Zum Inhalt der Seite

Desire

Die gläserne Wand zwischen Hass und Liebe
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

„Uzumaki!“ Entweder Sie passen jetzt auf oder Sie können sich auf ein paar nette Stunden Nachsitzen heute bei mir freuen!“, blaffte eine Stimme und Naruto schreckte auf. Es war keine Seltenheit das er im Unterricht einschlief, nur war das nicht gerade vorteilhaft, besonders nicht wenn sie bei ihrem strengsten Lehrer Orochimaru hatten.

„Entschuldigung“, murmelte er verbissen. Einige Schüler lachten. Ino die neben Naruto saß kicherte auch und warf ihm einen herablassenden Blick zu.

‚Arrogante Ziege!‘

Orochimaru fuhr mit dem Unterricht fort und die Schüler hörten auf Naruto anzustarren, um ihren allgemeinen Beschäftigungen nach zu gehen. Sprich; so zu tun als würde man irgendetwas verstehen. Natürlich gab es auch Leute in der Klasse die das tatsächlich taten. Sakura zum Beispiel. Sie war eine grenzenlose Klugscheißerin und hatte immer etwas an einem zu bemängeln. Trotzdem wurde sie von sehr vielen in ihrer Schule bewundert. Warum auch immer.

Und dann gab es noch Sasuke. Sasuke Uchiha hatte in seinem ganzen Leben noch nie etwas zum Unterricht beigetragen, trotzdem schrieb er nur Einsen. Das war einer der vielen Gründe warum Naruto ihn hasste wie die Pest. Sasuke war intelligenter als er, sportlicher, stärker, beliebter und sah besser aus. Das Schlimmste war aber das er maßlos arrogant war und eine schreckliche Art hatte mit Menschen umzugehen.
 

Naruto hob seinen Kopf, der wieder zurück auf die Tischplatte gesunken war, und sah zu Sasuke hinüber. Er saß schräg von ihm ein paar Reihen weiter vorne, neben ihm Sakura. Diese war ihm fast bis auf den Schoß gerückt und schmachtete ihn ‚unmerklich‘ von der Seite an. Doch Sasuke schenkte ihr keine Beachtung. So wie jeder anderen vor ihr. Man sah ihn immer nur mit einer starren Eismiene, er gab meist nur einsilbige Antworten und wahrscheinlich hatte ihn sogar seine eigene Mutter noch nie ehrlich Lächeln gesehen.
 

Diese war übrigens sehr gut mit Narutos Mutter befreundet und sie hockten viel zu oft, nach Narutos Meinung, zusammen um über Frauenkram zu reden. Das wäre auch gar nicht so schlimm, hätte Kushina nicht die Angewohnheit ihren Sohn jedes Mal mit zu schleifen, wenn sie zum Hause Uchiha aufbrach. Dahin wo Sasuke wohnte. Glücklicherweise verzog sich dieser immer sobald er und seine Mutter einen Schritt über die Türschwelle machten und Naruto konnte sich währenddessen mit Itachi, Sasukes älteren Bruder unterhalten. Den fand Naruto eigentlich ganz nett.
 

Die Schulglocke läutete. „Ich würde euch raten den Stoff zu wiederholen, wir werden nächste Stunde einen Test schreiben“, kam es von Orochimaru. Allgemeines Aufstöhnen. Auch Narutos Begeisterung hielt sich in Grenzen. Orochimaru schaffte es, jede Frage so zu formulieren dass man kein einziges Wort verstand.

„Hey, Naruto!“ Kiba kam auf ihn zu, Gaara im Schlepptau. „Wir haben dich heute Morgen gar nicht gefunden! Wo warst du denn?“ „Hn“, gab Naruto nur als Antwort. „Schlecht gelaunt? So kennt man dich ja gar nicht.“ Da hatte er Recht, normalerweise war Naruto fröhlich und aufgedreht. „Schlecht geschlafen.“ „Das tut dem Kerl mal ganz gut wer er nicht immer so rumschreit“, bemerkte Ino abfällig von der Seite. „Kannst du dich nicht um deinen eigenen Scheiß kümmern?“, gab Gaara zurück und warf ihr einen drohenden Blick zu. Sie setzte eine beleidigte Miene auf, hatte aber wohl keine große Lust sich mit Gaara anzulegen. So warf sie nur vernichtende Blicke in die Runde und stöckelte auf ihren etwas zu hohen Absätzen zu Sakura um sich bei ihr einzuharken. Wahrscheinlich weil sie alleine nicht lange laufen konnte. Zusammen hefteten sie sich an Sasukes Fersen der gerade den Klassenraum verlassen hatte.
 

„Lass uns auch gehen“, sagte Kiba. Naruto nahm seine Tasche und sie machten sich auf den Weg in die Pause.

Kiba und Gaara zählte Naruto zu seinen besten Freunden. Es gab noch ein paar andere mit denen er sich auch gut verstand, aber mit diesen Zweien hing er jeden Tag ab.

Kiba war vom Charakter her ähnlich wie Naruto selbst, nur das er absolut Hunde-vernarrt war. Gaara hatte eher stille und friedliche Züge an sich, nur dumm kommen durfte man ihm nicht. Er war nicht so schwach wie er aussah.

„Was haben wir als nächstes?“, fragte Naruto und ließ sich auf die nächste Bank fallen. „Schwimmen“, antwortete Kiba du verzog das Gesicht. „Zum ersten Mal.“ „Ach ja.“ Narutos Laune sank zum absoluten Nullpunkt. Gaara seufzte. „Wieso müssten sie jetzt damit anfangen? Wir sind doch die ganzen vorherigen Jahre gut ohne ausgekommen.“ „Das endet garantiert in einer riesigen Peinlichkeit. Dazu hab ich irgendwie ein Talent“, knurrte Naruto. „Oh ja“, sagte Kiba und lachte. „Ein bisschen positiver Zuspruch wäre nett.“ „Oh ha, woher auf einmal die Jura-Student Sprache? Und du kennst mich doch. Vor allem musst du zugeben, dass du praktisch in jedes Fettnäpfchen einen Kopfsprung machst.“ „Komm so schlimm ist es auch wieder nicht.“ „Ach nein?“, brachte Gaara sich ein. Er wandte sich an Kiba.

„Weißt du noch in der achten Klasse am Wandertag? Wo Naruto Sasuke einen eingebildeten Trottel genannt und sich drei Sekunden später mit dem Gesicht voran in eine Schlammpfütze gelegt hat?“ „Ja! Und auch noch vor der ganzen Klasse!“

Kiba fing bei der Erinnerung an zu lachen, während Naruto erschauderte. Er war damals direkt vor Sasukes Füße gefallen. Eigentlich rechnete er es diesem hoch an das er ihn nicht ausgelacht hatte. Sasuke hatte einfach nur da gestanden und mit hoch gezogenen Augenbrauen auf ihn herabgesehen. Naruto hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Zuerst hatte er seine Klappe aufgerissen und dann lag er im Dreck. Der Rest der Klasse hatte sich dafür prächtig amüsiert.

„Ich glaube ich hab da sogar noch ein Foto von.“ Naruto warf Kiba einen finsteren Blick zu. Er war manchmal wirklich sehr schwer zu ertragen. Aber das war immerhin selber auch.
 

Den Geruch von Chlor konnte man schon in den Umkleidekabinen wahrnehmen. Naruto war schon fertig mit umziehen, aber er saß noch auch der kleinen Ablege Bank um so lange wie möglich den Beginn der Schwimmstunde hinauszuzögern. Die meisten der anderen waren aber auch noch nicht fertig, die Stimmen seiner Klassenkameraden drangen durch die Kabinenwand. Gerade zogen zwei kichernde Mädchenstimmen vorbei, wahrscheinlich Sakura und Ino. Sie waren die besten Freundinnen, jedenfalls schien es nach außen hin so. Doch Naruto würde seinen linken Arm darauf verwetten, dass Sasuke nur ein Wort zu sagen bräuchte damit die besten Freundinnen sich gegenseitig die gewetzten Messer in den Rücken stießen.
 

„Auf, auf meine Lieben! Beeilt euch wir wollen anfangen!“, rief Shizune ihre Sportlehrerin, in den Gang mit den Kabinen. Genervt stand Naruto auf.

‚Viel schlimmer kann der Tag echt nicht mehr werden.‘

Er schloss seine Kabine auf, legte seine Sachen in einen der Spinde, ging sich kurz abduschen und machte sich auf den Weg in die Schwimmhalle. Es waren schon einige da.

„Na, Naruto?“ Neji war neben ihm aufgetaucht. „Meinst du, du hälst das durch?“ „Wovon redest du?“ „Nun ja, bei so vielen halb nackten Kerlen… Da geht dir doch bestimmt einer ab, oder?“ Naruto sah ihn erst verständnislos an, dann stieg Wut in ihm hoch. „Keine Sorge, ich werde dir ganz bestimmt nicht hinterher sabbern!“, fauchte er und ließ den grinsenden Neji einfach stehen.
 

Es war doch immer wieder das Gleiche. Ja, dann war er eben bisexuell, na und? Naruto hatte daraus noch nie ein Geheimnis gemacht, da er von der Toleranz seiner Mitmenschen fest überzeugt war. Allerdings gab es immer wieder Leute, so wie Neji, die das Wort ‚Toleranz‘ nicht zu kennen schienen und sich permanent über seine sexuelle Orientierung lustig machten.

Immer noch wütend setzte er sich neben Gaara, der mit gelangweiltem Blick irgendwo in die Ferne sah. „Dieser verdammte Hyuuga!“, zischte Naruto leise damit nur Gaara es hören konnte. Dieser seufzte leise. „Schon wieder? Hör doch einfach nicht auf sein dummes Gerede.“ „Würde ich ja gerne, aber ich bin heute eh schon schlecht gelaunt. Wenn jetzt auch noch Sasuke irgendeinen dummen Spruch ablässt, dann-“

Weiter kam er nicht, denn die besagte Person hatte soeben die Schwimmhalle betreten.

‚Wow.‘

Naruto hatte schon immer gewusst das Sasuke gut aussah, hatte ihn aber nie näher angesehen. Jetzt, wo er nur mit Badeshorts bekleidet war, konnte man es nicht mehr leugnen. Eigentlich sollte es verboten so gut auszusehen wenn man ein solches Arschloch war.

Sasukes schwarze Haare waren schon nass, deshalb hatten sie jeglichen Style verloren und hingen ihm locker um das Gesicht. Seine blasse Haut bildete einen starken Kontrast zu seiner Haarfarbe und ließen ihn noch etwas kälter und geheimnisvoller wirken als sonst. Und natürlich musste der Mistkerl auch noch Muskeln besitzen. Keine übertriebenen, aber gerade so viel, dass es verdammt noch mal geil aussah.

‚Was?! Ich muss unbedingt aufhören so was zu denken. Und nächste Nacht ein bisschen länger schlafen.‘

Trotzdem beobachtete Naruto Sasuke aus den Augenwinkeln, der sich ein paar Meter von ihnen gegen die Wand lehnte. Sakura und Ino machten kein Geheimnis daraus das sie Sasuke anziehend fanden, ungeniert starrten sie ihn an.

„So, wie ich sehe sind inzwischen alle anwesend. Dann können wir ja loslegen!“, rief Shizune fröhlich.
 

Die Schwimmstunde verlief relativ ereignislos. Sie übten nur verschiedene Schwimmtechniken. Doch gegen Ende kamen sie zum Springen. Vom Fünf Meter Turm. Naruto hatte schon so etwas befürchtet und überlegte sich schon einmal eine passende Ausrede während er den anderen zu sah die ins Wasser sprangen. Er hatte nämlich wahnsinnige Höhenangst, zugeben würde er das allerdings nicht. Ein paar Schüler verweigerten den Sprung, das Problem war nur: Es waren alles Mädchen.

„Naruto! Los, Sie sind dran!“ „Äh, also… ich würde ja, aber ich hab schon länger Probleme mit äh… meinem Fuß und da ähm…“

„Hast du etwa Angst?“, wehte eine spöttische Stimme zu Naruto herüber. Er drehte sich um. Natürlich war es Sasuke. Er hatte seinen Sprung schon hinter sich und sah Naruto provozierend an.

„Tz, Angst? Garantiert nicht!“ Er stieg die Turmleiter hoch und mit jedem Schritt wurden seine Knie weicher.

‚Verdammt. Warum muss ich mich auch immer wieder provozieren lassen!‘

Oben angekommen sah er noch einmal zu seinen Mitschülern die unten standen. Kiba zeigte ihm den Daumen hoch, Gaara schüttelte langsam den Kopf. Und Sasuke sah ihn herausfordernd an. Nein, jetzt konnte er nicht mehr kneifen.

Langsam ging auf den Rand des Turms zu. Es kam ihm viel höher vor als fünf Meter. Das waren mindestens zehn.

‚Ok, am besten gar nicht stehen bleiben. Direkt springen und alles ist in Ordnung.‘

Naruto beschleunigte seinen Schritt, er war nun kurz vor dem Absprung. Als er aber genau das tun wollte, passierte das worauf er schon die ganze Zeit gewartet hatte. Er stolperte über seine eigenen Füße.

Er spürte das Gefühl des Fallens in der Magengegend und wusste, dass er sich in einer ziemlich ungünstigen Position befand. Panisch versuchte Naruto sich noch während dem Fall zu drehen, doch es war schon zu spät. Mit einem halbherzigen Bauchklatscher kam er auf der Wasseroberfläche auf.
 

Kurz wurde ihm schwarz vor Augen, sein ganzer Körper schmerzte und er konnte sich nicht mehr bewegen. Panik stieg ihn ihm auf und er versuchte verzweifelt irgendeinen Muskel zu rühren. Vergeblich.

‚Was wenn-‘

Doch gerade als Narutos Luft auszugehen drohte, packte ihn etwas am Arm und er wurde nach oben gerissen. Shizune musste eingeschritten sein. Durch den Ruck durchzuckte erneut eine Schmerzwelle Narutos Körper, dann durchbrach er die Wasseroberfläche und er konnte atmen.

Langsam wurde er zum Beckenrand gezogen. Noch immer war seine Sicht verwischt, aber wenigstens konnte er sich allmählich wieder bewegen.

Erneut gab es einen Ruck, und er saß auf dem lauwarmen Fliesenboden des Schwimmbades. Narutos Sichtfeld klärte sich. Er sah Kiba, der sich offenbar das Lachen verkneifen musste, Gaara, der ihn mitleidig ansah, seine anderen starrenden Klassenkameraden und Shizune die gerade auf der anderen Seite des Beckens dem Wasser entstieg und auf ihn zu rannte. Moment- war es nicht sie gewesen die ihn rausgezogen hatte?

‚Oh nein.‘

Er ahnte schlimmes.

„Sag mal, was war denn das für ein beschissener Sprung?“

‚Oh nein.‘

Naruto drehte sich um. Sasuke. Wie könnte es auch anders sein? Er kniete hinter ihm und seine schwarzen Augen fixierten ihn mit wütendem Blick. Warum musste ausgerechnet er ihm ins Wasser hinterher springen?
 

Shizune kam bei ihm an. „Oh Gott! Naruto, geht es Ihnen gut?“ Naruto konnte nur nicken. „Puh, da haben Sie aber noch mal verdammt Glück gehabt. Übrigens, guter Einsatz Sasuke, aber das wäre nicht nötig gewesen, ich hätte ihn da schon rausgeholt.“ Naruto gab ihr im stillen Recht, dass wäre wirklich nicht nötig gewesen.

Sasuke sagte nichts, er stand nach zwei Schweigesekunden einfach nur auf und ging. Ein paar andere folgten ihm. „Nun, die Stunde ist sowieso zu Ende, also geht euch ruhig umziehen“, sagte Shizune die so aussah als wäre sie für die nächste Woche fertig mit den Nerven.

Kiba ging zu Naruto und zog ihn hoch. „Alles klar, wir bringen dich dann mal in die Kabine. Aber umziehen kannst du dich noch alleine oder?“

‚Ich habe mich geirrt. Dieser Tag konnte eindeutig noch schlimmer werden.‘

„Scheiße!“ Sasuke nahm eine kleine Glasskulptur in Form einer Katze von der Kommode und schmiss sie gegen die Wand. Wie konnte er sich nur so dumm anstellen? Naruto einfach hinter zu springen? Shizune hatte doch sofort reagiert! Aber nein, er musste wieder den Helden spielen und hätte sich damit fast verraten.

‚Ganz tolle Aktion Sasuke. Ich bin stolz auf dich.‘

„Sasuke?“ „Was?“, knurrte Angesprochener. „Ich wusste doch dass ich deine liebliche Stimme gehört habe.“ Itachi betrat den Flur. „Mama und Papa sind nicht da, irgendwas Geschäftliches. Ich hab uns Essen gemacht.“ „Ich dachte du wärst heute in der Uni.“ Der Kurs ist spontan ausgefallen.“ Itachi deutete auf die Scherben der Glaskatze. „Und die machst du weg.“
 

„Ein paar Minuten später schaufelte Sasuke, immer noch wütend, sein Essen in sich hinein. „Möchtest du mir erzählen warum du heute so aggressiv bist?“, fragte Itachi, der Sasuke mit forschendem Blick musterte. „Nein.“ „Lass mich raten: Es hat etwas mit einem gewissen blonden Jungen zu tun der mit ‚N‘ anfängt und mit ‚Aruto‘ aufhört.“

Sasuke erstarrte kurz, sagte aber nichts. Itachi seufzte. „Hab ich Recht? Du stehst auf ihn?“ „Nein!“ „Also ja.“ Nicht zum ersten Mal versuchte Sasuke seinen Bruder mit seinen Blicken zu erdolchen. „Komm schon. Geoutet hast du dich doch schon.“ „Nicht wirklich.“ „Was?“ „Nur hier. Zuhause. Aber unser lieber Vater hat ja verboten das es die Öffentlichkeit erfährt.“ Sasukes Blick war gesenkt, trotzdem hörte er die Entgeisterung in Itachis Stimme. „Und da hälst du dich dran?“ „Naja, erstens kann ich auf eine weiter Prügelstrafe verzichten und zweitens bin ich auch nicht besonders scharf drauf dass die anderen erfahren das ich schwul bin. Die würden mich fertig machen.“ Itachi schüttelte nur den Kopf. Sasuke hatte zu Ende gegessen, also stand er auf und stellte seinen Teller auf die Spüle. Das Gespräch sah er eh als beendet.

Beim Verlassen der Küche drehte er sich noch einmal um. „Und ich stehe nicht auf Naruto.“ „Natürlich nicht.“

Als er den Flur fast durchquert hatte hörte er Itachi noch etwas hinzufügen. „Verarschen kann ich mich selber.“ Aber darauf erwiderte Sasuke nichts mehr.
 

Es war mitten in der Nacht. Sasuke wurde durch lautes Stimmengewirr geweckt das wohl von unten aus dem Wohnzimmer kam. Er stand auf, erst unschlüssig ob er nachsehen sollte, da aber die Stimmen seinen restlichen Familienmitgliedern gehörten, entschied er sich dafür. Schon als er die Treppe herunter ging, war ihm klar was los war.

‚Papa.‘

Er hatte sich schon wieder betrunken. Das tat er jedes Mal wenn es Probleme gab, ob bei der Arbeit oder Privat. Als Sasuke ihm gesagt hatte das er schwul war, war er eine Woche nicht nüchtern gewesen. Und Mikoto, Sasukes und Itachis Mutter musste unter dem ständigem Besaufen am meisten leiden. Sie wurde angeschrien und geschlagen. Sasuke hatte ab und zu auch mal eine sitzen. Itachi war zwar angerührt worden als er noch jünger war, aber inzwischen wagte das sein Vater nicht mehr.

Sasuke ging über den Flur auf die Wohnzimmertür zu. „Diese Familie besteht wirklich nur aus Versagern!“, hörte er seinen Vater brüllen. „Eine nichtsnutzige Frau, ein Jura Student der es auch zu nichts bringen wird-“ „Ein potentieller Alkoholiker…“, fiel Itachi ihm ins Wort. „Halt den Mund!“

Sasuke öffnete die Tür. „Ah! Wie aufs Stichwort!“, begrüßte ihn sein Vater. Sasuke wusste was jetzt kommen würde. „Die Familienschwuchtel!“ „Fugaku, bitte“, sagte Mikoto leise und ohne Kraft in ihrer Stimme. Dafür pochte eine Ader an Itachis Schläfe gefährlich. Sasuke selbst war es egal was sein Vater von ihm hielt. Deshalb sagte er nichts und wartete ab. „Sieh ihn dir doch an Mikoto! Er verteidigt sich nicht einmal! Es ist doch eine Schande für einen Mann sich von anderen Kerlen in den Ar-“ „ES REICHT JETZT!“, brüllte Itachi dazwischen. Alle Anwesenden zuckten zusammen. Ebenso Sasuke. Noch nie hatte er seinen Bruder so laut werden sehen.

„Du schlägst deine Frau und deine Kinder, das ist eine Schande für einen Mann! Aber du beschissener Säufer hälst dich immer noch für was Besseres!“
 

Für einen Moment herrschte Totenstille im Wohnzimmer. Mikoto rutschte in ihrem Sessel noch ein Stück tiefer und Sasuke machte sich schon mal auf den Wutausbruch gefasst. Doch der kam nicht. Fugaku warf Itachi nur einen mörderischen Blick zu und wankte in Richtung Tür. Sasuke trat einen Schritt Seite. Im Vorbeigehen sahen sich Vater und Sohn in die Augen und Sasuke wusste, dass er gleich alles abbekommen würde. Jeden Schlag der eigentlich für Itachi bestimmt war. Laut polternd kroch Fugaku die Treppe nach oben.
 

„Itachi,“, kam es leise von Mikoto. „Sprich nicht so mit deinem Vater.“ Angesprochener schnaubte verächtlich. „Wirklich, Mama?“ Dann verließ auch er das Wohnzimmer. Fünf Sekunden später fiel laut krachend eine Tür zu. Sasuke wusste das Itachi seiner Mutter nie ganz verziehen hatte, dass sie zu schwach gewesen war um ihn vor dem Schlägen Fugakus zu beschützen. Sasuke hatte Itachi als Schutz, obwohl das auch nicht immer ausreichte.

Mikoto schluchzte leise. Sasuke kam sich vor wie das letzte Arschloch, als er sagte: „Mama, ich gehe jetzt. Und ich werde heute Nacht nicht mehr nach Hause kommen.“ Sie nickte müde, offenbar wusste sie was ihm blühen würde wenn er hier blieb. „Gehst du wenigstens zu einem deiner Freunde?“

‚Wenn du dich ein bisschen um mich kümmern würdest, wüsstest du das ich gar keine Freunde habe.‘

„Ja“, log Sasuke. Die Nacht war nicht mehr sehr lang. Er würde sich einfach auf irgendeine Bank setzen und warten bis die Schule anfing.

Er ging nach oben um sich etwas Richtiges anzuziehen, immer darauf bedacht bloß kein Geräusch von sich zu geben. Dann nahm er seine Schultasche und verließ das Haus.
 

Sasuke war todmüde, aber auf keinen Fall wollte er wie ein Obdachloser irgendwo draußen schlafen. Dafür war er zu stolz. Also lief er ein paar Runden im Stadtpark um sich wach zu halten. Dann setzte er sich auf eine Parkbank. Es dämmerte schon, bald konnte er zur Schule aufbrechen.

Auf diese hatte er heute noch weniger Lust als sonst. Hoffentlich hatte niemand seine gestrige dumme Rettungsaktion als das aufgenommen, was sie eindeutig nicht war. Aber Sasuke musste schon zu geben das Naruto schon irgendwie, auf seine Art und Weise gut aussah. Nur leider mit dem durchschlagendem Intelligenzquotient von 50 und dem Verhalten eines dreijährigen. Also damit ganz bestimmt nicht sein Typ. Eigentlich.
 

Schnelle Schritte von der Seite unterbrachen Sasuke in seinen Gedanken. Er hob den Kopf um zu sehen wer ihn störte. Ungefähr drei Sekunden zögerte er in denen er überlegte ob diese Person real war oder nicht und das war ein Fehler.

Bam!

Der Schlag traf ihn hart an einer Stelle über dem rechten Auge und riss Sasuke von der Bank. „Das war dafür dass du abgehauen bist!“, schrie Fugaku seinen Sohn an. Sasuke spürte etwas Warmes an seinem Gesicht herablaufen. Er fragte sich ob sein Vater noch etwas anders konnte als zu schreien. „Verpiss dich einfach“, sagte Sasuke und stand auf.

„Ganz Bestimmt nicht Bürschchen! Du wirst jetzt mit nach Hause kommen. Ich bin dein Vater, ich bringe das Geld nach Hause und ich stelle die Regeln auf!“ „Und ich gehe jetzt zur Schule“, erwiderte Sasuke ruhig, nahm seine Tasche und ging. Er erwartete jeden Moment noch eine zu kassieren, doch nichts dergleichen geschah. Scheinbar ließ ihn Fugaku wirklich gehen. Sasuke drehte sich aber nicht um, um sich dessen zu vergewissern.
 

Er befühlte seine Stirn. Der Mistkerl hatte ihm eine ordentliche Platzwunde über der Augenbraue verpasst. Das würde noch eine Weile bluten. Vielleicht konnte er sich im Schulsekretariat Verbandszeug und etwas Mitleid abholen.

Es war nicht sonderlich weit bis zur Schule und um diese Uhrzeit hatte sie schon geöffnet. Nur das meistens noch keine Schüler da waren.

‚Um so besser.‘

Sasuke lief die restlichen 100 Meter und versuchte derweil einen Teil von dem Blut so gut es ging mit einem Taschentuch aufzuhalten. Das gelang ihm eher schlecht als recht.
 

Als er den Schulhof betreten wollte, sah er das bereits jemand da war.

‚Nicht auch noch der.‘

Naruto saß auf einer Bank und blätterte mit konzentriertem Gesichtsausdruck in einem Schulbuch. Sasuke wollte sich erst umdrehen und gehen, aber irgendwie musste er wohl seine Platzwunde versorgen, und um das zu tun musste er über den Schulhof an dem Blonden vorbei. Er seufzte innerlich und versuchte so lautlos wie möglich zu gehen. Es bestand ja immer noch die Hoffnung das Naruto so auf sein lernen, oder was auch immer er gerade machte, konzentriert war, das er ihn nicht bemerkte. Doch als Sasuke ungefähr auf gleicher Höhe mit Naruto war blickte er auf.

‚Verdammt.‘

Sasuke versuchte den Jungen gar nicht zu beachten, wusste aber das dieser ihn momentan anstarrte. Kein Wunder, er sah ja auch so aus als hätte er seinen Kopf gerade noch so aus der Kreissäge retten können. Seine ganze rechte Gesicht Hälfte war Blutüberströmt und nicht wenig war auch auf sein T-Shirt getropft.

‚Der wird jetzt bestimmt nicht sitzenbleiben.‘

Er behielt Recht. Keine zwei Sekunden später war Naruto aufgesprungen und rannte auf ihn zu. „Sasuke! Verdammt was ist denn mit dir passiert?“ „Gefallen“, antwortete Sasuke knapp. „Das sieht aber richtig übel aus. Komm, das müssen wir unbedingt verbinden!“

‚Wir?‘

Sasuke hatte eher erwartet das Naruto ihn auslachen würde. Stattdessen pachte er ihn am Handgelenk und zog ihn in Richtung Gebäude. Offenbar war der Blonde heute wieder besser gelaunt. Sasuke ließ sich widerwillig mitziehen. Laufen konnte noch alleine. Niemand kam ihnen entgegen, sie waren wohl die Ersten. Doch die Sekretärin der Schule, deren Name Sasuke sich noch nie merken konnte, war schon da. Das war sie immer. Sie war eine ältere Frau und sah sich immer als die Mutter aller Schüler.
 

Deshalb war es kein Wunder das sie aufschrie als Naruto und Sasuke den Raum betraten und sich demonstrativ an die Brust fasste. „Oh Gott! Was ist denn mit dir passiert, Herzchen?“ „Dummer Unfall“, sagte Sasuke und überhörte den Spitznamen. „Wir wollten nur fragen ob Sie etwas zum Verbinden hier haben“, erklärte Naruto. „Natürlich!“ Die Sekretärin rannte zu einem Schrank und holte ein großes Wundpflaster und Tücher hervor. „Komm her, Herzchen.“ „Nein ist schon gut, ich verarzte Herzchen schon“, widersprach Naruto und grinste. „Oder ich mach es einfach selbst“, sagte Sasuke nervös. „Wie denn bitte?“ „Vor dem Spiegel?“ „Die Toiletten sind noch überhaupt nicht aufgeschlossen“, belehrte Naruto und rupfte der verwirrten Sekretärin die Sachen aus der Hand. „Danke schön!“ Dann schob er Sasuke aus dem Raum. „Die hätte dich komplett einbalsamiert und dann den Krankenwagen gerufen.“ Naruto war viel zu gut gelaunt.
 

„Wieso willst du das überhaupt machen? Ich dachte du kannst mich nicht leiden“, knurrte Sasuke ungehalten. „Ich will nur meine Rechnung von gestern mit dir begleichen. Und wieso lässt du es mit dir machen? Ich dachte du könntest mich auch nicht leiden.“ Das saß. Sasuke sagte keinen Ton mehr bis Naruto irgendwann abrupt stehen blieb. „Was ist?“ „Hier ist das Licht gut. Naja, wenigstens nicht ganz so scheiße.“ Er drehte sich um und begann mit einem der Tücher Sasukes Wunde zu säubern. „Wo bist du überhaupt hingefallen? In einen Messerblock?“ „Schrankkante.“ „Und da bist du damit durch die ganze Stadt gelaufen anstatt dich Zuhause darum zu kümmern?“ „Ich will nicht darüber reden.“ „Wie du meinst.“ Sie schwiegen beide, während Naruto das Pflaster vorsichtig auf Sasukes Stirn klebte.

Sasuke versuchte irgendwo anders hinzusehen, bloß nicht in Narutos Gesicht, das ihm seiner Meinung nach viel zu nahe war. Die ganze Zeit spürte er Narutos Atem seine Wange streifen und das machte ihn wahnsinnig.
 

„Ich bin fertig.“ Jetzt schaute Sasuke Naruto doch ins Gesicht. Und blieb sofort an seinen Augen hängen. Seine eigenen waren schwarz und strahlten von Natur aus eine gewisse Kälte aus. Narutos dagegen waren strahlend blau und verbreiteten Wärme. Sasuke war noch nie aufgefallen was der Blonde für wunderschöne Augen hatte.

Naruto trat einen Schritt zurück und wollte sich umdrehen, doch Sasuke kam ihm zuvor. Er packte ihn an den Schultern, schob ihn grob gegen die Wand und drückte ihm seine Lippen auf. Er spürte wie der Kleinere erstarrte, aber er unternahm keinen Versuch Sasuke von sich zu schieben. Vielleicht lag es aber auch am Überraschungseffekt.

‚Was zur Hölle mache ich hier? Hör auf!‘

Aber er hörte nicht auf. Er ging noch weiter. Vorsichtig berührte er mit seiner Zunge die Lippen des anderen, in voller Erwartung, dass dieser den Kuss sofort beenden würde. Doch das tat er nicht, er öffnete sogar seinen Mund ein Stück. Sasuke spielte mit Narutos Zunge, versuchte ihn irgendwie zum Mitmachen zu bewegen. Doch auch das passierte nicht. Naruto wehrte sich nicht, erwiderte den Kuss aber genauso wenig.

Der Blonde hätte aber auch keine Chance zu entkommen, Sasuke hielt ihn immer noch fest gegen die Wand gedrückt.
 

„Oh mein Gott!“ Sasuke sprang sofort eineinhalb Meter zurück als die hysterische Mädchenstimme über den Flur schallte. Aber da stand zu seiner Überraschung nicht Ino oder Sakura, sondern Hinata Hyuuga. Sie war die Cousine von Neji und nach Sasukes Meinung das einzige Mädchen das halbwegs verträglich war. Sie hatten ein paar Mal etwas zusammen gemacht. Hinata war ein sehr ruhiges Mädchen, deswegen war es ziemlich ungewohnt sie so rumkreischen zu hören. Allerdings auch kein Wunder nach dem was hier gerade passiert war.

‚Was ist hier gerade passiert?‘

Sasuke wollte sich jetzt auf keinen Fall rechtfertigen, weder vor Hinata noch vor Naruto den er noch kein einziges Mal nach dem Kuss angesehen hatte. So drehte er sich einfach um und flüchtete mit schnellen Schritten den Gang herunter.

Naruto sah fassungslos dem davoneilenden Sasuke hinterher. Was zur Hölle war hier gerade passiert? Warum hatte Sasuke ihn geküsst? Immer noch geschockt wandte er sich Hinata zu, die mit kreidebleichem Gesicht am Anfang des Flures stand. „Ähh… d-das gerade… ähm… ich… er… ähh… bitte erzähl es keinem, ja?“ Hinata schwieg ein paar Sekunden lang, in denen sie ihn einfach nur weiter anstarrte. Dann brach sie auf einmal in Tränen aus und rannte davon. Jetzt war Naruto noch verwirrter als vorher. Warum weinte das Mädchen denn? Vielleicht war sie in Sasuke verliebt, dann hatte er sich gerade nicht besonders klug angestellt. Sie dachte doch jetzt garantiert das Sasuke und er schwul waren.
 

Womit Naruto wieder bei seinem anfänglichen Problem war. Er musste unbedingt Sasuke suchen und ihn zur Rede stellen. Wohin könnte er gegangen sein? Naruto beschloss in ihrem Klassenraum nachzusehen und machte sich auf den Weg.

So langsam trudelten die restlichen Schüler ein. Das passte Naruto überhaupt nicht. Er konnte Sasuke nicht fragen warum dieser ihn geküsst hatte, wenn seine komplette Klasse daneben saß. Das heißt er könnte schon, allein um Sasuke bloßzustellen, allerdings wäre es für sein eigenes Image erdenklich schlecht. Nein, er musste einen günstigen Moment abpassen.

Während Naruto über die Flure hastete ging ihm vor allem eine Frage durch den Kopf.

‚Warum hat mir das gefallen?‘
 

Stocksauer hockte Naruto auf seinem Platz. Sasuke war nicht da gewesen wo er ihn vermutet hatte, sondern war ungefähr eine Sekunde vor Unterrichtsbeginn in den Klassenraum gehuscht. Naruto hatte er keinen einzigen Blick zu geworfen. Dieser starrte nun schon eine ganze Weile auf Sasukes Hinterkopf und überlegte fieberhaft was er ihm sagen würde. Aber wahrscheinlich würde der Schwarzhaarige so lange wie möglich vor einem Gespräch davonlaufen.

Iruka, ihr Erdkunde- und Klassenlehrer, erzählte gerade irgendwas von Ökosystemen, allerdings hörte ihm niemand zu. Nicht einmal seine Lieblingsschülerin Sakura, die ihre Zeit lieber damit verbrachte Sasuke sexuell zu belästigen und ihn wegen seiner Stirnpflaster zu bedauern. Naruto schaute, leicht angewidert, dabei zu.

‚Wie kann man nur so penetrant sein?‘

Noch dazu verschwendete sie wahrscheinlich ihre Zeit. Sasuke hätte ihn ja bestimmt nicht geküsst wenn er hundertprozentig hetero wäre. Und er hatte ja auch noch nie auf irgendeinen Anmachversuch von seinen zwei Verehrerinnen reagiert.

‚Ach ich mach mir viel zu viele Gedanken darum.‘

Naruto würde Sasuke einfach nach dem Unterricht abfangen und ihm klar machen das er seine Lippen in Zukunft gefälligst bei sich lassen sollte. Vielleicht sollte er ihm noch eine runterhauen um die allgemeine Männlichkeit dieser Abfuhr zu unterstrichen. Aber Sasukes Gesicht war ja schon malträtiert genug.
 

Es klopfte. Doch bevor Iruka irgendetwas sagen konnte, wurde die Tür aufgerissen und Ino stürmte herein. „Es tut mir furchtbar leid Sensei Iruka, aber ich habe verschlafen!“

Überrascht schaute Naruto neben sich. Es war ihm gar nicht aufgefallen das bis jetzt nichts Nervendes an seiner rechten Seite gehockt hatte. Sie hatte also verschlafen? Na, Zeit zum Schminken hatte sie offenbar noch gehabt. Sonst wäre sie garantiert pünktlich da gewesen.

„Vielleicht wartest du das nächste Mal bis man dich herein bittet“, bemerkte Iruka missbilligend. „Das tut mich auch leid, ich war sooo in Eile!“, flötete Ino zurück und stöckelte in den Klassenraum. Dabei warf sie Sasuke einen schnellen Blick zu- und schrie kurz darauf die Schule zusammen. Die ganze Klasse schreckte aus ihrem Wachschlaf. Kiba fiel mitsamt seinem Stuhl nach hinten um, mit dem er die ganze Zeit gekippelt hatte und schlug krachend auf dem Boden auf. Die allgemeine Aufmerksamkeit galt aber Ino die mit offenem Mund da stand und mit zitternder Hand auf Sasuke deutete. „Oh Gott! Was hast du denn gemacht? Wer hat dir das angetan?“

Sämtliche Schüler stöhnten auf, Naruto eingeschlossen. Deswegen machte die so ein Theater? Wegen einem Pflaster in Sasukes, ach so perfektem, Gesicht?

Ino war inzwischen zu dem schwer Verwundeten gerannt und versuchte ihn zu umarmen, doch dieser wehrte sich mit aller Kraft und finsteren Blicken dagegen.
 

Gaara, der gerade Kiba vom Boden hoch gezogen hatte, drehte sich zu Naruto um und verzog angewidert das Gesicht. Naruto nickte, er musste sich auch schwer beherrschen nicht auf seinen Tisch zu kotzen. Alles an Ino war gespielt. Wie sie redete wie sie lief, wie sie lächelte… Und dabei war sie grottenschlecht. Aus allem musste sie ein übertriebenes Drama machen wie in amerikanischen Horror Komödien.

„Ino, es ist genug! Sasuke hat bis jetzt überlebt und er wird es wohl noch weiter tun, also setz dich hin!“

Ino folgte der Anweisung ihres Lehrers und setzte sich theatralisch schluchzend auf ihren Platz neben Naruto. Dieser rückte mit seinem Stuhl noch ein ganzes Stück von ihr weg. Er wollte nicht wissen was passiert wäre, wenn Sasuke seine Jacke ausgehabt, und Ino sein blutbesudeltes T-Shirt entdeckt hätte. Wahrscheinlich wäre sie in eine Scheinohnmacht gefallen, da ihr zartes Seelchen den grausigen Anblick nicht vertragen konnte.
 

Iruka warf Ino einen letzten bösen Blick zu, bevor er sich wieder der gesamten Klasse zuwendete. „Also, da wir jetzt sowieso unterbrochen sind, kann ich euch eine wichtige Mitteilung verkünden. Wie ihr wisst, ist in ein paar Wochen das Schulfest.“ Allgemeines zustimmendes Gemurmel. „Jede Klasse muss etwas beitragen und unsere wird ein Theaterstück aufführen.“ Allgemeines Aufstöhnen. „Welches denn?“, fragte Sakura. „Romeo und Julia.“ Entsetztes Schweigen. „Diese Romanikscheiße mit dem unverständlichen Texten?“, platzte Kiba schließlich heraus. Iruka warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ja, genau das. Da es eine Schulaufführung ist, zeigen wir es nicht in voller Länge. Außerdem werden die meisten Dialoge vereinfacht, bis auf ein paar berühmte Zeilen.“

„Muss das sein?“, fragte Neji entnervt. „Ja“, erwiderte Iruka. „Eure letzten beiden Stunden fallen aus, in denen wird die Rollenverteilung entschieden.“ „Schon heute?“, ächzte Kiba.
 

Es klingelte. „Wir sehen uns um zwanzig vor zwölf in der Sporthalle.“ Das war die Beendigung der Diskussion und die Aufforderung zum Gehen. Murrend erhoben die Schüler sich. Auch Naruto suchte seine Sachen zusammen.

„Ich bin ja so gespannt wer die Hauptrollen bekommt!“, rief Ino begeistert, die ihre Theatralik Nummer anscheinend vergessen hatte.

„Also ich nicht“, sagte Gaara leise, der neben Naruto aufgetaucht war und Ino hinterher sah, die zu Sakura eilte. Naruto gab ihm Recht. Sasuke würde die männliche Hauptrolle kriegen. Schon im Kindergarten hatte er immer jede Rolle bekommen die mehr als fünf Sätze beinhaltete. Und was die Rolle der Julia anging… Wenn Sasuke Romeo spielen sollte, würden sich Sakura und Ino um diese Position prügeln.

„Ich hasse es jetzt schon.“ „Ach Gaara, stell dich nicht so an“, sagte Naruto und grinste. „Hässliche Kostüme und geschwollene Texte, das wird garantiert lustig.“
 

Die Mädchen und Jungen waren getrennt worden um für die jeweiligen Rollen vorzusprechen. Im Moment waren die Mädchen dran und der Rest der Klasse saß genervt in der Jungenumkleide.

„Ich wette zur Aufführung werden besonders die lieben Mamis und Papis eingeladen, zum winken“, sagte Kiba. „Und ich wette das meine sämtliche meiner Freunde extra kommen um mich auszulachen“, brummte Neji. „In diesen Kostümen sieht man doch aus wie ne Schwuchtel. Apropos, Naruto warum sprichst du nicht für die Rolle der Julia vor?“ Angesprochener verdrehte die Augen. „Und da Sasuke sowieso die andere Hauptrolle kriegt, wäre er dann dein Romeo. Süß, oder?“ Naruto lief rot an. Ein paar vereinzelte lachten.
 

„Ach, halt doch dein dummes Maul Hyuuga!“ Naruto stand auf und funkelte Neji wütend an. Dann zeigte er auf Sasuke. „Und den würde ich erst freiwillig anfassen wenn der Mond vom Himmel fällt!“ Sasuke sah ihn ungefähr für eine Sekunde an, dann schaute er schnell wieder in eine andere Richtung.

Neji wollte gerade etwas erwidern, als die Tür aufgerissen wurde und Temari, Gaaras Schwester, ihren Kopf in den Raum steckte. „Jungs, wir sind fertig. Ihr sollt jetzt kommen.“ „Wer darf Julia spielen?“, fragte Shikamaru. Er war diese Art von Mensch die nichts zu lernen brauchte und trotzdem nur gute Noten schrieb. Ihm ging generell alles auf die Nerven, aber eigentlich war er ein ganz guter Freund. Es gab Gerüchte das er etwas mit Temari hatte, aber es gab keine handfesten Beweise. Selbst Gaara und Kankuro, die als Temaris Brüder es eigentlich wissen müssten, schwiegen eisern zu diesem Thema.

„Wissen wir nicht“, antwortete Temari. „Wird erst am Ende der Stunden feierlich verkündet. Und ihr solltet aufpassen Iruka ist verdammt schlecht gelaunt.“ Sie grinste. „Ino und Sakura haben ein ziemliches Theater abgehalten. Allerdings nicht das was sie sollten.“ Damit warf sie einen vielsagenden Blick in Sasukes Richtung und verschwand.

Naruto schnaubte verächtlich.

‚Woher hab ich gewusst, dass das so abläuft?‘

Murrend erhoben sich die Jungen und machten sich auf den Weg in die Halle. Naruto fragte sich ob er eigentlich der einzige von ihnen war der es gar nicht so schlimm fand das Stück aufführen zu müssen. Alle anderen machen ein Gesicht, als müssten sie nicht zum Vorsprechen, sondern zum Schlachten.
 

In der Sporthalle angekommen, erwartete sie ein wirklich sehr übel gelaunter Iruka. „Also ich werde euch nun einzeln zu mir rufen ihr bekommt ein Blatt mit Sätzen von jeweils einer männlichen Rolle des Stücks. Ihr werdet jeden betont lesen und ich entscheide am Ende wer wen spielt. Verstanden?“

„Ja“, antwortete Neji gelangweilt. „Also ich ehrlich gesagt nicht“, warf Naruto ein. Iruka seufzte. „Du wirst es schon noch begreifen. Shino, komm her wir fangen bei dir an.“

Shino, ein Junge der eigentlich genauso gut unsichtbar sein hätte können, da er nie etwas sagte, ging mit langsamen unmotivierten Schritten auf seinen Klassenlehrer zu. „Ein bisschen schneller bitte, wir haben nicht ewig Zeit.“ Shino behielt sein Tempo bei, bis er bei Iruka angekommen war. Ein paar lachten. Ihr Lehrer hatte nie den vollen Respekt der Klasse gewinnen können. Das lag vor allem daran das er in vielen Fällen einfach zu nett war.
 

Naruto sah zu Shino herüber, der wohl gerade seinen Text vorlas, allerdings konnte man von der Entfernung nichts verstehen. „Ich glaub ich mach extra schlecht, damit ich ja keine wichtige Rolle bekomm“, meinte Kiba mit finsterer Miene. „Es gibt eh nicht genug Rollen für die ganze Klasse, also müssten garantiert ein paar ‚Backstage‘ arbeiten“, warf Gaara ein. „So schlimm ist es nun wirklich nicht“, sagte Naruto, während er zu sah wie Neji Shinos Platz einnahm. „Du kannst ja versuchen Sasuke die Hauptrolle streitig zu machen“, erwiderte Kiba belustigt. „Ja, klar.“ Das war ein Ding der Unmöglichkeit. Sasuke würde sich nicht mal anzustrengen brauchen. Das bestätigte nur die allgemeine Meinung: Sasuke Uchiha war perfekt.

Kiba wurde aufgerufen und Gaaras Miene wurde noch ein Stück finsterer. Naruto sah sich um und sah zufällig, dass Sasuke gerade die Halle verließ. Das wäre die perfekte Gelegenheit, ihn abzupassen wenn er alleine war. „Ich komm gleich wieder“, sagte Naruto zu Gaara. Dieser nickte nur.

Naruto ging mit schnellen Schritten auf den Ausgang zu und verschwand im Flur. Wo war Sasuke hingegangen? Umkleidekabine war wohl das Naheliegendste.

Naruto blieb ein paar Meter vor der Tür stehen und wartete. Aus dem inneren drangen leise Geräusche nach außen, also war Sasuke wohl wirklich dort. Naruto legte sich schon einmal ein paar Sätze zurecht.

Die Tür ging auf und Sasuke kam heraus, den Blick zum Boden gesenkt. Naruto räusperte sich und der Schwarzhaarige schreckte auf. Er starrte Naruto entsetzt an und in seinen Augen war zu lesen, dass er gerade einen komplizierten Fluchtplan schmiedete.

„Was sollte das?“, fragte Naruto und versuchte so bestimmt wie möglich zu klingen. Innerlich vorlockte er. Es war das erste Mal das er Sasukes Gesichtszüge entgleisen sah. Das hielt aber nur für zwei Sekunden an. „Was meinst du?“, fragte Sasuke kalt zurück.

‚Ernsthaft?‘

„Du weißt ganz genau was ich meine. Warum hast du mich geküsst?“ „Übersprunghandlung.“ „Hä? Ähm… aha.“ Sasuke grinste spöttisch. „Wenn dein Intelligenzquotient größer als der einer Amöbe wäre, würdest du merken das jedes noch so qualifiziert klingendes Wort, nicht unbedingt einen logischen Sinn ergibt.“ Naruto war jetzt bis ins Allerletzte verwirrt. „Ich… ich hab das Gefühl du schmeißt einfach nur mit Fremdwörtern um dich, wo du genau weißt das ich sie nicht verstehe. Lenk nicht vom Thema ab!“

‚Das läuft irgendwie nicht so wie es sollte.‘

Er musste das jetzt zu Ende bringen. „Pass auf Sasuke. Es ist mir eigentlich egal was dieses Überspungsdingsda bedeutet, auf jeden Fall hab ich bestimmt kein Interesse an dir. Ich will dass du mich in Ruhe lässt genauso wie in all den Jahren vorher. Außerdem-“
 

Naruto wurde jäh in seinem Redefluss unterbrochen, als Sasuke den letzten Abstand zwischen ihnen überbrückte, seine Schulter packte und ihn erneut küsste. Naruto erstarrte. Was sollte das denn?

Der Kuss war anders als der im Schulflur, er war trocken und dauerte nur ungefähr vier Sekunden. Dann spürte Naruto wie er zurück gedrückt wurde. Einen Moment lang sah er in die panisch wirkenden Augen Sasukes, kurz danach spürte er einen stechenden Schmerz auf seiner linken Wange und ging zu Boden.

Der Schmerz trieb Naruto Tränen in die Augen und er versuchte sich zu ordnen. Er nahm war das Sasuke sich mit ziemlichem Tempe auf den Rückweg in die Halle machte.

Naruto konnte es nicht fassen. Erst küsste Sasuke ihn, mitten in seinem Versuch ihm klarzumachen dass er das gefälligst lassen sollte, dann schubste er ihn von sich und haute ihm eine runter? So als ob Naruto über ihn hergefallen war und nicht andersrum.

‚Der Junge ist wirklich dreist.‘

Ächzend stand Naruto auf und befühlte seine Wange. Das würde einen blauen Fleck geben. Sasuke hatte einen kräftigen Schlag.
 

Als Naruto in die Halle zurückkehrte, wurde er praktisch sofort zu Iruka geordert. Er bekam einen Zettel in die Hand gedrückt und sein Lehrer sah in abwartend an. „Was?“ „Naruto lies deinen Text“, sagte Iruka entnervt. Naruto sah auf seinen Zettel. Er war jetzt viel zu verwirrt um überhaupt irgendwas auf die Reihe zu kriegen.

„Ähh… ok… ‚Ihre Schönheit macht dies Grab zur Feierhaller voller Licht.‘“, sagte Naruto und versuchte so geschwollen wie möglich zu sprechen. „Nächster Satz“, sagte Iruka ungeduldig. „‘Wird Rache übern Tod hinaus verfolgt?‘ Ähh, Entschuldigung Sensei, aber das gibt keinen Sinn.“ „Mach einfach weiter Naruto und diskutier nicht.“

Die nächste halbe Minute versuchte Naruto stotternd seine Sätze aufzusagen, dann wurde er von Iruka entlassen. Naruto war sich sicher dass er das viel besser hinbekommen hätte wenn seine Gedanken bei der Sache gewesen wären.

‚Verdammter Sasuke!‘

Daran war nur er Schuld.

Sasuke hatte sich etwas von anderen entfernt auf den Hallenboden gesetzt. Vorgesprochen hatte er schon, allerdings wusste er nicht ob es besonders gut gewesen war. Er war viel zu wütend gewesen. Wütend auf Naruto, weil dieser ihn dazu gebracht hatte, Schwäche zu zeigen. Wütend auf sich selbst, weil er sich nicht unter Kontrolle hatte. Was lief bitte bei ihm Falsch? Schlimm genug dass er Naruto einmal geküsst hatte, er hatte es noch ein zweites Mal getan und als wäre das nicht genug hatte er ihm noch eine verpasst. Völlig grundlos eigentlich. Aber musste er ihn denn unbedingt zur Rede stellen. Naruto hätte doch einfach wie jeder normale Mensch ihn einfach als verrückt abstempeln und aus dem Weg gehen können! Aber Naruto war nicht wie jeder normale Mensch.

„Ok Jungs“, rief Iruka in die Runde. „Holt einer von euch bitte die Mädchen? Ich verkünde euch nun wer welche Rolle spielt.“
 

Mit mehr oder weniger erwartungsvoller Miene saß die Klasse vor Iruka, der sie seit zwei Minuten geheimnistuerisch anlächelte. „Und?“, fragte Kiba, dem offenbar der Geduldfaden gerissen war. „Ist ja gut. Also beginnen wir bei den Mädchen.“ Iruka machte ein Gesicht als würde er in näherer Zukunft einen Aufstand erwarten. Sasuke ahnte was kommen würde.

Höchstwahrscheinlich hatten weder Ino noch Sakura die Hauptrolle bekommen.

„Also… die Rolle der Julia wird spielen…“ Iruka tat so als ob er es erst ablesen müsste, garantiert um Zeit zu gewinnen. „Hinata.“

Sowohl Sakuras und Inos Gesichter, als auch das von Hinata entgleisten. „Bitte?!“, fragte Ino. „Hinata hat von euch am besten Julia verkörpert. Sie wird sie also spielen.“ „Aber Hinata ist doch viel zu schüchtern um auf der Bühne zu stehen!“, warf Sakura ein. „Ich bin sicher dass sie das großartig hinbekommen wird“, erwiderte Iruka in einer Tonlage die verriet, dass die Diskussion seinerseits beendet war.

Hinata machte ein Gesicht als wöllte sie am liebsten aus dem nächsten Fenster springen und flüchten. Sasuke war sich auch nicht sicher ob gerade sie für ein Theater geeignet war.
 

Iruka sah wieder auf seinen Zettel. „Sakura du spielst Julias Hofdame, Ino du die Frau von Lord Capulet, Tenten du davon die Gegenseite…“ Sasuke hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Viel interessanter war es die Mimik von Inos Gesicht zu beobachten die zwischen Empörung über Hinata und Wut auf ihre eigene Rolle, und dem nach Iruka, wechselte.

„Ok, nun zu den Jungen.“ Kunstpause. „Sasuke du kriegst ‚überaschenderweise‘ die andere Hauptrolle.“

‚Toll.‘

„Kiba und Kankuro, ihr übernehmt die Rollen der beiden Wachen. Naruto du die des Graf Paris…“

Mit Hinata war Sasuke aber auf jeden Fall gut bedient. Sie kamen ja recht gut miteinander aus. Jedenfalls bisher. Er hatte keine Ahnung was sie zu der morgendlichen Szene im Schulflur gesagt hatte. Auf jeden Fall hatte sie es nicht rumposaunt. Und Sasuke war sich sicher dass sie das auch nicht tun würde. Für so was war Hinata einfach nicht der Typ.

Sasuke schaute zu ihr hinüber und sah dass sie auch gerade zu ihm sah. Er lächelte, als eine Art Freundschaftsgeste, doch sie blickte ihm kalt in die Augen und drehte den Kopf weg.

‚Was ist denn jetzt mit der los?‘

Sasuke schob es auf die, für ihn immer noch unergründliche, Frauenlogik. Sein Blick schweifte ab und blieb kurz bei Naruto hängen. Auch dieser sah ihn an. Innerlich zuckte Sasuke zusammen, aber er konnte nicht wegsehen. Vor allem weil in Narutos Blick der pure Hass stand.

Der schien ihn wirklich absolut nicht ausstehen zu können. Er hatte wohl auch allen Grund dazu. Aber irgendein neuer Ausdruck lag in Narutos Augen den Sasuke nicht deuten konnte.

‚Tzzz, was interessiert mich das überhaupt.‘
 

Sasuke ging motivationslos die Straße entlang die zu seinem Zuhause führte. Wenn er Glück hatte war sein Vater nüchtern genug um zu arbeiten und damit nicht da. Seine Mutter würde so tun als wäre nichts passiert. Wie immer.

Seufzend kramte er den Schlüssel aus seiner Tasche und öffnete die Tür. Es roch nach Essen. „Sasuke? Bist du das?“ Mikoto kam in den Flur. Ihr Lächeln verschwand als sie das Pflaster auf seiner Stirn entdeckte. Aber nur kurz. „Das Essen braucht noch ein bisschen, ok Honey?“ Sasuke sagte nichts, sondern ging einfach an ihr vorbei ins Wohnzimmer.

Itachi saß auf der Couch und blätterte in einem Heft. Als Sasuke seine Schultasche in eine Ecke schmiss, blickte er auf. „Scheiße, was hast du denn gemacht?“ „Dreimal darfst du raten“, knurrte Sasuke. „Arschloch?“ Der Jüngere nickte. „Er kam mir bis in den Park hinterher gerannt. Und hat mir dann Strafpredigten erteilt von wegen was ich denn weg zu laufen hätte. Dann hat er mir eine aufs Maul gehauen.“

Itachi lachte einmal kalt auf. „Ach, wie ich diese Familie liebe.“ Daraufhin sah er ihn forschend an. „Wo hast du dich verarzten lassen? Im Schulsekretariat?“ „Ja“, log Sasuke schnell. Er wollte gar nicht wissen was los wäre wenn sein Bruder die volle Wahrheit wüsste.
 

Am Nachmittag saß Sasuke gerade in der Küche bei den Hausaufgaben, als es klingelte. „Honey, machst du bitte auf?“ „Ich bin beschäftigt.“ „Du sitzt quasi direkt neben der Tür und ich bin gerade oben, also mach!“ „Jaja.“

Genervt stand Sasuke auf und ging zur Haustür. Seine Mutter wäre schon längst da gewesen, hätte sie nicht diskutiert. Und Itachi saß im Wohnzimmer, warum musste er nicht aufstehen?

Mit finsterem Blick riss er die Tür auf- und erstarrte. „Hallo Sasuke. Wie geht es dir?“ Kushina stand mit einem strahlenden Gesicht vor ihm und hinter ihr Naruto den sie am Handgelenk fest hielt. „Ich wusste gar nicht dass ihr heute kommen wolltet“, sagte Sasuke unsicher. „Oh ich auch nicht, das kannst du mir glauben!“, fauchte Naruto. „Nicht in diesem Ton mein Lieber“, sagte Kushina streng. „Mikoto weiß aber Bescheid.“

Wie aufs Stichwort tauchte diese hinter Sasuke auf und schob ihn beiseite. „Kushina! Kommt rein, ich muss dir ein neues Kleid von mir zeigen, du wirst begeistert sein! Hallo Naruto.“ „Hi“, gab dieser nur als knappe Antwort zurück. „Wenn du magst, Itachi ist im Wohnzimmer ihr zwei versteht euch doch so gut.“ „Ja, danke.“ Damit verschwanden die beiden Frauen nach oben.

Sasuke trat von der Tür zurück um Naruto vorbei zu lassen. Dieser würdigte ihn dabei keines Blickes, sondern ging direkt ins Wohnzimmer. „Hi Itachi.“ Sofort war sein Tonfall freundlicher.

‚Ach, zu ihm ist er nett oder was?‘

„Hey.“ Itachi schien auch überrascht zu sein das er hier war.

Sasuke wollte an der der offen Wohnzimmertür vorbei gehen, um so schnell wie möglich in sein Zimmer zu kommen, doch die Stimme seines Bruders hielt ihn zurück.
 

„Warum bleibst du nicht hier Sasuke.“ Angesprochener warf ihm einen sehr bösen Blick zu und wollte gerade weitergehen als auch Naruto das Wort erhob. „Ja Sasuke. Warum bleibst du nicht?“ Etwas im seinem Tonfall klang verdammt mörderisch.

‚Ich sollte wirklich nicht hingehen.‘

Doch Sasuke betrat den Raum und setzte sich auf einen Sessel. Er war nervös, obwohl er es sich nicht anmerken ließ.

„Und?“, fragte Itachi im leicht ironischen Plauderton. „Wie war die Schule?“ „Ganz zauberhaft!“, flötete Naruto. Sasuke ahnte schlimmes. „Hat Sasuke dir schon von dem Theaterstück erzählt bei dem er die Hauptrolle spielt?“ „Theaterstück?“ „Romeo und Julia“, sagte Sasuke verbissen. Itachi sah aus als würde er sich das Lachen verkneifen. „Süß, Sasuke.“ „Ja, nicht?“, grinste Naruto.

‚Was hat dieser Mistkerl vor?‘

„Aber hoffen wir, dass seine Platzwunde bis zur Aufführung verheilt ist. Zum Glück hab ich sie verarztet.“ „Ach du hast das gemacht? Das wusste ich noch gar nicht. Sasuke hat es bestimmt ‚vergessen‘ zu erwähnen.“ „Ja, bestimmt.“

Wollten die beiden ihn eigentlich planmäßig fertig machen? Sasuke stand auf. „War ein echt nettes Gespräch, aber ich noch was zu tun.“ „Wirklich schade“, kam es von Naruto.

Sasuke ignorierte ihn und wandte sich zum Gehen.

„Was ist eigentlich los mit euch beiden?“, fragte Itachi. „Das solltest du vielleicht lieber deinen Bruder fragen.“

Sasuke lief unbeirrt weiter.

Auf dem oberen Flur begegnete er seiner Mutter und Kushina, die beide irgendwelche Kleidungsstücke anprobierten und dabei kicherten wie pubertierende Teenagermädchen. Manchmal fragte sich Sasuke wirklich in was für einem Irrenhaus er gelandet war.
 

Er ging in sein Zimmer und schmiss wütend die Tür hinter sich zu. Garantiert würde Naruto jetzt seinem Bruder alles brühwarm erzählen. Und dann konnte sich Sasuke wieder diesen Scheiß anhören, von wegen verliebt und so. Was eindeutig nicht der Fall war. Ok, er hatte Naruto vielleicht geküsst, aber das hatte andere Gründe, wie zum Beispiel…

Na gut, auch wenn ihm jetzt auf Anhieb keine vernünftigen Argumente einfielen, geben tat es sie bestimmt und dann würde sich alles aufklären.

Sasuke musste sich jetzt einfach erst einmal von Naruto fernhalten. Dann konnte das auch nicht mehr passieren.

Es klopfte. „Nein, Mama.“ „Ich bins“, ertönte Narutos Stimme von außen. „Du noch viel weniger.“ Sasuke hörte ihn draußen lachen, dann wurde die Tür aufgestoßen. „Was an ‚nein‘ hast du eigentlich nicht verstanden?“ „Das ‚Mama‘ dahinter.“ „Raus!“

Unbeirrt trat der Blonde ein und schloss die Tür hinter sich. „Hübsches Zimmer. Ordentlicher als meins. Obwohl, das ist eigentlich nicht besonders schwer.“
 

Es machte Sasuke wahnsinnig. Einmal war er total unfreundlich zu ihm, sah ihn an als wöllte er ihn umbringen und dann war er wieder unbekümmert und gut gelaunt. Und das von einem Moment zum andern.

‚Ich weiß einfach nicht was in ihm vorgeht.‘

Konnte er nicht einfach das tun was die meisten taten wenn er wütend war, nämlich das was er sagte?

„Ich hab Itachi nichts erzählt.“ „Soll ich dir jetzt dafür danken?“ „Nein, ich hab so viele Andeutungen gemacht, dass er dich jetzt so lange ausfragt bis du es ihm freiwillig sagst.“ „Ganz toll.“

„Ich will endlich Antworten“, sagte Naruto bestimmt.

„Willst du die?“ Sasuke wurde immer wütender. Allerdings nicht auf Naruto, sondern auf sich selbst. Es war seine eigene Schuld dass er in dieser Situation war.

„Weißt du, nach meiner Meinung bedeutet ein Kuss dass man verliebt ist.“
 

Das traf Sasuke wie ein Schlag ins Gesicht. Er hätte nie gedacht das Naruto das Thema so offen und direkt ansprechen würde.

„Tzz, da träumst du dir was zusammen. Als ob ich in dich verliebt wäre“, sagte Sasuke aber es klang nicht so selbstsicher wie er es gewollt hatte. Das hörte wohl auch Naruto.

„Warum hast du das dann gemacht? Zweimal?“ Er klang gar nicht sauer, nur neugierig. Langsam kam er noch ein paar Schritte auf Sasuke zu. Dieser musste sich beherrschen um nicht zurückzuweichen.

‚Der soll gefälligst weg von mir bleiben!‘

Aber Schwäche wollte er jetzt auf keinen Fall zeigen. Dafür war er zu stolz. Obwohl er sie bereits gezeigt hatte. Zweimal.

„Ich hab immer noch keine Antwort, Sasuke.“ Naruto lächelte und kam ihm noch näher. Er durfte ihm auf keinen Fall in die Augen sehen, sonst würde das wieder böse enden. Genauso wie im Schulflur. Genauso wie vor den Umkleidekabinen. Jedes Mal war es an Narutos Augen gescheitert.

„Hör mir zu“, begann Sasuke gepresst. „Schöne Geschichte die du dir zusammenreimst aber das-“ „Sieh mich an wenn du mit mir redest!“

Reflexartig löste Sasuke seinen Blick von der Wand neben seinem Kleiderschrank und sah Naruto ins Gesicht.

Wäre sein Verstand eine Art materielle Version von sich selbst gewesen, die neben ihm stände, hätte er ihm garantiert dafür eine runter gehauen.
 

Apropos…

Man sah an Narutos Wange immer noch die Stelle wo Sasuke ihn getroffen hatte. Im Nachhinein tat es ihm Leid. Es war ja nicht die Schuld von dem Blonden gewesen. Natürlich würde Sasuke das nie zugeben.

Die Stelle in Narutos Gesicht hatte sich bereits leicht bläulich verfärbt. Aber das war eigentlich kein Schönheitsmakel. Seine Augen hauten die leichte Blessur bei weitem raus.

Jetzt schaute Sasuke doch hinein.

Naruto stand jetzt direkt vor ihm. Dann hob auf einmal seine Hand und legte sie Sasuke an die Wange.

Und das war der Augenblick, wo bei diesem sämtliche Schalter von Verstand und Vernunft auf aus standen.

Sasuke näherte sich Narutos Gesicht und bemerkte nur am Rande das dieser dasselbe tat. Alles was für ihn in diesem Moment zählte war Narutos leicht geöffneter Mund und diese wunderschönen blauen Augen. Ihre Lippen berührten sich fast, sie waren nur noch wenige Millimeter von einander entfernt.
 

„Sasuke!“ Sie zuckten auseinander. Das Klopfen und die Stimme von Fugaku hatte die Atmosphäre automatisch um 10 Grad gesenkt.

‚Der Abbruch war fast Filmreif.‘

Naruto stand neben ihm und scharrte verlegen mit den Füßen auf dem Teppich herum.

„Was ist denn?“, fragte Sasuke, immer noch etwas angeschlagen.

„Ich muss mit dir reden. Ich will mich entschuldigen.“ Die Tür ging auf. Fugaku schien ausnahmsweise einmal nüchtern zu sein. „Wer ist das?“, fragte er und deutete überrascht auf Naruto. Sasuke wollte gerade eine Ausrede suchen, als Naruto ihm zuvor kam.

„Ähh, ich bin nur ein Kumpel von Sasuke. Wir haben gerade an einem, ähh, Projekt für die Schule gearbeitet, ähm, aber wir waren eh fertig und ich geh jetzt besser.“

Naruto warf Sasuke noch einen verzweifelten Blick zu dann schob er sich mit einem Lächeln an Fugaku vorbei und verschwand.

Sasuke fühlte sich genauso wie Naruto ihn angesehen hatte. Verzweifelt. Was sollte das denn gerade schon wieder?

„Sasuke, wirklich. Es tut mir leid dass ich dich geschlagen habe.“ „Ach schon wieder?“ So lief es immer. Erst beleidigte und schlug er ihn manchmal sogar, dann kam er später an und entschuldigte sich dafür. Der nüchterne und der betrunkene Fugaku waren zwei verschiedene Menschen. Nur leider war der betrunkene öfter anwesend als der andere. Aber selbst der nüchterne hatte ein Problem mit Sasukes Sexualität. Nur sprach er das Thema nie an, anstatt in offenen Wunden zu stochern.

„Ist ok“, sagte Sasuke. „Nein ist es nicht.“

‚Nein ist es wirklich nicht, aber ich bin jetzt wirklich nicht in Stimmung um mit dir darüber zu diskutieren!‘

„So schlimm ist die Wunde es nicht. Du hast dich ja entschuldigt. Und könntest du mich bitte alleine lassen, ich bin müde.“

Fugaku nickte, er wusste wohl auch das es egal war wie oft er beteuerte das es ihm Leid täte: Es wurde immer wieder passieren.

So verließ er Sasukes Zimmer und ließ ihn mit seinen völlig vernebelten Gedanken und Gefühlen zurück.

Als Naruto an diesem Samstagmorgen aufwachte, war es bereits elf Uhr. Durch die zugezogenen Vorhänge drang schwaches Sonnenlicht in sein Zimmer. Seine Motivation aufzustehen war gleich Null. Trotzdem quälte er sich hoch und machte sich im Schneckentempo fertig. Dann ging er nach unten in die Küche. Kushina stand bereits am Herd.

„Ah Naruto, auch schon wach?“ Angesprochener brummte nur als Antwort. „Huh? So schlecht gelaunt?“

‚Frühstücken lohnt sich jetzt auch nicht mehr.‘

„Ignorierst du mich etwa?“ Naruto sah Kushina an. Trotz ihrer relativ ernsten Frage strahlte sie. Langsam verstand der Blonde was Gaara meinte, wenn er sagte Narutos ständige gute Laune machte seine nur noch schlechter.

„Hat das irgendwas mit gestern zu tun?“ „Äh… was meinst du?“ „Naja du kamst auf einmal angerannt und wolltest jetzt sofort nach Hause.“ „Hatte keinen besonderen Grund.“ „Hast du dich mit Sasuke gestritten?“

In Naruto zog sich alles zusammen. Das war das denkbar schlechteste Thema was sie hatte anschneiden können.

„Nein.“ „Freunde sollten sich nicht streiten.“ „Wir haben uns gar nicht gestritten. Und außerdem sind Sasuke und ich keine Freunde! Ich kann den Kerl nicht ausstehen.“ „Und warum warst du dann in seinem Zimmer?“

‚Verdammt, woher weiß sie das?‘

Kushina lächelte wissend. „Du warst also in seinem Zimmer, weil du ihn nicht leiden kannst. Und gestritten hast du dich nicht mit ihm.“

„Ich… ich wollte nur was klären.“ „Aha.“
 

Naruto sah das Gespräch als beendet und wollte schon in den Flur flüchten, als Kushina es aus dem Nichts heraus sagte.

„Du bin ihn verliebt, oder?“

Naruto erstarrte mitten seiner Bewegung. Was sie ihm da gerade unterstellt? Er sollte in Sasuke verliebt sein? Das war doch lächerlich. Oder?

„Was? Mama, nur weil ich auch auf Männer stehe heißt das noch lange nicht das auf jeden abfahre in dessen Zimmer ich vielleicht einmal stand. Und in dieses Arschloch bin ich definitiv nicht verliebt.“

Als er sich zu seiner Mutter umdrehte, grinste diese ihn immer noch an. Das überraschte Naruto, er hatte erwartet dass sie das Ganze mit einem Schulterzucken abtuen würde. Nein immer noch dieses beschissene wissende Lächeln.

„Du hast ein bisschen zu lange mit deiner Antwort gezögert Naruto.“ Das traf hart. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Küche und ging wieder nach oben in sein Zimmer.

Wollte ihn eigentlich die ganze Welt fertig machen?

Warum musste ihm jeder einreden, dass er auf Sasuke stand? Ok, bisher nur seine Mutter. Und ein Teil von ihm selbst.

‚Nein, ich liebe diesen Mistkerl nicht. Bestimmt nicht. Bitte, bitte, bitte nicht…
 

„Naruto?“ Die Stimme von Minato, Narutos Vater, schallte durch die Tür. „Was ist?“, fragte Naruto und war entsetzt darüber, wie heiser seine Stimme klang. So als hätte er gerade geheult. Das hatte wohl auch Minato gedacht, denn er riss hektisch die Tür auf.

„Hast du irgendwas?“ „Nein.“ Er wich den forschenden Blicken seines Vaters auf. „Ok“, sagte dieser dann. „Sag mal, hast du Lust heute mit mir einkaufen zu gehen?“

Naruto hob die Brauen. „Einkaufen? Seit wann gehst du denn hobbymäßig shoppen?“ Minato kratze sich verlegen am Hinterkopf. „Nein ich will nur in den Baumarkt. Du weißt doch dass deine Mutter will, dass ich die Küche neu streiche. Ich brauche noch Farbe.“ „Und warum soll ich da mitkommen?“ „Zum Ablenken.“

„Ich muss mich nicht ablenken“, sagte Naruto in einem warnenden Unterton.

„Nicht? Aber deine Mutter sagte da so etwas.“ „Ach ja?“

„Weißt du Naruto du kannst jederzeit zu mir kommen wenn du Probleme hast“, sagte Minato mit ernster Miene.

„Ich habe keine Probleme.“

„Dann bist du also nicht in diesen Sasuke verliebt?“

„RAUS!“

Minato zuckte nicht einmal mit der Wimper. Aber er wandte sich zum taktischen Rückzug. Und man sah im an das er sich einen als-ich-in-deinem-Alter-war Satz verkniff.

Doch er drehte sich noch einmal lächelnd Naruto zu, bevor er die Tür schloss. „Und, kommst du heute mit?“
 

Mit einem Blick mit dem man hätte töten können, stand Naruto vor einer rieseigen Auswahl an Farbtöpfen. „Hier ist doch blau.“ Minato kam von der anderen Seite des Stapels angerannt. „Das ist aber nicht das richtige. Wir brauchen Kornblumenblau, nicht Ultramarienblau.“ Er seufzte. „In diesem Laden ist aber auch nichts geordnet.“ Genervt stellte Naruto seinen Eimer wieder zurück. „Du stellst dich an wie eine Frau. Ist doch egal welcher Ton, die sehen doch eh alle gleich aus.“

Sein Vater seufzte erneut. „Ich seh da auch keinen Unterschied, aber deine Mutter schon. Und ich will nicht wissen was los ist wenn ich die falsche Farbe mitbringe.“

„Ok“, sagte Naruto nur darauf. Mit jeder Sekunde die er hier stand wurde seine Laune mieser.

„Ich geh mal dahinten gucken, da war noch mehr Farbe. Vielleicht ist da ja Ultramarienblau dabei.“

„Wir brauchen aber Kornblumenblau!“

„Ist ja gut.“ Motivationslos machte sich Naruto auf den Weg.
 

An seinem Ziel angekommen, starrte er die verschieden farbigen Farbeimer an, ohne sie wirklich zu sehen. Am Montag musste er wieder in die Schule gehen. Er würde Sasuke wiedersehen. Den Typen den er überhaupt nicht leiden konnte. Den Typen den er fast geküsst hatte.

Warum lief nur alles im Moment so falsch? Er durfte sich nicht verlieben. Nicht in ihn. Nicht in das größte Arschloch das er kannte.

Naruto hatte live gesehen wie Sasuke manche Menschen behandelte. In der achten Klasse hatte er einmal ein Mädchen aus der Fünften, in eine Pfütze geschubst. Der Grund war Naruto nicht bekannt. Das Mädchen hatte angefangen zu weinen und Sasuke legte noch einen drauf und tunkte ihren Kopf mit dem Fuß auch noch in das Dreckwasser. Und das vor versammelter Mannschaft.

Kurz: Mit Sasuke sollte man sich besser nicht anlegen.

Doch genau das hatte Naruto all die Jahre getan und sei es nur weil er den Schwarzhaarigen einmal ausrasten sehen wollte. Noch nie hatte er eine größere Gefühlsregung gezeigt.

Eine Ausnahme war natürlich die Szene vor den Umkleidekabinen, aber als emotionalen Ausbruch konnte man das auch nicht bezeichnen.
 

„Naruto!“ Angesprochener schaute überrascht auf.

‚Oh nein. Nicht die.‘

Sakura stand vor ihm und lächelte ihn an. Naruto hätte nie gedacht das seine Laune noch schlechter werden könnte. „Was machst du hier?“ Sakura schien von seinem unfreundlichen Tonfall etwas verunsichert zu sein. „Ähm… ich wollte mal sehen was die hier für Zimmerpflanzen haben.“ „Das ist ein Baumarkt. Die haben keine Pflanzen.“

Das Mädchen lief rot an. Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, dann seufzte sie. „Ok, du hast mich erwischt. Ich wollte einfach nur ein bisschen in die Stadt bummeln gehen und da hab ich dich und deinen Vater gesehen. Da bin euch gefolgt.“ „Wieso?“, fragte Naruto verwirrt. „Ich wollte was mit dir besprechen.“

Naruto wurde misstrauisch. „Was denn?“ „Kann ich hier nicht sagen. Kommst du mit? Ich kenn ein kleines Café in der Nähe, wo immer wenig los ist. Bitte. Es ist wichtig für mich.“ Naruto sah Sakura zweifelnd an. Sie hatten nie besonders viel miteinander zu tun gehabt und wenn dann war immer Abneigung im Spiel gewesen. Er lebte einfach nicht in dieser Welt, wo man auf menschlichen Gefühlen herumtrampeln konnte wie man wollte. Die Welt in der auch Sasuke lebte.

„Na gut“, sagte Naruto schließlich. „Aber ich muss noch dieses komische Kornblumenblau für meinen Vater finden.“ Sakura griff in den Stapel mit reduzierten Farbeimern und zog ohne hinzusehen einen davon heraus. Den drückte sie dann Naruto in die Arme. Es stand tatsächlich ‚Kornblumenblau‘ auf dem Deckel. Sakura hatte wohl die Diskussion über Blautöne zwischen Naruto und Minato mitbekommen.

„Warte hier“, sagte Naruto und lief zu seinem Vater der immer noch Farbeimer studierte. Doch er schaute auf als Naruto näher kam. „Oh du hast sie gefunden! Dann können wir endlich gehen!“ Er nahm seinem Sohn den Eimer ab. „Ist es ok wenn ich später nach Hause komme? Ich hab eine, äh, Freundin von mir getroffen und sie wollte mit mir noch einen Kaffee trinken gehen.“

Minato runzelte die Stirn und sah an Naruto vorbei zu Sakura die verlegen von einem Bein aufs andere trat und wartete. „Ein Date?“ „Nein“, erwiderte Naruto und versuchte nicht ganz so genervt zu klingen. „Einfach nur so. Ist es jetzt Ok?“ Minato nickte langsam. „Viel Spaß.“ Naruto nickte und machte sich auf den Rückweg zu seiner überraschenden Begleitung.
 

„Also was wolltest du jetzt mit mir besprechen?“, fragte Naruto und sah seine Gegenüber misstrauisch an. Nervös rührte Sakura in ihrem Latte Macchiato. „Es geht um Sasuke.“ „Hä?“ Naruto ahnte Schlimmes, wie in letzter Zeit immer wenn dieser Name fiel.

„Ich hab euch gesehen. Gestern, vor der Jungenumkleide.“

Naruto schluckte schwer. Wieso musste in diesen Momenten immer jemand zufällig um die Ecke spähen?

‚Oh Gott was sag ich jetzt? Am besten erst mal gar nichts. Vielleicht hat sie ein Bild gemacht und will mich damit erpressen, oder so.‘

„Es sah nicht so aus, als ob ihr ein Paar seid.“ „Sind wir auch nicht“, knurrte Naruto. „Und wieso habt ihr euch geküsst?“

„Erstens, er hat mich geküsst und zweitens, was geht dich das überhaupt an?“ Sakura sah ihn mit traurigem Blick an. „Weißt du ob er schwul ist? Ich meine… oder ist er vielleicht auch Bi?“ Naruto war verwirrt.

„Woher soll ich das bitteschön wissen, wir hatten jetzt noch nicht die passende Gelegenheit über so was zu reden und ehrlich gesagte interessiert es mich überhaupt nicht.“

Dann fiel bei ihm der Groschen. „Ach so. Du stehst ja auf ihn.“

Sakura zuckte zusammen. „Ist das so offensichtlich?“ Naruto verkniff sich den sarkastischen Kommentar und nickte nur.

„Weißt du, ich hab immer geglaubt, dass das zwischen mir und Sasuke mal was werden könnte“, sagte das Mädchen mit gesenktem Blick. „Ziemlich naiv, oder?“ Naruto schwieg. Warum erzählte sie ihm das? Wenn man ihr vorheriges Verhältnis und die jetzige Situation besah, ergab das hier gerade überhaupt keinen Sinn.

„Ich hab mich damals in ihn verliebt, weil ich gesehen hab wie ähnlich wir uns sind.“

„Ja, ich hab auch immer geglaubt ihr seid Seelenverwandte“, sagte Naruto spöttisch. Sakura sah auf. „Tut mir leid.“

„Nein, du hast ja recht das klingt ziemlich komisch, aber wir haben wirklich viel gemeinsam.“ „Das wäre?“

„Wir sind beide sehr stark an den Gruppenzwang gebunden.“

„Wie meinst du das?“

Sakura seufzte. „Um das zu erklären, muss ichweiter vorne anfangen.“ „Ok?“, sagte Naruto vorsichtig.

„Also… damals in der Grundschule war ich eher unbeliebt. Ich wurde oft gehänselt und hatte deswegen ein ziemlich angeknackstes Selbstwertbewusstsein.“

Narutos Mitleid hielt sich in Grenzen. Außerdem fragte er sich worauf das ganze hinauslaufen sollte. Sakura redete weiter.

„Als ich dann auf die andere Schule gekommen bin, lernte ich Ino kennen und hab sofort gesehen dass sie Macht hat. Also diese Art von Macht bei der man diejenigen entweder zum Freund hat, und damit beliebt ist, oder zum Feind, aber dann wird man fertig gemacht. Und davor hatte ich so eine Angst dass ich diesem Mädchen förmlich in den Arsch gekrochen bin. Wir sind Freunde geworden obwohl ich sie bis heute nicht leiden kann.“

„Das ist widerlich“, warf Naruto ein.

„Ich weiß“, antwortete Sakura. „Aber ich hab so eine verdammte Angst davor gemobbt zu werden, dass ich überhaupt keine Ansprüche an mich selbst mehr habe. Und das ist erbärmlich.“ „Allerdings. Aber was hat das jetzt mit Sasuke zu tun?“

Sakura antwortete nicht sofort, sondern starrte an Naruto vorbei aus dem Fenster. „Erinnerst du dich an das letzte Mal wo wir mit der ganzen Klasse in die Eisdiele gegangen sind?“ „Ja. Sasuke hat mit ein paar anderen einer alten Frau die Einkaufstasche runter geschmissen und sie dumm angemacht.“

Sakura nickte. „Das war richtig gemein“, sagte sie.

„Und, worauf willst du hinaus?“, fragte Naruto. Er wurde langsam ungeduldig. Als Antwort streckte Sakura die Hand aus und deutete auf etwas hinter Naruto.
 

Naruto drehte sich um und sah durch das große Fenster hinter ihm. Ungefähr zehn Meter entfernt, auf der anderen Straßenseite stand Sasuke. Oder besser gesagt hockte Sasuke. Etwas in Naruto krampfte sich sofort zusammen. Und er brauchte einige Augenblicke um zu erkennen was der Schwarzhaarige da draußen machte.

Neben ihm stand nämlich eine Frau, sie war ungefähr um die 80 Jahre alt, und auf dem Boden um sie herum lagen überall Lebensmittel verstreut. Sasuke war gerade dabei sie aufzuheben.

„Sie ist gerade eben gestolpert und hat ihre Tüte fallen gelassen. Sasuke ist zufällig vorbei gekommen“, sagte Sakura leise. Naruto sah immer noch überrascht zu wie derjenige, der vor so gar nicht langer Zeit noch eine Frau, die der hier so ähnlich war, schikaniert hatte, gerade auf dem Gehweg herumrutschte und Sachen aufsammelte. Dann räumte er alles zurück in die Tüte, stand auf und reichte sie der Frau. Diese lächelte Sasuke an und sagte etwas zu ihm. Sasuke antwortete etwas, woraufhin die Frau abwinkend den Kopf schüttelte, ihm einmal klischeehaft in die Wange kniff und dann hinter einer Haustür zwei Meter weiter verschwand.

„Ich wette er hat sie gefragt ob er ihr helfen soll die Einkäufe in ihre Wohnung zu tragen.“ Naruto hörte Sakura bei ihren Worten lächeln. „Was soll das?“, fragte er, während er Sasuke nachsah der, die Hände in den Jackentaschen versenkt, seinen Weg fortsetzte.

„Ganz einfach. Ich glaube irgendwas ist mal mit Sasuke passiert, dass er jetzt total angreifbar ist.“ Naruto schnaubte. „Der und angreifbar? Das ist doch Mr. Obercool.“

„Er hat Angst. Angst davor fertig gemacht zu werden. Und dafür muss es irgendeinen Grund geben.“

Naruto drehte sich zu Sakura um. „Findest du nicht, dass das ein bisschen weit hergeholt ist?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du hast es doch gerade gesehen. Er ist gar nicht so ein Arschloch wie er immer tut. Er behandelt die Menschen nur so scheiße, weil er nicht selbst so behandelt werden will.“

„Das ergibt keinen Sinn.“ „Ich weiß. Und das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber er hat ein gutes Herz. Also überleg es dir.“

„Was soll ich mir überlegen?“, fragte Naruto nervös.

„Sasuke scheint ja in dich verliebt zu sein, so wie ich das sehe.“

‚Was?‘

„Kann der Kerl überhaupt lieben?“ „Ja. Gib ihm doch eine Chance. Du scheinst ja auch nicht ganz abgeneigt zu sein.“

Naruto verstand die Welt nicht mehr. Jetzt kam schon Sakura zu ihm und erzählte ganz unverblümt dass sie gerne ihn und Sasuke als Paar sehen würde? Was war eigentlich im Moment los?

Sakura trank ihren Kaffee leer und stand auf. „Denk drüber nach. Ihn kann man sicher noch retten.“

„Woraus?“, fragte Naruto leise.

„Aus diesem verdammten Zwang. Du bist stärker. Dafür bist du echt zu beneiden.“ Sie lächelte. „Wir sehen uns Montag. Und von mir erfährt keiner was.“

Dann verschwand sie und lies Naruto zurück, der inzwischen komplett in sich zusammengesunken auf seinem Stuhl saß.

Sasuke saß auf seinem Platz und versuchte angestrengt Kakashi zuzuhören und gleichzeitig auf keinen Fall nach links oder rechts zu gucken. Es gab im Moment nichts Schlimmeres als einen eventuellen Blickkontakt mit Naruto. Das komplette Wochenende hatte er nervös zuhause herumgesessen und war den restlichen Familienmitgliedern ausgewichen. Itachi; weil der ihm zu viele peinliche Fragen stellte die Sasuke nicht beantworten konnte, Mikoto; weil sie ihm mit ihrer gestellten guten Laune auf die Nerven ging und Fugaku; nun ja dem ging er eigentlich grundsätzlich aus dem Weg.

Sasuke hatte das beunruhigende Gefühl das sich momentan nur alles als große Wolke zusammenbraute und das der Sturm, der Super-GAU, noch kommen würde.
 

„Denkt daran, dass ihr den Quotient von der ersten Aufgabe zum Summanden der zweiten dazu addiert“, erklärte Kakashi vorne mit seiner üblich leicht gelangweilten Stimme.

Sakura, die neben Sasuke saß schrieb gerade von der Tafel etwas ab, sah allerdings so aus, als wäre sie nicht bei der Sache. Sasuke war leicht verwundert, dass sie ihm heute nur einen guten Morgen gewünscht und sonst noch nichts gesagt hatte. Aber ihm konnte es ja nur recht sein.

Vorsichtig wagte er einen Blick nach hinten. Naruto hatte anscheinend gerade andere Sorgen als Sasuke, er schaute mit konzentriertem Gesichtsausdruck zwischen Kakashi und seinem Heft hin und her. Wahrscheinlich verstand er kein einziges Wort. Es wäre allerdings besser wenn er es begreifen würde, immerhin war er letztes Jahr auch nur knapp an einer Nichtversetzung vorbeigeschlittert.

‚Warte, hey, das interessiert mich überhaupt nicht.‘

Sasuke wollte sich wieder nach vorne drehen, bemerkte dabei aber, dass Sakura ihn ansah.

„Was?“, fragte er unfreundlich.

Sie schüttelte nur den Kopf und lächelte ihn an. Dann sah sie wieder nach vorne. Das machte Sasuke wahnsinnig. Es war nicht ihr übliches Lächeln, das nach seiner Aufmerksamkeit bettelte. Es war das Lächeln was er sich schon die ganze Zeit von seinem Bruder antuen lassen musste. Ein Lächeln das sagte: Ich weiß mehr als du, aber ich sag es dir nicht, weil du es eigentlich selber weißt.

Sasuke hatte urplötzlich den starken Drang aufzustehen um seinen Kopf mehrmals gegen die Wand zu schlagen.
 

„Sasuke, was hast du heute noch vor?“ „Pff… keine Ahnung.“ Es war Schulschluss und Sasuke wolle sich eigentlich auf dem schnellsten Weg nach Hause begeben, doch bedauerlicherweise war er von Ino eingeholt worden.

„Heute Abend ist doch die Party bei Neji, kommst du auch?“

‚Ach ja, die war heute?‘

Es gab momentan viele Dinge für die Sasuke keine Nerven hatte und dazu gehörte ganz speziell Nejis Gelaber. Deshalb würde er auch garantiert nicht auf dieser Party auftauchen.

„Nein, ich denke nicht.“ Ino wirkte enttäuscht. „Wieso denn nicht?“ „Das geht dich nichts an.“

„Ich hab ja nur gefragt.“ Sie schwieg kurz. „Ich finde du solltest dich ein bisschen mehr amüsieren gehen. Du lachst viel zu selten.“

„Na und?“, fragte Sasuke genervt.

„Du würdest noch besser aussehen wenn du es tun würdest.“
 

Sasuke blieb abrupt stehen, sodass Ino beinahe in ihn hineingerannt wäre. Dann drehte er sich um und funkelte das Mädchen böse an. „Sag mal, verstehst du es nicht? Ich will nichts von dir und zwischen uns wird auch nie etwas laufen. Egal wie lange du mir deinen Ausschnitt noch ins Gesicht drückst! Verpiss dich jetzt!“

Ino starrte ihn fassungslos an, dann sammelten sich Tränen in ihren Augen. Sasuke fragte sich gerade ob er vielleicht etwas zu grob gewesen war, da verpasste sie ihm auch schon eine Ohrfeige und wurde hysterisch.

„Ich habe dich geliebt du verdammtes Arschloch! Und jetzt nimmst du mein Herz, was ich dir gutgläubig geschenkt hatte und reißt es in Stücke!“

Sasuke warf erst Ino einen ungläubigen Blick zu, dann der Straße hinter sich um sich zu vergewissern, dass das gerade wirklich niemand gehört hatte. Dieses Mädchen musste wirklich alles was sie tat bis ins Äußerste übertreiben. Sie schauspielerte ihr erbärmliches Leben und das auch noch so schlecht, als käme sie frisch aus dem Trash-TV.
 

Sasuke wandte sich wieder Ino zu. „Weißt du Ino, merk dir doch den Satz für das Theaterstück in der Schule, der passt da perfekt rein. Oh, ich vergaß, deine Rolle ist dafür wahrscheinlich zu unwichtig.“

Er wusste damit traf er sie am meisten, Ino hatte immer lange damit zu kämpfen, wenn sie bei einer Sache mal nicht der Mittelpunkt des Geschehens war. Jetzt spiegelten sich in ihrem Gesicht eine Mischung aus Wut und Verzweiflung. Wahrscheinlich war sie es nicht gewohnt, dass jemand so mit ihr redete.

„Wie kannst du es wagen“, sagte sie leise. Sasuke sah sie kalt an. „Du denkst die ganze Welt dreht sich nur um dich, aber du hast Glück, das Theaterstück führt dir mal endlich vor Augen was du wirklich bist: Ein unwichtiger Nebencharakter ohne ein wirkliches Talent.“

Ino öffnete ihren Mund um zu antworten, doch offenbar fiel ihr nichts Brauchbares ein. So drehte sie sich einfach um und ging mit schnellen Schritten davon. Auch Sasuke setzte seinen Weg fort. Er wusste zwar nicht warum, aber er war jetzt eindeutig besser gelaunt.
 

Leider hielt diese gute Laune nicht lange an. Denn als er zuhause ankam und in seiner Tasche nach dem Schlüssel kramte, wurde die Tür bereits aufgerissen. Sein Vater kam heraus und stieß seinen Sohn unsanft beiseite. Dann taumelte Fugaku den Gartenweg entlang, wobei er eine lange Alkoholfahne hinter sich herzog. Sasuke sah ihm ausdruckslos hinterher.

Fugaku hatte im Moment Urlaub, das hieß er hatte viel Zeit um zuhause das Leben für alle schwerer zu machen. Wenigstens würde er heute wohl nicht mehr hier erscheinen, sondern erst in den späten Morgenstunden wie ein geprügelter Hund zuhause ankommen.

Sasuke schüttelte abwertend den Kopf, betrat den Flur und warf seine Tasche möglichst geräuschvoll in die Ecke. Seine Mutter sollte wenigstens die Chance haben, das zu verstecken was sie verstecken wollte. Auch wenn es sinnlos war.

Er ging in die Küche wo Mikoto auf einem Stuhl saß. Wie er es sich gedacht hatte, hatte sie versucht sich hastig ihre Tränen vom Gesicht zu wischen, doch ihre Augen standen noch voll von ihnen. Und der knallrote Handabdruck auf ihrer linken Wange verriet, dass Fugaku sich mal wieder nicht unter Kontrolle gehabt hatte.

Sasuke sah seine Mutter eine Weile schweigend an, sie sah mit traurigen Augen zurück.

‚Ich sollte jetzt irgendwas sagen. Was Mitfühlendes.‘

„Wann gibt’s essen?“

Mikoto lächelte gezwungen und stand das schwerfällig auf. Sie wirkte auf einmal um zehn Jahre gealtert. „In sieben Minuten.“

Sasuke nickte, ging ins Wohnzimmer und lies sich auf einen Sessel fallen.

‚Wow, ich habe ja wirklich vor Mitgefühl gesprüht.‘

Er schloss die Augen. Was machte das schon? Irgendwann kann für jeden Menschen der Punkt kommen, an dem sämtliches Mitleid und Mitgefühl restlos aufgebraucht ist.
 

Den größten Teil des Nachmittages, lag Sasuke auf seinem Bett und malträtierte seine Gehörgänge mit irgendwelcher Metal-Musik. Eigentlich war kein Fan davon, aber aus einem ihm nicht bekannten Grund beruhigte ihn sie immer, während andere aggressiv wurden. Irgendwann musste Sasuke wohl eingeschlafen sein, denn er schreckte auf als ihm jemand die Kopfhörer abnahm.

„Ich kann wirklich nicht verstehen wie du bei der Musik schlafen kannst.“ Itachi stand vor Sasukes Bett und sah leicht spöttisch auf diesen herab.

„Ich kann alles“, sagte Sasuke leicht mürrisch, setzte sich auf und schaltete die Musik aus.

„Fast alles“, erwiderte sein Bruder und lächelte zweideutig. Sasuke überging das. „Was machst du überhaupt hier? Studierst du eigentlich irgendwann mal?“

„Ich war den ganzen Tag in der Uni und bin eben erst gekommen. Wir haben acht Uhr abends, falls es dich interessiert.“

Sasuke seufzte. „Und was willst du jetzt von mir?“ „Gut dass du fragst. Wir haben Besuch.“ Er ahnte Schlimmes. Offenbar konnte man ihm das im Gesicht ablesen, denn Itachi grinste schon wieder. „Erraten“, sagte er dann leise und verließ das Zimmer.

Sasuke fragte sich ob, er wohl einen Fluchtversuch aus seinem Fenster überleben würde. Leider standen die Chancen schlecht, und seine Mutter würde ihn garantiert hervorprügeln, wenn er sich hier in seinem Zimmer verschanzte. Deshalb stand er seufzend auf und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer.
 

Kaum war er dort angekommen, wurde er direkt von viel zu guter Laune überrannt. „Hey Sasuke! Schön dich zu sehen!“ Kushina sprang durch den Raum und umarmte ihn. Dann hüpfte sie weiter. Ihr Mann, Minato, saß auf der Couch und lächelte ihn ebenfalls an. Ihn hatte Sasuke noch nicht so oft zu Gesicht bekommen, da er einfach selten mit hier her kam. Neben Minato saß Naruto, der stur auf das ihm gegenüberliegende Tapetenmuster starrte und dabei so aussah als wäre er unter Gewaltandrohung mit hierher geschleppt worden. Wahrscheinlich war es auch so.

„Hallo“, sagte Sasuke tonlos. „Ihr seit alle noch so spät hier? Ungewöhnlich.“

„Es gab heute Nachmittag einen Unfall bei uns zuhause“, erklärte Minato seufzend. „Es wird im Moment viel renoviert und leider wurde bei einer Arbeit wahrscheinlich eine Gasleitung getroffen. Vielleicht tritt pausenlos gefährliches Gas aus, dann wäre unser Haus bereits voll davon. Aber ganz genau wissen wir es nicht, deshalb überprüfen im Moment Fachmänner ob eine ernsthafte Gefahr besteht. Und wir müssen währenddessen das Haus verlassen.“

„Ich hab ihnen angeboten heute Nacht hier zu bleiben“, warf Mikoto ein.

„Ach, hast du das?“

„Warum der Ton?“, fragte Itachi aus dem Hintergrund. Sasuke konnte den Spott aus seiner Stimme heraushören. „Hast du ein Problem damit?“

Sasuke wandte sich zu ihm um und lächelte. „Nein, warum sollte ich?“ Er warf noch einen kurzen Blick zu Naruto, der immer noch die Tapete spannender fand als die Gesprächsthemen um ihn herum. Dann ging er in die Küche und holte sich einen Joghurt aus dem Kühlschrank.

‚Warum hasst mich das Schicksal so sehr?‘

Sasuke ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen und schaufelte wütend seinen Joghurt in sich hinein.
 

„Ach Honey?“ Mikoto steckte ihren Kopf in die Küche. Man merkte wie sie auflebte, wie immer wenn Kushina da war. „Was?“

„Ich geh gleich mit Minato und Kushina weg. Sie wollen sehen wie die Lage bei ihrem Haus aussieht und danach hatten wir noch vor zusammen etwas Trinken zu gehen. Wir haben schon länger nichts mehr unternommen.“ Sasuke hätte fast gesagt das sie, wenn sie Glück hätten vielleicht sogar seinen Vater vom Straßengraben auflesen könnten. Aber er verkniff sich den gehässigen Kommentar und zuckte nur mit den Schultern, um zu zeigen dass er sie gehört hatte.

„Ihr Jungs habt ja dann sturmfrei. Macht doch irgendwas zusammen.“

„Ja“, sagte Sasuke gespielt aufgeregt. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen als zusammen mit Itachi und Naruto etwas zu unternehmen!“

„Schön“, erwiderte seine Mutter und strahlte. Entweder hatte sie den sarkastischen Tonfall nicht gehört, oder sie wolle ihn nicht hören.
 

„Da muss ich dich leider enttäuschen“, schallte Itachis Stimme aus dem Wohnzimmer. „Ich geh gleich noch mit Freunden weg. Könnte spät werden.“ „Davon hast mir gar nichts erzählt“, sagte Mikoto vorwurfsvoll. „Ich habe es dir gerade erzählt.“

Kushina kam mit ihrer Jacke in der Hand in die Küche getänzelt und strahlte, wie immer. „Ach wie schade“, sagte sie fröhlich. „Aber du und Naruto wisst euch sicherlich auch allein zu beschäftigen.“ Also entweder bildete Sasuke sich das nur ein, oder selbst Kushina hatte dieses verdammte wissende Lächeln im Gesicht.

Sasuke saß einfach mit finsterer Miene da und wartete darauf bis Kushina, Minato und Mikoto das Haus verlassen hatten. Vielleicht tat es seiner Mutter mal ganz gut mal etwas anderes zu machen als zuhause auf ihren Mann zu warten.

Auch Itachi rüstete sich zum gehen. Aber natürlich konnte er sich seinen Kommentar nicht sparen. „Viel Spaß ihr beiden!“, flötete er von der Haustür aus, dann war er auch weg.

‚Irgendwann bring ich den Kerl im Schlaf um.‘

Dann erkannte Sasuke erst das Ausmaß der Situation. Er würde den ganzen Abend mit Naruto alleine sein. Das war schlecht. Am besten wäre es wenn er sich die ganze Zeit in seinem Zimmer einschloss. Und den Schlüssel aus dem Fenster warf.
 

„Da sind wir also wieder, was?“ Naruto lehnte am Türrahmen und sah mit säuerlicher Miene auf Sasuke herab. „Das scheint in letzter Zeit öfter zu passieren“, erwiderte dieser gepresst. Naruto ging nicht darauf ein. „Deine Mutter ist echt nett. Aber dein Vater ist ja nie da. Ich hab ihn, äh, letztens zum ersten Mal gesehen.“

„Sei froh.“

„Wieso? Ist er so schlimm?“ Er hielt kurz inne und überlegte. „Und für was wollte er sich eigentlich entschuldigen?“

Sasuke biss sich nervös auf die Unterlippe. Naruto war wirklich eine der letzten Personen mit denen er über seine familiären Probleme sprechen wollte. „Geht dich erstens nichts an und war zweitens eh völlig banal“, sagte er deshalb nur knapp.

„Ach ja?“ Naruto kam näher. „Dafür klang es aber ziemlich ernst. Sag mal, woher hattest du eigentlich noch mal deine Platzwunde?“

Das Gespräch verlief ganz und gar nicht in die richtige Richtung und außerdem kam Naruto Sasuke, für seinen Geschmack wieder etwas zu nah. Deshalb stand er auf, ging zum Mülleimer und warf seinen leeren Joghurtbecher hinein.

‚Wieso hab ich den überhaupt gegessen? Ich hasse Joghurt!‘

„Ich bin gegen einen Türrahmen gelaufen.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Türrahmen? Ich dachte das war eine Schrankkante“, fragte Naruto forschend.

Sasuke blieb stehen, drehte ihm aber den Rücken zu. Naruto war ihm viel zu neugierig. Und hatte der keine eigenen Angelegenheiten?

„Türrahmen, Schranktür, es ist doch völlig egal!“

Es stand Naruto ins Gesicht geschrieben, dass er sich mit dieser Antwort ganz und gar nicht zufrieden gab und für ihn die Diskussion noch lange nicht beendet war. Sasuke verzweifelte langsam. Wieso konnte er sich nicht einfach raushalten? Warum interessierten ihn seine Probleme?

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (12)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  solty004
2014-01-13T09:18:46+00:00 13.01.2014 10:18
Hey,
spät aber doch noch ein Kommentar und dafür kurz.
Super Kapitellen, echt spanend und auch sehr leidenschaftlich.

Es ist doch nett dass sich Naruto sorgen mach um Sasuke. Das zeigt doch dass er mehr für ihn schon mehr als Freundschaft einfindet. Ob wohl er es nicht zu geben weil. Das gefällt ach Sasuke ob wohl er es leugnet und ihn anfaucht er solle sich nichts darauf einzubilden brauch da was sei. Er solle ihn in Ruhe lassen.
Bis sich Naruto sich entschied Duschen zu gehen um sich ab zu kühlen und nicht unbedachtes zu tun.
Doch dann endschied sich noch jemand mit ihm zu Duschen. Die wurde eine sehr erregende dusche. Doch wiesen bei das sie sich dann am nächsten Tag Hassen werden und besonders Naruto dafür was er ihm gestanden hat. Doch empfindet Sasuke gen au so und deswegen müssen sie sich doch nicht hassen für ihre Gefühle die sie sich hin gegeben hatten.
Sondern einen schritten weiter gehen und es mit einander versuchen.

Bin schon gespannt wie es weiter geht mit, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

P.s.: Noch nachträglich frohe Weinachten hoffe du hattest ein schönes Fest und alle Wünsche wurden erfüllt. Hoffe dass du auch eine schöne Zeit mit deiner Familie, Verwandte, Freunde und Bekannte verbringen können.
Ich wünsch dir nachträglich ein gutes neues Jahr. Nicht zu feucht aber fröhlich in 2014.;)
Deine Solty


Von: abgemeldet
2014-01-07T06:39:38+00:00 07.01.2014 07:39
Ein wahnsinns Kapitel!
Mit Sasukes Initiative hätte ich zwar nicht gerechnet und es war echt überraschend und irgendwie.... Komisch als er plötzlich in der Dusche gestanden ist, aber ich fands toll ;-) Richtig toll ^-^
Ich finds schön dass sie sich auch emotional endlich näher kommen, auch wenns eine Hassliebe ist - was das ganze eig nur noch spannender macht. *-*
Schreib schnell weiter ;-)
LG
Antwort von:  Ravengirl
07.01.2014 11:35
Danke :D
Tja, irgendwann muss es ja endlich ein bisschen voran gehen ;)
und ich mag es irgendwie über Hassliebe zu schreiben ^^
noch mal danke für deinen Kommentar!
LG
Von: abgemeldet
2013-12-29T19:45:36+00:00 29.12.2013 20:45
Tolles Kapitel!

Fugaku benimmt sich echt scheiße, ich hoffe, sie können was gegen seinen Zustand unternehmen :-/
Hmm.. Naja ich versteh Sasuke schon, aber eine kleine Umarmung für seine Mutter hätte schon drin sein können. ;-)
Die arme tut mir total leid :-(
Itachi hab ich in deiner FF voll gern. Weiß nicht warum. Er ist einfach ur sympathisch :-)

Bin gespannt wies mit Sasuke und Naruto weitergeht!
Bitte schreib schnell weiter! :-)
LG
Von:  solty004
2013-11-11T11:39:04+00:00 11.11.2013 12:39
Hey,
ein Intersants kapitel da hatte wohl einer ein totales Gefühls Chaos
Das gemeine ist das jede sieht was mit ihm las ist und was er empfindet auch wen er es noch nicht glauben weil.
Das lustige ist noch das Sakura ihm den so genannten Spiegle vor hält über seine Gefühle.
Es ist noch lustig das sie ihm noch zeigen kann das Sasuke auch eine weiche, sanfte und zugleich verletzliche Person sein kann. Nicht nur diese coole und knall harte Typ ist!
Ob wohl Sakura starke Gefühle Sasuke hat und bittet Naruto darum ihm eine Chose zu geben.
Weil es den Anschein hat das sich der schwarz Haarige sich in den blonden verliebt hat für sie!
Wenn sie wüste wie recht sie hat mit ihren Vermutungen.
Bin schon gespannt wie es weitergeht mit den beiden und ihren Gefühls Chaos!

Freu mich schon auf das nächste Kapitel von ihr für mein Kopf Kino.

LG Solty


Von:  Onlyknow3
2013-11-10T17:57:58+00:00 10.11.2013 18:57
So schnell ändern sich die Dinge das man nicht hinter her kommt bei der ganze Hektik im Leben.Mach weiter so,freue mich auf das nächste kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Yosha
2013-10-21T10:02:18+00:00 21.10.2013 12:02
Cool! Wie gehts weiter?? Bin gespannt
Von:  solty004
2013-10-21T08:25:50+00:00 21.10.2013 10:25
Hey,
bin gestern über deine FF gestolpert und habe sie gerade gelesen.
Sie klingt bis jetzt nicht schlecht und klingt nach mehr.

Einfacher gesagt bin schon ganz neugierig wie es zwischen den beiden weiter geht. Wie lange es dauert bis sie sich ihre Gefühle eingesäten und offen leben. Sich nicht vor den andern verstecken und ihren Gefühlen besonders Sasuke. Dass es keine Schande ist wen man auf das gleiche Geschlecht liebt! Solange die Gefühle echt sind!

Freu mich schon auf das nächste Kapitel für mein Kopf Kino.

LG Solty



Antwort von:  Ravengirl
21.10.2013 14:06
ich bin auch der Meinung das man sich in der heutigen zeit nicht mehr verstecken muss, sondern offen zu sich stehen sollte :)
danke für deinen Kommentar! ^^

glg
Von: abgemeldet
2013-10-20T17:11:25+00:00 20.10.2013 19:11
Woow super ff :-D
Ich bin echt begeistert!
Du hast einen echt tollen schreibstil, man kann flüssig lesen und sich alles bildlich vorstellen :-D
wie du sasuke darstellst das find ich echt großartig <3
Die idee der ff ist wirklich geil ;-)
Schreib bitte schnell weiter!!!!! :-))
Glg
Antwort von:  Ravengirl
20.10.2013 19:17
Dankeschön :3
bei Sasuke passe ich immer besonders auf das er nicht ooc wird. obwohl, bei Naruto auch. Ich befürchte meistens Sasuke wird zu gefühlsreich und Naruto zu nachdenklich.
schön das es dir gefällt! ^^
Und das mit der Idee... ich persönlich fand sie jetzt nicht so orginell, aber schreiben wollte ich sie auf jeden Fall! :D
Ich beeile mich mit dem nächsten Kapitel ^^

LG Ravengirl
Antwort von: abgemeldet
20.10.2013 19:40
Das is eine reallife ff ich find da is ein bissl ooc fast unvermeidbar und auch gar nicht schlimm ;-) und ich find auch du lässt die beiden kaum aus der rolle fallen du machst das echt super :-)
Von:  Lady-Bloody-Rose
2013-10-04T05:19:47+00:00 04.10.2013 07:19
Ups, ich glaube Naru wird da aber nicht locker lassen! Außerdem wird Sasu weiterhin seine Finger nicht von gewissen Blonden lassen können! ^^ Freu mich schon auf das nächste Kapi, bis demnächst! Deine Cat
Antwort von:  Ravengirl
04.10.2013 12:06
ja in sehr gewisser weise hast du recht ;D
nächstes kapitel ist in arbeit, beansprucht aber viel zeit weil mit das Pairing ziemlich schwerfällt
vielen lieben dank für den Kommentar ^^

lg Ravengirl
Von: abgemeldet
2013-09-30T02:31:01+00:00 30.09.2013 04:31
bin gespan. wie es weiter geht ^^
lg kai
Antwort von:  Ravengirl
30.09.2013 14:58
danke für den Kommentar! :)
nächstes kommt demnächst
Lg


Zurück