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A Lost Starlight

Seiya x Usagi
von

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Kapitel 1 - Das neue Leben

Hallöchen!

Auch wenn ich sie schon beantwortet habe: Großen Dank an die Reviewschreiber! Es hilft wahnsinnig zu wissen, ob die Geschichte ankommt, oder sie überhaupt gelesen wird. Und natürlich Kritik; auch die ist nötig. Also tut euch keinen Zwang an. ;-)

Höchstmotiviert dann hier die Reinschrift meiner Notizen. Wer so sich so richtig in Stimmung bringen möchte, dem empfehle ich ganz dringend die Hintergrundmusik der 5. Staffel.

Ganz viel Spaß wünsche ich beim Lesen!
 


 

Kapitel 1 – Das neue Leben
 

~ Zwei Jahre zuvor… ~
 

Sanft fiel das Morgenlicht auf das Bett und kitzelte die Nase der auf ihm eingerollt schlafenden, schwarzen Katze. Lunas Pfote schob sich vor ihr Gesicht, konnte aber die Tatsache nicht ungeschehen machen, dass es bereits Morgen geworden war. Verschlafen öffnete sie eines ihrer rubinroten Augen. Auch die Vögel begrüßten den beginnenden Tag mit einem frühen Lied, während sich die Vorhänge vor dem Fenster im seichten Wind wogen. Die spätsommerliche Luft erfüllte angenehm das eindeutig mädchenhaft eingerichtete Zimmer.

„Zu früh…“ purrte Luna und streckte sich, um sich noch für einige Minuten länger wunderbaren Katzenträumen hinzugeben. Doch wenige Sekunden später stand sie auf allen Vieren.

„Usagi…?“ sie sah sich zerstreut nach ihrer Freundin im Zimmer um und bemerkte den Wecker auf dem Nachttisch. Kaum Sieben. Lunas Blick fiel auf das zerwühlte Bett und sie musste sich wohl eingestehen, dass Usagi mal wieder früher aufgestanden war, als sie selbst. Mit einem eleganten Sprung landete die Katze auf dem Teppich, ehe sie durch den Türspalt hinaus in den Flur glitt. Im Haus war es noch ruhig, nur gedämpft drangen Laute von klapperndem Geschirr und das Summen einer weiblichen Stimme an die aufmerksamen Katzenohren. Sie folgte dem Singsang und setzte sich letztendlich vor die geöffnete Badezimmertür.

„Guten Morgen, Usagi.“ Luna gähnte herzhaft und zwinkerte mehrmals.

„Oh!“ Das blonde Mädchen unterbrach ihr Lied und legte die Bürste beiseite. „Guten Morgen, Luna!“ kurz beugte sie sich hinab und streichelte lächelnd über den Kopf der Katze. Ihr langes Haar fiel dabei offen über ihre schmalen Schultern.

„Schon auf?“

Usagi nickte und widmete sich wieder ihrer Morgentoilette. „Ja. Wir treffen uns doch immer etwas früher. Weißt du doch, Luna.“ Gekonnt knotete sie die Haare in bekannter Weise.

„So?“ Die Katze streckte sich. „Immer noch diese Feier, ja?“

Das Mädchen runzelte die Stirn und tat einen tadelnden Seitenblick. „Nicht nur einfach eine Feier. Es ist unser Abschlussball. Aber was erwarte ich, wie sollte eine Katze das auch verstehen?“

„Heh!“

„Hihi!“ Usagi grinste und strecke die Zunge dabei heraus. „War nur Spaß. Wir sehen uns dann beim Frühstück.“ Sie schritt an Luna vorbei. Diese seufzte, lächelte dann jedoch. Viel Zeit war vergangen und vieles hatte sich verändert. Eine ganze Weile schon war es ungewöhnlich ruhig auf der Welt. Da gab es plötzlich keinen Feind mehr, nichts was sie in Atem hielt. Alle von Usagis Freundinnen lebten und genossen nun das Leben ganz normaler junger Mädchen. Bald würden sie die Schule verlassen und den nächsten Fuß in eine neue Welt setzen. In die Zukunft, für die sie so lange und hart gekämpft hatten. Sie schmiedeten Pläne, hatten Träume und Wünsche, die sie sich erfüllen wollten. Manchmal hatte die Katze die Entwicklungen eher skeptisch beobachtet. Was würde geschehen, wenn es wieder zu einer neuen Ausnahmesituation käme? Waren sie bereit, waren sie gewappnet? Doch so sehr die Angst um ihre Schützlinge sie auch manchmal zaudern ließ, sie gönnte ihnen das Glück von Herzen. Sie hatten es sich verdient.

Luna studierte aufmerksam, wie Usagi pfeifend und leichtfüßig mit ihrer Schultasche zum Treppenabsatz schritt. Ja, sie konnte stolz auf sie sein. Die Heulsuse war erwachsen geworden und würde bald ihr Elternhaus verlassen. Alles würde so sein, wie es vorgesehen war.

Ein Poltern gepaart mit einem Aufschrei riss die Katze jäh aus ihren Gedanken.

„Das hat weh getan!“ quängelte eine Stimme im Erdgeschoss schließlich lauthals.

Luna ließ den Kopf hängen. Manche Dinge änderten sich vielleicht einfach nie.

„Mann Usagi, hast Du dir weh getan?“ Shingos Stimme unterbrach ihr Gejammer, während er seiner älteren Schwester eine helfende Hand ausstreckte.

Das auf dem Boden hockende Mädchen studierte verdutzt das Gesicht des Jungen über ihr, fand jedoch keine Spur von Bosheit oder Gehässigkeit. Eher aber sogar den Hauch von Sorge.

„Danke.“ Sie griff leicht verwundert zu und ließ sich von ihrem Bruder hoch helfen. Gewachsen und kräftig geworden war er.

„Wenn das so weiter geht, brichst du dir noch den Hals, ehe du verheiratet bist, du Schussel.“ murrte Shingo, während er die Küche betrat.

„Heh, was soll denn das heißen?“ maulte Usagi zurück und folgte ihm, um den allmorgendlichen Geschwisterstreit vom Zaun zu brechen.

Ikuko rollte mit den Augen und lächelte ihre nun beinahe gleichgroßen Kinder freundlich an. „Guten Morgen ihr.“

Ja, manche Dinge würden sich wohl nie ändern.
 

Eine knappe halbe Stunde später schlenderte Usagi gut gelaunt durch die Straßen.  Auf ihren Lippen lag noch immer unbemerkt das gleiche Lied wie schon den ganzen Morgen über. Ihre Augen leuchteten beim Anblick der hohen Wolkenkratzer, die größtenteils noch von schwindelerregend hohen Gerüsten umrahmt waren. Kräne und große Transportwagen bewegten auch in der Frühe schon tonnenschwere Lasten durch Tokio. Hier und da grüßte sie freundlich einige bekannte Gesichter der Arbeiter, die sie jeden Morgen auf ihrem Weg zur Schule traf. So viele Menschen waren nun seit fast zwei Jahren Tag für Tag damit beschäftigt, ihre Heimat wieder zu dem zu machen, was sie einst war. Unzählige Freiwillige hatten sich damals eingefunden, um gegen Trümmerfelder und Schuttberge anzutreten, Platz zu machen für Häuser, Straßen und Parkanlagen. Die Früchte ihrer Arbeit stachen nun sichtbar in den Himmel. Fast war es geschafft.

„Na, das Lied habe ich aber schon lange nicht mehr gehört.“ Minakos bekannte Stimme drang an Usagis Ohr. Erstaunt wendete diese ihren Blick von der Spitze des Wolkenkratzers und senkte die Hand, die sie zuvor gegen die Sonne gewendet hatte. Ihre Freundin war gerade aus einer Seitenstraße auf sie zugetreten.

„Minako! Was tust du denn hier?“

„Eigentlich wollte ich dich zuhause abholen. So früh schon auf den Beinen, Usagi?“ Die junge Frau mit den offenen, blonden Haaren ging weiter.

„Warum ist eigentlich jeder unzufrieden mit dem was ich tue? Ob ich nun zu spät komme oder pünktlich bin – immer muss jemand meckern!“ grollte Usagi und setzte sich an die Seite ihrer Freundin. Diese kicherte leise und zwinkerte ihr zu.

„Aber Usagi. Ich meckere doch nicht. Man muss sich eben an Dinge gewöhnen. Und bei manchen fällt es eben schwerer.“

„Grrr.“ Gespielt beleidigt schob Usagi ihre Unterlippe vor, blickte ihre Freundin  jedoch in erstaunter Selbsterkenntnis an, als sie deren nächsten Kommentar vernahm.

„Das Lied von eben. Three Lights, nicht wahr?“

„Äh… ja. Tatsächlich.“ Usagi kratzte sich am Kopf und schien zu überlegen. Wann hatte sie es überhaupt das letzte Mal gehört? Minakos Seufzen riss sie aus ihren Gedanken.

„Schade, dass sie nicht mehr da sind. Ihre Lieder haben damals die ganze Nation bewegt.“ Sie grinste. „Soll ich dir etwas verraten?“

„Was?“ fragte das Mädchen mit den Zöpfen neugierig.

„Ich höre mir ihre Lieder immer noch oft an.“

„Ehrlich? Dafür hast du Zeit? Ich dachte immer, du hast genug mit deinen eignen Musikprojekten zu tun.“ fagte Usagi.

„Ja, das stimmt. Aber wenn ich einmal nicht mehr weiter weiß oder mir die Muse fehlt, dann ist ihre Musik wie Balsam für die Seele.“ Verträumt sah Minako einem Schwarm fliegender Vögel hinterher. Usagi blieb dieser Blick natürlich nicht verborgen.

„Aha.“ machte sie stumpf und fuhr fort, als sich die Freundin einige Augenblicke lang in Schweigen hüllte. „Und weiter? Das war doch nicht etwa alles?“

Verschmitzt lächelte Minako. „Du hast mich ertappt. Damals bei dem Talentcasting…“

Usagi nickte. Sie erinnerte sich noch gut an Minakos ausgefallenes Kleid.

„Das hat mir Kraft gegeben, weiter zu machen. Yaten hat mir Kraft gegeben, das zu tun was ich heute tun kann.“

„Minako…“

„Mir ist erst damals klar geworden, wie und vor allem warum man seine Träume leben sollte. Hätte Yaten meine Motive nicht auf die Probe gestellt, hätte ich sicher nicht all die Antworten auf meine nie gestellten Fragen gefunden.“ Minako lächelte sanft als sie den gerührten Ausdruck im Gesicht ihrer Freundin identifizierte. Schließlich fuhr sie fort.

„Ich danke ihm dafür.“ Sie seufzte und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Sag, Usagi. Vermisst du sie nicht auch manchmal?“

„Mh.“ machte die Gefragte. Natürlich vermisste sie die Drei. Nach allem, was sie zusammen durchgemacht hatten, nach all den vergossenen Tränen, nach all dem gemeinsam vergossenen Blut, wer wäre sie, wenn sie es nicht täte. So viele Male hatten sie, hatte vor allem Seiya ihr das Leben gerettet. Diejenigen, die das noch von sich behaupten konnten, waren ihre engsten Freunde.

„Ja, ich vermisse sie.“ antwortete sie schließlich wahrheitsgemäß.

Minako bemerkte den traurigen Unterton, der in der Stimme ihrer Freundin mitschwang und bereute sofort, Usagi auf Seiya, Yaten und Taiki angesprochen zu haben. Zeitgleich wunderte sie sich, dass es Usagi nach all der Zeit noch immer zu schmerzen schien, über die sie zu sprechen. Minako versuchte einzulenken.

„Was sie jetzt wohl gerade machen? Sicher sehen ihre Städte schon genauso gut aus wie unsere hier. Wenn nicht sogar noch prachtvoller, was meinst Du?“ Minako lachte leise. „Vielleicht haben sie ihrer Prinzessin auch ein wunderschönes, großes Schloss gebaut. Ich bin mir sicher, dass es ein Kinderspiel für sie wäre.“

Usagi lächelte. Sie hatte keine Vorstellung von der Heimat ihrer drei Freunde. Sicherlich war sie wunderschön, fremdartig… und verträumt.

„Hoffentlich geht es ihnen gut.“ antwortete sie und seufzte.

„Ah, na klar doch. Ich bin mir sicher, dass wir die Ersten sind, die es erfahren wenn es anders wäre.“

„Ich nicht.“ Usagi zögerte weiterzusprechen. „Sie sind so schrecklich weit weg. Und seit damals haben wir nichts mehr von ihnen gehört.“

„Das stimmt zwar, aber du unterschätzt Setsuna und die anderen. Wenn irgendwo weit, weit weg, am Rande der Galaxis und darüber hinaus auch nur irgendetwas geschehen sollte, dann sei sicher, dass sie es sofort bemerken.“ Minako untermalte ihre Worte mit einem aufmunternden Lächeln und einer ausholenden Geste ihrer weit ausgebreiteten Arme.

Damit Usagi dabei ihre Tasche nicht direkt ins Gesicht bekam, wich sie lachend zur Seite aus und stimmte ihrer Freundin zu.

„Ja, du hast Recht.“

„Sieh mal, da sind die anderen.“

Nachdem sie die letzte sich füllende Straße überquert hatten, betraten die Mädchen das Schulgelände und stießen zu ihren Freundinnen Makoto und Ami.

„Guten Morgen!“ begrüßte sie die hochgewachsene Makoto.

„Hallo ihr beiden! Also, was steht heute auf dem Plan für die Vorbereitungen?“ Usagis getrübte Stimmung schien wie verfolgen.

„Makoto könnte Hilfe bei den Blumen gebrauchen.“ erwiderte Ami.

„In der Tat. Die Garten-AG hatte ja nie so viele Mitglieder, wie ihr wisst. Alle für die Dekoration und das Special verwendeten Blumen werden aber von uns gestellt. Es gibt also noch viel zu tun.“

Die anderen nickten zustimmend.

„Habt ihr denn so viele gezogen?“ fragte Usagi verwundert, während sich die Gruppe auf den Weg machte. Makoto wirkte leicht erschöpft bei ihrer folgenden Erklärung.

„Ja, alle Gewächshäuser sind voll. Pünktlich zur Feier in knapp einer Woche können sie geschnitten werden. Aber vorher müssen wir noch entscheiden, welche von ihnen sich an welchem Platz am besten machen.“

„Ahh, ein Saal voller Rosen. Passen bestimmt gut zu meinem Kleid.“ schwärmte Usagi verträumt und erntete einige geringschätzende Blicke. Mamoru hatte ihr fest versprochen, sie an jenem ersehnten Abend zu begleiten. In allen Farben hatte sie sich schon oft ausgemalt, wie sich alle vor Neid verzehren würden, wenn sie mit ihm die ersten Runden über das Tanzparkett drehte.

„Haaaaah!“ sie seufzte lange. „Und dann wird er mir einen Antrag machen, ich bin mir ganz sicher.“

„Jetzt bleib mal auf dem Teppich…“ raunte Makoto. „Bis dahin müssen wir uns ins Zeug legen.“ Die vier Mädchen kamen vor einem der Gewächshäuser zum Stehen und blickten in das Innere.

„Och, menno. Man wird ja nochmal träumen dürfen.“

„Mh.“ Minako entfuhr ein überlegender Laut. „Sieht nach viel Arbeit aus. Also packen wir’s!“
 

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„Nein, Nein! Das muss hier herüber! Verdammt nochmal, seid ihr- Vorsicht!!!“ Fighters alarmierte Stimme schallte laut über den geschäftigen Palasthof und übertönte die Geräuschkulisse. Mit einem Satz nach vorn packte sie eine Frau, die gerade damit beschäftig gewesen war, einen Korb voller Obst in die Gebäude hinter ihnen zu tragen. Unter einem Aufschrei wurde diese von den Füßen gerissen und kullerte, gehalten von zwei starken Armen, inmitten eines sich ergießenden Meeres von rundlichen Früchten über den gepflasterten Boden. Gekreische wurde rund um die Szene laut, als donnernd eine mannshohe, steinerne Statue auf den Boden genau auf die Stelle krachte, an der vor wenigen Sekundenbruchteilen noch die Bedienstete gestanden hatte. Diese traute sich kaum zu atmen und kniff klopfenden Herzens die Augen fest zusammen.

„Alles in Ordnung?“

Die Frau nickte, verharrte jedoch völlig reglos.

„Heh, sieh mich an.“

Ihre Augen öffneten und weiteten sich schließlich. Mit einem erkennenden aber nichtsdestotrotz angsterfüllten Blick riss sie sich aus der Umarmung, um sich im gleichen Augenblick vor ihrer Retterin auf den Boden zu werfen.

„Habt Dank, große Kriegerin.“ wimmerte sie leise.

Fighter seufzte. So ging das schon die ganze Zeit. Langsam sollte sie sich daran gewöhnt haben, sie konnte es nur einfach nicht. Sich mit der behandschuhten Hand fahrig durch das Gesicht streichend, winkte sie die kleine Menschentraube ab, die sich um sie herum gebildet hatte. Glücklicherweise nahm sich jemand der schockierten Dienerin am Boden an. Die langhaarige Kriegerin bemerkte das zerrissene Kleid an ihren Knien, das den Sturz offensichtlich nicht überstanden hatte. Dunkelrotes Blut färbte das Blaue Tuch leicht Lila. Wie sie lange Gewänder hasste.

Langsam stand Fighter auf und besah sich nun das Desaster. Die Krankonstruktion stand glücklicherweise noch, aber die Halteseile waren komplett gerissen. Wunderbar. All die Arbeit umsonst. Ihr Blick verharrte unterhalb der Maschine auf denen, die sie bedient hatten. Furchtsam taten einige Arbeiter ein paar Schritte rückwärts. Sie öffnete schon den Mund und wollte gerade zu einer Standpauke ansetzen, die sich wirklich gewaschen hatte, da kam ihr jemand zuvor.

„Räumt das hier auf! Na, wird’s bald!“

Fighters rechte Augenbraue schob sich in die Höhe, während sie mit einem knappen Seitenblick die Person musterte, die ihr so hervorragend ins Wort gefallen war.

„Ryoku…“ grollte sie.

Noch während sich die Arbeiter trollten, entblößte der Angesprochene mit einem breiten Grinsen makellos weiße Zähne. In einer weiten und anmutenden Geste machte der blonde Mann eine tiefe Verbeugung, ehe er betont überzogen weitersprach.

„Gebt euch nicht mit diesen Tölpeln ab. Sie sind eure Worte gar nicht wert.“

Fighter verdrehte entnervt die Augen.

Ryoku beugte sich nach vorn. „Oh, du blutest.“ Irgendwie ungeschickt machte er sich daran, ein Tuch um das blutende Knie der Frau vor ihm zu binden, ehe diese seine Hände mit einer rohen Geste bei Seite schlug.

„Lass den Quatsch.“ zischte sie, während sie sich den hoch geschlossenen Kragen ihres Gewandes zurechtrückte. Sie hoffte erst gar nicht darauf, dass man sie nicht beobachtete.

Der Mann lächelte verschmitzt und richtete sich wieder auf. „So schüchtern kennt man dich ja gar nicht, Shoka.“

Wütend funkelten ihn plötzlich ihre stechend blauen Augen an. Bei allen Menschen des Universums, warum musste er ihr heute und noch dazu ausgerechnet jetzt über den Weg laufen?

„Nenn mich nicht so! Was willst du?“ herrschte sie ihr Gegenüber an.

Ryoku lächelte. „Ich möchte dir eine Einladung aussprechen.“

„Danke, kein Interesse.“ Sie wollte sich gerade umdrehen, da packte er sie beim Handgelenk und hielt sie fest.

„Hör mir doch wenigstens zu.“

„Lass. Mich. Los.“ Ihre Blicke durchbohrten den edel gekleideten Mann, der ihrer Aufforderung schnell nachkam. Es war nicht das erste Mal, dass er sich mit ihr anlegte und er kannte ihre Ohrfeigen nur zu gut. Zu seinem Erstaunen jedoch blieb sie stehen. Ihm zwar abgewandt, aber sie blieb. Er fasste sich ein Herz.

„Heute Abend ist die Einweihung der großen Arena in der Stadt. Ein großes Fest mit allem, was dazu gehört. Gesang, Musik und Tanz, Theater und Spiele und-„

„Komm zum Punkt.“

Er musterte ihre hochgewachsene Gestalt kurz. „…und da dachte ich mir, dass du mich vielleicht gern begleiten magst?“ Er kam sich zwar wie ein ausgemachter Trottel vor, feierte innerlich jedoch seinen persönlichen, kleinen Sieg. So lange hatte sie ihm noch nie zugehört!

Fighter überlegte angestrengt. Nicht etwa, ob sie mitkäme, sondern vielmehr suchte sie nach einer passenden Abfuhr.

„Und? Begleitest du mich? Es gibt da doch dieses hinreißende Kleid…“ Mutig machte Ryoku einen Schritt in ihre Richtung. „Es steht dir bestimmt se-„

Unvermittelt wutschnaubend packte sie den nichtsahnenden Mann beim Kragen. „Was bei der Götter Namen bringt dich auf die Idee, dass ich irgendetwas für Dich tragen würde?“ Ryoku hatte offensichtlich einen ganz bestimmten Nerv getroffen, nur leider kam ihm diese Erkenntnis – wie üblich – zu spät.

Fighter stieß ihn von sich, sodass er einige Schritte zurück torkelte. Manche der Menschen auf dem Platz beäugten unsicher die Geschehnisse.

„Nimm dir eine deiner Konkubinen, steck sie in ein nettes Kostüm und hab deinen Spaß mit ihr. Aber verschone mich damit!“ Mit ihren letzten Worten wendete sich vollends von ihm ab und ging schnellen Schrittes davon. Sollte sich jemand anderes um die Angelegenheiten hier kümmern. Das Klackern ihrer Absätze untermalte markant ihr kochendes Gemüt.

Ryoku rückte seine Kleider zurecht und sah Fighter seufzend nach. Schließlich blickte er hinauf zur Palastmauer, fixierte einen Punkt und zeigte eine offensichtliche Geste der Ratlosigkeit. Diese ging ersichtlich in die Richtung einer Person, die sich nun mit wehenden, silbrigen Haaren auf den Weg zu ihm hinab machte.
 

Die schwere Tür donnerte hinter Fighter ins Schloss, ehe ein lauter, wuterfüllter Schrei ihren Lippen entfuhr.

„Dummkopf!“ Schnell entledigte sie sich ihrer Schuhe und trat in den großen Saal, der die komplette Fläche des Turmes einnahm, in dem sie wohnte. Der Raum begrüßte jeden Eintretenden mit warmen und gemütlichen Farben.

Zwei erschrockene Augenpaare blickten ihr entgegen.

„Lasst mich allein, raus hier.“ befahl sie knapp und die beiden Diener kamen nur zu gern schnellstmöglich ihrem Wunsch nach. Erst als sich die Tür wieder geschlossen hatte, trat sie  auf einen großen Standspiegel zu und betrachtete sich darin. Einige Augenblicke verharrte sie stillschweigend davor, ehe sie sich mit einem erneuten Wutlaut den Stoff vom Leib riss. Das Kleid war ohnehin nicht mehr zu retten gewesen, jetzt aber waren von ihm nur noch Fetzen geblieben, die sich rings um ihre Füße verteilten. Ihre Brust bebte. Was nur störte sie an diesem Anblick? Wo nur war heute ihr Problem? Wieder besah sie ihr beinahe nacktes Selbst im Spiegel. Ihre Blicke glitten herab und verharrten am Ende auf ihrem blutverkrusteten Knie. Ihre Gedanken kreisten dabei in ungeordneten Bahnen.

Irgendwann löste sie sich von ihrem Anblick und schritt durch den mit schweren Teppichen ausgelegten Raum. Von der Decke hängende, seidene Tücher liebkosten ihre nackte Haut, während sie auf den ausladenden Tisch zusteuerte, auf dem sich in unordentlichen Stapeln Papiere häuften. Als sie diese bemerkte, entfuhr ihr ein verächtlich klingender Laut. Geräuschvoll zog sie den schweren Sessel zurück und ließ sich in ihn sinken.

Was tat sie eigentlich hier? Manchmal musste sie sich diese Frage selbst stellen und beantworten, um hinter all dem ihre Motivation, einen Weg oder einen Sinn zu erkennen. Sie hasste die Aufgaben, die ihr vor kurzem aufgetragen worden waren, denn zuvor war es ihr leichter gefallen, ihren Alltag zu meistern. Sie war daran beteiligt gewesen, die Gardisten und Wachen in Städten und Dörfern auszubilden, bei ihrer Arbeit frei zu entscheiden, sich so zu bewegen, wie es ihr Naturell war. Doch dann standen die Aufgaben im Palast an. Aus Mangel an Beamten hatte man ihr organisatorische Gewalt übertragen und sie zum Mitglied des Rates gemacht. Gut, der Kelch war auch an ihren Schwestern und Brüdern nicht vorbei gegangen, aber dennoch. Das war einfach nichts für sie. Ständig rief man nach ihr, verlangte nach Anweisung und Rat. Sie musste diese grässlichen Roben und Kleider tragen, ständig am Hof präsent sein. Die Zeit, in der sie unbeobachtet und für sich allein sein konnte, war vorbei.

Eine ganze Weile lang saß sie einfach nur da und blickte aus dem sich vor ihr eröffnenden Balkon in das weite Panorama. Ihre Räume lagen weit über den Häusern der Stadt, ja sogar über den meisten Räumen des Palastes. Niemand hatte Einsicht in ihr Refugium, denn zu dieser Seite hin befand sich hinter den Mauern nur noch der Ozean. Leise vernahm man das beruhigende Rauschen der Wellen und die heiseren Schreie der Vögel dort draußen.

Jäh seufzte Fighter und ohne dass sie es selbst bemerkte, glitt ihre rechte Hand zu einer verschlossenen Schatulle, die sich auf dem Tisch vor ihr befand. Sanft fuhren ihre Finger die eingebrannten, kryptischen Muster nach, ehe sie durch ein an der Tür verursachtes Klopfen inne hielten. Erst nachdem sich das Geräusch nach einiger Zeit wiederholte, fuhr Fighters Kopf herum.

„Lasst mich allein.“ Zornig beobachtete sie, wie die Tür einfach geöffnet wurde und ihre Schwester eintrat.

„Ach, du bist es.“ Fighter wendete sich wieder ab und starrte nach draußen. Nicht, dass sie nach Gesellschaft geschrien hätte, aber eine Person wollte sie jetzt ganz gewiss nicht in ihren Räumen wissen. Sie hätte Ryoku zweifelsohne zugetraut, sie auch noch hier aufzusuchen. Scheinbar war er aber so weise, oder um seine Gesundheit bemüht, das nicht zu tun.

Die eingetretene, zierlichere Frau schloss die Tür leise, bemerkte jedoch sofort Fighters Blöße und schließlich das zerrissene Amtskleid am Boden. Sorgenvoll legte sich ihre Stirn in Falten, die silbernen Haare umspielten dabei ihr Gesicht.

„Alles in Ordnung?“ fragte sie schließlich und trat zu ihrer Schwester. Als sie keine Antwort bekam, fuhr sie fort. „Das sah ziemlich abenteuerlich da unten aus.“

„Tss.“ machte Fighter nur und winkte ab. „Nichts passiert.“ Sie ignorierte die Tatsache, dass Healer durchaus zweideutig war und sie wohl vorhin zugesehen hatte. Plötzlich verging ihr auch noch das letzte bisschen Lust auf eine Konversation.

„Er hat es sicher nicht so gemeint.“ Healer setzte sich auf eine Tischkante des Arbeitstisches, obwohl es hier mehr als genug bequemere Sitzgelegenheiten zu finden gab.

„Ah, hat sich jetzt sogar schon meine eigene Schwester gegen mich verschworen?“ Fighter warf der sich setzenden Frau einen vernichtenden Blick zu. „Was willst du? Nein – ich sollte besser fragen, was wollt ihr?“

„Sei nicht so unmöglich!“ zischte Healer zurück und unterdrückte die aufkommende Wut in ihrem Bauch. Da wollte man ihr schon helfen und sie verhielt sich wie eine dumme Gans. Es war ja so typisch. „Er ist ein netter Kerl. Er mag dich aufrichtig und zeigt es dir sogar. Und jedes Mal behandelst du ihn wie den letzten Dreck.“

„Er hat dich also geschickt, um mir das klar zu machen?“ bitter lachte die Schwarzhaarige.

„Nein. Sei kein Dummkopf.“ Healer schüttelte leicht den Kopf. „Schau, er ist doch auch niemand ohne Namen. Er ist genau wie du ein Held der großen Kriege. Ich glaube ihr habt vieles gemein.“

„Oh nein.“ schnaubte Fighter und sah ihre Schwester beinahe ungläubig an. Ganz sicher hatten sie so viel Gemeinsames wie eine Katze und eine Maus. Die Rollenverteilung war Fighter dabei glasklar. „Du kannst ihm im Übrigen ausrichten, dass er sich es nicht noch einmal wagen soll, mich bei meinem Namen zu nennen.“

Healer überhörte den letzten Satz einfach und beugte sich zu ihrer Schwester hinab, um ihr eine Hand auf den Oberarm zu legen. „Hör zu. Ich möchte, dass du dich ein wenig amüsierst. Sieh dich an, du bist völlig überarbeitet. Und außerdem… ich habe dich seit unserer Rückkehr damals nicht einmal mit einem Mann gesehen. Vielleicht solltest du-„

Rüde wurde sie unterbrochen. „Diesen Rat gibt mir wer? Jemand der jede Nacht einen anderen neben sich liegen hat?“ schnappte Fighter, stieß ihren Arm beiseite und stand auf.

Verletzt und nun wirklich wütend werdend sah Healer zu der Frau vor ihr auf. „Das geht dich gar nichts an.“

„Aber mir erklären wollen, dass er mir helfen kann wo du selbst niemanden findest der dir hilft?“

„Halt deinen Mund!“ fauchte Healer. Aufgebracht rutschte sie vom Tisch und ballte ihre Hände zu Fäusten.

Fighter wusste, dass sie zu weit gegangen war und im gleichen Augenblick tat ihr der Einsatz ihrer vorschnellen Zunge ehrlich leid.

„Ich für meinen Teil habe alles mir Mögliche getan, um zu meinem normalen Leben zurück zu finden. Ich benehme mich nicht wie ein kleines, verwöhntes Kind, dass die Süßigkeiten nicht bekommt, die es sich wünscht.“

„Nein, eher wie ein Flittchen.“ entgegnete Fighter mit drohendem Blick.

Schallend knallte Healers Handfläche in das Gesicht der Frau ihr gegenüber,  deren Kopf unter der Wucht des Schlags zur Seite flog. Sie hatte nicht einmal den Versuch unternommen ihr auszuweichen und wusste, dass sie es verdient hatte.

Noch einige Sekunden lang starrte die Besucherin ihre Schwester an, die jedoch in ihrer Position verharrte und sich in Schweigen hüllte. Eine ihrer Wangen wurde indes feuerrot.

Schließlich ging Healer, ohne ein Weiteres Wort zu verlieren. Erst als das Geräusch einer sich schließenden Tür zu vernehmen war, sah die schwarzhaarige Frau auf.

„Verzeih mir…“ flüsterte sie heiser und seufzte tief.

Natürlich hatte Healer Recht, das wusste sie selbst erst nicht seit gestern. Noch einmal fiel ihr Blick auf die hölzerne Schatulle auf dem Tisch und da fasste sie einen Entschluss.
 

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Hallo ihr!

Danke für’s Lesen. Ich gebe zu, dass ich jetzt die Kapitelnotbremse ziehe. Eigentlich sollte es noch viel länger werden, aber ich schrieb und schrieb und da kamen immer mehr Wörter und Ideen – das kommt dann einfach in das nächste.

Ich habe mir schon vor längerem überlegt, ob denn nicht die Starlights auch normale Namen haben. Wäre ja nur natürlich, oder? Ich dachte mir, dass man sie ob ihrer Berühmtheit in ihrer Heimat wahrscheinlich eher mit ihren Kampfnamen anspricht. Jedenfalls hab ich ihnen welche gegeben, die dann Stück für Stück verraten werden. Shoka bedeutet übrigens so viel wie Gesang, Lied oder singen. Ich dachte, das passt zu ihr. :-)

Hoffentlich bis zum nächsten Kapitel!



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