz und seine Seele aufgebaut hatte. Als Atemus Vater ein Jahr zuvor gestorben war, hatte sich die Mauer immer mehr verfestigt und enger um sein Herz zusammengezogen. Seit über einem Jahr war Atemus Lachen verstummt. Nicht einmal ein Lächeln war ihm übers Gesicht gehuscht. Seit Monaten wurde er auf Schritt und Tritt verfolgt, da seine Priester befürchteten, dass er eventuell Selbstmord begehen könnte. Es war kein Leben mehr, das er führte. Es war nur noch ein Dahinschleichen durch ein ihm unbekannten Tal. Was die Priester nicht wussten, war, dass Atemu nahe daran war, zu sterben. Und zwar innerlich. Würde er erst einmal innerlich gestorben sein, hätte es nicht mehr lange gedauert, bis sein Körper nicht mehr konnte. Irgendwann hätte er diesen Kampf aufgegeben. Seitdem er Mehnet kannte, lachte er auch wieder. Er hatte wieder Gefallen am Leben gefunden. Es hatte wieder einen Sinn.
 

Mehnet rannte Atemu hinterher. Sie war so glücklich ihn getroffen zu haben. Sie wohnte nun im Palast und war als persönliche Dienerin des Pharaos eingestellt worden. Sie musste nun überallhin mit, wo er auch hinging. Sie musste niemals von seiner Seite weichen.

Atemu blieb am höchsten Punkt der Düne stehen und wartete auf Mehnet. Als sie ankam, stockte ihr der Atem. Ihnen bot sich der schönste Anblick auf den Palast, den sie je gesehen hatten. Die Sonnenstrahlen spielten um den Palast und ließen ihn wie verzaubert aussehen. Die Palmen wogen sich in einer leichten Briese.

Mehnet war überwältigt. Mit funkelnden Augen wand sie sich an Atemu. "D-das ist wunderschön, Atemu."

Atemu trat noch einen Schritt näher an sie. "Mehnet, ich wollte mich bei dir bedanken... Dafür, dass du da bist. Bei mir bist." Er stand nun ganz nah vor ihr und schaute in ihre schwarzen Augen. "U-und i-ich muss dir noch etwas sagen..." Nervös schaute er hin und wieder zum Palast und wieder zu ihr "I-ich... Mehnet..." Er flüsterte nur noch. "I-ich habe mich in dich verliebt." Zuerst schaute er ihr hoffnungsvoll in die Augen, doch dann senkte er den Blick.

Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und drehte seinen Kopf, dass er sie anschauen musste. "Du bist nicht die einzige Person hier, die das sagen muss..."

Langsam zog sie ihn zu sich hinunter, bis sich ihre Lippen berührten.

In Atemu herrschte ein Sandsturm. Wie sehr hatte er sich nach diesem Kuss gesehnt?! Wie sehr wollte er sie schon die ganze Zeit in die Arme nehmen?! Ihr sagen, was er empfand... wie wichtig sie für ihn war?!

Sanft legte er seine Hände um ihre schmale Taille und zog sie enger an sich. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und vertiefte den Kuss. Über sich selbst überrascht ging sie auf einen kleinen Zungenkampf mit ihrem Pharao ein.

Mehnet konnte es einfach nicht glauben. Sie durfte ihn endlich küssen! Sie hatte schon viele schlaflose Nächte hinter sich, in denen sie darüber gegrübelte hatte, ob sie Atemu ihre Liebe zu ihm gestehen sollte. Selbst wenn sie immer in der Nähe des anderen waren, war er doch unerreichbar für sie gewesen. Mit jedem Schritt in seine Richtung, schien er sich zwei Schritte von ihr weg zu entfernen. Es war zum Verzweifeln.

Ihr war ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, als er ihr seine Liebe gebeichtet hatte. Sie schien der glücklichste Mensch zu sein, den es je gegeben hat.

Leise löste sich der letzte Stein um Atemus Herz...
 

Atemu ging fröhlich pfeifend durch die Gänge des Palastes. Heute würde er wieder seine Mehnet sehen. Endlich! Sie war eine Woche lang weggewesen, da sie mit den Priestern eine Gebetswoche in einem der Tempel verbringen musste.

Ein Jahr war es her, als Atemu und Mehnet sich damals auf der Düne geküsste hatten. Eine Woche darauf wusste es der ganze Palast, dass Atemu vergeben war, und nun, nun wusste es ganz Ägypten. Dazu kam noch: Der Pharao würde heiraten. Selber glauben konnte er es ja selber nicht so ganz. Doch bevor Mehnet Atemu das Jawort geben durfte, musste sie in einem Tempel eine Woche lang beten und die Götter fragen, ob sie deren Schützling heiraten dürfte. Wären die Götter dagegen, könnte sie keine Erben auf die Welt bringen. Die Götter würden sie mit Unfruchtbarkeit bestrafen. Atemu war es egal, ob Mehnet für ihn einen Erben hervorbringen konnte oder nicht, Hauptsache er dürfte auf ewig mit ihr zusammen sein. Er wollte niemand anderes. Und wegen den Göttern würde er Mehnet auch nicht aufgeben.

In acht Tagen sollte der große Tag sein. Im Palast ging es drunter und drüber. Alles musste noch vorbereitet werden. Atemus Gedanken kreisten die ganze Zeit nur noch um seine zukünftige Braut. Es würde schon alles gut gehen. Er wusste es. Die Götter hatten sie zusammengeführt und sie würden sie auch zusammenhalten.
 

Am Abend lag Mehnet glücklich in Atemus Armen und beobachtete mit ihm die Sternenformationen am Himmelszelt. Sie fühlte sich so glücklich wie noch nie zuvor.

Glücklich setzte sie sich aufrecht hin und schaute in seine lila Augen, die in der Nacht wie Rubine leuchteten. "Ich muss dir etwas sagen. Etwas ganz wichtiges."

"Was gibt es, Mehnet?"

"I-ich hatte es schon vor der Gebetswoche geahnt, doch bin ich mir jetzt absolut sicher. Atemu,... i-ich werde dir einen Erben zur Welt bringen..."

Atemus Augen weiteten sich. Hatte er gerade richtig gehört? Sie war schwanger?

"Mehnet, d-das ist ... Owah! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll! Das ist... Wahnsinn!!" Freudig umarmte er sie, nur um sie gleich danach wieder loszulassen und sie zu küssen. Die Götter waren mit ihnen. Jetzt konnte es ja nur noch gut gehen!
 

"Schnell! Ihr müsst ihr helfen!!" Atemu schlug die schweren Tore auf und kam außer sich in die Halle der Priester gestürmt. Es war noch in den frühen Morgenstunden, daher waren alle Priester versammelt um das tägliche Morgengebet zu halten.

Der junge Pharao sackte vor den Priestern auf die Knie und stützte sich zitternd mit den Händen am Boden ab. Sofort halfen zwei von den Anwesenden ihm, sich wieder aufzusetzen und fragten ihn besorgt, was passiert war. Er war blass im Gesicht und Panik und Entsetzen standen in seinen Zügen geschrieben. Langsam kam er wieder zu sich. "Schnell... Mehnet... Sie... sie ist krank... Ihr müsst ihr helfen!!" Der Hohepriester Mahado nahm sich seiner an und schickte die anderen schon einmal voraus zu den Gemächern des Pharaos. Dort angekommen erkannten sie den Grund für Atemus Panik: Mehnet lag kreidebleich auf dem großen Bett und atmete schwer. Schweiß rann an ihrem schönen Gesicht herunter und ein unruhiger Schlaf plagte sie. Ihr Körper zitterte und hatte jegliche Farbe und Wärme verloren.

Atemu betrat nun auch wieder die Gemächer. Sofort setzte er sich zu seiner Geliebten aufs Bett und hielt ihre Hand fest. Sein Blick war auf Mehnets erschöpften Gesicht gerichtet und leise Tränen fanden ihren Weg aus seinen Augen. Keiner der Priester hatten den jungen Pharao oft weinen gesehen.

"So helft ihr doch... bitte...", war das einzige, das er im Stande war auszusprechen.

Den ganzen Tag, die ganze Nacht und die ganzen darauffolgenden Tage versuchten die Priester und Heiler ihr Bestes, doch verschlechterte sich Mehnets Zustand nur noch. Sie arbeiteten alle Schriften zweimal durch. Fragten Heilkundige, versuchten verschiedene Zauber, doch zum Schluss konnten sie nur noch beten. Mit jeder Sekunde sank Atemus Herz tiefer in die dunkle Nacht der Einsamkeit. Stein um Stein legte sich wieder als Mauer formatierend um sein Herz und seine Seele. Er hatte sie gerade erst gefunden und musste sie schon wieder loslassen. Er wollte nicht! Warum nahmen die Götter ihm all seine Hoffnung, all seine Freunde, all seine Liebe... all sein Leben?
 

Kein einziges Mal war Atemu von ihrer Seite gewichen. Er hatte keine Schlaf gefunden, solange seine Mehnet zwischen Leben und Tod schwebte. Solange ihr Atem unregelmäßig war und ihre Temperatur von hohem, fast tödlichen Fieber, zu eiskalt wechselte.
 

Hin und wieder wachte sie auf. Atemu versuchte in der Zeit sie zum Essen zu bringen, doch jeden Tag wurde ihr Appetit schwächer. Am fünften Tag hörte sie vollends auf zu Essen. Atemu war am Verzweifeln. Was konnte er nur tun? Nur noch seltener kamen Priester oder Heiler in die Gemächer des Pharaos. Sie suchten in den Bibliotheken, doch viele hatten schon die Hoffnung verloren. In Ägypten herrschte eine bedrückende Stimmung. Niemand glaubte so recht an das Überleben der zukünftigen Gemahlin des Pharaos. Nur ein einziger versuchte den Funken Hoffnung in seinem Herzen zu halten. Trotz der Meinungen der anderen betete er weiterhin zu den Göttern. Flehte... Hoffte... Glaubte... Doch es schien keine Antwort zu kommen. Atemu fühlte sich im Stich gelassen.
 

Am siebten Tag, der Tag an dem der Pharao von Ägypten heiraten sollte, wachte Mehnet wieder auf. Ihre Augen waren getrübt und ihre Stimme zitterte, als sie sprach. "Atemu... E-es tut mir leid..."

"W-was soll dir leid tun?"

"Ich habe wohl zu den Göttern falsch gebetet. Sie wollen doch nicht, dass ich deine Frau werde..."

"Nein! Nein! Das ist nicht wahr! Du hast nichts falsch gemacht, Mehnet!"

Sie lächelte leicht. "Es war so schön mit dir, Atemu."

"W-was redest du da?"

"Es war die schönste Zeit, die ich je hatte..."

"Mehnet...", schluchzte Atemu. Er versuchte erst gar nicht die Tränen zurückzuhalten. Er wollte stark sein, doch konnte er es nicht.

"Aber nun muss ich gehen."

"Nein, Mehnet! Du wirst wieder gesund! Die Heiler suchen. Du wirst wieder gesund!"

Sie schüttelte leicht den Kopf. "Nein, Atemu... Es ist zu spät. Die Götter wollen nicht, dass ich bei dir bleibe. Sie wollen, dass ich zu ihnen komme..."

"Mehnet... Du darfst mich nicht alleine lassen! I-ich liebe dich doch..." Atemus Stimme war nur noch ein Schluchzen. Er wollte schreien. Er wollte wüten und die Götter verfluchen. Sahen sie denn nicht, dass sie ihm sein Herz brechen, indem sie Mehnet von ihm nahmen? Spürten sie denn nicht, dass sie ihn dadurch nur noch einem einzelnen Faden hängen ließen? Doch er konnte nichts tun. Konnte nicht schreien, nicht wüten, keinen Fluch konnte er über die Lippen bekommen - Sein Körper war wie gelähmt.

So schlimm hatte er sich noch nie gefühlt. Nicht einmal, als sein Vater gestorben war. Oder seine Mutter. Sie hatten ihn alleine gelassen. Alleine in dieser ungerechten Welt. Sie waren zu früh von ihm gegangen. Viel zu früh. Mehnet war der einzige Grund, warum er selber noch am Leben war. Ohne sie wäre er schon längst zerfallen wie eine Sandburg während eines Sturms.

Was solle er ohne sie machen? Ohne ihre Art ihn zum Lachen zu bringen?! Ohne ihre Augen, die so viel Liebe, Freude und Geborgenheit ausstrahlten?! Ohne ihre Berührungen, die so zart wie der Südwind waren?! Ohne ihre Worte, die seine Seele wieder zum Leben brachten...

"Mein Leben schien ein Ende zu haben, damals. Doch als ich dich traf, Atemu, erkannte ich wieder den Wert am Leben...", erzählte Mehnet mit schwacher und brüchiger Stimme.

"Oft hatte ich den Gedanken an Selbstmord gehegt. Ich wollte endlich mein Leben beenden. Es hatte keinen Sinn mehr. Außerdem behagte es mir nicht, dass das Schicksal irgendwann entscheiden würde, wann ich in das Reich der Toten zu gehen habe.

Ich wollte endlich meine Familie wieder sehen..." Sie lachte kurz auf. "Aber ich hatte nie den Mut dazu...

Nun ist es soweit."

Sie seufzte und blickte tief in Atemus Augen, in denen sich Tränen bildeten.

"E-es tut mir nur so leid, dass ich dich alleine lassen muss. U-und dass ich dein Kind nicht auf die Welt bringen kann."

Atemu weinte. Er wollte sie nicht gehen lassen. Noch nicht. Das Schicksal konnte ihn mal. Er würde sie nicht loslassen. Sie würde bei ihm bleiben. Er würde es nicht zulassen, dass sie geht.

Mehnet strich sanft über Atemus Hand, sodass er ihr wieder in die Augen schaute. "Lass mich gehen, Atemu..."

Der junge Pharao schüttelte den Kopf. "Nein.", wisperte er.

"Bitte, Atemu. Du musst. Sonst werde ich keine Ruhe finden." Das Sprechen fiel ihr immer schwerer.

Atemu senkte betrübt den Blick und nickte leicht.

Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und führte ihn zu sich runter. "Danke... Atemu... Ich liebe dich und werde dich auf ewig lieben. Vergiss mich nicht."

Weiter zog sie ihn zu sich runter und küsste ihn leicht. Sie spürte, wie Atemus Tränen auf ihr Gesicht fielen. Sie wollte nicht, dass er wegen ihr weinte. Er sollte weiterleben. Sein Volk beschützen. Das Leben würde für ihn weitergehen... und für sie untergehen.

Kälte breitete sich in ihrem Körper aus. Ihre Füße wurden taub. Sie hörte ihren Herzschlag laut in ihrem Kopf pochen. Das Ende war nah.

Sanft stieß sie Atemu von sich. Sie schaute liebevoll in seine Augen und hauchte leise ein "Lebe wohl", ehe sie leblos in die Kissen zurücksank und die Augen schloss. Seine Hoffnung war gerade von ihm gegangen.
 

Der letzte Stein setzte sich auf die Mauer um Atemus Herz. Die Einsamkeit zog ihn wieder zurück in die Dunkelheit. Er war wieder allein. Doch fühlte er sich nun noch schlechter als zuvor. Das Leben war gegen ihn. Der Weg, den er sich entlang schleppte war vom Tod gezeichnet.
 

~**~
 

Yami wachte mit einem Aufschrei auf. Nervös schaute er sich um. Er befand sich in seinem Zimmer im GameShop. Seufzend wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht und schaute auf die Uhr: 7:56 Uhr. So langsam konnte er sich fertig machen. Er hatte Marik am Vortag versprochen bei ihm vorbeizuschauen.

Seit er seinen eigenen Körper und wieder seine Erinnerungen hatte, träumte er immer wieder diesen Traum. Diesen Traum über Mehnet. Diesen Traum über seine einzige Liebe.

Jetzt, da er sich wieder daran erinnerte, tat es mehr weh, als er es ich jemals vorstellen konnte, wie so etwas schmerzen konnte.

Yami zog sich an, sagte Yugi und dessen Großvater Bescheid und verließ das Haus. Auf dem Weg zu Ishtars Haus schwirrten ihm Tausende Gedanken durch den Kopf. Gedanken an Mehnet. An ihre Liebe zu ihm und wie sie ihm aus den Händen geglitten war.

//Mehnet...// Wie konnte sie denken, dass er sie je vergessen könnte? Aber... es war wirklich passiert. Er hatte sie vergessen. Ihre gemeinsame Zeit und den letzten Kuss, den er für immer in sein Gedächtnis brennen wollte, es aber nicht geschafft hatte. Eine einzelne Träne rollte über seine Wange. Er hatte sein Versprechen gebrochen.
 

"Mein Pharao! Tretet ein.", begrüßte Marik Yami an der Tür und ließ ihn eintreten. "Warum ich Euch hergebeten habe ist folgender Grund: Wir haben eine äußerst interessante Schriftrolle gefunden. Wenn Ihr sie Euch kurz anschauen könntet?! Sie ist im..."

"Habt ihr Besuch?", unterbrach Yami ihn. Im Flur standen überall Koffer.

"Äh... ja. Eine Bekannte aus Ägypten wohnt seit gestern bei uns. Ihre Familie ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen."

Sie bogen um die Ecke und sahen ein schwarzhaariges Mädchen mit dunklen, ja fast schwarzen Augen, im Wohnzimmer stehen. "H-hallo!", sagte sie überraschend für Yami auf Japanisch.

"Hallo..." Er betrachtete sie genauer und konnte sich nicht mehr von ihr abwenden. Sie war ungefähr in seinem Alter und irgendwie kam sie ihm bekannt vor.

Sie lächelte und ließ in Yami eine angenehme bekannte Wärme aufsteigen. "Mein Name ist Mehnet." Der Groschen fiel.

"Ich heiße Atemu."
 


 


 


 


 

Anmerkung der Autorin:

*heul* Welch traurige Geschichte! Wie konnte ich so etwas schreiben? Aber ich versichere euch: Ich hatte am Anfang gar nicht vor sie sterben zu lassen. Dann hatte ich irgendwie die Idee dazu. Aber das konnte ich doch unmöglich so einfach stehen lassen. Ich kann doch nicht einfach so jemanden "ermorden"! Dann hatte ich mir diesen schönen Schluss ausgedacht. *schnief* Hat jemand ein Taschentuch? Ich liebe solche Geschichten! Wenn so etwas verfilmt wird, muss ich immer während dem Film heulen. Komisch war, dass ich beim Schreiben dieser Sterbeszene, gar nicht heulen musste. Ein bisschen vielleicht, als ich es mir noch ein weiteres Mal durchgelesen hatte. Ist das normal? WAS IST MIT MIR LOS?? Ich habe das Weinen verlernt!!!

Nun gut,... das war's dann mal wieder von mir. Ich muss jetzt in einen Heul-Kurs gehen.
 

Bis Gestern! Eure treulose Tomate Resa.

PS: Ich danke Anna, die mich immer angespornt hat weiter zu schreiben. Und entschuldige mich bei Yami, da ich ihn so leiden ließ. SORRY!!!



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2005-07-11T08:22:28+00:00 11.07.2005 10:22
Ich...ich. Ach verdammt *heul* ist das traurig. Ich liebe deine FFs. Aberd eiser hier ist wohl der traurigste von allen
Von: abgemeldet
2005-06-28T17:12:30+00:00 28.06.2005 19:12
Ach das war doch ne richtig schöne FF. Mir hat sie voll gefallen. Vor allem weil sie viel Ähnlichkeit mit meiner ersten FF hat. Ich hab so ähnliches geschrieben wie du. Deswegen konnte ich deine Story richtig gut nachvollziehen. Hast auch echt super beschrieben und erklärt. Hat mir total gefallen. Auch die Sache mit dem eigenen Körper. Sehr gut.
Nur an sich fand ich sie vielleicht ein bisschen kurz. Du hättest manches noch ein wenig genauer ausführen können. Vor allem wie es vom ersten Kuss auf einmal zu schwanger kam. Da hättest du noch ein bisschen mehr Romantik beschreiben können. Aber den Schluss fand ich echt gut. Knapp und präzise. Alles wichtige wurde gesagt [ die Namen ;-) ] und den Rest kann man sich denken. Hat mir gefallen.
Hoffe da kommt noch mehr FF von dir. (und eventuell magst du ja auch mal meine FF anschauen, wenn du solche Romantischen Storys magst, soll jetzt keine Eigenwerbung werden)
Also bis dann
Ronja
Von: abgemeldet
2005-02-01T19:52:29+00:00 01.02.2005 20:52
*sniff* traurig T-T
aber das Ende ist schön...*dabei ein Beschützerinstinkt für Yami aufgebaut hat* obwohl eifersüchtig wurd ich doch XD ich sag mal nix ich bin bestimmt nich die einzige die Yami so vergöttert *-* trotzdem du bist spitze >-< und deine FF's auch!
Von: abgemeldet
2005-01-22T10:38:03+00:00 22.01.2005 11:38
die story ist klasse!!! es ist zwar echt traurig, aber irre gut! ich bin beeindruckt!!! so etwas könnte ich nie schreiben...-.-°ich hoffe du schreibst weiter!!! >_<
Einfach genial!
*knuddel* Akari
Von: abgemeldet
2005-01-03T22:38:06+00:00 03.01.2005 23:38
"snif" so traurig und doch so wunderschön. Toller Schreibstiel aber viel viel zu kurz. Andererseits, was könntest du noch schreiben? Mir wäre auch nichts mehr eingefallen. Klasse Story. Echt!
BYE Sakurai


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