Kapitel 2
„It seems to me I could live my life a lot better than I think I am.
I guess that´s why they call me…they call me the working man.
They call me the working man, I guess that´s what I am…”
Einmal mehr bereute es Sam, seinem Bruder das kleine Tischradio geschenkt zu haben und rüttelte am, mittlerweile äußerst abgenutztem, Lautstärkeregler.
„Was gefunden?“ Dean blickte neugierig von den alten Zeitungen auf, die sie direkt am Morgen in der Stadtbibliothek besorgt hatten und schaute interessiert auf den Laptop ihm gegenüber.
„Mehr als genug.“ antwortete der Jüngere und bedeutete ihm zu ihm zu kommen. „Weit mehr. Hier sieh mal, ich hab´s geschafft mich in den lokalen Councilcomputer zu hacken und die Todesanzeigen der letzten Fünfzig Jahre aufzurufen. Ein gewaltsamer Todesfall nach dem Anderen, die Ecke hier ist fast so übel wie Detroit.“ Er scrollte eine Weile über die Photos, Dean ihm über die Schulter blickend. „Das hier könnte ewig dauern, wir brauchen…“
„WARTE. Geh noch mal zurück.“ Sam scrollte wieder ein Stück nach oben, als Dean auf das Bild einer jungen Frau deutete. „Klick das mal an.“ Seufzend leistete er dem Befehl folge.
„Anne Kerps, 4.Mai 1973. Das ist kein Mordfall. Hier steht sie starb zwar sehr jung, mit 25 Jahren, aber aufgrund eines Herzfehlers.“
„Die Halskette.“ Murmelte Dean nur, ohne seinem Bruder zuzuhören. Er deutete auf das Schmuckstück, das den Hals der Frau zierte; Eine lange Kette mit einer auffälligen Brosche die mit einem ovalen Stein besetzt war. „Ich hab sie gestern gesehen.“
„Die Frau?“
„Die Kette. Eine Freundin von Meredith trug die um den Hals; Jamie Enderz.“
„Und? Von der Kette wird es wohl kaum nur eine geben?“
„…Sie war plötzlich so verändert. Als ich die Kleine nach Merediths Verhalten in letzter Zeit fragte und andeutete ob sie vielleicht irgendetwas Merkwürdiges gesehen oder gehört hatte, hat sie sofort abgeblockt, und als ich sie auf die Halskette angesprochen hab, hat sie sie versteckt und ist weg.“
„Das sagst du mir jetzt? Gestern hieß es noch…“
„Jaja, schon klar Sammy. Schau lieber in der Stadt, was du über dies Frau rausfinden kannst. Ich fahr währenddessen zu dieser Jamie und überprüfe, ob mir die Kleine nicht doch etwas zu sagen hat.“
Bevor der Jüngere noch etwas erwidert hatte, war Dean bereits aus dem Raum.
Kaum zehn Minuten später stand er bereits vor dem Haus der jungen Frau. Nicht etwa, weil er ihre Adresse so schnell ermittelt hatte; Er war einer Kolonne Streifenwagen, die mit Blaulicht und Sirenengeheul an ihm vorbeigefahren war, aus Interesse und einem unguten Bauchgefühl heraus gefolgt und so direkt an seinen Zielort gelangt.
„Verdammt.“ Fluchte er energisch, als er registrierte, dass direkt vor ihm das Haus der Enderz lag. In der Auffahrt fand sich neben zahlreichen Streifenwagen auch ein Krankenwagen, was das ungute Gefühl in seiner Magengegend zusätzlich verstärkte.
Seinen FBI Ausweis gezückt wandte er sich an den ersten Uniformierten, der ihm begegnete. „Agent Pix, FBI; Was ist hier vorgefallen?“
„FBI? So schnell wart ihr Jungs ja noch nie am Tatort, hm?“ Er schüttelte kurz den Kopf, die Mundwinkel verziehend. „Tragische Geschichte. Schon wieder ein totes Mädchen, bereits vorgestern hat man eine in ihrem Alter gefunden...“
„Moment: Jamie Enderz ist tot?“ Der Polizist nickte kurz. „Herzinfarkt, wie beim anderen Fall. Meredith Deret wur…“
„Ich weiß, den Fall bearbeite ich gerade.“
„Achso, die beiden Mädchen kannten sich wohl? Zeugenbefragung?“
„Jetzt wohl nicht mehr.“ Murmelte Dean und schob sich kurzerhand an dem Anderen vorbei um das Haus zu betreten.
Er fand den Tatort binnen weniger Sekunden; Im Keller des Hauses und am Abgang davor tummelten sich zahlreiche Personen.
„FBI, Agent Pix.“ Ein Mann, der in der Breite wohl dieselben Masse aufwies, wie in der Länge winkte ihn zu sich. Dean drang etwas tiefer in den Raum vor und begrüßte ihn, der sich ihm selbst als Sheriff Carter vorstellte. Dieser führte ihn kurzerhand zum Leichnam der unlängst verstorbenen.
„Dasselbe wie im Fall Deret. Herzinfarkt, ausgelöst durch einen Shock. Derselbe abgeschlossene Raum, dieselben Würgemale…und wiederum keine Spur eines Verbrechens. Und wiederum, “ nun seufzte er vehement, sich einige Schweißtropfen von der Stirn wischend, „haben wir nicht den leisesten Anhaltspunkt was hier passiert ist. Wird wohl ein Fall für die Akten.“
„Nicht aufgeben, Sheriff.“ Setzte Dean mit einem schelmischen Grinsen ab, bevor er die Leiche genauer besah. Das noch am Vortag so lebendige Mädchen nun tot vor sich liegen zu sehen, zog eine Spur Resignation seinerseits mit sich.
Tatsächlich glich der Tatort dem anderen; Die Würgemale an Jamies Hals waren denen Merediths geradezu auffällig ähnlich. Plötzlich bemerkte Dean, was ihn an dem gebotenen Anblick wohl am meisten störte: Die Rothaarige trug keine Halskette.
Auch nach einer genaueren Untersuchung des Raumes konnte er ihrer nicht habhaft werden und die Spurensicherung versicherte nichts vom Tatort entfernt zu haben.
Nach einer kurzen Befragung der aufgelösten Mrs. Enderz, die ihre Tochter gefunden hatte, verließ er das Haus mit einem konstanten Kopfschütteln.
Die Frau hatte angegeben bei ihrer Tochter niemals eine solche Halskette gesehen zu haben.
„Dean ich weiß, was da los ist!“ Der ältere Winchester war kaum losgefahren, als das Klingeln seines Telefons ihn aus seinen Gedanken riss, am anderen Ende der Leitung sein kleiner Bruder der hektisch einige unverständliche Dinge in den Hörer rief.
„Sammy? Was ist los, beruhige dich…“
„Du musst sofort zu dieser Jamie fahren, sie darf auf keinen Fall die Halskette abnehmen!“
„Tja das ist ihr, schätze ich, ziemlich egal…Jamie Enderz ist seit ein paar Stunden tot.“ Kurz herrschte betretenes Schweigen, ehe sich Sam endlich wieder fasste.
„….die Kette?“
„Nicht aufzufinden. Aber sag mal, was ist eigentlich…?“
„Keine Zeit, komm einfach in die Bibliothek, dort erklär ich dir alles.“ Kaum hatte er seinen Satz beendet, legte er auf, einen perplexen Dean zurücklassend.
„Sagt man heutzutage nicht mal mehr auf Wiederhören?“ knurrte dieser, ehe er im fließenden Verkehr wendete und Richtung Bibliothek raste.
„Eine Verlobungskette?“ murmelte Dean angespannt, während er seinem Bruder dabei half, die lokalen Zeitungsberichte zu durchforsten.
„Ja, als ich die Kette sah kam sie mir irgendwie bekannt vor und kurz darauf fiel mir wieder ein, dass ich sie in einem Buch von Bobby gesehen habe. Ich hab ihn also angerufen und kurze Zeit später wussten wir schon, was wir da vor uns haben. Es ist eine aztekische Verlobungskette, “ seufzte er, die vom Bibliotheksstaub gereizten Augen kurz zusammenkneifend, „ein Erbstück, das innerhalb der Familie gehütet wurde. Mit der Kette beschenkten sich die beiden Verlobten gegenseitig, als ein Zeichen von Treue.“ „Ein Zauber?“ Sam nickte kurz. „Und ein Fluch. Die Kette beschützte die Liebenden durch einen Zauber, wenn sie sie jedoch vor der Hochzeit abnahmen galt das als Treuebruch.“
„Und als Todesurteil für die beiden Turteltauben… Was ist mit Anne Kerps? Die Frau aus der Todesanzeige?“
„Sie starb nicht an der Kette, sondern wirklich an einem Herzfehler. Aber dadurch hat sie die, wenn man es so nennen will, Extrafunktion der Kette aktiviert. Wenn einem der beiden die Kette unfreiwillig abgenommen wurde, durch einen Raub beispielsweise, verwandelte sich die Kette in einen Fluch. Wer auch immer die Kette danach trägt wird, laut Bobbys Buch, kurz nachdem er sie abnimmt `Von den Seelen derer geplagt denen das Kleinod entrissen wurde. ´ …Anne wurde mit ihrer Kette begraben, genauso wie ihr Verlobter John einige Jahre später.“
„Also ein Fluch. Heißt wenn wir die Kette einschmelzen…?“
„Dazu müssten wir sie erst einmal finden. Und was wichtiger ist: Denjenigen, der sie aus Annes Grab geplündert hat.“ Sam hielt endlich eine Zeitung der vorhergehenden Woche hoch.
„Unbekannter plündert lokalen Friedhof… die Gräber von folgenden Personen…Anne und John Kerps…. Verdammte Mistkerle!
Soll heißen hier läuft nicht nur ein Scheißkerl rum, der eine Mörderkette in Umlauf gebracht hat, sondern einer der zusätzlich noch eine Zweite von denen dabei hat?“
„Vermutlich. Wenn er sie nicht auch schon herausgegeben hat. Wir müssen unbedingt diese Kette finden Dean.“
Der Ältere nickte kurz.
„Ich hab da eine Idee. Vielleicht hat Meredith die Kette kurz vor ihrem Tod weitergeschenkt und zwar an Jamie.“
„Und die hat sie erneut weitergegeben... Wir fahren sofort zu ihrem Haus und befragen ihre Mutter, vielleicht…“
„Das wird nicht nötig sein, ich glaube ich weiß wo die Kette ist.“ Dean fluchte kurz. „Danielle Silencer. Die drei waren befreundet und haben gemeinsam studiert, bestimmt hat sie jetzt die Kette. Wir müssen sofort dahin, sie darf sie auf keinen Fall alleine abnehmen.“ Sam sprang sofort von seinem Stuhl auf und warf sich seine Jacke über.
"Du fährst zu Danielles Haus, such die Adresse schnell aus dem Telefonbuch. Es ist kurz nach Vier und die Uni ist kaum Fünf Minuten Laufweg entfernt, ich geh dahin.“ Kaum drei Sekunden später waren die Brüder auf dem Weg, Sam im Laufschritt in Richtung Uni, Dean im Impala; Sie würden ein weiteres Opfer zu verhindern wissen.
Um die Horrorszenarien in seinem Kopf zu verdrängen, drehte Dean den Lautstärkeregler im Chevy auf Anschlag.
„´Cause I´m a Cowboy; on a steel horse I ride…
I´m wanted…Dead or Alive!
Wanted….Dead or Alive…. “
