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Climax

OS Sammlung zu Abyss
von

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Animal

Aizawa weiß wirklich nicht, warum er sich das antut oder warum er überhaupt zugesagt hat. Davon abgesehen, dass er Todoroki nicht leiden kann, ist er ein absoluter Feind von Doppeldates. Genau genommen ist er nicht mal für Dates zu zweit zu begeistern. In seiner Welt sieht man einander in die Augen, kurzer Wortwechsel und dann entscheidet man, ob man sich später durch die Laken wälzt. Als Barkeeper ist diese Art von Arrangement noch einfacher durchzusetzen – und in den besten Fällen bleibt es einmalig. Aizawa ist ehrlich – Beziehungen sind anstrengend und die meisten Menschen sind es nicht wert, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen. Außerdem sind die wenigsten monogam. Nicht, dass ihn das stören würde.

Das Problem in dieser Angelegenheit ist über 2 Meter groß, blond und etwas ausgemergelt. Nicht, dass da nicht immer noch viele Muskeln sind, aber man sieht ihm die harten Jahre an – und wie Toshinori einst gesagt hat, einige seiner Gebrechen bemerkt man auf den ersten Blick nicht. Was der Grund dafür ist, dass er ihn bei ihrem Kennenlernen ziemlich unfair behandelt hat. Aizawa ist bewusst, dass er scharfzüngig sein kann, weswegen ihn nicht jeder unbedingt leiden kann. Er ist ehrlich und steht dazu. Was er jedoch nicht möchte, ist, Menschen damit zu verletzen, die es nicht verdient haben.

Toshinori ist einer von diesen Menschen und dennoch ist er ruhig und höflich geblieben. Etwas, womit Aizawa weniger gut umgehen kann. Ausgehend von ihrem schlechten Start kommt es ihm wie ein Wunder vor, dass der Blondschopf mittlerweile recht oft auf seiner viel zu kleinen Couch herumhängt und mit seinen beiden Katzen kuschelt. Es spricht für Toshinori, dass er immer wieder in seine kleine, schäbige Wohnung kommt, obwohl er selbst ein teures Loft mit XXL-Couch besitzt. Als Aizawa das einmal erwähnt hat, hat der andere nur lächelnd gemeint, dass Maki und Nigiri sicher traurig sind, wenn er wegen ihm ständig nicht zuhause ist. Vermutlich ist das der Moment gewesen, in dem Aizawa klar geworden ist, dass er von dem Kerl nicht mehr loskommen wird. Seine Katzen sind ihm so heilig wie anderen Leuten ihre Kinder.
 

Deswegen steht er nun hier. Mit Toshinori, der in seiner schwarzen Lederjacke ziemlich attraktiv aussieht und Aizawa daran erinnert, warum er lieber mit ihm zuhause wäre. Er atmet schwer aus und schiebt die Hände in die Hosentaschen, während er den Eingangsbereich mustert. Eigentlich ist das hier aus mehreren Gründen absolut nicht sein Ding.

„Sie sind sicher gleich da“, hört er Toshinori fröhlich sagen.

„Kann’s kaum erwarten.“

„Ja, ich weiß ja, dass du Hawks-kun sehr vermisst.“

Toshinori ist ein Meister darin, seine spitzen Kommentare zu ignorieren und daraus etwas Positives zu machen. Er verdreht bei dem sonnigen Lächeln nur die Augen und lässt den Blick weiter schweifen. Das Wetter ist angenehm. Nicht zu kalt, nicht zu warm, wenig Wind. Leider haben sich die ganzen Familien mit Kindern das wohl ebenso gedacht und dementsprechend voll ist es.

„Huhu!“

Hawks‘ vor Euphorie strotzende Stimme schallt zu ihnen herüber, sodass sie beide aufsehen. Scheinbar hat Todoroki auf diesen Ausflug ebenso wenig Lust wie er selbst, wenn er so dessen finstere Miene deutet. Leider haben sie beide einen viel zu kontaktfreudigen Blondschopf an ihrer Seite, weswegen es kein Entkommen gibt.

„Sorry, dass wir zu spät sind, aber ihr kennt das ja…der Verkehr und so…“

„Wir sind zu spät, weil du nicht aus dem Bett gekommen bist.“

„Enji! Doch nicht vor unseren Freunden!“

„Das meinte ich nicht!!“

Aizawas Braue zuckt leicht bei dem Wortwechsel, während Toshinori mit großen Augen von einem zum anderen sieht. Dann lächelt er jedoch, auch wenn er etwas dabei verlegen wirkt, und hebt beschwichtigend die Hände.

„Nun seid ihr ja da…egal, warum ihr zu spät seid und außerdem warten wir noch gar nicht so lange.“

Hawks grinst ihn breit an, ehe er zu Todoroki sieht.

„Siehst du, Großer? Alles im Lot!“

„Hn.“

„Und? Gehen wir rein? Ich bin richtig aufgeregt! Ich war noch nie im Zoo!“, plappert Hawks direkt weiter und seine bernsteinfarbenen Augen leuchten.

„Da verpasst man auch nichts“, brummt Aizawa missmutig. „Wildtiere sollten nicht eingesperrt sein.“

„Nun, da hast du sicherlich Recht“, meint Toshinori nachdenklich. „Allerdings habe ich gelesen, dass dieser Zoo sich den Bedürfnissen der Tiere, so gut es geht, anzupassen versucht. Sie haben hier weit mehr Fläche als in anderen Zoos und die Pfleger haben wohl eine sehr starke Bindung zu ihren Schützlingen.“

„Das ändert nicht die Tatsache“, widerspricht er ihm dennoch, woraufhin Toshinori schief lächelt.

„Wohl nicht, nein.“

Todoroki schnaubt.

„Gehen wir rein oder warten wir, bis Aizawa uns den Besuch so madig gemacht hat, dass wir nach Hause gehen können?“, fragt er schroff.

Eigentlich keine schlechte Idee, aber das wird wohl leider nichts.

„Ach was! Da ich anscheinend als Einziger noch nie im Zoo war, kann ich dazu nichts sagen. Also muss ich mich logischerweise selbst davon überzeugen, ob Zoos cool sind oder nicht! Los geht’s, Leute!“

Gegen die Ansage hilft dann auch kein anderer Einwand mehr.
 

„Wie läuft die Ausbildung denn so, Hawks-kun?“, fragt Toshinori freundlich nach, während sie dem eingezäunten Weg folgen. „Kommst du gut zurecht?“

Hawks streckt den Daumen in die Höhe und grinst ihn mit einem Zwinkern an.

„Jep! Sehr gut sogar! Mein Ausbilder ist so ein grimmiger, alter Mann, aber da meine Leistungen gut genug sind, kann er mich nicht so zusammenscheißen wie die anderen. Er ist zwar hart, aber fair, damit komm ich klar. Außerdem hab ich ja so einen Griesgram zuhause, nicht wahr?“, erwidert er und deutet amüsiert auf Todoroki, der daraufhin bloß schnaubt. „Und was die anderen angeht…einigen gehe ich, glaube ich, ein bisschen auf die Nerven, aber hey – irgendwann lieben auch die mich, haha!“

Aizawa runzelt die Stirn, während er sich fragt, ob das wirklich so lustig ist. Er kennt Hawks seit Jahren, hat ihn mit Menschen beobachtet und er weiß, dass dieser gut schauspielern kann. Er lächelt Dinge weg, auch wenn ihm nicht danach ist.

„Solange sie trotzdem nett zu dir sind.“

„Die einen mehr, die anderen weniger, aber so ist das Leben. Oh! Schaut mal! Flamingos! Krass! Hab mir die immer viel pinker vorgestellt! Die sind ja eher rosa!“

Wie ein kleines Kind weicht er vom Weg ab und läuft zum Zaun, von wo aus man gut auf den von Schilf umrahmten See blicken kann, wo die Tiere stehen. Ihr helles Gefieder leuchtet regelrecht in der Sonne und man hört, wie sie ihre typischen Laute von sich geben. Aizawa folgt ihm ebenso wie die anderen zum Zaun, wobei ihm Toshinoris nachdenklicher Blick nicht entgeht. Er hat also gemerkt, dass Hawks abgelenkt hat. War wohl etwas zu offensichtlich.

Dennoch sagt keiner von ihnen etwas. Sie gucken sich nur die Flamingos an, die dort auf einem Bein stehen. Einige von ihnen haben den Kopf im Gefieder vergraben und schlafen wohl.

„Die erinnern mich total an Mina“, meint Hawks grinsend und macht ein Foto, um es ihr vermutlich zu schicken.

„Sie sind wirklich hübsch“, kommt es von Toshinori.

Todoroki scheint dem Zauber der Viecher nichts abgewinnen zu können und auch Aizawa ist kein sonderlicher Fan von Vögeln jeglicher Art. Ebenso wie er Hunde nicht mag – was ein bisschen kontraproduktiv ist, da Toshinori selbsternannter Hundefan ist. Hoffentlich kommen sie nie zu dem Punkt, an dem er so ein Vieh in seinem Leben will.

„Da hinten geht’s zu den Giraffen! Ich hab noch nie Giraffen gesehen!“, ruft Hawks aus und deutet auf eines der Schilder. „Lasst uns als nächstes dahin!“

Er wuselt aufgeregt voran und freut sich dabei so sehr, dass es ihm keiner übelnimmt. Aizawa schiebt die Hände in die Hosentaschen und folgt ihm, während sich hinter ihm Toshinori an Todoroki wendet. Er versteht nicht alles, weil sie flüstern, aber er kann sich denken, dass sein Freund noch mal wissen will, ob alles in Ordnung mit Hawks‘ Ausbildung ist. Aizawa selbst macht sich da wenig Sorgen. Hawks mag einiges in seinem Leben weglächeln, aber er ist ein Kämpfer. Er wird die Steine schon selbstständig aus dem Weg räumen, sollten sie ihn behindern. Davon abgesehen…man kann nicht von jedem gemocht werden.
 

„Schau mal, Aizawa! Die eine kommt sogar her! Miez, miez…na komm…lecker Blatt!“

Aizawa beobachtet mit neutraler Miene, wie das riesige Tier den Kopf über den Zaun schiebt und versucht, an das Blatt in Hawks‘ Hand zu gelangen. Er traut solchen großen Tieren nicht, aber Hawks scheint keine Bedenken zu haben.

„Das ist keine Katze.“

„Aber sie ist niedlicher als eine Katze!“

„…nein.“

„Sorry, aber ich bin echt kein Katzenfan“, kommt es von Hawks, während die Giraffe das Blatt mit der Zunge aus seiner Hand rupft. „Die sind doch voll hinterlistig…und nutzen dich nur aus.“

„Vorurteile“, erwidert er knapp.

„Dann komm ich demnächst mal vorbei und lerne deine Katzen kennen“, schlägt Hawks grinsend vor und wischt sich die Hand an seiner Jeans ab. „Heißen die nicht irgendwas mit Sushi?“

„Maki und Nigiri.“

„Haha, cool.“

Er funkelt ihn amüsiert an, sieht aber auf, als die anderen beiden sie einholen.

„Oi, Enji! Ich hab die Giraffe gefüttert! Die hat so eine richtig lange, blaue Zunge!“

„Darf man die überhaupt füttern?“, brummt der Angesprochene und sieht zu dem meterhohen Tier, das sich die Schnauze leckt und sich langsam umdreht, um davon zu trotten.

„Ach, war doch nur ein Blatt. Sie wird’s überleben“, meint Hawks und winkt ab. „Heh…die Giraffe erinnert mich an dich, Toshi!“

„An mich?“, fragt sein Freund irritiert nach.

„Jep! Blonde Haare, gelbe Giraffe. Du bist auch so riesig und total sanftmütig wie das Viech eben“, erklärt er sich, woraufhin Toshinori sichtlich geschmeichelt wirkt.

„Findest du?“

„Auf jeden Fall! Mal sehen…Enji wäre ein Bär! So ein griesgrämiger…ein richtiger Brummbär!“, plappert der Jüngste von ihnen weiter. „Und ich meine…du hast Pranken wie ein Bär.“

Todoroki scheint mäßig begeistert von dem Vergleich zu sein, doch Hawks richtet den Blick da schon auf Aizawa.

„Und Aizawa wäre…ein Siebenschläfer! Oder vielleicht auch ein Faultier – und bevor du was sagst, die sind voll cool! Nur eben ziemlich träge, genau wie du!“

Er schnaubt nur leise, beschwert sich aber nicht über den Vergleich. Beleidigen kann er ihn damit nicht. Er kann hart arbeiten, aber wenn er ehrlich ist, geht er es wirklich lieber ruhiger an.

„Und was wärst du deiner Meinung nach?“, fragt Todoroki ihn und verschränkt die massiven Arme vor der Brust.

„Hö? Das ist doch klar! Ein majestätischer Falke natürlich! Ich nenne mich Hawks und – sieh mich an!“

Er dreht sich einmal und wackelt dabei mit den Augenbrauen, was Todoroki jedoch nicht zu überzeugen scheint.

„Du bist eher eine Stadttaube“, gibt er prompt zurück. „Frisst einem die Haare vom Kopf, bist ständig am rumzwitschern und aufdringlich.“

Aizawa hebt langsam eine Braue, während er Hawks‘ verdutzte Miene betrachtet. Dann fängt er an zu lachen.

„Und ich dachte, dass du gerade das an mir liebst“, erwidert er grinsend. „Dass du mit Chicken Wings für mein Wohl sorgen darfst und ich dich anschmachte wie ein frischverliebter Teenie aus einem Groschenroman. Also wirklich, Enji, du zerstörst mein perfektes Bild von unserer Beziehung!“

Auf den Mund gefallen ist Hawks noch nie gewesen. Obwohl Todoroki das vermutlich gewöhnt ist, wird er rot und funkelt den Jüngeren an, der sicherlich genau das mit seinen Worten bezwecken wollte.

„Lass den Unsinn…“

„Damit musst du leben, wenn du mich eine dicke Taube nennst, Liebling.“

„Von dick war nie die Rede…“

„Tauben sind nicht gerade grazil, hm?“, widerspricht Hawks schmunzelnd, hakt sich dann aber bei Todoroki unter. „Aber schon gut. Du kannst dich nachher entschuldigen, indem du mir ein süßes Plüschtier kaufst oder einfach die Rechnung fürs Essen übernimmst – ganz, wie du willst~! Und jetzt komm, ich will die Brummbären sehen!“
 

Aizawa beobachtet, wie Hawks den Hünen einfach mit sich zieht und dabei weiter plappert. Vielleicht ist er nicht in der Position, darüber zu urteilen, aber sie sind schon ein seltsames Paar. Er hält inne, als Toshinori den Arm um ihn legt und ihn dabei sonnig anlächelt, wie er es oft tut. Sanftmütig wie eine Giraffe. Treffend formuliert.

Für sie beide gilt das mit dem seltsamen Paar wohl ebenso. Es fällt Aizawa immer noch schwer, sich darauf einzulassen. Diese ganze Beziehung ist für ihn befremdlich. So viel Zeit miteinander zu verbringen, Dates…eben alles. Er ist es nicht gewöhnt und normalerweise fühlt er sich schnell eingeengt und unter Druck gesetzt.

Dass Toshinori keine Erwartungen an ihn stellt, sondern von ihm lediglich verlangt hat, ehrlich zu ihm zu sein, mindert den Druck etwas. Den meisten Leuten missfällt zu viel Ehrlichkeit. Toshinori ist ganz offensichtlich keiner von ihnen.

„Es ist schön, die beiden so zu erleben. Enji wirkt richtig gelöst.“

Aizawa runzelt die Stirn.

„Da siehst du wohl mehr als ich“, meint er trocken, doch Toshinori schmunzelt bloß.

„Ich kenne ihn einfach besser, würde ich behaupten, und glaube mir – diese kleinen Neckereien mit Hawks tun ihm gut.“

Aizawa widerspricht ihm nicht, denn was er sagt, stimmt.

„Nun, folgen wir ihnen – schließlich willst du doch bestimmt noch zu den Raubkatzen?“, fragt Toshinori schmunzelnd.

„Ja“, gibt Aizawa zu, ehe er schnaubt. „Auch wenn ich nicht denke, dass da artgerechte Haltung möglich ist.“

„Vermutlich nicht, nein“, stimmt Toshinori ihm schief lächelnd zu.

Wenigstens widerspricht er nicht oder ist genervt von seinen Ansichten. Wo Aizawa oft schnell urteilt und harsch austeilt, respektiert der Blonde viele Meinungen. Er redet nicht direkt dazwischen, sondern lässt ausreden und denkt darüber nach.

„Vielleicht haben sie sich ja ein bisschen daran gewöhnt und sind gar nicht so unglücklich? Deine Katzen leben ja auch in deiner Wohnung und sie wirken sehr zufrieden?“

Aizawa weiß, dass das kein Angriff auf ihn ist, um ihm zu zeigen, dass er falsch liegt. Es ist Toshinoris Versuch, ihm den Zoo etwas weniger madig zu machen. Der Vergleich hinkt etwas, aber er ist auch nicht völlig falsch.

„Möglich“, brummt er dumpf.

Er lässt zu, dass Toshinori seinen Arm streichelt – dann zögert er kurz, ehe er ihm einen schnellen Kuss ins Haar drückt. Aizawa lässt ihn, auch wenn er sich fragt, wie der andere es schafft, ihn mit so einer flüchtigen Geste aus dem Konzept zu bringen. Das haben sie gemeinsam. Die Scheu, Zuneigung, in der Öffentlichkeit zu zeigen, wenn auch aus anderen Gründen.

Aizawa ist zu selten in einer Beziehung gewesen, als dass er so etwas vor anderen Leuten ausleben will. Manche Dinge sind eben privat.

Toshinori dagegen kennt sich durch seinen einstigen Job als bekannter Footballspieler mit der Öffentlichkeit zu gut aus. Jahrelang hat er sein Privatleben bestmöglich geschützt und mit der Gewohnheit zu brechen, muss schwierig sein.

Aizawa sagt nichts, aber als sie weitergehen und Toshinori seinen Arm löst, verschränkt er ihre Finger miteinander. Auch wenn er sich dabei lächerlich vorkommt, aber irgendwie…will er etwas erwidern. Er schaut absichtlich weg, um Toshinoris Gesicht nicht sehen zu müssen – bevor es noch peinlicher wird. Als der andere leicht seine Hand drückt, weiß er, dass es okay ist.
 

„Aww, wie süß ihr seid!“

Kaum haben sie die anderen beiden eingeholt, schallt Hawks‘ Stimme zu ihnen herüber und Aizawa ächzt innerlich. Warum muss er direkt den Fokus auf sie beide legen. Unangenehm…aber es wird noch schlimmer.

„Oi, Enji! Warum halten wir nicht Händchen?“

„Weil ich nicht wieder wie der Teufel angesehen werden will.“

„Ach was…so schlimm war das gar nicht!“

„Die Frau an der Kinokasse hat gemeint, dass sie es schön findet, dass du in dem Alter noch etwas mit deinem Vater unternimmst.“

„Ja und? Ich hab das doch aufgeklärt.“

„Du hast den Arm um mich gelegt, mit den Augenbrauen gewackelt und gesagt, dass man nie zu alt für seinen Sugar Daddy ist…“

„Sag ich ja. Ich habe es aufgeklärt.“

Hawks lächelt unschuldig und legt dabei den Kopf schief, während Todoroki ihn finster ansieht. Gut, bei dem Altersunterschied kann er sich vorstellen, was die Leute denken.

„Ach, das Alter spielt doch keine Rolle!“, kommt es fröhlich von Toshinori. „Solange man glücklich miteinander ist, ist alles gut.“

„Jep! Da hat Toshi vollkommen Recht!“, stimmt Hawks ihm grinsend zu. „Also keine Scham, her mit dem Händchen, na komm…miez miez m-“

„Hawks!!“

„Haha, pass auf, dass du den Brummbären keine Angst machst, wenn du so laut bist!“, zieht dieser seinen Freund weiter auf.

Den Brummbären scheint es recht egal zu sein, was sie tun, so wie sie gemächlich im Gehege herumtrotten, um sich wieder hinzulegen. Aizawa würde sie um ihre Ruhe beneiden, wenn er nicht etwas dagegen hätte, täglich von hunderten Menschen angegafft zu werden.
 

Wider Erwarten ist das Gehege der Tiger recht groß, auch wenn er immer noch nicht überzeugt davon ist, dass gerade solche Tiere hierher gehören. Dennoch sind sie wunderschön. Majestätisch. Mit ihren runden Augen und Ohren…er könnte sie sich stundenlang ansehen.

„Ich bleib dabei – Katzen sind mir suspekt.“

Hawks zuckt mit den Schultern, ehe er zu den anderen sieht.

„Was ist mit euch? Team Katze? Toshi, du bist doch bestimmt ein Hundemensch, nicht wahr?“

Dieser lächelt schief.

„Das stimmt schon. Ich hätte irgendwann gern wieder einen Hund“, überlegt er und Aizawa kann nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel nach unten verziehen.

Hunde sind wirklich nicht sein Fall. Im Gegensatz zu Katzen sind sie treudoof und riechen stark. Andererseits akzeptiert Toshinori seine Katzen…es wäre unfair, sich gegen einen Hund zu sperren. Sollte das mit ihnen so lange halten, dass sie irgendwann zusammenziehen werden…

„Eigentlich mag ich aber alle Tiere…und Aizawas Katzen sind wirklich lieb. Sie legen sich oft auf meine Brust oder in meinen Arm und schnurren.“

Tatsächlich belagern sie Toshinori, sobald er die Couch ansteuert – und ignorieren Aizawa. Manchmal ist das traurig. Andererseits…was kann man sich mehr wünschen, als dass der Freund die Haustiere liebt und umgekehrt?

„Hm. Okay. Enji? Hund oder Katze?“, nimmt Hawks seinen Freund ins Kreuzverhör.

„Eigentlich Hund. Aus Zeitmangel tendiere ich aber mehr zu Katzen. Die sind selbstständiger.“

„Du stellst unsere Beziehung gerade auf eine harte Probe…“

„Du hast gefragt, ich habe geantwortet. Ich habe nie gesagt, dass ich daran denke, uns ein Haustier zu kaufen.“

„Falls doch, komme ich mit Hunden und Vögeln klar.“

Er wackelt dabei mit den Augenbrauen, wodurch deutlich wird, dass er mit Vögeln nicht unbedingt…Vögel meint. Aizawa sieht lieber wieder zu den Tigern, während sich Toshinori verlegen räuspert.

Enji blickt ihn kommentarlos an, dann schiebt er die Hände in die Hosentaschen und geht einfach weiter.

„Oi!! Warte gefälligst!!“

Ein toller Ausflug…
 

Am Ende des Tages sitzen sie im Zoorestaurant, in dem es eigentlich nur Pommes und anderes ungesundes Zeug gibt. Hawks hat gleich zweimal Chicken Nuggets abgestaubt und verspeist diese nun mit mehr Genuss, als es Aizawa bei dem Zeug für möglich gehalten hätte. Nicht, dass er es nicht auch oft aus Zeitmangel oder Faulheit isst, aber Hawks hält es offensichtlich für einen Gaumenschmaus.

„Wer kocht eigentlich bei euch?“

Die Frage kommt unerwartet, weswegen Aizawa zunächst still von seinen Pommes aufsieht.

„Meistens bin das wohl ich“, antwortet Toshinori mit einem Lächeln, woraufhin Hawks grinst.

„Dachte ich mir!“

„Nun, ich darf ja nicht alles essen, daher macht es mehr Sinn, dass ich koche. Ich möchte keine Umstände machen und immer zu bestellen, ist ja auch auf Dauer teuer…“

„Als ob es dir an Geld mangelt“, brummt Todoroki, woraufhin Toshinori stutzt.

„Er wollte nicht sagen, dass er meine Ernährung mangelhaft findet“, schaltet sich Aizawa monoton ein.

Leider hat er damit nämlich Recht. Sonderlich gesund lebt er wirklich nicht. Er ist nicht so stur, dass er das nicht zugeben kann.

„Haha, ja, das sagt Enji auch immer!“, meint Hawks grinsend. „Und dann kocht er leckere Reisgerichte! Liebe ist, wenn er dir eine Extra-Portion Hühnchen dabei macht~“

„Quatsch nicht…“

„Das muss dir doch nicht unangenehm sein! Ist süß von dir!“, fährt Hawks fort, ihn verlegen zu machen.

„Hmpf.“

„Wer hätte gedacht, dass Aizawa und ich mal richtige Hausmänner abstauben. Heißer Gedanke, ihr beide mit der Schürze und-“

„Hawks!!“

„…wie ihr für uns kocht, damit wir keine Mangelerscheinungen bekommen“, endet Hawks definitiv anders, als er es zuvor vorgehabt hat.

Das verräterische Zwinkern straft seine Worte Lügen. Dann schiebt er sich noch einen Nugget in den Mund und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück.
 

„Sag mal, Aizawa, wie sieht’s eigentlich aus im Club? Geht’s allen gut? Neue Tänzer da? Ich hab Mina schon eine Weile nicht mehr getroffen. Passt zeitlich nicht immer bei uns, auch wenn’s schade ist.“

Hawks kippelt ein bisschen herum, sieht ihn neugierig an. Tatsächlich ist er nicht mehr dort gewesen, seitdem er gekündigt hat. Ist sicherlich auch besser so, immerhin muss ihn keiner mit dem Milieu in Verbindung bringen, gerade zu Anfang seiner Karriere nicht.

„Ja. Es geht allen gut. Sie haben gesagt, ich soll dir Grüße ausrichten.“

„Aww…auch von Miruko?“

„Nicht in dem Wortlaut, aber ja. Die neuen Tänzer sind keine Konkurrenz für sie.“

„Ha! Bestimmt langweilt sie sich ohne mich! Siehst du, Großer, ich hab dir gesagt, sie vermissen mich!“

„Das habe ich auch nicht bestritten“, erwidert Todoroki knapp.

Hawks winkt ab, wobei er zwar lächelt, doch in seinen Augen liegt etwas, das nicht gerade fröhlich wirkt. Kein Wunder. Hawks ist lange Zeit ein wichtiger Teil des Teams gewesen. Im Club hat er Freunde gehabt, die ihn akzeptiert haben. Auch wenn er sicher nicht jeden Teil von sich preisgegeben hat. Das tun die wenigsten.

„Wenn sie dir fehlen, lade halt ein paar von denen am Wochenende ein.“

Hawks runzelt die Stirn.

„Du kannst Besuch doch nicht ausstehen…und die sind laut.“

„Du bist auch laut. Trotzdem lebe ich mit dir zusammen“, knurrt der Rothaarige zurück.

„Die werden hundertpro Schnaps mitbringen und ne fette Party bei uns veranstalten“, macht Hawks weiter, als würde er ihn von der Idee abbringen wollen.

„Hundertpro räumen sie das dann hinterher auf.“

Sie blicken einander einen langen Moment an und Aizawa weiß, dass es nicht nur um die Lautstärke geht, sondern auch darum, dass Alkohol fließen wird. Todoroki ist noch nicht lange genug trocken, um auszuschließen, dass er rückfällig wird. Vielleicht kann man sowas nie ausschließen.

„Ich kann auch mit ihnen in eine Bar oder so gehen…“

„Du kannst machen, was du willst, aber es ist in Ordnung, wenn du deine Freunde zu uns einlädst.“

Aizawa ahnt, warum er das anbietet. Offensichtlich sitzt Hawks bei der Polizei noch nicht fest im Sattel. Vielleicht hat er sogar Probleme mit seinen Kollegen. Die Leute im Club sind in Ordnung. Jeder von ihnen auf seine Weise. Aber es wäre für Hawks ungünstig, mit dem Club in Verbindung gebracht zu werden. Oder auch nur mit einem Haufen betrunkener Leute – Miruko pöbelt gern mal herum, wenn sie einen zu viel hat, oder schließt fragwürdige Wetten ab.

Man sieht Hawks an, dass er weiß, warum Todoroki das sagt. Man sieht ihm auch an, dass es ihn nervt und er es gleichzeitig als nette Geste empfindet.
 

„Wenn du sturmfrei haben möchtest, kann ich Enji sicherlich für einen Abend mit alten Superheldenfilmen beschäftigen?“, bietet Toshinori es ihnen freundlich an. „Das haben wir lange nicht gemacht. Das wäre doch okay für dich, oder? Aizawa-kun?“

Aizawa blinzelt ihn an, denn eigentlich findet er nicht, dass er etwas dagegen einzuwenden hat. Die beiden sind Freunde und auch, wenn es ihm nicht passt, dass sie mal in einer Beziehung gewesen sind, so hat er sich da nicht einzumischen. Abgesehen davon, dass Toshinori kein Typ ist, der fremdgeht…und Todoroki hat Hawks, mit dem er es offensichtlich ernst meint.

„Ist okay“, sagt er daher nur.

„Ich brauche niemanden, der mich beschäftigt“, murrt Todoroki finster.

„Ach was! Wir machen uns eine schöne Zeit!“, widerspricht Toshinori euphorisch, woraufhin Hawks schief lächelt.

Sie alle wissen, worum es hier geht…und eigentlich spricht das wohl für diese verkorkste Art von Freundschaft, dass sie es eben nicht aussprechen müssen. Hawks scheint sich dasselbe zu denken, sodass er versucht, die gute Stimmung wieder aufleben zu lassen.

„Aizawa kommt einfach auch zu uns! Immerhin gehört er zu meinen Club-Buddies! Das wird lustig!“, meint er und funkelt ihn an.

„Dagegen habe ich nichts einzuwenden.“

Aizawa dreht den Kopf zu Todoroki, nicht wissend, wie er das nun aufnehmen soll. Sie mögen einander nicht sonderlich, weswegen die Aussage fast schon zu positiv klingt. Ist das der Versuch, das Kriegsbeil zu begraben?

„Wenn er als Spaßbremse dabei ist, eskaliert eure Feier wenigstens nicht“, erklärt sich der Hüne nur einen Moment später.

Aizawa schnaubt; so viel zum Kriegsbeil begraben. Er sieht nicht auf, als Toshinori seine Schulter tätschelt.

„Enji meint damit, dass du ein sehr vernünftiger Mann bist, Aizawa-kun!“

„Sicher meint er das.“

„Überschätzt Aizawa mal nicht…wenn der richtig trinkt, hat er am nächsten Tag immer einen Filmriss, sagt Mic!“

Wozu hat man eigentlich Freunde, wenn sie einem ständig in den Rücken fallen?

„Deswegen trinke ich selten richtig“, erwidert er, woraufhin Toshinori schmunzelt.

„Siehst du? Vernünftig.“

„Buuuh, Aizawa!“, ruft Hawks und fängt sich von Todoroki einen Klaps auf den Hinterkopf ein.

„Benimm dich.“

„Benimm dich selbst!“

Aizawa beobachtet, wie der Jüngste von ihnen seinem Freund die Zunge herausstreckt und ihn weiter provoziert. Das ist wohl ihr Ding. Dass Hawks selbst nie wirklich viel trinkt, ist ihm als Barkeeper schon öfter aufgefallen. Er ist jedes Mal so aufgedreht, dass man das leicht übersehen kann. Er hinterfragt es ebenso wenig, wie er sich von den Worten angegriffen fühlt. Es gibt Schlimmeres, als vernünftig genannt zu werden. Davon abgesehen, dass Toshinori das wohl an ihm gefällt…
 

Als sich der Tag dem Ende neigt, muss Aizawa zugeben, dass dieses Doppeldate gar nicht so schrecklich gewesen ist. Den Zoo wird er zwar auch in Zukunft nicht freiwillig aufsuchen, da sich an seiner Meinung darüber nicht geändert hat, aber gut, nun hat er die Erfahrung gemacht.

Hawks hängt sich an Todorokis breiten Arm, nachdem sie den Ausgang passiert haben.

„Das sollten wir mal wiederholen, oder? Hat doch Spaß gemacht?“

„Das stimmt, es war ein wirklich schöner Tag“, stimmt ihm Toshinori lächelnd zu.

Dass die beiden davon begeistert sind, wundert Aizawa nicht.

„War in Ordnung“, kommt es gezwungen von Todoroki, wobei Aizawa diese Meinung teilt.

„Cool! Dann sind wir uns ja alle einig, dass wir das noch mal machen!“, freut sich Hawks und grinst von einem Ohr zum anderen.

Aizawa seufzt leise.

„Solange wir nicht wieder in den Zoo gehen…“

„Toshi und ich denken uns was Neues aus!“

„Das habe ich befürchtet“, kommentiert Todoroki dies wenig begeistert.

Hawks schmunzelt daraufhin, zwinkert dann und stupst seinen Partner in die Seite.

„Erstmal macht ihr euren DVD Abend und Aizawa und ich unsere Party. Versprochen ist versprochen.“

Anscheinend hat Toshinori ihm vorhin die Bedenken genommen, was man nun positiv oder negativ werten kann. Nun, immerhin sehen sie sich auf die Weise alle mal wieder. Es könnte schlimmer sein.

„Ja. Schon gut“, brummt Todoroki gar nicht mal so abgeneigt für seine Verhältnisse.

Hawks lächelt, ehe er zu ihnen beiden sieht.

„Also dann! Kommt gut nach Hause und bis bald!“

„Ihr auch. Wir melden uns“, kommt es freundlich von Toshinori, ehe sich ihre Wege trennen.
 

Toshinoris auffälliger roter Sportwagen steht ein paar Ecken weiter – eine seiner Jugendsünden, wie er sagt, und an der er hängt. Auch wenn Aizawa protzige Karren nicht mag, kommentiert er es nicht mehr. Jedem das Seine.

„Das war nett von dir.“

Toshinori blickt ihn aus seinen hellblauen Augen fragend an.

„Hm?“

Aizawa lehnt sich im Auto zurück, nachdem er sich angeschnallt hat, und sieht nach vorn.

„Dein DVD-Vorschlag.“

„Ah. Ich hoffe, es ist wirklich in Ordnung für dich. Enji und ich sind nur noch Freunde, dessen kannst du dir gewiss sein.“

Aizawa schnaubt, wirft ihm einen Blick zu.

„Wäre ich mir dessen nicht gewiss, wären wir nicht hier. Ich zweifle nicht an dir.“

Das stimmt. Er mag Todoroki nicht sonderlich und dass dieser vor Jahren mit seinem Freund zusammen gewesen ist, macht das nicht besser. Dennoch weiß er, dass Toshinori nicht die Art Mann ist, die einen hintergeht. Wären da noch Gefühle, würde er es ihm sicherlich sagen. Die Geschichte scheint abgeschlossen zu sein.

Toshinori lächelt bei seinen Worten warm und legt die Hand für einen Moment auf die seine, welche auf seinem Bein ruht.

„Das freut mich.“

Die Berührung sendet dieses Kribbeln durch Aizawas Körper, das ihm das Gefühl gibt, er wäre wieder ein dummer Teenager. Was macht der Kerl mit ihm…ach, scheiß drauf!

Er dreht sich zu ihm und packt ihn an seinem Shirt, ehe er ihn zu sich herunterzieht und ihn küsst. Es ist ein kurzer und rauer Kuss. Ohne Zunge, aber einer, der gut genug aussagen sollte, wie sehr Aizawa ihn will. Am liebsten gleich. Zuhause. Ausnahmsweise ohne Katzen im Schlafzimmer.

Toshinori spannt sich im ersten Moment an – alte Gewohnheit, das kennt er schon. Sie sitzen im Auto und jeder kann es sehen. Sie befinden sich in der Öffentlichkeit, was lange Zeit ein Tabu gewesen ist. Doch dann erwidert Toshinori den Kuss, drückt seine Hand dabei fest.

Als sie sich lösen, lehnt Toshinori die Stirn gegen seine, sieht ihn mit diesem Funkeln an.

„Zu dir?“

„Zu mir.“

Toshinori schmunzelt, ehe er sich vollständig löst und Wagen startet. Aizawa atmet durch und lehnt sich zurück.

Ja, dieser Tag ist besser als gelaufen, als er es erwartet hat…und vielleicht wird er gleich noch besser. Viel besser.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu,
wie bereits angedroht, kommen hier ein paar One Shots zu Abyss.
Ich kann einfach nicht loslassen, wie es scheint.
Hoffe, der ein oder andere freut sich hierüber.
Dank geht raus an Lichtregen fürs Betan. <3

LG Komplett anzeigen

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