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Our sky won't end here

von

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Ein herrlicher Spaß

„Du musst länger unten bleiben, wenn du meine Zeit schlagen willst!“, rief Cölln amüsiert und drückte Pauls Kopf wieder Unterwasser.

Am Anfang war es ja noch lustig gewesen, aber jetzt, nach dem gut sechsten Mal hatte Paul es satt. Er mochte Wasser nicht und auch noch dazu in ihm zu tauchen war sehr unheimlich für ihn. Das sah Nikolai aber nicht ein – warum sollte man sich bitte vor Wasser fürchten?

Prustend tauchte Berlin wieder auf, als Cölln seinen Kopf losließ. Der aufgewirbelte Sand im Spreewasser hatte seine Augen zum Brennen gebracht und so langsam verlor er die Geduld.

„Genug!“, hustete er, „Cölli, ich will nich' mehr, hör auf!“

„Ach komm, drei Sekunden länger hältste locker aus!“, mit diesen Worten wurde Paul, mit dem Gesicht vorneweg, erneut ins Wasser gedrückt.

Diesmal schluckte er sogar ein wenig Wasser, denn er hatte den Mund zum Protest halb offen gehabt. Erbarmungslos drückte Cölln weiter, zählte dabei die Zeit in Sekunden mit. 'Wetttauchen' nannten sie es, obwohl es eher wenig mit einem Wettbewerb zu tun hatte. Viel mehr machte es Nikolai Spaß seinen Freund ärgern zu können. Tauchen konnte er eh um Längen besser und auch schwimmen; aber das war keine Kunst, denn jeder schwamm besser als Berlin. Albrecht hatte ihm sogar verboten alleine fischen zu gehen, denn wenn er in die Spree fiel und keine andere Person zur Hilfe anwesend war, dann würde Paul mit Sicherheit ertrinken. Nur im Rennen, da war er unschlagbar, da machte man ihm nichts vor... Aber jetzt ging es ums Luft im Wasser anhalten, wo Nikolais Spielkamerad schlichtweg grottenschlecht war, denn kaum einen Wimpernschlag Unterwasser, tauchte er aus Schiss wieder auf. Das war der Grund, weshalb Cölln nachhelfen musste, indem er ihn so lange nach unten drückte, bis er selbst entschied, wann genug war. Ihm machte es trotzdem Spaß; was man vom tyrannisierten Jüngeren nicht behaupten konnte...
 

Paul musste sich etwas ausdenken, um dieser Folter zu entfliehen, denn es war alles andere als angenehm, so behandelt zu werden, nur weil man etwas schwächer und kleiner war. Man musste Cölln eins auswischen und ihm einen Denkzettel verpassen, damit er für immer aufhörte. Das war es, an was Berlin dachte, als er mit zusammengekniffenen Augen darauf wartete, dass sein Freund ihn losließ. Er hatte auch schon eine Idee, aber die erforderte Mut! Er nahm all seinen Mumm zusammen und als Cölln mit einem „3....2.....1....Okay!“, von ihm abließ, blieb er einfach im Wasser treiben und rührte sich keinen Millimeter mehr aus eigener Kraft. Er bekam schreckliche Angst, aber die hieß es zu überwinden, für das eigene Wohl!

Cölln schnürte es die Kehle zu, als er das sah. Er ließ ein entsetztes Keuchen vernehmen.

„Paule!“, rief er entsetzt, „Paule! Mach keine Affen, tauch auf!“

Keine Reaktion.

„PAUL!“, schnell und mit einer Maske des Schocks auf dem Gesicht zog er den leblosen Jungen an Land.

Dort angekommen beugte er sich über ihn.

„Paul!“, er war verzweifelt und wusste nicht, was er machen sollte, „Paule!“

Berlin unterdrückte ein Grinsen, so aufgelöst und hilflos hatte er ihn noch nie erlebt. Da hatte er ja jemanden schön dran gekriegt! Nikolai packte ihn an den Schultern und rüttelte leicht an ihnen.

„Oh Gott, Paul... D-das tut mir Leid!“, man konnte ein Zittern in Cöllns Stimme hören, bestimmt weinte er, „B-Bist du jetzt tot?“

Das wurde ja immer besser!

„...Jaaaah....“, ließ Paul gequält stöhnend hören.

Ein Schnäuzen, als Nikolais Atem stockte. Dann war lange Zeit Stille.

„Dummkopf! Tote können nicht reden.“, kam es dann.

Mist, daran hatte Berlin nicht gedacht... Schnell versuchte er seinen Meisterstreich zu retten; er fing an wehleidig zu ächzen und zu jammern, sodass es einem durch Mark und Bein gegangen wäre, hätte man nicht gewusst, was los war:

„Ich bin halbtot!“

Unter etlichen „Uh“'s und „Ah“'s konnte er jetzt nicht mehr anders als die blauen Augen einen Spalt breit zu öffnen. Doch als er Cölln sah, riss er sie vor Überraschung ganz auf.

„Cölli du-“

„Schnauze, du Idiot!“, der Ältere wischte sich schluchzend über das nasse Gesicht.

„Du heulst!“

„Ich sagte, du sollst die Klappe halten!“, er erhob die Faust.

Berlin zuckte zusammen und kniff wieder die Augen zu, aber der erwartete Schlag kam nicht. Cölln hatte sich umgedreht und war einige Schritte weiter weggegangen. Er war immer noch völlig nass und das Wasser, welches seine rotbraunen Haare aufgesogen hatten, ließ diese noch dunkler als sonst erscheinen. Eine Weile sah Paul verwundert und mit großen Augen zum bebenden Körper seines Freundes. Er verstand die Welt nicht mehr... Das war doch lustig gewesen, auf eine solche Idee musste man erst einmal kommen!

„Cölli...?“, fragte er vorsichtig, noch immer am Boden liegend.

Das Gras wärmte seinen Rücken, denn den ganzen Tag schien heute schon die Sonne; es war wunderbar heiß, dann konnte man im Wasser spielen, ohne dass man am nächsten Tag krank im Bett lag (Was die Jungs natürlich nicht davon abhielt, sich auch an kalten Tagen in den Fluss zu wagen). Die Freunde hatten sich ihrer Kleidung bis auf die Hose entledigt, denn nackt badeten sie nicht mehr, seit sie einige kichernde Mädchen in den Büschen rund ums Ufer erspäht hatten. Mädchen waren komische Geschöpfe, aber wenn man ihnen Spinnen und Würmer entgegen hielt machten sie lustige Geräusche. In Gedanken verloren hatte Paul kaum bemerkt, wie Cölln nun doch anfing zu kichern. Erst als es zu einem lauten Lachen geworden war, rüttelte es ihn aus seinem Tagtraum.

„Du olles Kackfass!“, Cölln drehte sich wieder um und grinste breit.

„Der war nich' schlecht, aber dir's klar, dass ich's dir heimzahlen werd', ja?“, fügte er hinzu und schien sich danach gar nicht mehr ein kriegen zu können.

Brüllend ließ er sich neben dem nun ebenfalls lachenden Paul fallen und klopfte ihm, als dieser sich aufrichtete, ein paar Mal auf den Rücken.

Eine Minute später lagen sie beide wieder auf dem Boden und hielten sich die, vor lauter Lachen, schmerzenden Bäuche. Sie beruhigten sich langsam wieder.

„Wir sollten gehen, wir müssen noch in den Garten und arbeiten.“

Paul pfiff durch die Zähne.

„Gartenarbeit is doof.“, sagte er und Cölln nickte zustimmend.

Da kam Berlin die Idee:

„Weißte, wenn man tot wär- also ich mein jetz, wenn ich wieder so tun würde- dann müssten wir bestimmt nich' in den Garten. Oder Cölli? Ich habs doch gut gespielt, das tot sein, ne?“

„Ja, sehr gut haste gespielt, ich hab's echt geglaubt! Wenn du tot wärst, dann müssen wir ganz bestimmt nich arbeiten. Hab noch nie gesehn, dass se nen Toten arbeiten haben lassen. Was solls auch bringen, die bewegen sich ja nich...“

Weise Worte, wie Paul fand, begeistert hörte er Cölln zu.

„Und man müsste auch nichts anderes machen, wie Wasser holen oder langweilige Gänse hüten.“, stellte der Jüngere fest.

„Mhh... Gänse schmecken gut...“

„Hüten, nich essen, Cölli! Du weißt aber was ich mein, oder?“

„Klar tu ich dis. Du spielst du, halt bloß in tot und wir müssen nie wieder arbeiten.“

„Genau.“, bestätigte Paul, „Meinste Albi erschreckt sich auch so wie du?“

„Ach was, der wird froh sein, dasser dich los is.“, scherzte Nikolai, doch er wusste ganz genau, dass Paul alles glaubte, was man ihm erzählte.

„Meinste?“

„Jep. Der wird dich hinterm Haus verscharren und gut is. Und wenn de denn unter der Erde bist, denn kannste nich mehr mit mir spielen, dann muss ich mir nen neuen besten Freund suchen. Meinste, die Mädels stehn auf Wetttauchen?“

Berlin schluckte schwer. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sich als tot auszugeben. Lebendig begraben werden, wollte schließlich niemand.

„Cölli, ich glaub dis reicht, wenn ich nur kurz so tu als ob...“
 

Wo blieben die Jungs wieder? Bestimmt wollten sie sich vor der Arbeit drücken. Ja, ganz sicher. Albrecht kannte die beiden nur zu gut. Sein Blick war in die Ferne gerichtet, während er vor dem Haus darauf wartete, dass jeweils ein roter und ein brauner Haarschopf am Horizont auftauchten. Und tatsächlich, Ersterer ließ sich schon bald blicken und das mit einem Tempo... Was den wohl gebissen hatte? Bei genauerem Hinsehen erkannte man, dass Cölln etwas recht großes, Unförmiges auf dem Rücken trug. Noch hundert Meter und Albrecht erkannte einen Arm... Ein Bein... Einen Kopf...! Nikolai trug einen leblosen Paul!

„Oh mein...“, Brandenburg rannte ihnen entgegen.

Der Junge brach zu einem Haufen zusammen. Nur noch ein paar Meter... Cölln japste nach Luft, Berlin lag nur klitschnass da und Albrecht starrte sie beide an.

„Was ist passiert?!“, fragte er schnell, mit hoher Stimme und sichtlich besorgt.

„Paule is ... Ertrunken!“, rief Cölln und drückte sich auf den, sich rasch hebenden und senkenden, Brustkorb.

Man sah es ihm an, Albrecht fiel aus allen Wolken, als sich ein sinnbildliches Messer durch sein Herz zu bohren schien. Sein Leib fing an zu zittern und es stiegen ihm Tränen in die grünen Augen. Was sollte er tun?! Mechanisch fiel er auf die Knie und presste sein Ohr an die Brust des regungslosen Kindes.

„Er atmet nicht, aber sein Herz schlägt noch!“, sagte er mehr zu sich selbst, als eine Art Beruhigung, bevor er Berlin kurz übers Gesicht strich, um ihm die Haare aus diesem zu wischen.

„Verdammt!“, murmelte er, „Halt durch!“

Brandenburg holte tief Luft, öffnete den Mund Pauls und wollte gerade durch Mund-zu-Mund-Beatmung Luft in dessen Lungen pumpen, da riss das Kind mit einem Aufschrei die Arme in die Höhe und brüllte:

„AUFERSTEHUNG!“

Wie eine erschreckte Katze sprang Albrecht rückwärts und wäre dabei beinahe mit dem Kopf gegen einen Baum geknallt. Er starrte Berlin-Cölln an, wie sie lachten – über ihn! Die mit Tränen gefüllten Augen weit geöffnet und mit aufgerissenem Mund saß er da; versuchte die Gedanken und Gefühle zu ordnen, die wie bei einem Sturm in seinem Inneren umhergewirbelt wurden.

„Ihr seid das Letzte...“, sagte er ernst.

Pauls und Nikolais Gelächter verwandelte sich in ein immer schwächer werdendes Kichern, welches schließlich nur noch zum kümmerlichen Glucksen wurde, als sie Albrechts Gesicht sahen. Langsam erhob sich ihr Vormund.

„Das war nicht lustig. Mit so etwas macht man keine Scherze, ihr beiden! Nikolai, stell dir vor, Paul wäre wirklich was passiert und ich hätte dir nicht geglaubt! Das hätte böse enden können! Was, wenn mal wirklich etwas schreckliches passiert und ich euch nicht mehr vertraue, weil ihr mir ständig solche Streiche spielt?!“

Berlin gluckste weiter, Cölln war verstummt.

„Das war kein Spaß. Das war pure Dummheit. Ich bin zutiefst enttäuscht, selbst für eure Verhältnisse...“, mit diesen Worten drehte sich Brandenburg um und ging ins Haus.

Die beiden Jungen, immer noch auf dem Boden, sahen ihm nach und wenig später brach Paul wieder in lautstarkes Gelächter aus. Als er merkte, dass Nikolai es ihm nicht gleich tat, war er verwundert, gab jedoch nicht auf und stieß seinen Kumpel mit dem Ellenbogen an.

„Haste sein Gesicht gesehn? Zum schießen!“, lachte er.

Der Ältere blockte ab und stand auf. Von oben blickte er mit seinem typischen Gesichtsausdruck auf seinen Kameraden herab.

„Er hat Recht.“, sagte er nur.

Berlin legte den Kopf schief.

„Hä?“

„Albi hat Recht, Das is nich lustig.... Das….wäre nich lustig...“, auch er ging jetzt in Richtung Haus und ließ einen verwirrt aus der Wäsche schauenden Paul im Gras sitzend zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  pokingmadness
2010-05-28T21:48:17+00:00 28.05.2010 23:48
Mir is grad aufgefallen dass ich Troll noch keinen Kommentar hinterlassen hab...

Eyyyy Pauli, eyyyy Cölli! Ihr seiht... ffff! Aber naja, sie sind klein, die dürfen dit. Und sie lernen ja dazu, von daher <:

Albis Reaktion... baw. Hat mir richtig im Herzen wehgetan. Und hast du wunderbar geschrieben, wie er sie ausschimpft! Haben meine dummen Hinweise also was gebracht xD
Vielleicht hätte er schon von da an härter durchgreifen müssen, aber er ist nunmal nicht der Herr im Haus :/
Von:  Lya
2010-05-26T18:45:27+00:00 26.05.2010 20:45
Uh, okay... also was soll ich sagen? Als du mir das Kapitel heute früh vorgelesen hast, dachte ich nur: "Das arme Ding... konnte die ganze Nacht nicht schlafen sondern hat das zweite Kapitel geschrieben... sie tut mir leid!"
Joah, aber DANN(!!!) kam die große Überraschung: ich dachte, dass Kapitel ist bestimmt total 'Gnyaaaah' geworden, aber es ist 'Kyaaaaaaaaaah' geworden xDDDD
Soooooo süß *_____*
Und die 'Selbstmordaktion' Pauls ist kränky xDDD
Aber bei Albi scheints ja zu ziehen >DDD
Der arme Mann :P
Der hätte den die Hintern versohlen müssen.... aber Cöllis Reaktion... einerseits berechtigt, andererseits auch a bissel zu hart o.O
Immerhin... Paul ist doch noch jung Q.Q
*Pauli drück*
Ich hoffe, dass neue Kap kommt bald x3
Von:  -Nox-
2010-05-26T18:21:48+00:00 26.05.2010 20:21
Armer armer Albi. Nein so etwas ist wirklich nicht lustig...
Aber wenigstens einer der Beiden hat eingesehen das es definitiv nicht zum lachen war.

Wie bereits im Skype erwähnt erinnert mich das Verhältnis der Beiden sehr an Stefan und mich. Allerdings haben wir nicht solche extremen Streiche gemacht sondern eher... männlich uns geprügelt (klingt das komisch wenn ICH sowas sage?)

Ansonsten ein sehr schönes Kapitel mit schönen Gefühlen.

Und PS.
Geh deinen Post machne!
Von:  moi_seize_ans
2010-05-26T16:42:35+00:00 26.05.2010 18:42
Oh, die beiden sind so toll zusammen. *.*
Ich beuwndere deinen mitreißenden Schreibstil, Ruu. Das macht echt Spaß zu lesen und ist super flüssig.
Ich hab mich sogar an meine eigene Kindheit erinnen können. Meine Schwester und ich haben auch ständig so grenzwertige Scherze gerissen, aber ich denke, dass hat jedes Kind min einmal, wie sonst sollen sie es lernen?

Nur warum hab ich das komische Gefühl, deine Geschichte wird noch sehr sehr traurig?! ;_;


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