Plea
Kapitel 58:
Plea
Zorros Sicht
Das war, fand ich, ein super Plan. Ich hatte Sanji zu mir bestellt und er würde an meiner Stelle kochen,
was ich dann Robin vorsetzen würde. So viel Cleverness würde mir wohl nicht jeder zutrauen, aber ich
hatte Grips. Als Sanji nach der Schule zu mir kam, öffnete ich ihm die Tür, nett grinsend. „Hey.“ meinten
wir beide und er kam rein. Mensch, der wollte sich schon die Schuhe ausziehen, aber die konnte der
doch anlassen! Aber wenn er eben so erzogen war, sagte ich nichts, hauptsache ich würde ihn
einwickeln können; nur ging mir dieses gute Benehmen auch schon bei den anderen auf’n Senkel. Als
wir schon im engen Flur standen, wollte er auch gleich wissen, was los war. „Und was brauchst du mich
jetzt?“ Schon in der Schule wollte ich es ihm nicht sagen, sonst hätte er hundert Pro nein gesagt und
wäre hier nicht mal aufgekreuzt. „Ich wollte, dass du mir etwas beim Kochen hilfst.“ Da wurde er stutzig
und sah mich komisch an, und bevor der noch falsche Gedanken bekam, ergänzte ich schnell: „Das ist
nicht für mich, also denk bloß nichts Falsches! Du bist doch so gut im Kochen, nicht?“ Noch immer
skeptisch betrachtete er mich, ging aber dann in meine Küche. „Hier drin soll ich kochen? Ist ja ganz
schön klein.“ Wenn ich nicht auf ihn angewiesen wäre, hätte ich jetzt sicherlich einen Spruch
losgelassen, aber ich zügelte meine Zunge. Sanji drehte sich zu mir um. „Und wie komme ich zu der
Ehre?“ Wieso dachten alle immer gleich, dass ich so was nur aus Eigenzweck machte? Aber gut, ich
hatte ja wirklich was vor und es kam auch nicht gerade häufig vor, dass ich Sanji zum Kochen
herbestellte. „Es soll ein Essen für zwei Personen sein.“ Überrascht sah mich ein Augenpaar an, doch
dass konnte er sich sparen. War es so was Abnormales, wenn ich mich jetzt öfters mit Robin traf? Nur
weil ich ihnen ansonsten noch nie eine Frau vorgestellt hatte, hieß das noch lange nicht, dass ich noch
nie eine Freundin hatte. Wieso reagierten die jetzt so da drauf? „Sag bloß, deine Freundin kommt
hierher!?“ Ein leicht gereiztes Stöhnen brachte ich hervor und lief an ihm vorbei. „Ja, und deshalb wollte
ich was für sie kochen. Aber ich krieg einfach nichts zustande, die Küche war vorhin der reinste
Saustall!“ Sanji machte keine blöden Kommentare oder sonst was, sondern klopfte mir brüderlich auf
die Schulter. „Mach dir nichts draus, ich helf dir ja schon.“ Klar wusste ich, dass er mich nicht hängen
lassen würde, von daher lächelte ich ihm dankbar zu. „Danke, Kumpel.“ sagte ich noch, dann ging ich
aus dem Zimmer raus, da es für zwei Leute in der Küche schon recht ungemütlich wurde. Der würde
sich jetzt erstmal ein bissel austoben, doch gleich darauf ertönte seine Stimme schon wieder, wobei ich
mich schon an den Tisch gehockt und einen Katalog geschnappt hatte. „Hey, wo willst du hin? Ich
dachte, ich sollte dir HELFEN und dir nicht die Arbeit GANZ abnehmen!?“ Wie ein begossener Pudel
stand er im Türrahmen und glotzte mich fragend an, doch nur lässig meinte ich. „Ach komm, das
kannst du doch ohne mich tausend Mal besser. Ich versau eh nur wieder alles.“ Ein paar Sekunden war
er geblockt, doch verschwand dann nachdenklich in der Küche. Das hatte wohl gesessen, und zumal
auch noch gestimmt, was ich gesagt hatte. Zufrieden blätterte ich den Katalog durch, es lief alles wie
geschmiert.
Als später Robin kam, konnte ich ihr stolz das kleine Festschmaus präsentieren. Natürlich traute sie mir
nicht zu, dass ich das gemacht haben konnte, sondern vermutete dahinter ein Küchenservice oder so,
aber das war mein Geheimnis. Ein gelungener Tag und ich saß mit der unglaublichen Schönheit am
Essenstisch, sie war so der Hammer, das hatte sogar mich beim ersten Hingucker umgehauen. Dass sie
mir jetzt in meiner kleinen Bude Gesellschaft leistete und mit mir aß, war nur die Krönung von alledem.
Ihre langen Beine hatte sie übereinander geschlagen und war trotzdem so zurückhaltend wie immer,
doch so geheimnisvoll und mit diesen durchdringenden Augen konnte ein Mann ihr einfach nicht
widerstehen. Doch obwohl sie das wusste, war sie nicht wie ein billiges Luder, sondern wollte etwas
Ernstes und sah sich genau die Typen an, mit denen sie sich abgab. Ich war heilfroh, dass sie bei mir
nicht oberflächlich war. Sie hatte nicht über mich geurteilt wie es schon so manche Tussen gemacht
hatten, sondern mich erstmal vorher besser kennen gelernt. Ich war kein Macho, so wie es mir viele
zutrauten, die mich nicht besser kannten, sondern konnte ernst und tiefgründig sein, nur ließ ich
immer den Faulpelz und Langschläfer raushängen. Dass sie mich schon von vornherein durchschaut
hatte, fand ich bemerkenswert und dass sie sich nicht von meinem Verhalten hat blenden lassen, was
auch noch verblüffend dazu. Wir haben uns ja schon besser kennen gelernt, und es konnte meines
Erachtens nach nur etwas Langandauerndes mit uns beiden werden.
Sanjis Sicht
Ich lief von Zorro nach Hause, echt komisch, auf was für Ideen dieser Trottel manchmal kam. Aber wann
bat er mich schon mal um Hilfe?, also von daher konnte ich ihm ja mal helfen. Außerdem fand ich es
schön, so auch mal in gewisser Art Respekt für mein Kochtalent zu bekommen, zumal es sich um Zorro
handelte. Zorro, der sonst nie ein Lob oder ein Dankeschön von sich hören ließ und gerade jetzt hatte
er mich um Unterstützung gebeten, echt krass. Solange er meine Arbeit nicht als die seine ausgeben
würde, wäre es ja okay und ich brauchte auch keinen heißen Wind darum zu machen. Dass er mich als
ganz normaler Freund gefragt hatte, ob ich vorbei kommen könnte, fand ich recht schön, das war eine
Seltenheit, die ich deswegen nur umso mehr genoss. Fröhlich schlenderte ich auf meine Haustür zu und
öffnete diese auch sogleich.
Ich hatte leider noch Hausaufgaben auf, aber würde danach Nami besuchen! Darauf freute ich mich wie
blöd und konnte mich nicht recht zusammenreißen, um auf gescheite Lösungen zu kommen. Immer
wieder musste ich an sie denken, ich sah ihr Gesicht ganz deutlich vor mir und stellte mir vor, dass ich
sie gerade zum Lachen gebracht hätte, doch das alles nützte mir nichts, denn dadurch wurde ich nicht
schneller mit der Arbeit fertig. Plötzlich klingelte das Telefon und ich musste mich dorthin begeben.
Fast noch wäre ich über meinen Fuß gestolpert, doch nichts passierte. „Hallo?“ fragte ich, nachdem ich
den Hörer abgenommen hatte. „Hallo, Sanji.“ vernahm ich Seulgis Stimme und mir kam es vor, als
würde mein Herz für einen Schlag aussetzen. „Wie geht’s dir?“ erkundigte sie sich, tat ganz so, als ob
nichts los wäre. „Ganz gut, ich hab aber leider keine Zeit.“ log ich schnell, doch ließ es mir nicht
anmerken. „Och, Schade. Was machst du denn gerade? Oder wo musst du hin?“ Die Wahrheit sollte ich
ihr besser nicht sagen, beschloss ich kurzerhand. „Ich geh noch zu Freunden, wir wollen zusammen für
die Schule lernen.“ So ganz stimmte das zwar nicht, aber egal. Ich wollte sie abschütteln, das konnte
doch nicht sein, dass sie mich einfach so anrief, das mochte ich überhaupt nicht. „Und wann kommst
du mich das nächste Mal besuchen?“ wollte sie wissen, doch mir ging ihre Anhänglichkeit echt auf die
Nerven und mir wurde es echt unangenehm. Ich saß auch so was von in der Zwickmühle, was sollte ich
da groß machen? „Demnächst mal wieder, versprochen. Ich muss jetzt leider gehen, bin schon auf dem
Sprung.“ drängelte ich absichtlich, um sie dann auch abzuwimmeln. Nach noch kurzem Hin- und her
konnte ich dann auch auflegen und lief ruhig an den Tisch zurück.
Jetzt war es eh für mich geplatzt, die Hausaufgaben konnte ich mit so einem dicken Kopf nicht machen.
Mir stand’s bis hier, dass sich Seulgi andauernd bei mir meldete. Sie kam mir schon regelrecht wie eine
Klette vor, und seit sie mir die Narbe verpasst hatte, hatte sich echt eine Antisympathie für sie
entwickelt. Klar hatte ich Gewissensbisse, immerhin war es auch teils meine Schuld, dass sie so
geworden ist, wir hatten eben viel zusammen durch gemacht, aber sie konnte oder wollte einfach nicht
einsehen, dass ich mit der Vergangenheit abgeschlossen hatte und jetzt mein eigenes Leben leben
wollte, in dem sie keinen Platz an meiner Seite hatte. Seit das mit Nami angefangen hatte, war ich auch
Pola los, das hatte ich alles ENDLICH hinter mir. Es wäre unmöglich gewesen, wenn das mit Pola
angedauert hätte, und ich dabei mit Nami zusammen sein wollte. Doch das war Geschichte, ich hatte es
echt geschafft, war mit dem Mädchen meines Herzens zusammen. Ich Glückspilz, sie liebte mich auch
noch und es hätte alles nicht besser werden können. Nur störte mich Seulgi immer wieder bei meinem
Glück und holte mich von Wolke Sieben runter, was ich unfair fand. Sobald ich ihre Stimme hörte,
bekam ich irgendwie ein schlechtes Gewissen, sie gönnte es mir einfach nicht, dass ich meine Freiheit
hatte und sie wegen ihrer Erblindung in jeder Hinsicht eingeschränkt war. Aber wenn das ihr Schicksal
war, konnte ich doch auch nicht groß was dran ändern und sie sollte mich zumindest mal in Frieden
lassen.
Ruckartig beschloss ich, meine Hefte zu packen und zu Nami zu gehen. Sie würde sicher mit mir die
Hausaufgaben zusammen machen und ich würde gleichzeitig ein wenig Zeit mit ihr verbringen, also ein
weiser Entschluss. Auf der Straße schien die Sonne auf mich runter und ich spürte die Wärme, die sie
mir schenkte. Heute war wieder ein so schöner Tag und ich konnte einfach nicht glauben, wie krass
mein Leben eigentlich verlief. Bei mir ging es echt wellenförmig auf und ab, nach oben und nach unten.
Auf einmal blieb ich stehen und mir machte eine Sache wirklich schwer zu schaffen, ich musste richtig
darüber nachdenken. Hatte ich Nami überhaupt verdient? Den Gedanken verdrängte ich genauso
schnell, wie er gekommen war, natürlich hatte ich sie verdient, sonst würde sie mich ja nicht lieben,
und setzte meinen Weg auch schon weiter fort. Doch erneut schob sich etwas zwischen meine
Gedanken und ich blieb schon wieder stehen. Durch die ganze Geschichte war ich doch total
verschandet, hatte mich wildfremden Frauen angeboten und meinen Körper verkauft, ich war doch total
beschmutzt, verdorben, wieso sollte Nami so einen wie mich abkriegen? Doch schon wieder setzte ich
meinen sturen Willen durch und blendete diese Fragen aus, lief mit energischen Schritten weiter.
Manchmal hasste ich mich für solche Gedanken!
Dann kam ich auch schon bei Nami Zuhause an, doch mein Körper wollte nicht dorthin gehen. Es war so
leicht, ich bräuchte nur zu klingeln und alles wäre in bester Ordnung, ich hatte auch schon Sehnsucht
nach ihr, doch mein Körper ließ sich nicht anspornen, um zu ihrer Haustür zu gehen. Ich spürte etwas,
das ich schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Angst. Ich musste automatisch an Seulgi denken, grad,
weil sie heute angerufen hatte, dass war gar nicht gut. Wieso hatte ich sie damals so geliebt? Sie war
das hübscheste, klügste und lebensfroheste Mädchen, das ich je kennen gelernt hatte. Und dann? Alles
ist kaputt gegangen und sie hat gelitten. Meinetwegen hatte Seulgi sehr gelitten und war mir immer
treu geblieben, wobei ich total vom rechten Weg abgekommen bin. Seitdem habe ich sie nie wieder
richtig lachen gesehen, und wenn, dann waren es nur gestellte Lachen. Sie war total zur Simulantin
mutiert, zeigte kaum noch, was sie wirklich empfand. Sie wollte nie, dass jemand ihren Schmerz sah,
den ihr ihre Krankheit oder ich zugeführt hatten und darum hatte sie einen Schutzwall um sich herum
aufgestellt. Ich habe mitgewirkt, dass sie ihr Lachen verloren hatte und auf einmal bekam ich diese
scheiß Angst. Ich hatte so Schiss davor, dass Nami auch einmal so enden könnte wie Seulgi, dass sie
auch ihr schönes Lachen verlieren könnte. Ich seufzte und setzte dann einen Fuß in die Richtung des
Hauses. Diese Angst musste ich aber in Kauf nehmen, wenn ich das Glück mit Nami behalten wollte. So
weit würde es außerdem nicht kommen, so was war nur einmal im Leben möglich, und das war schon
bei Seulgi; und Nami hatte damit nun wirklich nichts am Hut. Ich wusste so oder so, dass ich schon
gleich darauf nicht mehr an das alles denken würde, denn bei ihr vergaß ich alle meine Sorgen, was
noch so eine Wunderheilung bei ihr war. Das konnte niemand anderes bewirken, außer sie.
erstellt am 30.05.2007
4Kolibris,
Elena