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Unter Krähen

Shihos Vergangenheit
von

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Dreizehn

Meine neue Schule war natürlich größer als die Grundschule. Es erwarteten mich viele neue Gesichter, neue Lehrer und vor allem: neue, interessante Fächer.

Die naturwissenschaftlichen Fächer hatten es mir sofort angetan, ich liebte Chemie und Biologie und freute mich auf jede Stunde. Größere Herausforderungen erwarteten mich jedoch nicht. Die anderen Fächer langweilten mich, vieles wusste ich bereits im Voraus oder war schon ganz selbstverständlich. Trotzdem gab ich mir Mühe.

Meine Mitschüler hielten mich für eine elende Streberin, doch es machte mir nichts aus, den Klugscheißer zu geben. Ich fühlte mich den Anderen überlegen, das gab mir Kraft und den festen Willen, mehr zu lernen.

Die Lehrer zeigten sich bei meinen Arbeiten und Referaten überrascht, doch es war keineswegs mein Ziel, jemanden zu beeindrucken. Es war reine Ablenkung, die nicht immer funktionierte.

Die Mädchen aus meiner Klasse schwärmten zumeist für die Jungen aus der Footballmannschaft, in welchen ich nur unreife Idioten sah.

Diese Typen interessierten mich nicht die Bohne.

Allein ER sollte mir Aufmerksamkeit schenken.
 

Mit 13 änderte sich Einiges in meinem Leben.

Es begann damit, dass ich im Sommer meine erste Periode bekam. Zuerst erschrak ich furchtbar, doch ich war aufgeklärt und so lief ich zum nächsten Supermarkt und einzukaufen.

Ich war furchtbar traurig, diese Erfahrung mit niemanden teilen zu können. Andere Mädchen erzählen es ihrer Mutter oder ihrer besten Freundin. Beides hatte ich nicht.

Ich schrieb Akemi eine E-Mail. Gern wäre ich bei dir gewesen, hätte mit ihr darüber gesprochen. Dadurch vermisste ich sie wieder einmal unendlich. Weinend lag ich mit Unterleibschmerzen in meinem Bett, abgeschottet vom Rest dieser Welt durch die heruntergelassenen Rollläden. Niemand sollte mich in diesem Zustand sehen.

Ich fand es ungerecht und gemein, dass sie mich derart von meiner Schwester fernhielten. Zumal ich nicht mal genau wusste, weshalb man uns wirklich getrennt hatte.

Ich vermisste ihre liebevollen und aufmunternden Worte, die mich immer wieder aufbauten.

Telefonieren war zu teuer, so blieben uns nur Briefe und E-Mails. Manchmal schickte Akemi mir Pakete mit Disketten, auf welchen sie Fotos oder sogar Vides von sich gespeichert hatte.

Nicht selten sah ich mir diese Fotos und Videos stundenlang an, versuchte mir ihr Gesicht so gut wie möglich einzuprägen. Wobei ich sowieso immer ein Foto meiner Schwester mit mir rumtrug.
 

Ende August fing die Schule wieder an. Ich bekam eine neue Klassenlehrerin und dank ihr verbrachte ich nur zwei Wochen in der siebten Klasse.

Sie war sehr engagiert und merkte früh, dass ich anders war als die Kinder in meinem Alter.

Schon nach drei Tagen schickte man mich zum Jugendamt, ich musste diverse Tests durchführen und plötzlich stand fest, dass ich hochbegabt war und einen überdurchschnittlichen I.Q. besaß.

Auf einmal herrschte ein ziemlicher Trubel. Es gab eine Lehrerkonferenz wegen mir und unser Vormund (welchen ich noch nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte) tauchte auf. Ich war damit total überfordert, auch wenn ich schon lange geahnt hatte, das etwas mit mir nicht stimmen konnte. Ich freute mich der Hochbegabung wegen nicht unbedingt. Gleichzeitig hoffte ich darauf, dass sich nun doch einiges ändern würde.

Dann wurde ich in die achte Klasse versetzt. Dort war ich nun die Jüngste und wurde wie ein Weltwunder gehandhabt.

Die Lehrer nahmen nur die ersten Tage Rücksicht auf mich, danach ging es auch für mich ganz normal weiter mit dem Schulstoff. Das fand ich in Ordnung, auch wenn meine Noten für wenige Monate wieder etwas schlechter worden.

So schnell wie er gekommen war, verschwand auch mein Vormund wieder. Ich weiß bis heute nicht, ob er wirklich mein Vormund war oder ob die Organisation ihn geschickt hatte.

Er war ein kleiner, schmächtiger Brite mit großer Brille und sehr nervösen Augen. Später habe ich Akemi nach ihm gefragt, auch sie kannte ihn nicht.
 

Drei Monate vor meinem 14. Geburtstag bot man mir von Seiten der Organisation Nachhilfe in Chemie und Biologie an. Nicht, dass es nötig gewesen wäre. Doch ich brannte darauf, mehr und vor allem interessantere Dinge als im Schulunterricht zu lernen. Ich nahm das Angebot dankend an.

So gewährte man mir den Zutritt zu den geheimen Laboratorien der Organisation. Ich war hellauf begeistert.

Vier Nachmittage in der Woche verbrachte ich in diesen Laboratorien. Mein Wissensdurst wurde endlich gestillt, doch je mehr ich lernte, desto mehr Neues wollte ich wissen. Mir hatten es die biochemischen Experimente angetan.

Ich ahnte ja nicht, dass man in der Organisation meine Entwicklung so guthieß, weil ich an dem Projekt meiner Eltern forschen sollte.

Von Akemi wusste ich lediglich, dass unsere Eltern ebenfalls Wissenschaftler waren. Und schließlich entdeckte ich dieses Ziel ebenfalls für mich.

Die Möglichkeit, eine richtige Wissenschaftlerin zu werden, eröffnete sich dann rascher, als ich gedacht hätte.
 

„Morgen kann ich dich nicht abholen.“, verkündigte Gin mir einen Tag vor meinem 14. Geburtstag.

„Wieso nicht?“

Bevor er antwortete, schnippte er den Zigarettenstummel aus dem Wagenfenster.

„Ich habe eine Besprechung. Du kannst ja immer noch mit dem Bus fahren oder zu Fuß gehen.“, antwortete er kühl.

Ich verschränkte die Arme. „Was ist das für eine Besprechung? Kann ich nicht einfach mitkommen?“

Er lachte auf. „Die Besprechung beginnt, wenn du noch mit deinem hübschen Hintern in der Schule sitzt.“

„Ist dein… Boss dabei?“, fragte ich Gin und für meinen Moment schien er irritiert.

„Ja…“

Ich griff nach meiner Tasche und stieg aus. „Ich würde deinen Boss zu gern mal kennen lernen…“, sagte ich nachdenklich und ließ die Wagentür zuschnappen.
 

Am nächsten Morgen lief ich zur Schule.

Es wäre aufgefallen, hätte ich den Bus genommen. Lustigerweise wussten alle, dass ich immer von einem großen, unheimlichen Typen abgeholt wurde.

Um mir lästige Fragen zu ersparen, ging ich zur Fuß.

In der Schule sah meine Lehrerin im Klassenbuch, dass ich Geburtstag hatte und gratulierte mir überschwänglich. Hier und da kamen wenige Glückwünsche, was nicht nur mir unangenehm war.
 

Nachdem ich eine halbe Stunde zu Hause war, klingelte es an der Tür.

Gin hielt mir einen gekauften Kuchen vor die Nase und murmelte leise „Alles Gute“. Ich war darüber so erfreut, dass ich ihn umarmte.

Etwas perplex setzte er sich auf die Coach.

Ich habe etwas mit dir zu bereden.“

Verwundert ließ ich mich gegenüber von ihm aufs Sofa nieder. Er zog an seiner Zigarette und drehte den Kopf beiseite, damit ich den Qualm nicht ins Gesicht bekam.

„Mein Boss hält es für eine gute Idee, dich in die Organisation aufzunehmen.“

Erschrocken hielt ich die Luft an. „Mich!?“

Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste nicht viel über die Organisation, in welcher auch meine Eltern gearbeitet hatten. Ich wusste, dass deren Mitglieder in einigen kriminellen Aktivitäten verwickelt waren, das gesamte Ausmaß ihrer Taten war mir unbekannt. In meiner Naivität verschwendete ich keine Gedanken daran, dass diese Menschen Schwerverbrecher waren.

Auch wenn Akemi mich immer wieder gewarnt hatte, wollte ich nicht glauben, dass die Organisation gefährlich war.

Erst später wurde mir bewusst, dass ich für diesen Haufen von Arschlöchern nur ein Mittel zum Zweck gewesen bin.
 

Doch an diesem Tag schwellte mir die Brust vor Stolz.

„Du bekommst einen Decknahmen und wirst anfangs kleinere Tätigkeiten übernehmen. In den Laboratorien bist du ja ganz gut aufgehoben, wie ich sehe. Wenn du dir Mühe gibst, kannst du vielleicht schon im nächsten Jahr richtig für die Organisation arbeiten. Es gibt einige Projekte, für die wir noch fähige Wissenschaftler suchen.“

Mit gespitzten Ohren lauschte ich seinen Worten.

„Deine Entscheidung sollte gut überlegt sein. Die Organisation kann nicht immer für dich sorgen. Arbeitest du mit uns, so werden sich dir neue Türen öffnen und verdienst nebenbei noch ein wenig.“

Gin sah mich eindringlich an. Ich würde mehr Zeit mit ihm verbringen und irgendwann eine richtige Wissenschaftlerin werden. Das waren Aussichten, die mir sehr zusagten.

„Denkst du, ich darf Akemi-chan dann öfter sehen?“ Meine Stimme zitterte während dieser Frage.
 

„Wenn du uns deine Loyalität beweist, wird dir niemand Steine in den Weg legen.“
 


 

Danke für's Lesen. Im nächsten Kapitel beginnt dann endlich Shihos Arbeit für die Organisation!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-03-19T22:08:10+00:00 19.03.2010 23:08
Hii, das Kapitel ist echt gut, bis jetzt ist alles gut. Und ich denke so muss es auch gewesen sein ^^


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