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Drachenchronik

~ Erstes Buch ~
von

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Geisterdorf

Kapitel 8: Geisterdorf
 

~~~~~~~~~~~~~~~~ Was beim letzten mal geschah ~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Nach dem Tod des Königs von Elodinir nehmen Ryu und seine Gefährten an der Krönungszeremonie von König Carchagar, dem ältesten Sohn des verstorbenen Königs, teil. Am darauf folgenden Tag brechen sie nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in Landir endlich auf, mit neuem Ziel: Feuerland. Sie entschließen sich, dafür nach Carvahal zu gehen, um dort ein Boot zu nehmen.

Bei einer Rast während der Reise trainieren Nicole und Tinúviel erneut miteinander, bei dem Nicole deutliche Fortschritte zeigt. Dennoch wird sie von Tinúviel besiegt und leicht verletzt. Bei dem Versuch, sich selbst zu heilen, lernt sie ihre Magie mehr zu kontrollieren.

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Es war mittlerweile vier Tage her, dass sie Landir verlassen hatten. Während jeder Rast hatte Nicole nun mit Tinúviel trainiert, mit immer demselben Ergebnis, das sie gegen Tinúviel verlor. Doch es wurde knapper. Mittlerweile schaffte Nicole gelegentlich schon, Tinúviel den einen oder anderen Treffer zu verpassen.

Nach dem Kampftraining übte sie anschließend ihre Magie. Auch wenn es nur kleine Kratzer, Blaue Flecken und Schürfwunden waren, die sie bei ihren Begleitern zu heilen hatte, tat sie es gerne. Immerhin wollte sie darin Übung bekommen, um irgendwann vielleicht größere Sachen wie zum Beispiel Brüche heilen zu können.

Ryu hielt sich mit dem Training zurück. Zwar hatte er sich in Landir vollständig ausgerüstet, unter anderem auch so viel Munition geholt, wie er hatte bekommen können, wollte er es nicht riskieren, noch einmal in so eine Situation wie im Fendrir-Tempel zu geraten. Er beschäftigte sich hauptsächlich damit, das Magiebuch zu lesen, um vernünftig informiert zu sein, auch wenn er bislang nichts gesehen hatte, was er nicht bereits kannte oder sich denken konnte.

Ihre Rast verbrachten sie dieses Mal in einem kleinen Gasthaus, zu dem Ryu sie geführt hatte. Von außen wirkte das Gasthaus wie eine kleine Kirche mitten im Wald, doch von innen sah es völlig anders aus. Wo einst die Bänke gestanden hatten, standen nun Tische und Stühle, dort wo früher der Altar stand, war nun die Bar. Von oben, wo zuvor die Orgel gewesen war, hörte man Münzen klimpern und das Rascheln von Karten. Für so ein kleines Gasthaus, das ein wenig abseits des Weges stand, war es relativ gut besucht: in einer kleinen Nische an einem Tisch saßen vier Männer, bewaffnet. Räuber waren es aber nicht, vermutlich einfach nur Abenteurer. An der Theke schien ein Bär zu sitzen, doch als Tinúviel, Ryu und Nicole eintraten und sich an einen der Tische setzten, sahen sie, dass der Bär ein grobes, menschliches Gesicht hatte. Und schließlich saßen auf dem Balkon noch drei Männer, die Karten spielten.

“Wirklich ein spannendes Gebäude.“ Meinte Nicole leise und sah sich neugierig um.

“In der Tat.“ Bestätigte auch Ryu. “Eine alte Kirche auf diese Art zu nutzen, das sieht man nicht alle Tage.“

Die Bedienung kam zu ihnen und reichte ihnen Menukarten, ehe sie sich den Abenteurern in der Nische widmete.

“Diese Kirche ist beinahe tausend Jahre alt.“ Erklärte Tinúviel. Sie öffnete ihre Karte nicht, sie wusste bereits, was sie nahm. “Damals gab es schlimme Bürgerkriege in Rhyot. Irgendwann wurden diese so heftig, das eine große Einwohnergruppe hierher, in diese Gegend floh. Sie bauten diese Kirche, um auch hier weiterhin ihrem Gott, Rhyot, zu huldigen. Die Flüchtige blieben über sechshundert relativ isoliert in diesem Teil des Waldes, doch nach und nach zog es sie entweder zurück in ihre Heimat, wo sich schließlich alles beruhigt hatte, oder sie zogen um, in unsere Städte, und wandten sich schließlich Fendrir zu.“

Ryu und Nicole lauschten gebannt. Als die Bedienung wieder kam, bestellten sie alle was zu Essen und zu trinken, ehe Tinúviel fortfuhr: “Als diese Gegen dann schließlich wieder entsiedelt war, blieb die Frage: Was tun mit den Alten Gebäuden? Da sie allesamt Rhyot geweiht waren, wollte damals kein Einwohner die Gebäude haben, und so verrotteten sie schließlich. Die alte Wohnsiedlung liegt immer noch als Geisterdorf hier in der Nähe. Und was aus der Kirche wurde: Ihr seht es ja.“ Sie breitete die Hände aus und sah sich in dem Gebäude um.

“Können wir uns das Dorf ansehen?“ fragte Nicole leise.

“Natürlich. Es ist keine halbe Stunde von hier entfernt.“ Tinúviel sah zu Nicole. “Aber wir werden nicht die einzigsten sein.“

“Werden wir nicht?“

“Nein.“ Tinúviel nickte mit dem Kopf in die Nische, in der die Abenteurer saßen. “Ich wette, die dort wollen auch dort hin. Sie sind hinter der Statue von Rhyot her, die sie damals hier aus der Kirche entfernten. Sie soll nun irgendwo im Geisterdorf stehen.“

“Das verstehe ich nicht.“ Nicole sah Tinúviel fragend an. “Was wollen sie mit der Statue?“

“Ihr kennt doch Fendrirs Statue, oder? Woraus besteht sie?“ stellte Tinúviel als Gegenfrage und klopfte mit einem Finger auf die Einlagen in ihren Armschienen.

“Fendrirs Statuen sind aus Obsidian und Smaragd.“ Antwortete Ryu schließlich.

“Exakt. Statuen von Rhyot sind stattdessen aus Sumpfstahl und Gold.“ Als die Bedienung kam und den dreien die bestellten Speisen und Getränke auf den Tisch stellte, unterbrach Tinúviel ihre Erklärung kurz. Als sie wieder gegangen war, fuhr Tinúviel fort. Sie beantwortete die Frage, die sich mittlerweile auf Ryus und Nicoles Gesichtern gezeigt hatte.

“Sumpfstahl ist ein seltenes Material, welches nur in Rhyot abgebaut wird. Es ist dort heilig und wird nur zum Bau der Statuen verwendet. Dieses Material hat die Eigenschaft, dass es sich bei bestimmten Wetterverhältnissen oder bei Kontakt mit bestimmten Substanzen in eine Art Dampf verwandelt. Ein Dampf, der aber immer noch kompakt bleibt und selbst beim stärksten Wind nicht weggeblasen wird. Wenn man sich mal vorstellt, man würde daraus ein Schwert schmieden. Ein Schwert mit einer Klinge aus Dampf, die kein Schwert, kein Schild, keine Rüstung zu blocken vermag. Die Dampfklinge würde durch die kleinsten Ritzen in der Rüstung dringen und erst vom Fleisch aufgehalten werden.“

“Klingt ja grausam.“ Murmelte Nicole und musste schlucken.

“Naja, der Nachteil wäre dann aber auch, das man selbst mit der Dampfklinge keinen Angriff abblocken kann.“ Meinte Tinúviel mit einem Schulterzucken und begann zu essen.

“Sollten wir diese Leute dann nicht aufhalten, wenn sie hinter der Statue her sind?“ flüsterte Nicole leise und schielte zu den Abenteuern in der Nische. “Wenn dieses Material so gefährlich ist?“

“Wieso?“ gab Tinúviel nur zurück und knabberte an einer Möhre. “Es ist nicht hundertprozentig sicher, das die Statue dort im Dorf ist. Dieses Gerücht geht seit dreihundert Jahren um, und noch nie ist es jemandem gelungen, sie zu finden.“ Sie sah zu Nicole und seufzte leise. “Aber wenn es dir keine Ruhe lässt, können wir gerne mal nach sehen. Oder spricht was da gegen, Ryu?“ wandte sie sich an ihn. Ryu hatte die ganze Zeit nicht gesprochen, sondern sich nur Notizen gemacht.

Als Tinúviel ihn ansprach, sah er auf und antwortete: “Von mir aus können wir gehen.“
 

Die Gruppe in der Nische verließ das Gebäude etwa nach einer Stunde. Zehn Minuten später erhoben sich auch Ryu und die anderen und folgten den Männern nach draußen. Es war mittlerweile leicht dämmrig und am Boden hatte sich ein hartnäckiger Nebel fest gesetzt. Nach einer halben Stunde sah man die ersten verfallenen Gebäude. Es war kaum mehr als ein runder Platz, von dem zwei kleine Gässchen abgingen. Es waren zusammen nicht mehr als vielleicht zwei Dutzend Gebäude. Die Schemen der Männer konnten sie in einer der kleinen Seitengassen beobachten.

“Und jetzt?“ fragte Tinúviel Nicole leise.

“Na, wir warten erst einmal, ob sie was finden.“ Antwortete Nicole leise. Und schlich vorwärts. Sie versteckten sich in einem verfallenen Stall direkt am Platz.

Nach einer Stunde versammelten sich die Männer am verfallenen Brunnen in der Mitte des Platzes. Lauthals beschwerten sie sich darüber, dass sie nichts gefunden hatten. Einer hatte Probleme damit, dass sie in der Dämmerung gegangen waren. Doch der Anführer der Gruppe, ein Muskelpaket mit einem Schwert, das beinahe so groß war wie das von Tinúviel, beschwichtigte seine Begleiter. So wurde der Entschluss gefasst, erstmal schlafen zu gehen, um am nächsten Mittag mit magischen Aufspürhilfsmitteln wieder zu kommen. Lachend machten sich die Männer auf den Weg zurück.

Grade, als sie eines der der letzten Häuser passierten, kam aus dem Brunnen ein ersticktes Stöhnen. Erschrocken drehten die Männer sich um, während Ryu und seine Begleiter alles Beobachteten.

“Hört sich an, als wäre da jemand drin. Das Seil, Levero.“ Hörten sie den Anführer sagen. Levero, ein hagerer Typ, der beinahe so dünn war wie der Speer, den er trug, reichte seinem Anführer ein Ende des Seils und ließ das andere Ende in den Brunnen fallen.

“Halten sie sich am Seil fest.“ Rief er mit rauer Stimme, als würde er gegen eine Erkältung ankämpfen, in den Brunnen und trat dann zurück. Es gab einen Ruck am Seil, und der Anführer zog. Dank seiner dicken Muskeln dauerte es keine dreißig Sekunden, bis er das andere Ende wieder oben hatte.

Doch was dort am Seil hing, war kaum noch als Mensch oder Elf zu erkennen. Die linke Körperhälfte des Wesens war grotesk transformiert: sein Bein war spindeldürr und gut fünfzehn Zentimeter länger als sein rechtes Bein. Der Arm war so lang, das seine spindeldürren Finger über den Boden schliffen. Die linke Körperhälfte war pechschwarz und offenbar mit kleinen Stacheln übersät. Seine rechte Körperhälfte war aufgedunsen und grün verfärbt wie eine alte Wasserleiche.

Das Wesen sprang nun vom Brunnenrand auf seine ungleichen Beine. Es wankte, und kurz machte es den Anschein, als würde es rücklings wieder in den Brunnen fallen, doch dann fasste es sich und humpelte auf den Anführer zu. Dieser ließ das Seil fallen und griff nach seinem Schwert.

“Was zur Hölle bist du für ein Ding?“ knurrte er und beobachtete das Wesen. Dieses stöhnte jedoch nur und humpelte weiter. “Na warte.“ Murmelte der Krieger und schlug zu. Er setzte zu einem horizontalen Hieb gegen die linke Seite an. Der linke Arm des Wesens war so dünn, das er sicherlich sofort brechen würde. Er traf das Wesen, welches aufstöhnte. Es wurde von der Wucht weg geschleudert, doch der Arm brach nicht. Es schleuderte in Levero, welcher dem Wesen den Speer durch die Brust jagte und es gut einen Meter über den Boden stemmte. Für seine mickrige Gestalt, war er erstaunlich kräftig.

Mit dem aufgespießten Monster wandte Levero sich wieder dem Brunnen zu, doch dann bemerkte er: “Das Ding hat ein Seil um die Hüfte geschlungen!“

“Was? Schnell, in den Brunnen damit und zurück!“ befahl der Anführer und lief zu Levero. Er packte dessen Speer und versuchte das Wesen an Brunnenrand abzustreifen, als eine weitere Hand am Brunnenrand auftauchte und ein weiteres Wesen den Weg nach oben fand. Einer der Männer schleuderte Feuerbälle und versuchte dieses zweite Wesen zurück zu drängen, doch es schützte sich mit einem verunstalteten Flügel, während es auf den Mann zuging.

Immer mehr Wesen kamen nun aus dem Brunnen, und keines sah aus wie das andere. Jedes hatte andere Missgestaltungen. Und irgendwie hatte Ryu das Gefühl, so was ähnliches schon einmal gesehen zu haben. Doch er hatte keine Zeit, drüber nachzudenken.

“Wir müssen ihnen helfen!“ rief er und zog seine Waffe. Doch das hätte er nicht mehr sagen müssen. Tinúviel und Nicole waren bereits vorgestürmt und griffen diese Wesen an. Nicole hielt die Wesen in Schacht, welche offenbar ihre Lichtmagie scheuten, während Tinúviel zum Brunnen lief. Sie rammte zwei der Wesen, welche grade raus kletterten, das Schwert durch die Körper und legte eine Hand auf die Klinge. Die geöffnete Seite ihrer Klinge ragte nach unten in den Brunnen, und man konnte sehen, wie gewaltige Stichflammen die Röhre nach unten jagten.

Ryu lief außen rum. Einem der Wesen, das sich grade auf Levero stürzen wollte, schoss er in die Schulter und kaum einen Augenblick später explodierte das Geschoss und das Wesen stürzte stöhnend zu Boden.

“Alles Okay?“ fragte er Levero, welcher Ryu verwirrt ansah und nickte. “Gut.“ Er klopfte dem Speerkämpfer auf die Schulter und lief weiter zum Anführer der Gruppe, welcher es gleich mit sechs auf einmal zu tun hatte. Ryu erledigte zwei weiter mit seiner explodierenden Munition, ehe der Anführer die anderen weg stieß.

“Danke.“ Keuchte der Große hervor und sah zu Ryu. “Zum glück seit ihr hier.“

Ryu nickte und erschoss noch eines der Wesen. “Es sind zu viele.“ meinte er und sah zu dem großen. “Wir müssen uns irgendwo verbarrikadieren.“

“Und das soll helfen?“ fragte der Krieger und rammte eines der Wesen das Schwert tief in die Schulter.

“Diese Typen scheinen Licht nicht zu mögen.“ Erklärte er und wich zurück, während er nach lud. “Deshalb vermute ich, das sie sich zum morgen hin verziehen.“

“Na klasse. Es vor nicht mal einer Stunde erst Nacht geworden.“ Stöhnte der große auf, dennoch nickte er. “Und wo verbarrikadieren wir uns? In dem alten Kirchengasthaus?“

“Nein, dann würden wir die Gäste dort nur mit hinein ziehen. Wir nehmen besser den alten Kerker hier im Dorf. Das ist das stabilste Gebäude hier.“ Ryu schoss auf zwei der Wesen. “Aber wir müssen dafür sorgen, das diese Dinger nicht aus dem Dorf kommen, sonst könnten sie sonst was anstellen.“

“Eine Feuerbarriere.“ Der Große Krieger pfiff. “Pyro! Eine Feuerbarriere um den gesamten Platz!“

Der Feuermagier sah kurz zu seinem Anführer, dann nickte er und schritt den Platz ab, von Levero abgeschirmt, damit die Wesen ihn nicht angriffen. Nachdem er den Platz einmal umrundet hatte, schnippte er mit den Fingern und er wurde von einem Ring aus Feuer umgeben. Die Wesen stöhnten auf. Offenbar mochten sie das ganz und gar nicht.

“Hey, Feuermagier!“ rief Tinúviel vom Brunnen aus. Immer noch sorgte sie mit ihren Stichflammen dafür, dass nichts Neues aus dem Brunnen nachkam. “Kannst du auch Öl erzeugen?“

Pyro nickte. Zufrieden nickend zog ließ sie die Flammen erlischen und die mittlerweile verkohlten Reste der Wesen in den Brunnen fallen. Doch ein Stöhnen und ächzen kündigte an, das dort immer noch welche waren.

“Füll den Brunnen soweit wie möglich mit Öl, aber nicht anzünden.“ Der Magier nickte erneut und begann Öl in den Brunnen zu füllen. Nach drei Minuten hörte er auf und nickte Tinúviel zu, ehe er zurück trat. Sie holte eine kleine Flasche mit ewigen, weißen Flammen aus ihrer Tasche und warf sie in den Brunnen. Als sie zersprangen, schossen die weißen Flammen zwei Meter aus dem Brunnen in die Höhe.

“Weg hier!“ riefen Ryu und der Anführer der Abenteurer gleichzeitig und liefen los, gefolgt von den anderen. Der Kerker war ein massives Steingebäude in einer finsteren Ecke des Platzes. Tatsächlich sah es als einzigstes noch so aus, wie es wohl vor fünfhundert Jahren ausgesehen haben musste.

Ryu stieß als erster die Türe auf ließ die anderen herein. Als alle drin waren, schlug er die Türe zu und stellte einen Stuhl davor. Alle Anwesenden atmeten tief durch und sanken zu Boden.

“Was… zur Hölle hat das zu bedeuten?“ fragte der Anführer erschöpft und sah zu Ryu. “Was sind das für Wesen?“

“Eine gute Frage.“ Antwortete Ryu und schüttelte den Kopf. “Doch wir haben keine Ahnung.“

“Jedenfalls sind für den Moment in Sicherheit.“ Meinte Tinúviel und sah aus dem Fenster. “Doch wie sieht der Plan nun aus?“

“Wir werden hier bleiben, bis die Sonne aufgeht.“ Erklärte Ryu und lud seine Waffe nach. “Diese Wesen scheinen Lichtscheu zu sein, und wenn die Sonne aufgegangen ist, sind sie hoffentlich schwach genug, das wir sie beseitigen können.“

“Klingt nach einem Plan.“ Sie nickte und stellte ihr Schwert an der Wand ab. “Dann können wir uns ja so lange bekannt machen: Mein Name ist Tinúviel Auríel, Meine Begleiter hier sind Ryu Tanaka und Nicole Felicitas.“

Stellte Tinúviel vor. Ryu und Nicole nickten nur, als die Halbelfe die beiden vorstellte.

Der Anführer seufzte und musterte die drei kurz, ehe er nickte. “Mein Name ist Bear.“ Stellte er sich vor. “Der Dünne da heißt Levero, Der Hitzkopf Pyro, und der im Umhang…“ Bear zeigte auf den größten der Vierergruppe, der neben der Türe stand und aus dem Fenster sah. “will Ghost genannt werden.“ Ryu und Nicole nickten jedes Mal höfflich, wenn einer der Fremden vorgestellt wurde.

“Wir sollten uns ausruhen.“ Erklärte Tinúviel und sah sich in der Gruppe um. “Zwei sollten jeweils Wache halten. Wir wechseln uns ab.“

Alle akzeptierten. Die erste Wache übernahmen Ryu und Ghost, Anschließend Tinúviel und Pyro, und schließlich Nicole und Bear.
 

Es war in den frühen Morgenstunden, als es geschah. Ein metallisches Knirschen erregte Nicoles Aufmerksamkeit. Neugierig sah sie sich im Raum um, von Bear beobachtet.

“Was ist?“ fragte er, wurde dann aber von Nicole mit einem “Psst!“ unterbrochen. Sie lugte um eine Ecke, wo wohl früher die Wachen gesessen hatten, um auf die Gefangenen acht zu geben.

“Hörst du das?“ fragte sie leise. Bear lauschte und nickte. Auch er sah um die Ecke. In diesem Moment schoss das gusseiserne Gitter in die Höhe und eines der Wesen schob sich mühsam raus.

“Oh Gott! Sie sind hier drinnen! Rief sie laut. Sofort wurden die anderen hellwach. “Schnell raus hier!“ rief den anderen zu, während sie versuchte, das Ding zurück zu schieben. Ryu sah aus dem Fenster, ehe er den Stuhl weg trat und die Türe aufriss. Die weißen Flammen aus dem Brunnen loderten immer noch, doch das Flammensiegel um den Platz war beinahe erloschen. Waren diese Wesen etwa entkommen?

Doch dann hörte er das Stöhnen. Hinter jedem Gebäude, aus jeder Ecke kamen sie hervor. Hatten sie sich etwa versteckt? Offenbar hatten die Wesen eine gewisse Intelligenz. Und es waren noch mehr als vorher.

Die anderen kamen nun auch raus und erstarrten. Sie stellten sich im kreis auf, Rücken an Rücken.

“Und nun?“ fragte Nicole leise.

“Gute Frage.“ Gab Ryu leise zurück. Die Wesen schienen wie zu erwarten schwächer geworden zu sein, aber gleichzeitig hatten sie sich vermehrt. Sie offenbar noch mehr Löcher gefunden, wo sie raus kommen konnten.

Eines der Wesen versuchte den dürren Levero zu packen. Dieser sprang erschrocken zurück, doch das Wesen zappelte hilflos in der Luft. Gehalten wurde es von einem anderen Wesen. Doch dieses sah völlig anders aus als die anderen: Es war komplett verwandelt, fast sein ganzer Körper war mit schmalen, schwarzen Schuppen bedeckt. Seine Arme und Beine waren lang und dünn, allerdings nicht knochendürr wie bei den meisten dieser Monster, sondern schlank und sogar leicht trainiert. Auf dem Kopf saßen zwei lange Hörner, und mit roten Augen sah es zu der Gruppe.

“Alles okay bei euch?“ fragte es sanft, ehe es das Wesen, welches es noch in der Hand hielt, einfach weg schleuderte.

Die große Gruppe starrte den Neuankömmling einfach nur an. Nur langsam dämmerte es Ryu. Dieses Wesen kannte er doch. Er hatte doch damals in der Akademie mit ansehen müssen, wie ein junger Elf gegen seinen Willen in so etwas transformiert wurde. Wie vom Blitz getroffen sah er sich um.

“Sagt mir nicht, das diese Wesen alle…“ er konnte es nicht aussprechen. Doch der Neuankömmling nickte mit traurigem Blick. Er holte eine kleine Kugel hervor und warf sie in die Luft. Sie Explodierte in einem lauten Knall und zwei Elfen tauchten in der Mitte der Gruppe auf. Ryu erkannte sofort zwei der Magier, die an dem Tag in der Akademie gewesen waren.

“Zu unserem Bedauern sind sie es leider.“ Meinte einer der beiden leise. “Misslungene Experimente.“

“Misslungene Experimente?“ Wiederholte Tinúviel und sah sich um. Nun kapierte auch sie es. Geschockt schlug sie die Hand vor den Mund. “So viele? Und nur drei Monaten?“

“Ja, leider. Es wurden jeden Tag mehrere Versuche verlangt. Es war tragisch.“ Sprach nun der andere Magier. “Wir dachten, sie wären tot, und haben sie… Entsorgt. Doch offenbar war das nur ein vorübergehender Zustand.“

“Und haben sie nun vor?“ Ryu sah die Magier scharf an. Das Bear und seine Leute mittlerweile gar nichts mehr verstanden, hatte er völlig vergessen. “Was machen wir wegen der Plage?“

“Wir gar nichts. Ryusuke übernimmt das.“ Antwortete nun der erste Magier wieder schlicht.

Ryusuke, der schwarze Neuankömmling, nickte kurz und sah sich um. Er legte die flache Hand auf den Boden und schloss die Augen. Nach einer halben Minute zeichnete sich, von seiner Handfläche ausgehend, ein riesiger magischer Zirkel auf dem Boden ab, welcher das ganze Dorf umfasste. Ryusuke hob die Hand nun wieder, in welcher sich eine schwarze Kugel bildete. “Tor zu einer anderen Welt! Ich stoße deine Flügel auf und leite die Energie dieser armen Seelen durch dich hindurch!“ rief er laut. Der magische Zirkel am Boden begann zu leuchten und die Experimente stöhnten auf. Ihre Körper lösten sich auf.

Nach Fünf Minuten verschwand das Siegel am Boden und die schwarze Kugel in Ryusuke Hand löste sich auf.

“Was? Was war das?“ Fragte Ryu erstaunt. Ryusuke drehte sich zu ihm um und lächelte.

“Das war eine Art umgekehrte Beschwörungsmagie. Normalerweise ruft man bei einer Beschwörung etwas herbei, doch ich habe alles weg geschickt.“ Erklärte er ruhig. Doch dann wankte er und stützte sich an einen der Magier, der vorgesprungen war, um ihn zu stützen. “Ich bin noch unerfahren.“ Meinte er leise. “Beschwörungsmagie ist mit Abstand die Magie, die am meisten Energie verbraucht.“

Nun trat Bear vor. Als dieser anfing zu sprechen, zuckte Ryu zusammen. Er hatte tatsächlich vergessen, dass er und seine Gruppe auch da gewesen waren. “Ich denke, ihr seit Erklärungen schuldig.“ Sagte er erstaunlich ruhig. Sein Blick wanderte dabei über Ryu, über die Magier und Ryusuke.

Doch einer der Magier seufzte nur. “Schlaft lieber.“ Er schnippte mit den Fingern und wie vom Schlag getroffen kippten die vier um, fest schlafend. “Der Magier schnippte noch mal mit den Fingern und ihre Körper leuchteten kurz auf.

“Er hat Recht. Wir sind noch ein paar Erklärungen schuldig. Gehen wir ins Gasthaus.“ Meinte er an seinen Kollegen gewandt, ehe er mit einer Handbewegung Ryu und die anderen bat, vorzugehen.
 

Zu dieser frühen Tageszeit war das Gasthaus noch leer. Offenbar hatte man von den Geschehnissen im Dorf hier rein gar nichts mit bekommen. Als die Gruppe rein kam und sich in die Nische setzte, in der am Vorabend Bears Gruppe gesessen hatte, kam die Bedienung unbekümmert zu ihnen und reichte ihnen die Karten, ehe sie wieder ging.

“Also?“ begann Ryu und sah die Magier an. “Was hat das zu bedeuten?“

“Das bedeutet in erste Linie vor allem, das wir nicht genau wussten, was der König mit diesen Experimenten bezweckte. Beziehungsweise, was das Wesen, das von ihm Besitz genommen hatte, bezweckte.“ Erklärte der kleinere, blonde der beiden Magier. “Wir sollten nur ausführen.“

“Erst, nachdem ihr ihn getötet hattet, waren wir in der Lage, es heraus zu finden.“ Erzählte der zweite weiter. “Offenbar wollte es seine eigene Superarmee erschaffen.“

“Eine Superarmee?“ Ryu schnaubte. “Oh Mann. So ein Unsinn. Und er?“ fragte Ryu und nickte in Richtung Ryusuke, der ganz in der Ecke saß.

“Es war am Tag nach eurem Sieg gegen dieses Wesen. Wir räumten das Labor aus und fanden ihn, noch an den Tisch gefesselt.“ Erzählte der blonde wieder. “Wir hatten gedacht, er wäre auch Tod, und wollten ihn wie die anderen entsorgen. Doch dann…“

“Dann wurde ich wach. Ich wurde zwar verwandelt, doch ich habe mein eigenes Bewusstsein behalten. Die Magier fanden raus, das dass daran lag, das die Maschine vorzeitig zerstört wurde.“ Erzählte Ryusuke nun selbst weiter. “Sonst wäre wohl ein Monster geworden und hätte euch gemeinsam mit dem besessenen König angegriffen.“ Ryusuke senkte den Kopf. “Danke.“

“Nichts zu Danken.“ Leicht verlegen schüttelte Ryu den Kopf. “Ich konnte es einfach nicht mehr mit ansehen.“

“Und kann man es wieder rückgängig machen?“ fragte Nicole dazwischen.

“Gute Frage. Wir haben keine Ahnung. Jede weitere Forschung, die der besessene König damals eingeleitet hatte, wurde von König Celeg verboten.“

“Und außerdem möchte ich nicht zurück verwandelt werden.“ Warf Ryusuke ein. Als die anderen ihn verwirrt ansahen, lächelte er. “Was denn?“

“Du willst nicht zurück verwandelt werden?“ fragte Tinúviel verwirrt.

“Nein.“ Er schüttelte den Kopf. “Ich war vorher sehr schwach, ständig hatte ich irgendeine Krankheit. Doch jetzt bin ich stark.“ Er kratzte sich am Kopf. “Ich hab nur keine Ahnung, was genau ich eigentlich bin.“

“Und was hast du nun weiter vor?“ fragte Ryu ihn.

“Oh, ich wohne in der Akademie. Ich lerne dort meine Magie zu beherrschen.“ Erzählte er und lächelte. “Es macht Spaß. Und die Schüler sind sogar recht offen mir gegenüber.“

“Dann hat sich für dich ja fast alles zum besseren gewendet.“ Stellte Ryu unter Gähnen fest. Er war so müde, das er beinahe einschlief. “Wir brauchen Ruhe.“ Murmelte er leise.

“Wir sollten auch langsam verschwinden.“ Meinte der blonde Magier mit Blick auf die Uhr. “Der Unterricht beginnt bald.“

“Da hast du Recht.“ Stimmte der andere zu. Alle standen auf. Ryusuke und die Magier verließen das Gasthaus, während Tinúviel und Begleitung Zimmer im Gasthaus nahmen.
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 8 Ende ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Beim nächsten mal:
 

Nach den Erlebnissen im Geisterdorf erwacht unsere Gruppe gestärkt wieder im Gasthaus. Ryu ist sich sicher, das sie Ryusuke bald wieder sehen. Doch irgendwie hat er ein komisches Gefühl, wenn er daran denkt.

Sie brechen wieder auf und erreichen bald Carvahal. Doch zu ihrem Schrecken sind keine Schiffe da. Genau genommen sind schon seit einigen Wochen keine mehr angekommen. Also müssen wohl oder Übel über den Drachenrücken.
 

Das nächste Kapitel heißt:
 

Carvahal und der Drachenrücken



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