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Yina und Feoan

Der Fluch
von

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Sonnenuntergang und Sonnenaufgang

Sonnenuntergang und Sonnenaufgang
 

Der Wind wehte durch meine Haare und ließ mich frösteln, als ich mich zum Adler aufmachte. Jyn war heute Morgen nicht ansprechbar gewesen, er hatte sich nicht einmal gewehrt, sondern alles mit einem kalten und abweisenden Blick ertragen. Es schmerzte mich sehr ihn so zu sehen und ich hatte Feyn gebeten, auf ihn aufzupassen, solange ich bei Fain war. Dass ich zu einem anderen Elfen ging, hatte ich natürlich nicht gesagt – einerseits weil ich dadurch meine Schuldgefühle und Gewissensbisse gegenüber Jyn nur verstärkt hätte, und zweitens, weil Feyn mich dann sicher davon abgehalten hätte. Außerdem war ich viel früher aufgebrochen, als es geplant war. Der Tag war bereits weit voraus geschritten und es war schon drei Stunden nach Mittag. Ich folgte nun also, in Gedanken vertieft dem Weg, der mich zum Adler führte und achtete kaum auf meine Umgebung, sodass ich nicht bemerkte, wie mir jemand entgegenkam, der mich anscheinend auch nicht wahrzunehmen schien. Für einen Bruchteil einer Sekunde, glaubte ich einen Schatten direkt vor mir auf dem Boden ausmachen zu können, doch bevor ich aufblicken konnte, war es schon passiert. Ich stieß mit dem Kopf gegen die Brust meines Gegenübers, taumelte, stolperte und war kurz davor mich auf den Boden zu setzen, als eine Hand meinen Arm umschloss und mich mit einem leichten Ruck wieder in meine vorherige Position zog. Dankbar blickte ich auf – und erstarrte. Mein Lächeln fror auf meinem Gesicht ein, wie die Oberfläche des Wassers an einem rauen Wintertag.
 

Es war Feoan.
 

Ein sanftes Lächeln umspielte seine wohlgeformten Lippen und in seinen Augen fixierten mein Gesicht und wanderten strahlend von meinem Kopf bis zu meinen Füßen, als betrachteten sie ein wunderschönes Bild der Zufriedenheit und des Glücks. Obwohl er einfach makellos aussah, entdeckte ich die leichten Augenringe und die schlaff herunterhängenden Arme, die ihn sehr müde aussehen ließen. Einen Moment starrte ich ihn einfach nur an, dann entwand ich meinen Arm seiner Hand und zwang mich zu einem höflichen Dank, wie es sich für eine junge Dame ziemte.
 

„Danke, mein Herr.“, sagte ich mit kalter, abweisender Stimme und wollte mich schon an ihm vorbei schieben, um meinen Weg fortzusetzen, als ich seine kühle Hand an meiner spürte.
 

„Yina, wartet“, hörte ich ihn leise flüstern. Sein Ton erschreckte mich, er klang traurig – ich glaubte auch Schmerz aus seiner Stimme herauszuhören und drehte mich langsam zu ihm um. Seine schwarzen Haare verdeckten sein Gesicht, welches er nach unten gerichtet hatte, als würde er auf seine Füße starren. Ich zögerte und wusste nicht was ich sagen oder tun sollte. Wie erstarrt ließ ich ihn meine Hand berühren und wartete auf ein weiteres Wort von ihm, doch nicht eins kam über seine Lippen. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und fragte ihn vorsichtig:
 

„Was ist mit Euch, mein Herr?“ Er schreckte hoch und unsere Augen trafen sich. So sehr er sich auch dagegen wehrte, ich konnte die Tränen sehen, die sich aus seinen Augenwinkeln stahlen und war schon wieder verwundert und leicht erschrocken über sein Verhalten. Einen Moment sah es so aus, als ringe er noch mit sich um eine Antwort, dann spürte ich seine kalte Hand nicht mehr, denn er wandte sich schnell um und verschwand schnellen Schrittes in einer der nächsten Gassen.
 

Den Adler erreichte ich zum frühen Abend, es dämmerte schon und ich war freudig überrascht Fain am Eingang zum Wirtshaus an der Wand angelehnt anzutreffen. Als er mich erblickte lächelte er mir freudig zu und kam zu mir. Mein Herz begann zu pochen und die Hitze stieg mir ins Gesicht – ich hoffte er sah es nicht und erwiderte sein Lächeln mit meinem Strahlenden. Zögernd standen wir uns gegenüber und bedachten uns schweigend mit vorsichtigen Blicken. Fain war genauso schön wie er es gestern gewesen war, nur das er ein wenig müde wirkte. Sein rotes Haar hatte er gekämmt und der Wind wehte den Duft von Zitronenmelisse zu mir herüber der von ihm auszugehen schien. Kurz zögerte ich noch, dann ging ich noch einen Schritt näher und umarmte ihn, lehnte meinen Kopf an seine Brust und zog den herrlichen Duft in meinen Körper. Zuerst schien er überrascht, doch dann legte auch er seine Arme um meine Taille und drückte mich an sich.
 

„Hallo Yina.“, flüsterte er mir ins Ohr und ich spürte, wie mir ein Schauer über den Rücken lief bei dem wundervollen Klang seiner Stimme.
 

„Hallo…“, hauchte ich zurück und wünschte mir dieser Augenblick möge nie vergehen. Als ich einen Blick über seine Schulter warf, sah ich die Sonne rot hinter den Hügeln verschwinden und seufzte. Langsam löste ich mich aus der Umarmung und deutete mit dem Kopf fragend auf das Gasthaus. Doch Fain schien heute nicht ins Gasthaus zu wollen, er schüttelte sacht den Kopf und wies mit der Hand auf die kleine Wiese die unterhalb des Hügels einen kleinen See umschloss in dem sich das rote Licht der Sonne widerspiegelte. Vor Aufregung begann ich zu zittern und nickte. Er half mir den Hang hinunter zu klettern und nach kurzem Zögern, nahm er meine Hand und umschloss sie fest mit seiner. Sie fühlte sich kühl an und ich verspürte den Wunsch, sie mit meiner Eigenen zu wärmen. Wir liefen über die gold schimmernde Wiese hinüber zum See und ich genoss die zarten Gräser die sich um meine Beine schlangen und mich zu streicheln schienen. Ich spürte den Boden, der sanft unter meinen Füßen nachgab und ich spürte den Wind, der heute nicht kalt zu sein schien, obwohl es Herbst wurde. Alle meine Gedanken waren darauf gerichtet, dass es schön war zu leben und den Wind, die Gräser und den Boden zu spüren – und Fains Hand zu halten und ihm zu folgen, egal wohin. Der Fluch war wie vergessen in diesem Moment, nur das Glück war da und durchströmte meinen ganzen Körper. Solch ein schönes Gefühl hatte ich noch nie gefühlt, es war himmlisch.
 

Irgendwann hielten wir an und setzten uns auf ein paar große Steine die aus dem Gras auftauchten als wären sie kleine Inseln in einem riesigen Meer. Und wenn der Wind durch das Gras fuhr, bogen sich die Halme, sodass es aussah wie Wellen die unsere Füße streiften. Nichts schien uns hier zu erreichen, das Gelächter aus dem Gasthaus nicht und auch nicht die Sorgen, die uns bedrückten. Fain hielt noch immer meine Hand und ich drückte sie fest, dann und wann hörte ich in seufzen und erleichtert aufatmen. Ich freute mich zwar sehr ihn zu sehen und genoss es ihn zu berühren, dennoch fragte mich ob ich so überstürzt handeln durfte. Wir kannten uns erst seit gestern! Irgendwann konnte ich nicht mehr schweigen und brach die wunderschöne aber auch seltsame Stille um uns herum.
 

„Fain, ich weiß wir wollten uns wieder treffen, aber ich hatte nicht damit gerechnet dass wir… nun ja…“, stotterte ich und zeigte ihm mit einem Blick auf unsere Hände, was ich meinte. Schlagartig ließ er meine Hand los und rutsche ein wenig von mir weg, als habe ich etwas Böses gesagt oder getan.
 

„Wenn Ihr es nicht wollt, dann müsst Ihr es mir sagen, Yina“, begann er, ebenso stockend wie ich und ich konnte sehen, wie der Schmerz ihm ins Gesicht geschrieben stand. Dieser Ausdruck erinnerte mich an jemanden, aber ich konnte mir nicht ins Gedächtnis rufen, an wen. Lange konnte ich ihn mir nicht anschauen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, denn ich wollte es ja. Ich wollte, dass er mich in den Arm nahm, ich wollte, dass er mich bei meinem Namen nannte, ich wollte das alles.
 

„Nein, so meine ich das nicht.“, versuchte ich zu erklären, doch seine Miene blieb immer noch verwirrt. Ich suchte nach Worten, die mir normalerweise leicht und schnell über die Lippen kamen, die ich ihm gegenüber jedoch kaum aussprechen konnte. „Ich will, dass Ihr mich umarmt und meine Hand haltet. Nur… es ist nur so, dass… es geht so schnell.“ Erwartungsvoll sah ich ihn an. Was würde er jetzt sagen oder tun? Möglicherweise wollte er gar nichts von mir, empfand nur freundschaftliche Gefühle für mich und fand meine Erklärung anmaßend und arrogant. Selbst ich wusste nicht einmal, ob meine Gefühle und Wünsche nicht vielleicht auch rein freundschaftlich waren? Er schien im ersten Augenblick ziemlich überrumpelt, jedenfalls sagte er nichts und ich spürte wie ich rot wurde. Schnell rückte ich noch ein Stück von ihm weg und schüttelte den Kopf, auch wenn ich wusste, dass er es nicht sah, weil er den Blick auf seine Füße gesenkt hatte, die bis zu den Knöcheln im hohen Meer aus Gras steckten.
 

„Ich habe mich schon wieder falsch ausgedrückt.“, sagte ich und nahm damit den dritten Anlauf. „Ich dachte nicht an… nun ja… Liebe. Ich dachte an eine freundschaftliche Beziehung, falls meine Worte Euch gerade eben verwirrt haben sollten. Ich habe nichts gegen Umarmungen oder Hände halten, aber ist das nicht etwas, dass... Verliebte tun?“ Was als nächstes geschah, war seltsam: Er fing an, leise zu lachen. Sein Lachen rief in mir unwillkürlich zwei völlig gegensätzliche Gefühle hervor. Einerseits war ich froh, dass er noch etwas mit mir zu tun haben wollte und meine Erklärung nicht als Beleidigung empfunden hatte, andererseits war ich sehr traurig, weil ich den Eindruck hatte als fände er alles was ich gesagt und gestammelt hatte lächerlich und das er nun gleich aufstehen und fortgehen würde. Doch er blieb sitzen und langsam wurde sein Lachen leiser und verlor sich in einem leichten Schmunzeln, welches über seine Lippen huschte. Dann zog er seine Beine auf den Stein und setzte sich im Schneidersitz vor mich.
 

„Ich hätte nichts dagegen in Euch verliebt zu sein, Yina.“, sagte er nach einer Weile leise und nur sein leichtes Grinsen hielt mich davon ab, ihm das zu glauben. „Aber…“, Hierfür brauchte er ein wenig länger und ich sah, dass sein Lächeln angespannt und nicht gewollt war, „Aber lasst uns doch erst einmal Freunde werden.“ Ich nickte mit zugeschnürter Kehle. Das war eine Ermunterung und Absage in einem. Er drehte sich nach einer Weile wieder um und schaute in den Sonnenuntergang. Ich tat es ihm gleich und genoss die roten, und gelben Farbtöne die sich im blauen und violetten Himmel vermischten.
 

Irgendwann nahm er wieder meine Hand und mein Herz schlug mir bis zum Hals – ich bekam kaum Luft. Als die Sonne vor uns hinter den Hügeln versank, ging in meinem Herzen eine Sonne auf und sie glühte voller Wärme und Glück hinaus in den kühlen Herbstabend.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-06-13T12:44:00+00:00 13.06.2008 14:44
Feoan tut mir irgendwie leid...
aber wiedermal sehr schön beschrieben :) deine vergleiche passen immer so schön. Schnelkl weiter machen!!^^
Von:  mitsuki11
2008-06-08T14:41:43+00:00 08.06.2008 16:41
Ach wie süß!! Man warum musstest du denn hier aufhören? Die beiden sind echt süß!!

Bin gespannt wie es weiter geht!!

Lg
Mina


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