06 - Eine neue Freundin
Stirb langsam… aber qualvoll
Hallo!^^
Erstmal wollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich sooo lange nichts mehr von mir hören gelassen habe...
leider habe ich seit fast einem Monat kein Internet mehr gehabt, aber jetzt bin ich endlich wieder da^^
Hier gleich ein neues Kappi *smile*
Und vielen Dank an alle Kommis, die ich schon von euch bekommen habe!^^
lg _aliz_
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Ich habe in meinem leben verdammt viel Scheiße gebaut. Ich habe in der Schule versagt, in allem, was ich anfing. Und es oft genug zu hören bekommen.
Dinge getan, für die ich mich schäme. Ja, ich war in einer Gang. Aber ich war nie ein Schläger, der das, was er tat, nie bereut hätte.
Ich weiß, wie sich Erniedrigung anfühlt.
Aber noch nie fühlte es sich SO an.
Ich hatte nie viel Würde. Aber ich hatte welche. Jetzt nicht mehr.
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06 - Eine neue Freundin?
Keine Ahnung, wie ich in das Zimmer gekommen bin. Jenes, in dem ich ab jetzt leben werde.
Ich weiß nur, dass der Tiger da war. Ich glaube, er hat mich getragen. Da war diese Wärme. Es ist das schönste Gefühl, dass ich je erlebt habe. Zumindest das Schönste, an das ich mich wirklich erinnern kann.
Ich hatte zum ersten Mal Sex. MEIN erstes Mal. Viele sagen, an das kann man sich sein Leben lang erinnern. Es wird gesagt, dass man den richtigen Moment, die richtige Person aussuchen muss. Sonst fehlt einem was, immer.
Also wurde mir mein erster Sex geraubt. Wenn ich jemals freiwillig welchen haben werde, vielleicht werde ich dann verstehen, was das bedeutet. Es ist also etwas Wichtiges. Und es wurde mir geraubt. Einfach so. Ohne das ich mich wehren konnte.
In meinem Bauch ist plötzlich Wut.
Vielleicht ist es auch Demütigung.
Ich bin jetzt erst ein paar Stunden hier. Aber denke, diese Zeit hat mich schon geprägt.
Negativ.
Die anderen Mädchen sind auch hier. Ich liege auf meinem Bett. Mein Kopf fühlt sich schwer an.
Meine Arme. Meine Beine. Mein ganzer Körper. Ich hasse ihn. Ich hasse meinen Körper.
Er ist ekelhaft.
Ich komme mir so leer vor.
Ich blute. Es ist ekelhaft, ich fühle mich nass. Aber es ist nichts im Gegensatz zu dem Ekel, den ich vorhin fühlte. Es ist, als wäre es eine Ewigkeit her. Aber als wäre es immer gegenwärtig. Als ob ich es, egal was ich tue, nie wieder vergessen werde.
Ich werde es nie wieder vergessen.
Ich muss lachen, wenn ich mich an die Gedanken, die ich davor hatte, erinnere. Ich bin ein Narr.
Ich lache.
Und fühle kein bisschen Freude.
Ich habe die Hand zwischen meine Beine geschoben, aber es wird nichts bringen. Die Afrikanerin kommt auf mich zu. Sie hält mir einen Tampon hin. "Das ist normal. Nach dem ersten Mal ist es immer so."
Ob es nach einem freiwilligen ersten Mal auch so gewesen wäre?
Ich gehe auf die Toilette. Es ist mir egal. Egal, ob sie mich ansehen, egal, ob sie weggucken, egal, ob ich halb nackt bin.
Es ist egal.
Es ist so schwer. Es ist schwer, zu gehen, schwer, zu denken. Da ist ein Gefühl, ein Gefühl, das mich runterzieht, mich schwach macht, mich krank macht. Es macht mich fast verrückt.
Aber es ist weder Panik, noch Wut.
Ich möchte, dass mich jemand in den Arm nimmt.
Ich lege mich ins Bett.
Diese Nacht war beschissen. Ich bin aufgewacht. Es war ein Albtraum. Überall habe ich die Fratze vom Fettsack gesehen. Er rief nach mir, er schrie, und er grinste. Ich glaube, ich werde das nie wieder vergessen. Aber ich habe schon so viel geglaubt.
Ihr könnt sie ruhig mitnehmen.
Danach hatte ich Angst, einzuschlafen.
Ich will dieses Gesicht nie wieder sehen. Auch nicht im Traum.
Die Tür öffnet sich.
Der Tiger.
Für einen Moment kann ich es vergessen. Er sieht mich an. Seine Augen sind wunderschön.
Ich will seine Haut spüren.
"Kommt frühstücken." Es klingt freundlich. Die anderen Mädchen sehen ihn an. Anders als beim Elefanten. Vertrauensvoller. Und ich?!
Ich will mir das gar nicht vorstellen. Ich komme mir vor wie eine Fünfjährige.
Ich sehe mich in seinen Augen versinken... Wo sind die anderen? Sie sind weg.
Ich bin mit ihm allein.
Und hab überhaupt keinen Hunger.
Er setzt sich. Auf mein Bett. Zu MIR. Meine Gedanken kreisen. Rasend, wie ein Karussell. In meinem Bauch rumort es. Mein Herz schlägt schneller, als es sollte.
Er sieht mich an und streicht über meine Wange. "War es sehr schlimm?"
Ich kann nicht antworten. Es sieht mich nur an, er streicht nur über meine Wange, er stellt nur eine Frage, er interessiert sich nur für MICH. Aber ich kann nichts sagen.
Mir wird warm. Angenehm warm. Das ist ein Gefühl, welches ich nicht kenne. Und er tut Dinge, die schon lange niemand mehr bei mir getan hat.
Ich senke den Blick. "Du musst nichts sagen. Ich kanns mir vorstellen."
Seine Stimme klingt wunderschön.
Er geht zu Tür und wartet dort. "Komm mit, du musst etwas essen."
Wir sitzen an der Bar. Es kommt mir plötzlich anders vor, nicht so grell, nicht so nach Nacht, so fad. Als ob ich diesen Ort nie zuvor gesehen hätte. Gestern bekam ich nichts zu essen. Ich muss sehr lange geschlafen haben. Warum dürfen die Mädchen jetzt in den Barbereich? Es sind ungefähr zwanzig, die hier sind.
Zwanzig Mädchen, die Tag für Tag vergewaltigt werden.
Es wundert mich. Sonst sind sie eingesperrt, sonst sind wir eingesperrt, aber zum Essen dürfen wir in den Barbereich.
Die Afrikanerin sitzt neben mir. "Wenn sie eins hier nicht mit dir tun, dann ist es, dich verhungern zu lassen. Wir müssen unser Gewicht halten, die Freier sollen schließlich Abwechslung bekommen und nicht immer ein und dieselbe Figur."
Wie sie das sagt. Ich kann es nicht beschreiben. Sie erinnert mich an eine Schlange.
Eine Giftschlange.
Aber wahrscheinlich hat sie Recht. Sie spricht mit mir. Ich sehe sie an.
Sie ist hübsch. Aber vor allem freundlich. Sie versucht zu lächeln, sie wirkt so unvollkommen. Einfach nicht perfekt. Ihre Nase sitzt groß und platt in ihrem Gesicht, ihre Lippen sind braun und so füllig wie die eines Weihnachtskarpfens. Aber gerade das macht sie so hübsch. Und so sympathisch. Gott, was denke ich nur? Ich habe plötzlich wieder so eine Sehnsucht. Aber nicht nach Liebe, nach Aufmerksamkeit, nach Spaß, nach den Gefühlen, die nur in meiner Erinnerung existieren. Ich möchte mit jemandem reden.
Ich wünsche mir die Afrikanerin als Freundin.
Wie heißt sie überhaupt?
"Seit wann bist du hier, Jo?" Ich erwähne jetzt bestimmt schon zum 50.000 Mal ihren Namen. Jo, das klingt so stark. So ausdrucksvoll. Jo.
"Seit zwei Jahren. Sie haben mich gekauft." "Sie haben...was? Wie das denn?"
"Meine Eltern sind verdammt arm. Wir waren sieben Kinder zu Hause, hatten ständig Hunger, Durst. Wir konnten nur Wasser aus irgendwelchen Erdlöchern trinken, das selbstverständlich jede Menge von Krankheitserregern übertragen hat."
Sie setzt sich zu mir auf mein Bett. Wir sitzen da, so, als würden wir uns schon eine halbe Ewigkeit kennen. Ich werde schon fast aufgeregt. Mich durchflutet ein warmes Gefühl, anders als beim Tiger. Aber ich bin irgendwie glücklich. Aufgekratzt. Ich lache sie an. Ich will nicht wissen, wie ich dabei aussehe, aber Jo scheint es zu gefallen. Sie gibt mir ihr strahlendes, herzliches Lächeln wieder. Ich bewundere sie.
"Und dann kamen die." Sie deutet mit dem Kopf gen Decke. "Sie haben meinen Eltern einen Batzen Geld in die Hand gedrückt, und die haben mich dann natürlich auch gleich fortgegeben."
Ihr geht es genauso wie mir. Nur das für mich nicht mal Geld verlangt wurde. Bei mir war man froh, dass man mich los war.
Ihr könnt sie ruhig mitnehmen.
"Und dann haben sie mich hier eingeschleust, über den Landweg, in Lkw´s. Es war eine verdammt lange, anstrengende Reise. Mit mir kamen noch mehr Mädchen. Ich weiß nicht, wo sie jetzt sind. Wir hatten Angst. Ich weiß es noch genau." Jo wird nachdenklich. Sie sieht plötzlich traurig, gebrechlich aus.
Ich möchte sie in den Arm nehmen.
Ich traue mich nicht.
Gib dir einen Ruck.
Nein.
"Ich werde das nie vergessen. Es war kochend heiß, wir waren eingepfercht wie die Tiere." Sie schluckt. Ihre Stimme bricht. "Und jetzt bin ich hier und mir geht es genauso beschissen wie dort."
Eine der anderen kommt zu uns.
Bleib weg.
Sie schließt sie in den Arm.
Verdammt, verpiss dich. Ich will Jo für mich allein haben.
Jo drückt sich an sie. Ihre Tränen fließen nur so, wie in Bächen stürzen sie aus ihren Augen.
Verdammt, verdammt, verdammt!
Warum habe ICH sie nicht in den Arm genommen? Ich bin auch zu dumm. Zu feige. Warum nicht?! Verdammt.
Ich bin gerade mal ein paar Stunden hier, und habe das Gefühl, dass ich schon fast eine Freundin gefunden hatte.
Eine RICHTIGE Freundin.
Meine Gedanken kreisen. Rasend, wie ein Karussell.
Und meine Gefühle drehen sich mit.
Aber ist es überhaupt gut, so viel Vertrauen zu fassen?
Wie kann das überhaupt so schnell gehen? Wie kann mich ein Mensch, mit dem ich gerade ein paar Worte gesprochen habe, so einnehmen?
Weil sie mir etwas anvertraut hat. Etwas, was sie geprägt hat, etwas, das sie zerstört hat, etwas, was sie zum Weinen bringt.
Etwas, das nicht leicht zu sagen ist.
Weil sie mich BEACHTET hat. Wer tut das sonst schon?
Außer dem Tiger.
Meine Gedanken kommen mir vor wie ein Teufelskreis. Ich drehe mich und drehe mich, wie ein Hund, der sich in den Schwanz beißen will.
Ich drehe mich in meinen Gedanken und komme trotzdem kein Stück weiter.
Was sollte es am Ende heißen? Das ich mich wohl fühle, hier, im Puff?
Das Nutte meine Berufung wird?
Was heißt überhaupt Ende?
Ihr könnt sie ruhig mitnehmen.
Vielen Dank fürs lesen!
Würde mich über einen Kommi freuen!
lg _aliz_