Zum Inhalt der Seite

Something is scratching its way out

Something you want to forget about [Sirius x Bellatrix]
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Was für ein wunderbarer Tag.

Was für eine wunderbare Feier.

Natürlich war sie glücklich.

Natürlich war sie dankbar.
 

Phrasen, die, zusammen mit einem breiten Lächeln, welches auf ihren Lippen lag, aus der Kehle krochen, eine verlogener, als die andere, genau, wie die Fratze, die sie den hier anwesenden Menschen zeigte. Man musste glücklich sein, auf der eigenen Verlobungsfeier. Man musste sich freuen. Und natürlich war man mit dem Mann, den man heiraten würde, mehr, als zufrieden. War er doch so eine glänzende Partie. Hätte sie es doch besser überhaupt nicht treffen können.
 

Und ein winziger, ein unendlich kleiner Teil von ihr, der wünschte sich wirklich, dass sie es genau so hätte sehen können. Dass sie mit einem ehrlichen Lächeln durch die Reihen schreiten und sagen konnte, wie sehr sie sich doch darauf freute, die Frau von Rudolphus Lestrange zu werden.

Die traurige Wahrheit war nur einfach, dass es in diesen Stunden nichts gab, was sie weniger wollte. Selbst eine Existenz als Hauselfe schien gerade verlockender zu sein, als diese Nachnamen anzunehmen, mit diesem Mann den Rest ihres Lebens zu verbringen, abends neben ihm einzuschlafen und morgens neben ihm aufzuwachen. Es war ihr körperlich zuwider, darüber nachzudenken, dieser Mann war ihr körperlich zuwider und alles, was er sagte oder tat, trieb ihr die Galle in den Hals, die auf halber Strecke stecken blieb, weil der vernünftige Teil wusste, dass sie nicht sagen konnte, was sie wirklich dachte.
 

Ihre Mutter wirkte so zufrieden, sie brachte es nicht übers Herz, dieser Frau dasselbige zu brechen. Irgendeine ihrer Töchter musste sich schließlich den Dingen unterwerfen, welche der Name Black von ihnen forderte. Andromeda hatte sich ihr bereits widersetzt, Sirius hatte sich… Unwirsch trommelte sie mit den Fingern auf die Tischplatte vor sich. Nicht dieser Name. Nicht heute. Den ganzen Abend hatte sie sich gekonnt darum herum gedrückt, auch nur ansatzweise an ihn zu denken und jetzt, in diesen winzigen, stillen Sekunden, die man ihr gönnte, war sein Name sofort wieder präsent. Als hätte er in den dunklen Windungen ihres Verstandes nur darauf gewartet, sie in einer schwachen Sekunde zu packen, sich ihrer zu bemächtigen und sich wieder an seine alte Stelle als stetiger Begleiter zu drängen. Nun, er hatte es geschafft und als nach außen hin sichtbares Ergebnis, begann sie nervös auf dem Nagel des linken Daumens herumzubeißen.
 

Er war nicht hier – sicher war er nicht hier – aber trotzdem sah sie sein Gesicht so deutlich vor sich, dass sie genau wusste, welche Miene er aufsetzten würde, wäre er unter den geladenen Gästen. Konnte hören, wie er sich spöttisch über die Anwesenden lustig machte, über ihre Kleidung, über die Dinge, die sie taten, über das, was sie sagten und vor allem, über sie. Sie, wie sie hier saß, in der Robe, die man extra für diesen Tag genäht hatte, mit dem protzigen Ring am Finger, der der Welt zeigte, dass sie jetzt das Eigentum eines Anderen geworden war. Und mit einem Mal saß das Metall an ihrer linken Hand so unglaublich eng, war die Luft hier so stickig und zu viele Menschen in diesem Raum.
 

Das Verlassen desselben kam einer Flucht gleich und wenn sie ehrlich war, dann war es nichts anderes. Sie konnte einfach nicht mehr. Ein Satz, von dem sie nie gedacht hatte, dass er jemals in ihrem Wortschatz vorkommen würde, so unbekannt wie ‚Was habt ihr nur alle gegen Muggel, eigentlich sind die doch auch ganz nett…’ und so unglaublich demütigend, es sich eingestehen zu müssen. Bitter lag es auf der Zunge und ließ sich einfach nicht nach unten schlucken, auch, wenn die kühle Nachtluft alles ein wenig zu erleichtern schien.
 

Tief sog sie die Luft in die Lungen, trat einen weiteren Schritt nach draußen und ließ die Türen mit einem leisen Klacken hinter sich ins Schloss fallen. Nur ein wenig Zeit, nur ein kleines bisschen Zeit, die man sich jetzt stehlen wollte, nur ein bisschen mehr, als man ihr gerade eben zugestanden hatte, bis das Theater von vorne losging. Ein nahezu unmenschlicher Balanceakt zwischen dem übermächtigen Drang, sich noch ein wenig weiter zu entfernen, schließlich einfach loszulaufen und nie mehr zurückzukommen und dem Joch der Pflicht, welches eisern auf den Schultern lastete.
 

Aber scheinbar wollte man ihr nicht einmal hier ihren Frieden lassen. Irgendwo dort in der Dunkelheit, stand jemand, das Gesicht gesenkt, das Licht zu schlecht, als das sie die Züge hätte erkennen können, aber im Grunde interessierte es sie auch nicht sonderlich. Er – oder sie – störte, hier und jetzt. Wut keimte in ihr auf, sinnlos vielleicht, unangebracht, aber hatte sie sich jemals davon abhalten lassen, solche Gefühle zu hegen? Nein. Sie war eine Black, als Black konnte sie sich das erlauben und voll der Erkenntnis, voll der Wut und voll dem Wunsch, diese Person zur Hölle zu schicken, raffte sie den Saum der Robe nach oben und trat auf sie zu, um sie mit all der Freundlichkeit, die einem Black eigen war – nämlich absolut keine – aufzufordern, zurück ins Haus zu gehen.
 

Zumindest solange, bis er den Kopf hob. Jenes Lächeln auf den Zügen, welches Minuten zuvor nur ein Gespinst ihres überreizten Geistes gewesen war. Die Hände tief in den Taschen der Hose vergraben, die zweifellos aus einem Laden für Muggel stammen mussten, genau, wie der Rest der Dinge, die er trug. „Cousinchen… ist es so unerträglich, dass es selbst dich nach draußen treibt oder findet Mutter es im Moment einfach schick, Feiern auch nach draußen zu verlegen? Dann sollte ich wohl einfach meine Glückwünsche überreichen und zusehen, dass ich Land zwischen mich und den Rest der Familie bekomme oder hast du irgendwelche anderen Vorschläge?“

„Bist du dir ganz sicher, dass du noch einen mehr willst?“ Bellatrix hob den Kopf ein Stück weit und schenkte ihrem Gegenüber jenen vernichtenden Blick, den sie sich nur für Menschen aufsparte, die sie für unglaublich dumm und weit unter ihrer Liga hielt. Und mit dieser Frage hatte Sirius sich gerade genau dahin katapultiert. Sah sie aus, als hätte sie gerade genug? Sah sie aus, als wüsste sie nicht, wie viel sie trinken könnte? Nein. Also hob sie einfach nur die Hand, winkte die Kellnerin zu sich, orderte scharf zwei weitere Gläser und scheuchte sie dann mit einer hektischen Bewegung wieder weg von ihrem Tisch. Was sie von ihr hielt, nun, das war ihr herzlich egal. Sie konnte sich jetzt schon nicht mehr an das Gesicht der Frau erinnern.
 

Die ganze Zeit über sah sie ihn nicht an, sondern nur die Tischplatte vor sich. Zog mit der Spitze des Zeigefingers die Linien nach, die sich auf dem dunklen Holz gebildet hatten, Spuren, welche die Zeit hineingebrannt hatte und blieb schließlich bei einer dieser lächerlichen Schnitzereien hängen, in denen irgendjemand zwei Initialen hineingeritzt und mit einem ungelenken Herz verziert hatte. Abfällig rümpfte sie die Nase und schob das Glas, welches ihr die Kellnerin hinstellte, genau darüber. Ignorierte den leichten Stich in der Herzgegend, der eine Sache ausdrückte, die hier keinen Platz haben konnte: Neid.
 

Stattdessen hob sie den Kopf, sah ihren Cousin, der die ganze Zeit, bis jetzt, bis auf diesen einen, dummen Satz, die Gnade gehabt hatte, zu schweigen, an und stellte die Frage, die sie vielleicht bereits vor einer Stunde hätte stellen sollen: „Warum zum Teufel bist du hier?“ Über sein Gesicht huschte ein breites Grinsen, ehe er sich zurücklehnte, einen Arm locker über den Rückenteil seines Stuhls und sie musterte. Zumindest kam sie sich so vor. „Was?“ Es war nur ein Fauchen, kaum wirklich als Wort zu verstehen, aber scheinbar amüsierte ihn das nur noch mehr. „Oh Bella.“
 

Die schlanken Finger umfassten verkrampft das Glas vor sich, als der Kosenamen aus Kindertagen fiel, den ihre Schwestern immer noch nutzten, den er zu gebrauchen aber nicht mehr das Recht hatte. Trotzdem wies sie ihn nicht zurecht, sondern setzte vielmehr das Glas an den Lippen an und leerte es zur Hälfte. Wartete auf das wunderbare Brennen, welches in die Kehle kroch und sich im Magen festsetzte, ein winziger Teil Wärme, nach dem man sich den ganzen Abend vergeblich gesehnt hatte. Und jetzt, nun, jetzt nahm sie gern die billige Kopie davon. Man musste immerhin festhalten, was man kriegen konnte. Wenn sie etwas im Leben bis jetzt gelernt hatte, dann das. Man bekam nie, was man wollte. Nie. Aber wenigstens ließ sich Sirius zu einer Antwort herab. Auch, wenn es immer noch von dem Grinsen begleitet wurde, welches sie ihm am liebsten mit einem Fluch aus selbigem gewischt hätte.
 

„Ich wollte dir nur gratulieren. Aber ich glaube, das habe ich vorhin schon mal gesagt. Erinnerst du dich?“ Der junge Mann hob die Hand, um mit dem Finger über den Rand des Glases zu fahren, wobei ein singender Ton entstand, der sie wahnsinnig machte. „Kurz, bevor du mich einfach mitgenommen hast. Hierher.“ Als wenn er sich groß gewehrt hätte. „Ich meine, immerhin ist das ein großes Ereignis. Meine Cousine, die Erstgeborene der Blackfamilie, verlobt sich mit einer weiteren Zierde der Zaubererwelt. Was für eine Partie. Was für ein Mann. Was für eine gute Wahl. Kein Malfoy, aber immerhin, immer noch reich.“
 

Sie setzte das Glas mit einem Knall ab, er war weiter damit beschäftigt, den Rand des Seinen nachzuzeichnen. Das Schlimme an der Sache war, dass er das aussprach, was eine ätzende Stimme in ihrem Hinterkopf so gern wiederholte. Höhnisch, immer begleitet von dem Zusatz, worüber sie sich eigentlich beschweren wollte. „Mir also gratulieren, ja? Mir gratulieren?“ Die schrille Stimme überschlug sich fast, Abscheu zeichnete hässliche Falten in das eigentlich hübsche Gesicht und sie brach in hyänenhaftes Gelächter aus, ehe sie abrupt damit aufhörte und ihn anstarrte, als würde sie darüber nachdenken, ihm das Genick zu brechen.
 

„Mir gratulieren, ja?“ Es war die Ruhe vor dem Sturm. „Absolut. Ich meine, er ist reich. Absolut. Reich. Und vergiss nicht gutaussehend, Sirius, vergiss auf keinen Fall gutaussehend. Habe ich reich schon erwähnt?“ Wieder ein Auflachen, ein erneuter Schluck und die Erkenntnis, dass das verdammte Glas ja schon wieder leer war. „Malfoy? Zissa wird ein Malfoy… gratulier ihr dazu. Oder soll ich es ihr ausrichten? Ich richte es ihr auch gerne aus.“ Ja, warum nicht. Ihre kleine Schwester war auch glücklich, was diese Sache anging. Geradezu aufgekratzt glücklich. Beneidenswert. Vollkommen beneidenswert. „Oh.“ Das schien ja wirklich neu für ihn zu sein. „Ja, oh. Wärst du gekommen, dann hättest du es heute auch erfahren.“
 

Der Black lachte auf. Ein vertrauter Klang für ihre Ohren, das raue, dunkle, unglaublich belustigte Geräusch, fast schon beruhigend, wäre da nicht das gewesen, was danach kam. „Ich habe es mir ja überlegt, Bella. Wirklich. Vorbeikommen, mir diese Leute anzusehen, meine geliebten Verwandten zu treffen und oh, ich hätte Andy und Ted auch gleich mitbringen können, nur, damit sich einfach alle mal wieder sehen.“ Er sah das Glas nicht kommen, das konnte sie an seinem überraschten Gesichtsausdruck sehen, als es knapp neben seinem Kopf zerschellte und in Scherben auf dem Boden aufkam. Nur begann er dann wieder zu lachen. Und sie hatte das Bedürfnis, sich über den Tisch zu lehnen und sein Gesicht zu zerkratzen, bis nichts mehr davon übrig war. Bis nichts mehr von dem zu erkennen war, was sie nachts heimsuchte und schweißgebadet wach werden ließ.
 

„Hör auf, dich über mich lustig zu machen.“ „Das würde ich nie tun und das weißt du.“, erwiderte er schmeichelnd, lehnte sich leicht wieder in ihre Richtung und griff nach ihrer Hand. Als würde er das Gleiche mit einem glühenden Eisen tun wollen, riss sie ihre Hände nach hinten. Es war mehr Reflex, als der wirkliche Ekel vor einer Berührung und nun, jetzt konnte sie es auch nicht mehr rückgängig machen. Nichts von dem, wie er es bewertete, spiegelte sich in seinem Gesicht wieder, er lächelte einfach nur weiter und zog sich wieder zurück. „Fass mich nicht an.“ Er hatte… er hätte… nein. Nein. Sie wand sich regelrecht unter den eigenen Gedanken, die nicht zulässig waren und griff schließlich einfach nach seinem Glas, um es zu leeren. Von seiner Seite kam nur ein leiser Protest, den sie gänzlich ignorierte. Wie viel sie mittlerweile getrunken hatte, konnte sie nicht mehr sagen, aber es war eigentlich auch gleich. „Warum bin ich überhaupt mit dir hier, mh?“ Eine wunderbare Frage. Vielleicht konnte er ihren eigenen Irrsinn beantworten. Damit er wenigstens ein einziges Mal zu etwas gut gewesen war.
 

Er legte den Kopf leicht schief, strich sich mit allen fünf Fingern der rechten Hand durch die dunklen Haare und schien hart damit zu kämpfen, nicht schon wieder in Gelächter auszubrechen. „Nun, ich weiß es auch nicht, immerhin hast du mich mitgenommen, aber ich wage jetzt einfach eine wilde Vermutung…“ Und dann beugte er sich erneut über den Tisch, senkte die Stimme, sah sich kurz hastig um, als müsste er Mithörer befürchten und wisperte seine Antwort. „Weil du mein Gesicht liebst.“ „Bitte?“ Das war so unglaublich dreist, darauf hatte sie in den ersten Sekunden keine Antwort. Das war so unverschämt, das raubte ihr die Sprache und das wühlte so tief in ihr, dass ihr die Worte irgendwo in der Kehle stecken blieben. „Ich hasse dein Gesicht.“, war schließlich die Antwort. „Es ist hässlich.“ Wie ein bockiges Kind, dass nicht mehr genau wusste, was es sagen sollte und jetzt beleidigend werden musste. „Ich kann nicht einmal dich leiden.“ Kläglich hinterhergeschoben und trotzdem wiederholte sie es ein zweites Mal, ehe sie wieder, unbewusst, damit begann, auf dem Daumennagel herumzukauen.
 

„Unsinn.“ Sirius zwinkerte, ein leises Schnalzen begleitete seine Worte. „Du kannst mich nicht hassen. Und ich bin nicht hässlich… Cousinchen, was hast du nur für einen Männergeschmack? Aber halt, du hast Rudolphus auch als gutaussehend bezeichnet.“ Ein theatralisches Seufzen folgte den Worten auf dem Fuß. „Irgendetwas muss in deiner Erziehung schief gelaufen sein.“ Und ehe sie das Glas werfen konnte, legte er die Hand darauf, um sie davon abzuhalten. „Meine Erziehung ist schief gelaufen? Wer von uns beiden hat ein fliegendes Motorrad und läuft mit Potter und einem Werwolf herum, ah?“ Ja, das schien ihn jetzt doch zu treffen, aber irgendwie blieb die Befriedigung, die sich sonst einstellte, wenn man einen wunden Punkt traf, vollkommen aus. Im Gegenteil. Als sie die Düsternis sah, die sich auf sein Gesicht schlich, da fühlte sie sich fast schlecht, musste dem durchdringenden Blick des Mannes vor sich ausweichen und hatte fast das Bedürfnis, sich zu entschuldigen… Aber halt? Wofür? Dass sie seine Freunde das nannte, was sie waren? Dass sie die Menschen, die ihn dazu gebracht hatten, die Familie zu verlassen, hasste? Mit Sicherheit nicht. Dazu gab es keinen Grund. Er war derjenige, der sich entschuldigen musste. „Du bist doch nur neidisch.“
 

Hätte er sie jetzt geohrfeigt, dann wäre das nicht minder schlimm gewesen, als dieser kurze Satz. Ein Zittern durchlief ihre Finger, wieder huschte der Blick, einem aufgescheuchten Vogel gleich, durch den Raum, nicht fähig, ihn anzusehen. „Ach ja?“ Hysterie legte sich – wie so oft an diesem Abend – wieder in ihre Stimme. „Warum sollte ich zwei Versager und einen Haufen Schrott wollen. Kannst du mir das erklären, Sirius? Na?“ Sein rechter Mundwinkel zuckte nach oben, den Schock von gerade eben hatte er erstaunlich schnell überwunden. „Ich habe nie gesagt, dass du sie willst.“, begann er, betont langsam. „Ich sage, dass du mich willst.“ Sie konnte hören, dass es ein Scherz war. Sie konnte es hören. Aber mit einem Mal war der Ring um ihren Finger so unglaublich eng, dass sie glaubte, er würde ihr die Knochen zerdrücken, wenn sie ihn nicht auf der Stelle von der Hand bekam. „Nur ein Scherz.“, schob er hinterher, aber sie begann, an dem Metallreif zu zerren, die eigene Art von Panik, die solche Dinge hervorriefen und der Alkohol, taten das Ihrige dazu.
 

„Ja. Das will ich.“, kam es, schneidend und allumfassend, hätte niemals ausgesprochen werden dürfen und wurde von dem Klirren untermalt, mit welchem der Ring auf dem Tisch aufkam. Immerhin konnte er damit ebenfalls nicht umgehen, das Lachen blieb ihm im Hals stecken und für Sekunden starrten sie sich einfach nur an, ehe er langsam nach dem Ring griff, um ihn zwischen denn Fingern zu drehen, wie ein Spielzeug. „Bella…“ Der Kosename hing bleischwer zwischen ihnen im Raum, brach das Schweigen nicht, sondern machte es nur noch härter, da nichts danach kam. Rein gar nichts. Und sie musste damit leben, dass er scheinbar nichts dazu zu sagen hatte. Aber gut, was wollte er sagen? Was sollte er? Sie wollte ihn nur für die Familie zurück. Nicht für mehr. Absolut nicht für mehr. Und seine Freunde, sie hinderten ihn daran.
 

„Meinst du das ernst?“
 

Die junge Frau presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie nun mehr nur ein schmaler, weißer Strich waren. „Bella.“ Erneut. Drängender. Als hätte er auf eine solche Aussage gewartet. „Sehe ich aus, als würde ich scherzen? Habe ich das je? Ich hasse deine Freunde dafür, Sirius, ich hasse sie.“ Und genau das brannte in den grünen Augen auf, helllodernd und alles verzehrend. Gepaart mit der Frage, wie er solche Menschen seiner Familie vorziehen konnte. Wie er solche Menschen ihr vorziehen konnte. Sie war immer für ihn da gewesen, bis auf… ja, bis auf die letzte Zeit, aber wer wollte ihr einen Vorwurf machen? „Und wie sollte ich das nicht, Sirius? Wie sollte ich das nicht?“ Hätte sie lachend zusehen sollen, wie er sich glücklich abwand und dort sein Leben fristete? Hatte er das wirklich erwartet? Dann war er dümmer, als sie jemals angenommen hatte.
 

„Es sind meine Freunde.“ Als würde sie das auf der stelle in den Himmel heben. Als würden sie sich dann alles erlauben können. „Sie würden ihr Leben für mich geben. Ganz gleich, was ich tue…“ Unausgesprochen der Vorwurf, dass seine Familie das nicht tat. „Es tut mir leid.“ Immer noch den Ring drehend, als würde er die Gravur, die Form, die Farbe und die Materialien auswendig lernen wollen, damit er es niemals vergaß. „Du lässt mich das immer noch büßen, nicht?“ Hart trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch. „Dafür, dass ich nicht zu dir gehalten habe, dafür, dass ich zugesehen habe, als deine Mutter den Namen aus dem Teppich gebrannt hat… wie lange willst du das noch mit mir machen? Wie lange? Warum bist du dann heute überhaupt hier, warum…“ Seine Hand blockierte ihren Mund. „Shh… shh… Bella. Nein. Unsinn. Unsinn. Und das weißt du.“ Tat sie das? Tat sie das wirklich? Unwirsch schüttelte sie den Kopf. „Nichts weiß ich. Was willst du? Muss ich in Tränen ausbrechen, damit das aufhört?“ Sirius rollte mit den Augen, seufzte tief auf und griff fest nach ihrer Hand, ohne, dass sie die Chance hatte, sie zurückzuziehen.
 

„Ich wollte dich nie verletzen. Das hat damit nichts zu tun und das weißt du, Bella… sieh mich an.“ Widerwillig tat sie, wie gefordert, sah in das verletzte Gesicht ihres Gegenübers, welches mit einem Mal wieder so jung wirkte, wie er es auch einfach war. „Es tut mir leid. Bitte nimm die Entschuldigung an, Bella… ich bin wirklich nur hier, um meiner Cousine alles erdenklich Beste für ihre Zukunft zu wünschen. Nicht, um mich über dich lustig zu machen. Nicht, um dir weh zu tun.“ Sprach’s und steckte ihr den Ring wieder zurück an den Finger, ohne ihre Hand dabei jedoch loszulassen. „Glaub mir. Bitte.“ Wie hätte sie da anders reagieren sollen? Sicher, sie hätte sich jetzt losreißen können und müssen, ihn anschreien und ihm weiter Vorwürfe machen, aber sie tat es nicht. Blickte auf ihre Hand in seiner, auf den Ring, das Zeichen, dass sie einem Anderen gehörte, welches er ihr so einfach wieder an den Finger gesteckt hatte, als würde es ihn nicht im Geringsten interessieren und schwieg. „Bella.“ Drängend, fast flehend. “Ich verspreche dir, dass das nie wieder vorkommen wird. Ich werde dich nie wieder verletzen und wenn, dann bestraf mich dafür… komm schon.“
 

Kurz sog sie die schlechte Luft, die sich in der Bar sammelte, tief ein, befeuchtete mit der Zungenspitze die Lippen und drückte seine Finger leicht. „Tu es und ich bringe dich um.“ Anstatt überrascht zu sein, nickte er einfach nur, in dem tiefen Ernst, der sie immer wieder überraschte, wenn er ihn an den Tag legte. „In Ordnung. Was immer du willst.“ Was sie wollte? Was sie… ja… was immer sie wollte. Bellatrix legte den Kopf in den Nacken und starrte für den Augenblick an die Decke. „Was ist? Was… habe ich…“ „Nein. Nicht du. Nicht wirklich.“ Und doch er, immer wieder er. Aber wie sollte man das in Worte fassen? Es gab keine dafür und sie konnte es auch nicht versuchen, weil es nichts bringen würde. Weil ihre Zukunft feststand. Weil sie Mrs. Lestrange werden würde. Weil sie Kinder in die Welt setzen würde, die sie dann anschrie. Dabei hatte sie eine so leuchtende Zukunft gehabt. Dabei…
 

„Warst du je in einem Club?“ „Was?“ Als hätte er ihre schlechten Gedanken riechen können, als hätte er geahnt, wohin sie sich bewegten, als würde er es jetzt als seine Pflicht sehen, sie wieder nach oben zu ziehen, wo er sie doch scheinbar nach unten gedrückt hatte. „Ob du je in einem Club warst.“ In seinen Augen lag ein Glitzern, dass sie nicht einordnen konnte. Aber es war typisch ihr Cousin, sprunghaft und verzweifelt um gute Laune bemüht. „Ach, was frage ich, nein, natürlich nicht. Los. Komm.“ „Was? Wohin?“ Ein schalkhaftes Glitzern in den Augen, zog er sie einfach nach oben. „Du wirst es hassen, komm mit.“ Da machte es klick. „Du willst mich nicht zu Muggeln bringen, oder? Du willst mich nicht zu Muggeln…“ Er ignorierte sie, warf ein paar Münzen auf den Tisch und zog sie einfach hinter sich her. Und eigentlich, eigentlich wollte sie.
 

Einfach nur eine Nacht lang los lassen. Jemand anderes sein. Nicht Bellatrix Black.

Reue kam in so vielen, unterschiedlichen Formen vor, konnte sich auf so viele Dinge berufen, aber am unangenehmsten – zumindest im Moment aus der Sicht von Bellatrix Black – war die, die man verspürte, wenn man eine Entscheidung am allerliebsten wieder rückgängig gemacht hätte, aber ganz genau wusste, dass das einfach nicht ging. Und der Anblick der Muggel, die sich, in unglaublich seltsame Kleidung gezwängt, vor einer Tür anstellten, nun, der gab einen Befehl an ihre Beine, der eindeutig Weg. Jetzt., hieß. Aber leider hielt ihr eigener Cousin ihre Schultern fest umfasst, schob sie vor sich her und kommentierte in einer fast schon verboten guten Laune das Geschehen. Vollkommen unbeeindruckt davon, dass sein Wortschwall nicht einmal ansatzweise ihre Ohren erreichte, die sich in purem Entsetzen vollkommen verschlossen hatten.
 

So kurze Röcke. So weite Ausschnitte. So hohe Stiefel. So viel Make-Up. Und das alles gnadenlos in einer einzigen Person miteinander kombiniert. In jeder Person hier. Abgesehen von den Männern. Abgesehen von ihr. Und so gern, wie sie jetzt das Kinn hoch erhoben und sich besser als diese Frauen gefühlt hätte, sie konnte es einfach nicht. Da war die Erkenntnis, dass er mit diesen Wesen seine Zeit verbrachte. Dass das diese Muggel waren, an denen er so viel Gefallen gefunden hatte, zusammen mit seinen Freunden. Der Kleidungsstil, an den er sich angepasst hatte. Den sie niemals, niemals, niemals übernehmen würde. Zu dem Preis, dass sie hier aussah, als wäre sie verkleidet. Und ja, sie fühlte sich angestarrt. Und nein, es war nicht die gute Art, die es davon gab. Es war gänzlich nicht die gute Art.
 

„… und deswegen ist es so super… Bella, hörst du mir eigentlich überhaupt zu.“ Ihre Antwort bestand aus einem irritierten Blick über die eigene Schulter. „Keine Sekunde lang, oder?“ „Doch… schon…“ Immerhin versuchte sie einigermaßen überzeugend zu lügen, aber Sirius wäre nicht Sirius gewesen, wenn ihn dieses gare Gestammel von ihrer Aufmerksamkeit überzeugt hätte. „Du hast Angst, nicht wahr? Gib es zu, du hast Angst…“ Kichernd, einem Gnom gleich, hatte er das Kinn auf ihrer Schulter aufgestützt und wisperte diese Anschuldigung in ihr rechtes Ohr. „So ein Unsinn.“ Wenigstens nahm die aufflammende Wut den Rest erst einmal mit sich, als sie herumwirbelte und ihren Zeigefinger fest in seine Brust bohrte. „Ich. Habe. Vor. Nichts. Angst.“ Jede einzelne Silbe war ein Hämmern gegen seinen Brustknochen, bis er schlicht ihre Hände mit – was auch sonst? – einem Lachen festhielt, sie zwang, sich einmal um ihre eigene Achse zu drehen und sie einfach wieder weiter vor sich herschob, das Kinn wieder auf ihrer Schulter. „Dann sollten wir reingehen, Bella. Damit du es dir ansehen kannst. Damit die furchtlose Black sich den unterprivilegierten Muggeln stellen kann.“
 

Atem und Stimme kratzten an ihrem Ohr, hinterließen die Art von Gänsehaut, die sich in einem angenehmen Schauer auf Nacken und Armen manifestierte, eine Sache, die sie einen winzigen, unschuldigen Augenblick lang genoß, ehe sie schnaubte. „Ich muss mich nichts stellen, ich meine…“ Ja, was meinte sie? Dass sie sich besser vorkam, als dieses Geschmeiß hier? Dass sie nicht erkannte, was so wunderbar daran war, sich in Kleidung zu werfen, die einem weder stand, noch genug bedeckte? Dass es sich nicht schickte, so herumzulaufen und dass aber wahrscheinlich niemand auf sie hören würde? Und sich dann von seiner Seite aus anhören, dass sie es so oder so nie wagen würde, so durch die Welt zu laufen? Dass er diese Art von Kleidung mochte? Sicher nicht. In diese Art von Zugzwang würde sie sich nicht bringen lassen, eher würde sie sich die Zunge abbeißen und an ihrem eigenen Blut ersticken. Bitte. Wer war sie denn…
 

„Vielleicht bist du auch einfach nicht betrunken genug…“ Konnte sein. Eigentlich war es erstaunlich, wie gut sie noch laufen, denken und sich zurückhalten konnte. Ein kleines Wunder an diesem Abend. Aber vielleicht war sie es mittlerweile auch einfach viel zu sehr gewöhnt. So vieles hatte sich damit schnell und einfach lösen lassen. Es ging nicht. „Aber das können wir auch ändern.“ „Sirius…“ Es war schon fast ein Flehen, ihr das nicht anzutun, einfach wieder zu gehen. Sie hatte sich aus der Winkelgasse gewagt, hinein, in den Rest von London und das war doch nun auch wirklich genug. Das war mehr, als viele ihrer Familie jemals wirklich schafften, wunderbar. Sie war stolz auf sich, er konnte stolz auf sie sein und sie vergaßen das wieder. Gerade wäre sie wirklich gern zurück zu ihrer Verlobungsfeier, nur, weil sie dort auf sicherem Terrain war.
 

„Du bist hübsch. Warum machst du dir Sorgen?“ Der Kopf fuhr herum, als hätte ihn jemand mit einem Seil einmal umwickelt und hart und ruckartig daran gezogen. „Was?“ Die blassen Wangen der jungen Frau begannen sich in einem leichten Rotton zu färben, der von Sekunde zu Sekunde intensiver wurde, aber immerhin, es war Nacht. Er konnte es nicht sehen, selbst, wenn sie sich einbildete, dass er das Brennen ihres Gesichts wahrnehmen musste. „Du hast mich schon verstanden. Du bist hübsch, Bella, was machst du dir Sorgen. Komm schon, es ist Familienerbe und abgesehen von mir, würde ich spontan sagen, dass du die schönste Person im Umkreis von mehreren Kilometern bist.“ „Abgesehen von dir?“ Richtig. Das war kein Kompliment gewesen, das war nur eine weitere genutzte Chance, um sich selbst in Szene zu setzten. Für die eigene Dummheit hätte man sich schlagen können, aber stattdessen schlug sie ihn, ein weiteres Mal. Ohne Erfolg… „Ich sehe das als Zustimmung.“
 

Nein, das war keine Zustimmung gewesen, ganz im Gegenteil, das war etwas absolut anderes gewesen, aber der Ruck, mit dem er sie weiterschob, nun, der trug sie weiter durch die Menge, hin zu dem Kerl, der da am Eingang stand. Der sich benahm, als würde ihm der Laden gehören. Gut, vielleicht tat es das auch, aber warum hielt er sich dann davor auf? Das gab gänzlich keinen Sinn. Genau so wenig, wie der lächerliche Anzug. Der ihm nicht einmal stand, weil er den breiten Hals in einen viel zu engen Kragen presste, was die Haut rot und fleckig am Übergang zwischen Stoff und Freiheit machte. Es hätte jetzt hunderte von Dingen gegeben, die sie sagen könnte, jetzt, in dieser Sekunde, eines davon gehässiger, als das andere und es drängte sich ihr wirklich auf. Nur leider, leider schien Sirius den Kerl zu kennen, sie beide wurden einfach durch gewunken, was ihr Cousin mit irgendeiner Phrase kommentierte, die sich sehr nach etwas anhörte, was nur diese Leute sagen konnten… nein, das waren Wörter, die in ihrem Kopf absolut keinen Sinn gaben. Was machte diese Welt nur mit ihm?
 

Ein Gedankengang, den sie erst einmal zur Seite schieben musste. Weil sie sich in an einem Ort wiederfand, der ihr so unwirklich vorkam, wie es einem Muggel die Nocturnengasse tun musste. Rauch, der Geruch nach Schweiß und Alkohol und ein Boden, der von dem Bass der Musik vibrierte, was sich bis in ihre Füße weiterbildete. Und Menschen. Überall, an jedem Punkt, den ihr Auge erkennen konnte, Menschen. Als hätte man die ganze Bevölkerung Londons in ein einziges Zimmer gezwungen und ihnen Taratallegra an den Hals geflucht. Für den Augenblick vergaß sie zu atmen, fasziniert und abgestoßen von dem Anblick zugleich, weil es nichts gab, womit sie es hätte in Verbindung bringen können. So etwas gab es in der Welt, in die sie hineingeboren worden war, nicht. So etwas würde es da nicht geben. „Atmen, Bella, Atmen…“, drängte es sich amüsiert in ihre Wahrnehmung und ertappt, wie ein kleines Kind, schnappte sie nach Luft, rang mit der Fassung, mit dem Blick, der klar machte, dass sie das überhaupt nicht beeindruckt hatte und dass das hier einfach nur abstoßend war. Wie oft sie es an diesem Abend schon versucht hatte und noch versuchen würde, konnte sie ebenfalls nicht sagen. Nur, dass es wohl noch viel öfter passieren würde.
 

„Komm schon. Niemand bleibt hier einfach nur im Eingang stehen und starrt Leute an. Damit wirkt man seltsam.“ Wie charmant er es schaffte, sie zurechtzuweisen, zu beleidigen und dann einfach abzuwürgen, indem er sie weiterschupste, -zog oder irgendwie anders dazu brachte, sich zu bewegen.

Mit einer absolut beneidenswerten Geschmeidigkeit schob er sich durch die Anwesenden, während irgendwie jeder hier auf ihre Füße trat, ihr die Ellenbogen in die Seite rammte oder von hinten gegen sie stieß. Der tiefe Wunsch brandete in ihr auf, jedem, der eine dieser Sachen tat, einen persönlichen Dank zukommen zu lassen. Einen Dank auf Blackart. Kurz. Schmerzhaft. Sehr schmerzhaft. Aber dafür müsste sie an ihren Zauberstab kommen. Und das war absolut unmöglich.
 

Nicht Reue war ein widerliches Gefühl. Hilflosigkeit war es.
 

Immerhin bekam Bellatrix ein wenig Sicherheit zurück, als Sirius sie auf einem der Barhocker platzierte – nur leider zu hoch, zu ungewohnt und fast schon panisch drückte sie die Fußspitzen gegen den runden Ring aus Metall, der daran festgemacht war – und sich lässig, oder zumindest das, was er dafür hielt, an die Theke lehnte, die Hand hob und irgendetwas beim Barkeeper orderte. „Und?“ „Bitte?“ Erwartete er jetzt wirklich eine positive Antwort? Dass sie es wunderbar fand? Dass sie gar nicht wusste, wie sie ohne diesen Ort hier ihr Leben bis jetzt hatte fristen können? Ja. Wahrscheinlich. Und mit einem zuckersüßen Lächeln beugte sie sich nach vorne und hauchte ein: „Abscheulich.“ Gut, beugen war keine gute Idee, da war nichts, was irgendwie der Balance helfen konnte, außer, dass sie sich panisch an der Theke festkrallte. Und sich damit blamierte.
 

Ja, sie ging davon aus, dass jeder sie anstarrte. Die traurige Wahrheit war, dass sich niemand, außer ihm , für sie interessierte. Und auch er schien gerade von irgendetwas anderem abgelenkt zu sein. Trommelte mit den Fingern auf die Theke, bewegte die Lippen, als würde er ihr etwas sagen wollen und sah sie mit einem Mal unvermittelt wieder an. „Ich liebe dieses Lied.“ Das war ja schön. Sie hing an der Theke, nicht sicher, ob sie, wenn sie nach hinten rutschte, nicht gänzlich nach unten fiel und er, nun, er liebte dieses Lied. „Zauberhaft.“, keifte sie, ohne, dass er Anstalten machte, ihr zu helfen. „Tanzen.“, bestimmte Sirius und sie, sie schüttelte einfach nur heftig den Kopf. „Mit Sicherheit nicht. Sirius, das ist kein Lied, das ist Krach.“ „Ach Unsinn. Bella… komm schon, komm schon, komm schon.“ Er wirkte wieder wie ein vier Jahre alter Junge, hätte er mit dem Fuß aufgestampft, dann wäre die Vorstellung perfekt. „Warum sollte ich?“
 

„Nun…“ Ein durch und durch dreckiges Grinsen zeichnete sich auf seinen Zügen ab. „Weil das wohl besser ist, als sich verzweifelt an der Theke festzuhalten, weil man nicht in der Lage ist, auf einem simplen Hocker zu sitzen, was nahezu jeder hier beherrscht, selbst die, die absolut betrunken sind.“ Er ignorierte es also wirklich. Und wollte auch noch, dass sie ihn dafür belohnte… das war nicht sehr muggelliebender Familienverräter. Das war reinblütig. Das war sehr reinblütig. „Ich meine, ich kann mir natürlich auch eine andere Partnerin suchen, die das besser kann als du…“ Ein langsames, überhebliches Schulterzucken, ein Abstoßen von der Theke, als würde er wirklich gehen wollen und sie hier hängen lassen. „Warte.“ Aggressiv, keifend und hätte sie gekonnt, hätte sie die Finger nicht für etwas anderes gebraucht, dann hätte sie wüst gestikuliert.
 

Triumph funkelte in den Augen des Mannes auf. „Also kommst du?“
 

Was blieb ihr übrig? Sie würde es nicht ertragen, hier zu sitzen, mit anzusehen, wie er eine von diesen Frauen hier in den Armen hielt, die man an vielleicht zwei Prozent ihres Körpers berühren konnte, ohne auf blanke Haut zu treffen. Möglich, dass sie mit diesem Gedanken übertrieb, aber war sie dafür bekannt, ein gemäßigter Charakter zu sein? Zur Hölle, nein. Und damit rutschte Bellatrix Black vom Barhocker des Teufels, den nur ein Muggel erfunden haben konnte, denn ansonsten wäre er nicht so unglaublich nutzlos und gefährlich, strich den Stoff des Kleides glatt, welches sie trug, reckte das Kinn in die Höhe, um ihm fast auf Augenhöhe zu begegnen und keifte: „Bild dir darauf nichts ein. Einmal.“
 

Linkisch zog er den rechten Mundwinkel nach oben, schien hart daran zu arbeiten, nicht in Gelächter auszubrechen und machte einen angedeuteten Kratzfuß vor ihr. „Dürfte ich dann ihre Hoheit um ihre Hand für diesen Tanz bitten?“ Bellatrix rollte mit den Augen, legte aber ihre Hand zögernd in seine. Es schien bei weitem nicht mehr so schwer zu sein, die körperliche Distanz zu brechen. Im Gegenteil, federleicht, als hätte man jegliches Gewicht vor der Tür gelassen, dort, wo es hingehörte. Kein Bleisack der Konvention mehr, nichts. Und dafür liebte sie diesen Ort, selbst, wenn diese Aussage niemals aus ihrer Kehle kriechen würde.
 

Er, nun, wie immer, schien weniger Probleme damit zu haben, zog sie schlicht an sich und gab ihr damit immerhin einen kleinen Teil der Geschmeidigkeit ab, mit der er sich bewegte. Keine Ellenbogen mehr, keine Tritte, kein Stolpern, nichts. Nur ihr Gesicht, welches sich in die Falten drückte, die der Stoff seines dunklen Oberteils warf, Hände, die nicht wirklich wussten, wohin mit ihnen, die zögernd einen Platz an der Brust suchten, nur die Ahnung einer Berührung und seine Wange, die sich gegen den Ansatz ihrer Haare drückte, jede Bewegung, die seine Lippen immer noch machten, als er den Text leise mitsang, weiterleitend. Minuten, in denen sie wirklich loslassen konnte, die Finger schließlich in den Stoff krallte, als er die Arme fester um sie legte, bis hin zu dem Ende des Liedes, welches mit einem Mal nach Musik klang.
 

Nichts anderes, als die unendliche Leichtigkeit des Seins, in der Umgebung des Menschen, der einem mehr bedeutete, als er durfte. Mit dem sie wahrscheinlich nur diesen Abend haben würde.
 

Bis hin zu dem Ende, an dem sie den Kopf hob, nach oben blickte und das einzige tat, was jetzt gerade richtig war, selbst, wenn jede Faser ihres Körpers sich dagegen wehrte – sie stieß ihn von sich, wich einen Schritt zurück, ohne ein Wort der Entschuldigung, ohne irgendetwas, dass dieses Verhalten erklärt hätte, noch weiter zurück, wandte ihm den Rücken zu und sich hin zur Treppe, die nach oben trug.
 

Aschenputtel sollte an diesem Abend keinen Schuh zurücklassen, als der Prinz in der Mitte der geladenen Gäste ihrer Flucht fassungslos hinterher sah…

Das hereinfallende Licht blendete ihn, aber er war einfach viel zu faul, um sich auf die andere Seite zu drehen. Also kniff er seit einer geraumen Weile einfach die Augen zusammen und wartete darauf, dass die Sonne ein wenig höher stieg. So hoch, dass das Licht nicht mehr genau diesen Schlitz in seinem Vorhang traf, der ihn jetzt so leiden ließ. Vielleicht hätte ihn das auch nicht so sehr interessiert, wenn er nicht noch dazu höllische Kopfschmerzen gehabt hätte. Zu viel Alkohol gestern. Viel zu viel Alkohol gestern, aber leider bei weitem nicht genug, um den Abend so komplett auszublenden, wie er es gern getan hätte. Rein gar nichts hatte sein Kopf ihn vergessen lassen, rein gar nichts. Alles hing noch klar, in den schillernsten Farben, in seinem Gedächtnis fest und schien nicht darüber nachzudenken, ob es nicht einfach freundlicher wäre, ihn mit seiner Gedankenwelt alleine zu lassen.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit wälzte er sich endlich auf den Rücken und blinzelte an die Decke, von der seit Wochen der Putz rieselte. Immer wieder nahm er sich vor, das hier auf Vordermann zu bringen. James regte sich immer auf, wenn er das sah. Lily regte sich auf und er, nun, er antwortete mit einem Lächeln, dass er es schon noch machen würde. Aber irgendwie, er kam einfach nicht dazu. War zu viel unterwegs, hatte zu viel zu tun und dann, dann kam er am Abend nach Hause und hatte keinen Elan mehr, irgendetwas in dieser Richtung zu erledigen.
 

Und jetzt, wo er an einem Morgen Zeit gehabt hätte, hatte er einen Kopf voller Schmerzen, einen Kopf voller Zweifel und einen Kopf voller Fragen, die er nicht beantworten konnte. Angefangen bei der Letzten. Warum sie einfach gegangen war. Endend bei der Ersten. Warum er überhaupt gekommen war. Nun, vielleicht war das die einfachste aller Fragen. Er hatte sie sehen wollen. Wissen wollen, ob das wirklich ihr Wille war, ob das wirklich das war, was sie für sich selbst gewählt hatte oder ob sie nun doch die Erste von Fünfen war, die sich dazu entschloss, endlich eine vernünftige Black zu sein. Nicht aus dem Teppich gebrannt zu werden. Und ja, auch, ob das immer noch seine Cousine war, mit der er aufgewachsen war. Dieses halsstarrige, verwöhnte, überhebliche Ding, welches niemals einen Fehler bei sich sah und der Welt nicht einen Funken Toleranz entgegenbrachte. Aber immer treu zu sich selbst. Immer nach den eigenen Prinzipien.
 

Und dann war er gestern Abend dieser Frau gegenübergestanden, die das Gesicht seiner Cousine getragen hatte, aber dann, nun, dann hatte es auch schon aufgehört. Das darunter war nicht Bella gewesen. Zumindest nicht in den ersten Minuten im Garten, nicht in den Minuten, in denen sie ihn einfach gepackt und mit sich gezogen hatte, nicht in denen, in denen sie schweigend ein Glas nach dem anderen getrunken hatte. Erst wieder in diesen Sekunden, in denen sie sich über ihn lustig gemacht hatte. Als diese letzten Reste Stolz wieder nach oben gekrochen waren… und er hatte sich so sehr gewünscht, sie einfach in den Arm schließen und ihr sagen zu können, dass es nicht so schlimm war. Dass sie damit zurechtkommen lernen würde. Dass es einen Weg gab, um aus der Sache herauszukommen…
 

Aber er hatte es nicht getan. Und der kleine Brocken Putz, der gerade auf sein Gesicht fiel, der erklärte auf seine eigene, unnachahmliche Art und Weise, warum nicht. Das hier war nicht die Welt, in die sie passen würde. Damit konnte sie nicht umgehen und das würde sie auch nie lernen. Und wie konnte er ihr dann anbieten, dass sie diesen Weg einschlagen sollte? Es wäre der pure Spott, nichts als Hohn gewesen… nein, die einzige Chance, die sie hatte, das einzige Angebot, welches er ihr machen konnte, war, dass er Rudolphus umbrachte und es wie einen Unfall aussehen ließ… Die Lippen des Mannes kräuselten sich in der Begeisterung, die der eigene Plan in ihm hervorrief, auch, wenn es nichts weiter war, als ein weiteres Luftschloss. Sah man es nur zu genau an, dann platzte es einfach, mit einem leisen Knall, der ungehört verhallte.
 

Also hatte er nur einfach das tun können, was er am besten konnte: sie auf andere Gedanken bringen. Und irgendwie, verdammt, es hatte doch funktioniert. Niemals hätte er gedacht, dass sie wirklich einen Fuß in den Laden setzen würde. Dass sie sich wirklich darauf einließ, aber auf ihren Stolz war immer noch Verlass. Eigentlich war sie so einfach zu manipulieren. Hier ein Stich in ihren Stolz, da eine spitze Bemerkung und sie ließ sich genau in die Richtung schieben, in der man sie haben wollte. Vielleicht war es nicht nett gewesen, dass er es ausgenutzt hatte, aber sie hatte für eine kleine Weile das eigene Elend vergessen. Bis zu diesem verdammten Punkt, um den seine Gedanken kreisten, wie ein Schnatz um den Kopf eines Suchers, der einfach blind und dämlich war.
 

Die Art, wie sie ihn angesehen hatte, es hatte sich regelrecht in seine Netzhaut eingebrannt, weil er nicht wusste, was er damit anfangen sollte. Er konnte es nicht einordnen und eigentlich hatte er im Gesicht seiner Cousine immer alles lesen können. Er hatte gewusst, was in ihr vorging und jetzt war es, als wäre mit dem Ring, den man an ihren Fingern gesteckt hatte, eine Tür zugefallen, die er nicht mehr öffnen konnte. Als hätte sich eine Scheibe Glas zwischen sie geschoben, die einen Teil der Wirklichkeit so weit verzerrte, dass es unmöglich war, die feinen Nuancen zu erkennen. Nur war es nicht das, was er brauchen konnte, jetzt, wo er das Gefühl hatte, irgendetwas Wichtiges zu übersehen. Irgendetwas unglaublich Wichtiges, dass vor ihm hing, so nah, dass er eigentlich nur die Hand ausstrecken musste, um danach zu greifen, aber die Finger schlossen sich einfach nicht darum…
 

Beleidigt konnte er sie nicht haben. Nicht mehr, als sonst auch. Und sie wusste, dass er es nicht ernst meinte, diese harmlosen, kleinen Kommentare, über ihr Aussehen, ihre Kleidung… nichts davon war ernst gemeint, es kaschierte nur das, was er wirklich dachte. Denn das, was er gesagt hatte, war abgrundtief ehrlich gewesen. Für ihn war seine Cousine schön. Sicher, alle Frauen der Familie waren es, auf ihre Art und Weise, Andy, mit ihrer offenen, ehrlichen Art, Narzissa mit der schlichten Eleganz, die sie nie abzulegen schien, aber Bella… sie war, wie sie war. Und ein fast dümmliches Grinsen legte sich erneut auf die Lippen. Er dachte wie ein Teenager, der noch nie in seinem Leben eine Frau gesehen hatte. Wie traurig. Wie… traurig. „Sirius… du solltest weniger trinken.“, erklärte er sich selbst, ernst und mit Nachdruck, die Stimme rau und kaum verständlich vom Alkohol und den Zigaretten und dem wenigen Schlaf. Aber wahrscheinlich würde er auch nicht klarer denken, wenn er weniger getrunken hätte.
 

Fakt war, dass er Antworten brauchte. Fakt war, dass er sie nicht so einfach bekommen würde. Und Fakt war, dass er niemand war, der sich davon aufhalten ließ, dass manche Dinge nicht so einfach zu kriegen waren… Er brauchte Antworten. Gut, zuerst brauchte er etwas zwischen die Zähne und wahrscheinlich eine Dusche, aber danach brauchte er Antworten. Vielleicht nicht zwingend auf der Stelle von ihr, aber er hatte Freunde, an die man sich wenden konnte, an die er sich jetzt wenden würde. Sobald er es aus dem Bett schaffte. Sobald er sich selbst im Klaren war, warum es ihn so sehr störte. Und ob er wollte, dass jemand ihm klar vor Augen hielt, was er da übersehen hatte, weil ein Teil von ihm es vielleicht aus der puren Absicht heraus übersehen hatte. Aus reinem Schutz.

Brüllendes Gelächter war keine gute Antwort.
 

Wäre er ein wenig jünger gewesen, dann hätte er mit Sicherheit angefangen zu schmollen, aber leider war er nicht mehr fünfzehn und leider konnte er es sich damit nicht mehr erlauben, auch, wenn James sich gerade genau so aufführte. So, wie sein bester Freund gerade vor ihm saß, den Kopf in den Nacken geworfen, wiehernd lachend, da hätte er ihn am liebsten verprügelt. Und wenigstens sah Lily so aus, als würde sie genau diesen Gedankengang gerade sehr ausgiebig teilen. Nein, nicht nur teilen, sondern auch tatsächlich umsetzten, als ihre Hand sich hob, um James einen festen Schlag gegen die Schulter zu verpassen. Nicht, dass ihn das aufgehalten hätte, nein. Aber wenigstens brach er für ein paar Sekunden ab, nahm glucksend die Brille von der Nase, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, in denen schon die Lachtränen standen, blinzelte und schien hart daran zu arbeiten, das Lachen jetzt wenigstens zu unterdrücken.
 

Sirius’ Zustand als gereizt zu bezeichnen, wäre ein purer Euphemismus gewesen.
 

„Habe ich das jetzt also richtig verstanden“ Lily versuchte wenigstens, die Lage wieder ein wenig zu entspannen, das Gespräch wieder hin in die Richtung zu bringen, in der es zu einer Lösung führte und nicht nur zu James’ Erheiterung diente, aber dieser begann schon wieder, leise in sich hineinzulachen. Die wütenden Blicke seiner Umgebung ignorierte er einfach. „du bist einfach ohne Grund dorthin gegangen, obwohl jeder dort mehr als nur einen Grund hätte, dich zur Hölle zu schicken, hast dich einfach mitnehmen lassen, obwohl sie dich lange keines Blickes gewürdigt hat und bist jetzt darüber entsetzt, dass sie einfach davongelaufen ist, ja?“ Zu einer Antwort kam er nicht, James gröhlte auf und schlug sich, voll der Begeisterung, auf die Oberschenkel.
 

Der Körper des jungen Mannes setzte schon dazu an, aufzuspringen und seinem Freund nun doch – pardon – die Faust in die Fresse zu rammen, als er das Geräusch einer sich öffnend Tür hörte und die ruhigste Stimme, die er kannte, an sein Ohr drang. „Was auch immer James so erheitern muss, ich hoffe, ich habe es noch nicht ganz verpasst. Hallo Lily.“ „Remus.“ Sie schien unglaublich erleichtert zu sein, als sie aufspringen und ihn begrüßen konnte, als sie ein wenig Zeit damit füllen durfte, noch eine Tasse mehr aus dem Schrank zu räumen. “Tee, Remus?“ „Das wäre nett, vielen Dank.” Ja, der guterzogene, ruhige Remus… Sirius’ Haltung entspannte sich ein wenig, wohl auch mit, weil James zuerst den Freund begrüßen musste, ehe er sich wieder über ihn lustig machen konnte… Die Zähne fest aufeinandergepresst, lehnte er sich wieder in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

Remus maß ihn mit einem fragenden Blick, besaß aber die Weisheit, erst einmal keine Fragen zu stellen, sondern sich einfach nur zu setzen, Milch in seinen Tee zu schütten und ein wenig umzurühren. Er sah aus, als würde er ernsthaft noch ein wenig Smalltalk in Betracht ziehen, aber die Idee dann doch wieder fallen ließ. „Also…“ Ruhig. Vorsichtig. Wie man sich in einem Nest voller junger Basiliken nach vorne tastete. „Worum geht es? Ich meine, es schien ja sehr dringend zu sein.“ „Tatze verliert den Verstand.“ James war breit grinsend damit beschäftigt, Unmengen von Zucker in seine Tasse zu kippen. „Tue ich nicht.“, kam es gereizt von der anderen Seite des Tisches. „Tust du doch.“ „Tue. Ich. Nicht.“
 

Lily und Remus tauschten einen vielsagenden Blick, ehe er mit den Fingern auf den Tisch trommelte. „Ich möchte eure tiefgründige Diskussion ja nun wirklich nicht unterbrechen, aber könnte mir endlich jemand sagen, was los ist? Ich würde gerne meine eigene Meinung zu Tatzes Geisteszustand bilden.“ „Dann entferne ich ihn hier einfach aus dem Raum. Da ist Geschirr in der Küche.“ James verzog das Gesicht wie ein kleines Kind. „Aber Lily, ich…“ „Nein.“ Ja, er liebte sie dafür, dass sie ab und an so unglaublich resolut war. Dass sie in diesem Moment nicht auf das Gebettel hörte, sondern ihn einfach vor sich her in die Küche schob und die Tür hinter ihnen beiden schloss. „Manchmal ist er so ein Kind.“ Remus grinste leicht, nippte an seinem Tee und warf dann einen Blick auf James’ Tasse. „Absolut.“ Man bemühte sich darum, den Frust nicht am Freund auszulassen, aber so einfach war das nicht. Gut wahrscheinlich, dass sein Gegenüber das bereits gewöhnt war und hohes Interesse an dem Zuckersud zeigte, den er gerade wirklich testete. Und angewidert das Gesicht verzog. „Ich glaube, es liegt wirklich daran, dass er sich so viel von diesem Zeug antut. Da muss man eigenartig werden. Lily ist zu beneiden.“ Remus hatte sich auf die Smalltalkschiene geschlagen und er wollte eigentlich darauf eingehen. Wirklich gern. Einfach nur hier sitzen und mit ihm über Nonsens reden. Aber es wäre am Ende nur Verrat an sich selbst. Und eigentlich wollte der Mann vor ihm diesen scheinbar einfachen Ausweg gar nicht bieten. Es war sicherlich eine hinterrückse Falle, die ihm sein Geheimnis einfach nur noch ein wenig schneller entlocken sollte. Aber nicht mit ihm.
 

„Es geht um Bella.“ Um ehrlich zu sein, musste man zugeben, dass Remus’ Gesichtsausdruck in den ersten Sekunde ein wenig dümmlich wirkte, während er blinzelnd das Gesagte zu verarbeiten versuchte, immer noch zwei Teetassen in der Hand. „Bella.“, wiederholte er schließlich erneut, hochvorsichtig, als könnte man mit diesem Kosenamen die Frau direkt in dieses Zimmer beschwören, in welchem sie toben würde, wie ein wütender Hippogreif. Aber vielleicht war es auch einfach nur das Problem, diesen Namen mit ihrer Person zu vereinen.

“Und was ist mit ihr? Oh Gott. Hat sie irgendetwas, ich meine, hat sie dir, ich meine…. Sirius, was hat sie…“ Mit fast schon väterlicher Miene beugte er sich nach vorne und begann Sirius’ Schulter zu tätscheln. „Gar nichts hat sie getan, Moony, reg dich ab. Also, nichts… Schlimmes, mehr… keine Ahnung, ich habe keine Ahnung, verstehst du?“ Und mit einem gereizten Laut ließ er den eigenen Kopf einfach auf die Tischplatte fallen, was das Geschirr darauf mit einem protestierenden Klirren begleitete und starrte auf den Boden, wo er wenige Sekunden lang versuchte, seine Schuhspitzen direkt zum Teppichrand auszurichten. „Was ist dann passiert, Sirius? Ich kann leider noch keine Gedanken lesen.“ Nein, man gönnte ihm einfach keine Pause. Und damit begann er zum zweiten Mal alles zusammenzufassen, die Stirn immer noch auf der Tischplatte, nur unterbrochen von den leisen ‚Mhs.’ und ‚Hms.’, die Remus von Zeit zu Zeit von sich gab. Und auch danach kam schlicht nichts, als noch mehr Schweigen, bis er es selbst nicht mehr aushielt. „Hast du nichts dazu zu sagen?“
 

Ein tiefes Seufzen war die Antwort, das Klirren, welches ein Löffel von sich gab, wenn er gegen das Porzellan einer Tasse stieß und schließlich auch wirklich ein ganzer Satz aus dem Mund seines Freundes. „Willst du wirklich hören, was ich dazu zu sagen habe?“ Sirius hob den Kopf langsam, pustete die dunklen Haarsträhnen, die seine Augen bedeckten, aus dem Gesicht und sah ihn zweifelnd an. „Hätte ich es dir sonst erzählt?“ Wieder Schweigen, Remus kräuselte die Lippen in der Überlegung, die durch seinen Kopf wanderte, nahm noch einen Schluck Tee und ließ den Blick durch den Raum wandern. „Ich weiß nicht, ob du das mögen wirst, was ich dir sage.“ „Das ist schon immer so gewesen, also warum sollte es mich jetzt stören?“ Das war nicht wirklich seinen Nerven zuträglich, das half absolut und überhaupt gar nicht. Ernste Gespräche machten ihn irgendwie nervös und gerade äußerte sich das in seinen Fingern, die unstetig über den rauen Stoff seiner Jeans wanderten, damit sie wenigstens ein kleines bisschen Beschäftigung hatten.
 

„Was denkst du über ihre Verlobung?“ Wie das jetzt auch immer in den Kontext passen sollte… er hatte keine Ahnung, wie das in den verdammten Kontext passen sollte. „Warum?“ „Keine Gegenfrage, Sirius, was denkst du über ihre Verlobung?“ Das war doch absolut nicht Gegenstand des Gesprächs. Das war doch absolut nicht Gegenstand des Gesprächs, aber schön, wenn er seine Meinung dazu wissen wollte, dann würde er ihm seine Meinung dazu um die Ohren schlagen. „Es ist eine der beschissensten Ideen, die meine Familie in einer langen Reihe an beschissenen Ideen jemals gefällt hat, verstehst du? Er passt nicht zu ihr, sie passt nicht zu ihm, er wird sie einfach nur unglücklich machen. Und das hat sie nicht verdient.“ Energisch begann er mit beiden Händen in der Luft zu fuchteln, um die Worte mit mehr Druck zu unterlegen. „Er ist ein blasierter Vollidiot, der denkt, man könne mit Geld alles kaufen und wenn man erwähnt, dass man reinblütig ist, dann geht er davon aus, dass man auf die Knie fällt und Ehrfurcht zeigt. Ein Malfoy, nur mit braunen Haaren…“ Gerade gingen ihm die Vergleiche aus und zudem musste er Luft holen. Aber Remus schien es zu genügen. „Mh, das dachte ich mir.“
 

Das dachte er sich? „Warum zum Teufel fragst du mich nach Sachen, von denen du sowieso schon weißt, wie sie aussehen?“ Dachte gerade jeder seiner Freunde, dass er für lustige Spielchen zu gebrauchen war? „Manchmal muss man Dinge selbst begreifen, um überhaupt einen Lerneffekt zu haben.“ Sirius Black platzte der Kragen. „Das hier ist keine verdammte Zaubertränkehausaufgabe, die ich von dir abschreiben will, Moony, das ist ein ernsthaftes Problem und du hast nichts besseres zu tun, als dich über mich lustig zu machen?“ Mit einem Ruck stand er auf, wobei der Stuhl einfach nach hinten kippte und mit einem Knall auf dem Boden aufkam. Wie ähnlich er gerade seiner eigenen Cousine war, nahm er nicht einmal bewusst war. „Ich mache mich nicht über dich lustig, Tatze, ich versuche nur, dir zu erklären“ „So ein Unsinn.“ Harsch schnitt er ihm das Wort ab, griff nach der Lederjacke, für die er zwei Anläufe brauchte, um sie in der Wut, die ihn begleitete, anzuziehen.
 

„Ich mache mir Sorgen um Bella. Ich meine, es ist mir klar, dass ihr sie nicht leiden könnt und Überraschung, sie kann es auch nicht, aber sie ist und bleibt meine Cousine. Wenn sie Sorgen hat, dann habe ich das auch. Sollte euch das nicht kümmern, dann fein, aber dann sagt mir das gleich, anstatt mich als Pausenclown zu nutzen. Guten Tag.“ Und dann warf er die Tür mit all der Kraft, die er besaß, hinter sich ins Schloss und stapfte, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, auf sein Motorrad zu. Freunde. Konnte man doch alle in der Pfeife rauchen. Sicher, den Gedanken würde er eine Stunde später bereuen, aber gerade fühlte es sich gut an.
 

Lily öffnete die Tür der Küche vorsichtig und warf einen Blick ins Wohnzimmer. „Lief nicht so gut, oder?“ Remus lächelte leicht, dabei, den Stuhl wieder aufzuheben. „Nein, nicht wirklich. Aber bei der Sache kann ihm gerade keiner von uns helfen. Ich kann es ihm nicht schwarz auf weiß geben, das wird ihm nicht helfen. Wahrscheinlich hätte er dann sowieso nicht anders reagiert.“ „Er übertreibt einfach.“, erklärte James, fuhr sich mit der Hand durch die ohnehin schon abstehenden Haare und fing sich einen vernichtenden Blick der anderen beiden Anwesenden ein. „Du warst ja mal wieder überhaupt nicht hilfreich.“ Seine Frau stemmte die Hände in die Hüften sah ihn mit hochgerecktem Kinn an. „Wo Lily Recht hat, hat sie Recht…“ „Wie soll ich denn reagieren?“ Der Angegriffene hob abwehrend die Finger. „Ich meine, sie ist verrückt. Das ist doch… ich meine…“ „Dann würden sie doch hervorragend zusammen passen.“ Trocken war Remus’ Antwort, ehe er sich an die Rothaarige wandte, um schließlich doch nachzufragen, ob vielleicht irgendetwas essbares im Haus war.

Dass es keine sonderlich gute Idee war, war ihm durchaus bewusst, aber hatte er jemals etwas darauf gegeben, wenn jemand das zu ihm gesagt hatte? Nein, absolut nicht und jeder, der etwas anderes behauptete, der war ein Idiot oder hatte schlicht und ergreifend keine Ahnung. Und so war Sirius der ersten Eingebung gefolgt, die sich in seinen Kopf geschlichen hatte, nachdem er seine Freunde verlassen hatte und brachte gerade das letzte Stückchen Weg hinter sich, welches bis zum Herrenhaus der Blacks führte. Gut, immerhin war er nicht in seiner menschlichen Gestalt unterwegs, sondern hatte den letzten Rest warnenden Verstand dazu genutzt, um die Gestalt des großen schwarzen Hundes anzunehmen. Obwohl, es mochte nicht nur Verstand sondern auch Furcht sein. Die Ungewissheit, wie er reagieren würde, wenn sie ihm gegenüberstand. Die Sicherheit zu wissen, dass er auf ihre Fragen, ganz gleich, welche sie stellen würde, nicht würde antworten können und selbst keine Fragen für sie haben würde. Zumindest keine, die er zu stellen wagte.
 

Der Kies des Weges knirschte leise unter den großen Tatzen, als er vorsichtig darüber hinweglief, nicht so schnell, dass er nicht mehr sah, was um ihn herum passierte, aber immer noch schnell genug, um endlich anzukommen. Warum hatte diese Seite der Blacks nur diesen unheimlichen Drang, weitab von anderen Leute zu wohnen? Das war wirklich einer der wenigen Pluspunkte, die seine Mutter bekommen hatte, immerhin lag ihr Haus dort, wo das Leben war, nicht irgendwo in der englischen Einöde. Aber wenigstens würde Cissy sich dann nicht umgewöhnen müssen, wenn sie Malfoy heiratete. Diese Familie war ja ebenfalls der Überzeugung, dass man Platz zwischen sich und den Rest der unterprivilegierten Menschheit bringen musste. Die Lefzen verzogen sich in der Andeutung eines menschlichen Grinsens, ehe er sich selbst zurecht rief, dass er das wohl besser lassen sollte, falls er nicht fragende Blicke auf sich ziehen wollte. Und nein, das wollte er wirklich nicht.
 

Allerdings zeigte sein Plan erste, enorme Risse, als er es unter dem Zaun hindurch auf das Grundstück geschafft hatte. Denn nun war die große Frage, die er klären musste: Und jetzt? Er konnte sich nicht wirklich ins Haus schleichen, ohne aufzufallen, er konnte nicht an der Tür klopfen und dann hechelnd nach oben schauen und darauf hoffen, dass man ihn einließ und behielt. Eher würde man ihm einen Fluch auf denn Hals hetzen und dann lautstark darüber schimpfen, welche verlausten Köter im Moment frei herumliefen. Und dann würden sie nach dem Besitzer suchen, um ihn ebenfalls dafür büßen zu lassen… also nein, keine gute Idee und da war er mit seinem Latein einfach gänzlich am Ende. Alles, was er konnte, war sich ein Stück weit in den Garten vorwagen und dann… nun, dann wohl einfach darauf warten, dass sie sich zeigen würde. Wo Geduld ja eine so unglaubliche Stärke von ihm war.
 

Es war ein Charakterzug, den er in den nächsten Tagen zu strapazieren lernte. Bellatrix sah er am ersten Tag keine Sekunde lang, nicht einmal eine einzige Strähne ihres dunklen Haars, nichts. Genau so wenig am zweiten oder am dritten Tag, an dem er sich jeden Morgen wieder unter dem Zaun hindurch drückte, sich einen Platz im Garten suchte, von dem aus er das Haus beobachten konnte, aber davon ausging, dass ihn niemand sehen konnte. Und dann wartete er einfach, bis zu dem Punkt, an dem es Nacht wurde und er sich damit abfinden musste, dass sie sich nicht mehr zeigen würde. Tage, die an seinen Nerven zerrte, in denen er Möglichkeiten wälzte, warum er sie nicht einmal am Fenster sah, Möglichkeiten, die ihn in den Wahnsinn trieben, die eine Melancholie in ihm aufsteigen ließen, die er von sich selbst nicht kannte und die er niemals hatte kennenlernen wollen. Alles, was er wollte, war ihr Gesicht zu sehen, einfach nur ihr Gesicht. So sehr, wie er selten zuvor etwas in seinem Leben gewollt hatte.
 

Und als es wirklich, weitere zwei Tage später, so weit war, hatte er das Gefühl, dass es wohl doch nur eine Halluzination eines überreizten Geistes sein musste. Ein tiefer Seufzer entrang sich der Hundekehle, die sich hartnäckig gegen diesen ungewohnten Laut stemmen wollte, ehe er den Kopf ein wenig umbetete, um das Gras vor seiner Schnauze anzusehen, welches in den letzten vier Tagen mit Sicherheit gewachsen war. Er war sich sogar ziemlich sicher. Aber vielleicht wurde er gerade auch ein wenig verrückt. Warum hatte er ihr eigentlich keine Eule geschickt? Vielleicht sollte er einfach…
 

„Siehst du Bella, du stirbst nicht, wenn du an die Luft gehst.“ Der Kopf des Hundes hob sich ruckartig. Narzissa hatte er sich nicht herbeigewünscht, sie passte nicht in seine Visionen der letzten Tage. Also musste sie echt sein. Und wenn sie echt war, dann war diese Erscheinung der puren, schlechten Laune neben ihr, ebenfalls echt. Zufriedene Unruhe füllte sein Herz und er musste sich beherrschen, nicht aus dem Versteck zu stürmen und – der absolute, perfekte Hund – an ihr hochzuspringen und an ihrem Kleid zu zerren. Oh Gott, es wurde Zeit, dass er aus diesem Tierkörper kam. Wirklich. Am Ende würde er Flöhe davontragen.
 

Bellatrix stand knapp vor dem Busch, der sein Versteck bildete, die Stirn in tiefe Falten gelegt, die Haut noch blasser als sonst und ernsthaft, ernsthaft genervt. „Das habe ich auch nie behauptet, Cissa, aber ich möchte vielleicht einfach nicht, verstehst du? Und wunderbar, jetzt bin ich hier, bis du jetzt zufrieden? Ich atme ein und aus, es ist frische Luft, lass uns zurückgehen.“ Und genau diese Anstalten machte sie auch, ehe ihr die Blonde in den Arm fiel und sie festhielt. „Bella, bitte.“ Genau das, was ihre Schwester gerade bettelte, tat er auch. Vielleicht konnte er sich ihr doch nähern, nur kurz fragen, wie es ihr ging, sie so verwirren, dass sie nicht fragte, was er hier tat und dann war alles gut. Und somit drückte er Narzissa seine gerade nicht vorhandenen Daumen. Sie musste doch lernen, sich durchzusetzen. Sie musste. Für sie beide.
 

„Bitte was?“ Auf der anderen Seite war es fast schon schön, diesem Fauchen einfach nur zuzuhören. Und wenn er die Augen schloss, dann konnte er sich einbilden, dass es ihm galt und nicht ihrer Schwester. Dann konnte er… Schritte hören, die ihm nicht gefielen, weil sie nicht dazugehörten. Die beiden Frauen liefen anders und das, was da auf sie zukam, waren eindeutig Männerschritte. Sekundenlang war da noch die naive Hoffnung, dass es sich um ihren Vater handeln konnte, aber als er vorsichtig blinzelte, die Augen nur so weit geöffnet, dass er sich noch dank des trüben Schimmers, der über allem lag, belügen konnte, musste er erkennen, dass es jemand anderes war. Jemand Jüngeres. Jemand, der hier nicht hätte sein sollen. Jemand, dem er gerade gern ins Bein gebissen hätte. Rudolphus… und in den Sekunden, in denen diese Silben durch seinen Kopf rasten, wurden sie von einem leisen, aber tiefen Knurren begleitet, welches aus den Abgründen seiner Kehle nach oben kroch.
 

Die Pfoten gruben sich in den weichen Erdboden, als der junge Mann sich Bellatrix näherte, deren ganze Haltung sich mit einem Schlag versteifte. „Bella.“ Wie er seine Stimme schon hasste. Und wie er es wagen konnte, mit dieser Stimme den Kosenamen auszusprechen, der nur wenigen Menschen bekannt war. Womit hatte er sich das Recht erworben? Er hatte ihr einfach nur einen hässlichen Ring an die Hand gesteckt und zwang sie dazu, seinen Nachnamen anzunehmen. Das war keine Leistung. Das war absolut keine Leistung. Aber immerhin, er war nicht alleine mit der Meinung. Er konnte es auf ihrem Gesicht lesen. Schien aber damit der Einzige zu sein. „Rudolphus.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln, der Mann näherte sich ihr und legte mit hochgezogenen Mundwinkeln einen Arm um sie. „Hier bist du. Und ich habe mich schon gewundert.“
 

Worüber denn? Weil sie nicht 24 Stunden in seiner Nähe war? Verdammt, sie war nicht sein Eigentum, sie… das Knurren wurde lauter, verstummte nur abrupt, als Narzissa einen zweifelnden Blick in seine Richtung warf, um sie nicht dazu zu bringen, sich ihm wirklich noch zu nähern. Nur leider verpasste er in diesen Sekunden den letzten Wortwechsel, aber wahrscheinlich hätte er ihn auch nicht hören wollen, denn das Ergebnis war, dass der Mann, dessen Kehle er am liebsten der Länge nach aufgerissen hätte, seine Cousine wieder mit sich zog, den Arm fest um sie gelegt, über irgendetwas redend, was er nicht mehr verstand, während sie aussah, als würde man sie gerade zurück zur Schlachtbank führen.
 

Sekunden, in denen er ihr hinterher sah, Sekunden, in denen er sich fühlte, als würde jemand auf seinen Eingeweiden herumtrampeln, wogegen er nichts tun konnte, Sekunden, in denen er sich wünschte, er wäre nicht hergekommen. Wie lange er schließlich noch dort lag und auf das Haus starrte, konnte er am Ende nicht mehr sagen. Da war nur noch dieser tiefsitzende Hass gegen den Mann, der ihm etwas wegnahm, von dem er nie gewusst hatte, dass er es besitzen wollte. Und die Erkenntnis, dass Remus recht gehabt hatte. Es war eine Sache gewesen, die er selbst begreifen musste. Und ein Teil von ihm hätte es am liebsten nie begriffen. Aber den Schritt, der nötig war, um davon zurückzutreten, war nicht mehr möglich.

Pure Lustlosigkeit lag auf ihren Zügen und sie machte auch keinerlei Versuche, diese auch nur irgendwie vor ihrer Umwelt zu verstecken. Es gab keinen Grund dafür. Weder hatte sie in die Winkelgasse gewollt, noch heiterte sie die Ankündigung auf, dass man ja schließlich noch in der Nocturnengasse manche Dinge zu erledigen hätte. Sie war kein kleines Kind mehr, dessen Unwillen darüber, dass es keine Katze zum Geburtstag bekommen hatte, damit im Keim zu ersticken war, dass es die Nase ins Verbotene halten durfte, um ein wenig die Luft des Geheimnisvollen zu schnuppern. Nein, sie hatte laut genug kundgetan, dass sie keinerlei Interesse daran hegte, auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen und man hatte sie schlicht ignoriert. So, wie man es auch jetzt tat. Fröhliche Unterhaltungen umgaben sie, Cissa war ausgelassen wie ein kleines Kind, zerrte sie immer wieder am Arm zu einem anderen Geschäft, um dort mit dem Finger gegen die Scheibe zu pochen und ihr die Auslage zu zeigen, wohl in der Hoffnung, sie doch irgendwie aufzuheitern. Aber wie konnte sie denken, dass das klappen würde, bei dem, was sie vorhatten?
 

Stoff für das Hochzeitskleid aussuchen.
 

Im Kopf ihrer Schwester war längst die perfekte Vision davon entstanden, die sie auch umsetzen wollte, in Bellatrix’ eigenem Kopf war alles schwarz, aber als sie das als Antwort gegeben hatte, war es mit einem Auflachen abgetan worden. Sie glaubte, ein wenig Verzweiflung in der Geste Narzissas gesehen zu haben, aber es konnte sein, dass sie es sich auch einfach nur eingebildet hatte, weil sie sich wünschte, dass die Jüngere auch endlich verstand und ihre verzweifelten Bemühungen, alles ins Gute zu drehen, aufgab und einfach nur alles hinnahm, wie sie selbst es doch mittlerweile auch tat. Zumindest Oberflächlich.
 

„Bella, sieh dir das an, ist das nicht traumhaft?“ Die Angesprochene blinzelte irritiert, nicht wirklich wissend, was Cissa jetzt gerade gesehen hatte und versuchte zu erahnen, worum es ging. „Stell dir das an dem Kleid vor.“ Die Dunkelhaarige seufzte tief, schloss für eine Sekunde lang die Augen und holte tief Luft, um die bissige Antwort, die ihr auf der Zunge lag, herunterzuschlucken. „Ja. Ganz reizend.“ In einem Tonfall, in dem sie auch hätte sagen können Natürlich möchte ich mir selbst einen Unverzeihlichen auf den Hals hetzen. Jetzt gleich. Wollen Sie alle zusehen?, aber ihre Schwester wäre keine Black, hätte sie nicht das ignorieren können. „Ich… ich meine wir, wir müssen uns das genau ansehen. Spitze kann man nicht einfach so auswählen.“, redete ihre Schwester einfach fröhlich weiter und sie, sie hatte das tiefliegende Bedürfnis, ihre Hände um den Hals Cissas zu legen und fest zuzudrücken.
 

Aber stattdessen immer noch ein Lächeln. „Tu das. Du hast da einen besseren Blick dafür, als ich. Ich warte hier.“ „Sicher?“ Als wenn sie wirklich hätte nachfragen wollen. Als wenn nicht längst ein Hoffnungsschimmer in den Augen der Blonden aufgeglommen wäre, weil sie ihre Chance sah, sich in den Laden zu stürzen und den größten Teil für sich selbst dort zu besorgen. Aber der Anstand gebot, noch ein wenig Sorge um ihre Begleiterin zu heucheln, die schließlich der offizielle Grund war, warum sie hier waren. „Ja, ganz sicher, ich… habe ein wenig Kopfschmerzen und wenn ich jetzt auch noch in den stickigen Laden gehe, dann wird es nur noch schlimmer. Ich warte gern hier. Lass dir Zeit.“ „In Ordnung.“ So viel zu Sorge, im Prinzip war der Satz nicht einmal ganz von Narzissas Lippen gerollt, als sie schon die Treppe halb oben war und ehe man auch nur darüber nachdenken konnte, zu antworten, war die Ladentür auch schon wieder zu. Unfassbar. Es war einfach unfassbar und die Kopfschmerzen, die sie nur als Ausrede benutzt hatte, bohrte sich wirklich in ihre Schläfe. Mit einem leisen Aufstöhnen drückte sie die Fingerspitzen dagegen.
 

„Daddys kleine Prinzessin kann anstrengend sein, nicht?“
 

Ihr blieb das Herz stehen, schmerzhaft, krampfte sich in dem Schock zusammen, der ein so plötzliches Ansprechen, gepaart mit einer Stimme, die man versucht hatte, aus den eigenen Erinnerungen zu löschen, auslöste. Langsam, unendlich langsam drehte sie sich zu ihm um, Lippen und Augen schmal in der herablassenden Mimik, die sie für ihn übrig hatte, von der man fast glauben konnte, sie hätte sie für diesen Moment geübt, um ihm ihre Verachtung so gut, wie nur irgendwie möglich, zu präsentieren. Und da stand er. Die Hände tief in den Hosentaschen, an die Mauer des Eckhauses gelehnt, die Lippen zu einem Lächeln verzogen, welchem der Spott fehlte, den sie eigentlich erwartet hatte, aber wahrscheinlich verbarg er ihn einfach nur gut. „Du.“ Nur ein einziges Wort, aber in ihm lag alles, was eine Ohrfeige nicht hätte besser ausdrücken können. Sie wollte ihn nicht sehen und sie stampfte alles nieder, was sich an positiven Regungen ob seiner Erscheinung auch nur hätte zeigen können. Er hatte sie nicht verdient, er hatte sie einfach nicht verdient. Und er ließ sich nicht davon stören, auch wenn seine Bewegungen, als er sich von der Wand abstieß und einen Schritt auf sie zumachte, nicht so mühelos aussahen, wie sie es sonst taten. Fast war sie versucht, ihm etwas zögerliches zu unterstellen.
 

„Was willst du, Sirius?“ „An meinen Namen erinnerst du dich noch, das ist doch schon mal was.“ Ihre Nasenflügel blähten sich in aufkommender Wut auf und verzerrten ihr Gesicht eher unvorteilhaft. „Wenn du nur hier bist, um dich über mich lustig zu machen, dann…“ „Shh. Bella. Shh.“ Sirius packte ihr Handgelenk, zog sie leicht zu sich und drückte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. „Nein, bin ich nicht, in Ordnung? Müssen wir das jedes Mal, wenn wir uns sehen, wieder durchkauen?“ Der grimmige Blick erklärte, dass sie genau das mussten, als sie den Kopf unwirsch bewegte, um ihn dazu zu bringen, die Hand dort wegzunehmen. „Bella bitte. Lass uns nicht streiten, ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben, ich meine, Cissa kann jede Sekunde wieder rauskommen. Ich bin froh, dass sie dich allein gelassen hat, ich dachte, dass das nie mehr passiert.“ Ihre Augen weiteten sich in purem Erstaunen. „Du bist uns hinterhergelaufen?“ Sirius sah sie zerknirscht an, wie der kleine Junge, der er irgendwann einmal gewesen war, der, trotz des ausdrücklichen Verbots, mit dem Quaffel in den Wohnräumen geübt und dabei Vasen von unschätzbarem Wert zertrümmert hatte und nun inmitten der Scherben stand und nicht wusste, wohin mit sich selbst. Kleinlaut. Und das ‚Ja’, es kam leise. Nahm ihre Wut mit sich, obwohl sie sich daran festklammerte, wie eine Ertrinkende.
 

Und so waren, die ersten Worte auch schon fast eine Art Friedensangebot, obgleich sie den Arm zurückzog, da seine Finger sie fast schon brennend darum gelegt hatten und sie es einfach nicht ertrug. Sie brauchte beide Arme schützend vor sich selbst, wo sie sich jetzt auch auf Bauchhöhe wieder verschränkten. „Cissa wird diesen Laden so schnell nicht wieder verlassen, keine Angst. Also, was willst du?“ Nein, rein aus der Erfahrung sprechend, würde sie ihn erst verlassen, wenn es dort nichts mehr gab oder nur noch Sachen, die sie bereits hatte, wobei, nein das würde sie ebenfalls nicht sonderlich stören.

Seine Lippen verzogen sich in der Andeutung eines Lächelns, ehe er von einem Fuß auf den anderen trat, was an ihre Nerven zerrte. „Sirius…“ Drohend, wie ein neuer Unverzeihlicher, den nur sie beherrschte und der nur bei ihm wirkte. Der Name wie ein Fluch, die Stimme der Stab und beides meisterhaft geschwungen. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“, gab er schließlich leise zu, den Blick unstet über den Platz wandernd lassend, als würde er nach etwas suchen. „Was? Warum?“ Zu schnell, zu hastig, verdammt, sie hatte die ganze Nacht noch äußerst lebhaft in ihrem Kopf, jede einzelne Sekunde, von denen sie ab und verstohlen und heimlich, wenn sie sich unbeobachtet wusste, eine herauspickte, um ein wenig darin zu schwelgen.
 

Er schob eine Hand in den Nacken, verlagerte das Gewicht auf den rechten Fuß und sah sie von unten heraus an. „Bella, du bist… sagen wir so, als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hast du relativ aufgelöst gewirkt, ich meine… du bist ziemlich schnell verschwunden, ich wollte nur wissen, was… was es war, ich meine… wir…“ So gern wollte sie eine harsche Bemerkung über das Gestammel von sich geben, aber ihre Wangen brannten in der Schamesröte, weil sie ahnte, auf was er hinauswollte. Aber was sollte sie dazu sagen? Was sollte sie dazu sagen? Die Wahrheit war ein Unding, niemals ausgesprochen worden, nicht selbst eingestanden, was sollte sie dazu… es gab nichts, was sie dazu sagen konnte. Nur ihm den Rücken kehren, weil es ihn nichts anging. „Bella, bitte.“ Das Bettelnde in seiner Stimme war neu und somit unerträglich. Ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, schlich etwas Gequältes in ihre Haltung und den Tonfall. „Sirius, lass es einfach sein, ich… lass es einfach sein, ja?“ Sie konnte sehen, dass er Luft holen wollte, um zu wiedersprechen, aber sich dann doch besann, aus einem Grund, der sich hinter ihrem Rücken abspielte. „Häng sie ab, Bella. Du kannst das. Wir müssen reden, wir… bitte. Der tropfende Kessel. Heute Abend. Eine Stunde, ich flehe dich an, nur eine Stunde.“ Und dann war er weg. Wie ein Gejagter auf der Flucht, zurück in den Schatten, aus dem er gekommen war.
 

„Bella?“ Zum zweiten Mal binne weniger Sekunden erschrak sie. Nur, dass es dieses Mal ihre Schwester war, zwei Tüten – erstaunlich wenig, wie die spöttische Stimme in ihrem Kopf bemerkte – in der Hand und einen fragenden Blick auf dem Gesicht. „Alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Neugierig schob sie sich an ihr vorbei, nur, um zu überprüfen, ob dort, wohin ihre große Schwester sah, auch wirklich etwas war. „Da ist nichts.“ Nur diese schob sie einfach ruckartig weiter. „Nein, gar nichts, Cissa, gar nichts… was… hast du denn gekauft?“ Es war eine Ablenkung für ihn, unter der sie leiden musste. Aber während sie Stoff begutachtete, der irgendwie immer gleich aussah, waren die Gedanken dabei, ein Ja gegen ein Nein abzuwägen, in der finalen Frage, was sie denn zu verlieren hätte…

Kapitel 8:

Aber während sie Stoff begutachtete, der irgendwie immer gleich aussah, waren die Gedanken dabei, ein Ja gegen ein Nein abzuwägen, in der finalen Frage, was sie denn zu verlieren hätte…
 

Ihren Verstand. Zumindest war das die Antwort, die sie sich gerade seit ungefähr zehn Minuten gab. Eine Zeitdauer, in der sie vor dem Tropfenden Kessel gestanden hatte, ohnehin schon mehrere Stunden zu spät, eingewickelt in den schwarzen Umhang, nervös am Saum zupfend und immer wieder den Kopf zur Seite drehend, wenn jemand, den sie vielleicht kennen könnte – oder noch schlimmer, der sie erkennen könnte – sich ihr näherte, um im Inneren der Kneipe zu verschwinden. Sie brachte es einfach nicht über sich, hineinzugehen, sich umzusehen, festzustellen, ob er da war oder nicht und dann, nun, dann die Entscheidung zu treffen, die relevant war. Wobei es wahrscheinlich lächerlich gewesen wäre, jetzt zu sagen, dass sie nicht mehr hineingehen würde, immerhin war sie schon hergekommen. Hatte Narzissa nach Hause befördert, die schlimmsten Kopfschmerzen ihres ganzen bisherigen Lebens und mit Sicherheit auch noch des Teils, der ihr noch bevorstand, simuliert und sich aus dem Zimmer geschlichen. Wie ein Dieb. Wie eine Viertklässlerin zu einem Rendezvous.
 

Was das hier nicht war, nur, um das einmal für sich selbst festzuhalten.

Es war nur ein harmloses Treffen mit ihrem verrückten Cousin, der irgendetwas von ihr wollte, was sie wahrscheinlich entweder nicht verstehen oder sie immens aufregen würde. Eines von Beidem würde es schon sein und wenn sie Glück hatte, dann konnten sie das in zehn Minuten abhandeln. Sie würde nicht mit ihm mitgehen, sie würde sich nicht von ihm dazu überreden lassen, noch einen Abend mit Muggeln zu verbringen, nichts, ganz gleich, was er auch aufwenden würde an Überredungskünsten, aber auch gar nichts hin in diese Richtung würde sie dazu bewegen, länger zu bleiben. Und das klang in den Gedanken der jungen Black wie eine hervorragende Idee. So hervorragend, dass es ihr Selbstbewusstsein nach oben trieb, zusammen mit ihrem Kinn und sie den Umhang endlich losließ. Eigentlich tat sie hier nichts, wofür sie sich hätte schämen müssen. Am Ende konnte sie immer noch sagen, dass sie einfach nur versucht hatte, ihn davon zu überzeugen, dass es richtig wäre, zur Familie zurückzukehren.
 

Bellatrix stieß die Tür mit der rechten Hand auf und blinzelte dem Rauch entgegen, welcher den Raum füllte. Sie mochte weder den Geruch dieser Gaststätte, noch mochte sie die Leute, die sich dort aufhielten. Und sie machte keinerlei Hehl aus ihrer Meinung, wohlwissend, dass sie sich damit auf der Stelle auf die Liste der Gäste katapultierte, bei der jeder zufrieden war, wenn sie den Laden wieder verließen. Je schneller, desto besser. Und wunderbar, da hatte sie ja eine Sache mit dem Abschaum, der sie jetzt hier umgab, gemein. Aber Sirius, nun, er passte hervorragend in diese Umgebung, konnte, wie sie zugeben musste, als sie ihn erblickte, fast schon als Lichtblick betrachtet werden und das war nun wirklich keine Auszeichnung für das Etablissement. Kaum zu Ende gedacht, verzogen sich ihre Lippen zu einem verächtlichen Lächeln. Mit diesem Wort konnte hier wohl auch kaum jemand etwas anfangen.
 

Überheblichkeit, die verflog, als sie sich dem Tisch näherte, die nicht mehr als Farce war, die sie aufrechtzuerhalten suchte, als sie sich ihm gegenübersetzte, nicht sicher, ob sie den Umhang ablegen sollte oder ihn als Zeichen dafür, dass sie nicht vorhatte, lange zu bleiben, nicht gleich anbehalten sollte. Er machte sie nervös. Schon alleine, weil er nichts sagte, weil er einfach nur den Kopf hob, als sie sich setzte, den Becher, der vor ihm stand, mit beiden Händen fest umklammert, so, als würde er selbst sonst von der Bank rutschen, wenn er nicht irgendwo Halt finden würde, leicht lächelte und das Ding, an welchem seine Finger scheinbar klebten, unruhig auf dem Holz drehte. Damit erntete er ein Schnauben als Gruß von ihrer Seite, aber nicht einmal das schien ihn dazu zu animieren, seinen Mund aufzumachen. Unter anderen Umständen hätte sie die Tatsache, dass ihr Cousin, der mehr reden konnte, als Narzissa von ihrer wunderbaren Zukunft schwärmen, es scheinbar wirklich einmal schaffte, den Mund für mehr als zwei Minuten zu halten, unheimlich amüsant gefunden, aber das hier war nicht die Lage, in der man sich darüber freute. Es war nicht einmal angebracht, darüber zu spotten, denn selbst wenn sie es gewollt hätte, da waren nicht die richtigen Sätze in ihrem Kopf dafür. Eine Sache, über die er sich vielleicht unter anderen Umständen gefreut hätte.
 

Oh Gott, wie sehr sie sich zu dieser unbeschwerten Zeit zurücksehnte. Zu diesem zwanglosen Nebeneinander, ohne jegliche Verpflichtungen, ohne irgendetwas Drohendes, Unausgesprochenes, was über ihren Köpfen hing.
 

„Du wolltest mich sprechen.“ Sie war es schließlich, welche die Zähne auseinander bekam und es sogar noch schaffte, die Worte mit einer gewissen Schärfe zu verzieren, die ihm jegliche Hoffnungen auf irgendetwas nehmen sollten. Denn sie hatte Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Sie hatte so viel Zeit gehabt, sich den Kopf zu zerbrechen, allem voran diesen unsinnigen Gefühlen, denen sie keinen Namen geben wollte, in der Zeit, in der Rudolphus sich um ihre Aufmerksamkeit schon fast reizend bemüht hatte. Nein, reizend war das richtige Wort, es hatte sie ungefähr so berührt, wie man Salzlauge in einer offenen Wunde schätzte. Reizend eben. „Ja. Wollte ich.“ Seine Stimme klang belegt, sein Atem war schwanger von dem Alkohol, der sich allem Anschein nach in dem Behältnis vor ihm befinden musste, welches sicherlich nicht das Erste dieser Art sein konnte, die er bis jetzt geleert hatte. Ein Zustand, an dem sie sicherlich nicht unschuldig war, sie hatte ihn warten lassen und fast, fast fühlte sie sich ein wenig schuldig.
 

„Nun, ich bin hier.“, erklärte sie, überflüssigerweise und striff den Umhang ab, mittlerweile zu der Erkenntnis gekommen, dass es deutlich zu warm an diesem Ort war, als das man ihn hätte weiterhin tragen können. „Das sehe ich.“ Ein freudloses, fratzenhaftes Grinsen verzerrte sein Gesicht, ehe er den Satz ein weiteres Mal wiederholte. „Das sehe ich.“ Unruhig trommelte sie mit den Fingernägeln auf den Tisch. „Nun, dann… was willst du? Ich habe nicht ewig Zeit, Sirius. Ich habe Vorbereitungen, die getroffen werden müssen, ich habe Verpflichtungen und Narzissa braucht mich.“ Das Lachen, mit dem er ihr antwortete, war wie ein Bellen, heiser und anklagend, es widerte sie an, alleine, weil sie es noch nie aus seiner Kehle gehört hatte. „Ja, Verpflichtungen, Bella. Wichtige, ungemein wichtige Verpflichtungen, welche Miss Black… Verzeihung, Mrs. Lestrange in spe, ja auf gar keinen Fall versäumen darf. Von denen ich sie jetzt abhalte, wie kann ich nur…“ Mit einem Ruck leerte er den Becher und knallte ihn zurück auf den Tisch, was für die Bedienung scheinbar das Zeichen war, ihn erneut zu füllen, auch, wenn ihr Blick deutlich aussagte, dass dieser Gast absolut zu viel getrunken hatte.
 

„Du bist betrunken.“ Wenn ihn schon die erste, sinnlose Tatsachendarstellung aus ihrem Mund aufgeregt hatte, dann traf diese scheinbar einen Nerv, den sie noch niemals zuvor gereizt hatte. „Darf ich das denn nicht sein? Oh, Entschuldigung, die Dame, nein.“ Wieder dieses Lachen, welches sich jetzt direkt gegen sie richtete und sie sich vorkommen ließ, wie ein kleines, hilfloses Kind, welches dumm und nutzlos geheißen wurde. „Das darf auf diesem Planeten schließlich nur Mrs. Lestrange in spe. Keiner sonst. Das haben wir ja gepachtet, nicht wahr, Mrs. Lestrange. Uns betrinken und dann weglaufen und dann nicht wieder kommen und uns dann sitzen lassen und dann einfach irgendwann wieder auftauchen, Mrs. Lestrange. Darin sind wir unter anderem gut, mh? Nicht?“ „Hör auf, mich so zu nennen.“, zischte sie gereizt, kurz davor, die Hand zu heben, um ihm deutlich zu zeigen, was sie davon hielt.
 

Aber Sirius wäre nicht Sirius gewesen, wenn er jetzt aufgehört hätte. Vielmehr beugte er sich leicht über den Tisch, stütze sich mit einer Hand auf der Kante ab und rutschte so weit nach vorn, dass sie in den ganzen Genuss aus der Mischung aus kaltem Rauch und Alkohol kommen konnte, der sich um ihn gelegt hatte, wie ein Umhang. „Warum soll ich es nicht tun? Es ist doch eine Tatsache oder nicht? Bel.La.Trix.Le.Stran.Ge.“ Jede einzelne Silbe so unendlich in die Länge gezogen, dass sie zusehen konnte, wie seine Lippen sich perfekt zu den Buchstaben formten. Die rechte Hand der jungen Frau zitterte leicht, als sie ausholte.
 

Sie brannte selbst, als sie sein Gesicht mit all der Wucht traf, die aufzubringen, sie im Stande war. Brannte noch mehr, als sie, beim Zurückziehen, mit dem Handrücken die andere Wange striff, ehe sie aufstand, den Umhang hochriss und ihn mit flammenden Augen ansah. „Dafür bin ich nicht gekommen, Sirius. Dafür… dafür hättest du mich nicht herholen müssen, du… du bist… oh… oh ich hasse dich.“ Und in diesen Sekunden war es wahr. Da stürzte all das, was sie an Zuneigung für diesen Mann jemals empfunden hatte, in sich zusammen und war nichts mehr, als ein harter Klumpen Hass, der ihren Magen hart zusammenzog, ihre Augen und Lippen schmal und ihre Bewegungen hektisch werden ließ. Ihre Ohren verschloss, als er ihren Namen in der Koseform leise flüsterte, sich die Wangen hielt und scheinbar einen Grad der Nüchternheit erreichte, der ihn begreifen ließ, was gerade genau schief gelaufen war, aber da war sie bereits aus der Bank, wurde von der Hand, die er nach ihr ausstreckte, nicht mehr erreicht, rauschte – anders konnte man es nicht benennen – unter den Blicken der Anwesenden, die zwischen Verständnislosigkeit und Amüsement schwankten, nach draußen, wo die kalte Nachtluft sie umfing, aber ohne jenen tröstenden Effekt, welchen sie sich erhofft hatte.
 

Dieses Schwein. Dieses Schwein, wie… wie konnte er nur, sie… sie wollte die Fingernägel in sein Gesicht schlagen und die Haut langsam davon abziehen, ein Wunsch, welcher sich zu erfüllen schien, da er dumm genug war, ihr nach draußen zu folgen. Vielleicht ein wenig langsamer, vielleicht ein wenig schwankender. Aber das Ergebnis war alles, was zählte und das Ergebnis war, dass er ihr nachgelaufen war und ihren Namen erneut rief. Sie dazu brachte, sich wirbelnd umzudrehen, eine personifizierte Furie, bereit, ihm das Schlimmste, wozu sie ohne Zauberstab in der Lage war, anzutun, so gründlich, dass sich die Kindeskinder der Augenzeugen noch nur im Flüsterton davon erzählen würden.

Nur leider war er darauf vorbereitet und fing ihren nächsten Schlag mit einer Leichtigkeit ab, die ihr fast selbst die Tränen in die Augen trieb, weil er es so sehr verdient hatte, getroffen zu werden, dass sie auf sich selbst wütend war, weil es nicht geklappt hatte.
 

„Bella, bitte ich…“ Er hielt ihre Hände fest, kam aber in dem Satz kein Stück weiter. „Halt die Klappe. Sirius, sei einfach ruhig, du hast genug gesagt, du hast genug gesagt für den Rest meines und deines Lebens, verstehst du?“ Nein, tat er nicht, wie er mit einem Kopfschütteln kundtat und der verletzte Ausdruck auf seinem Gesicht trieb ihr nur weiter die Galle in die Kehle, weil er dazu in ihrer Welt gerade einfach kein Recht hab. „Es tut mir leid, Bella, ich…“ „Ich will es nicht hören.“, keifte sie, versucht, nach ihm zu treten, was er einfach stoisch ertrug. „Bitte. Hör mir zu, ich…“ „Du hast genug gesagt, lass mich los, lass mich gehen, ich will…“ Was sie wollte, sollte ihren Kopf niemals verlassen und was es war, vergaß sie selbst, in den Sekunden, in denen seine Lippen ihre warm und behutsam verschlossen, um die Tobende zum Schweigen zu bringen.

Es fegte ihren Kopf mit einer Wucht leer, auf die sie nicht vorbereitet war, brachte eine Sehnsucht nach oben, die sie tief in sich vergraben hatte und ließ sie auf eine Art und Weise hilflos werden, die sie verabscheute und von der sie zeitgleich mehr forderte, obwohl der Geschmack nach Alkohol immer noch auf seinem Mund lag und sich, als sein warmer Atem sich mit ihrem mischte, auch in ihre Mund schlich.
 

Als er sich von ihr löste, lag der flehende Ausdruck immer noch in seinem Gesicht, ehe er die Hand hob, ihr rechtes Handgelenk losließ und mit dem Daumen fast schon quälend sacht über ihre Wange strich. „Hör mir zu, ich flehe dich an, ich… es tut mir leid, es war nicht in Ordnung. Ich bin ein Idiot, aber hör mir zu…“ Sie gab keine Antwort, biss sich nur selbst auf die Unterlippe, die Wangen in Verlegenheit gerötet, wo es bei ihm immer noch die Nachwirkungen zweier harter, gezielter Schläge waren, aber das schien ihm zu genügen. „Ich hasse diesen Kerl. Er verdient dich nicht… ich sage nicht, dass ich dich verdiene, dass ich dir das geben kann, was du dir wünscht. Eine glänzende Zukunft oder die Chance, die Welt zu verändern. Aber ich weiß, dass ich dich will, weil ich dich kenne und nicht nur auf eine, zugegeben sehr hübsche, Fassade blicke und darüber nachdenke, dass sie standesgemäß neben mir aussehen würde und wir zusammen eine Menge netter, kleiner Reinblüterbabys haben könnten… scheiße, wahrscheinlich kann er dir sogar schöner Honig… ah…“ Er brach ab, scheinbar einsehend, dass ihn das, wenn er den Satz so vollenden würde, wie er es vorhatte, nicht weiterbringen würde.
 

„Idiot.“, lautete die trockene Antwort, als sie sich leicht zu fangen schien, was er zunichte machte, indem seine Hände ihr Gesicht gänzlich umschlossen und er seine Stirn gegen die ihre drückte. Sie konnte hören, wie er hart schluckte, schloss die Augen und umfasste den Kragen seines lächerlichen Muggelhemdes mit beiden Händen, als fürchtete sie, er könne ihr davonlaufen, wenn sie nicht dafür sorgte, dass er blieb. „Bella… was ich sagen will, ist… alles, was ich sagen will, ist… lass es sein. Geh nicht zu ihm. Ich will nicht, dass du zu mir kommst, das wäre vermessen, aber alle, aber nicht ihn. Er hat dich nicht verdient. Ich habe dich nicht verdient, aber ich will es wenigstens versuchen. Weil ich besser bin als er… sieh mich an.“ Sie wollte es nicht und doch öffnete sie zögernd die Augen, erschauderte unter dem brennenden Ernst, welcher seinen Blick in jenen Sekunden prägte, als er weitersprach. „Viel besser als er, Bella und das weißt du. Ich weiß, dass du das weißt.“ Und er ersparte ihr die Qual, eine Antwort auf diese Frage geben zu müssen, als er sie erneut küsste, las sie aus der Sehnsucht, die sie langsam an die Oberfläche kriechen ließ, als sie den Kuss erwiderte, in den Schatten vor dem Tropfenden Kessel, dort, wo in diesen Stunden kein Blick mehr hinfiel und selbst, wenn es so gewesen wäre, man hätte nichts gesehen, außer zwei Menschen, die sich wenige Minuten des Glücks stahlen, vor einer Zukunft, die schwärzer nicht hätte sein können.

„Das ist also deine Wohnung, ja?“ Er zuckte bei dem Tonfall, den sie gerade nutzte, zusammen, als hätte sie gerade gegen sein Schienbein getreten. Alles, was dazu noch fehlte, wäre, dass sie ein entzückend ans Ende des Satzes hängte, um es noch abfälliger klingen zu lassen. Und wenn er die Wohnung jetzt mit ihren Augen betrachtete, dann konnte er auch vollkommen verstehen, was gerade in ihrem Kopf vor sich ging. Es war eine durch und durch dumme Idee gewesen, sie hierher zu bitten, aber jetzt konnte er schlecht ihre Schultern umfassen, sie wieder zur Tür drehen und erklären, dass er es sich doch irgendwie gerade ganz anders überlegt hatte. Auch, wenn er es gerade wirklich, wirklich, wirklich wollte. Aber stattdessen bejahte er die – an und für sich vollkommen überflüssige Frage – leicht gequält, was die Mundwinkel seines Gegenübers amüsiert nach oben zucken ließ. Sadistisches Ding, das sie doch war. Und dann versetzte sie ihm wirklich den Todesstoß. „Nett.“
 

Das Letzte, was seine Cousine in seiner Gegenwart als nett bezeichnet hatte, war ein Schal gewesen, der ein misslungenes Weihnachtsgeschenk irgendeines näheren Verwandten dargestellt hatte. Sie hatte sich ein Lächeln abgerungen und ihm später zugezischt, dass sie das Ding verbrennen würde, sobald man ihr den Rücken zudrehte. Und wie man bitte von ihr auch nur zwei Sekunden hatte erwarten können, dass sie das hier jemals tragen würde. Und ja, dazu hatte sie auch, mit all der Höflichkeit, zu der Bella fähig war, Nett gesagt. Seine Wohnung war in ihren Augen also eine komplette Katastrophe und sie würde das Ding verbrennen, sobald er ihr den Rücken zudrehte. Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, bröckelte just in dem Moment, in dem er die Tür hinter sich schloss, der Putz von der Decke und zersprang vor ihren Füßen in seine Einzelteile.
 

Aber noch bevor er Luft holen und wild gestikulierend sich wortreich entschuldigen und sie davon überzeugen, dass das hier keine Todesfalle sondern wirklich ein Ort war, an dem Menschen wohnen und sie auch noch ein wenig bleiben konnte, tat sie etwas, womit er schlicht nicht gerechnet hatte: Sie brach in schallendes Gelächter aus. Die Züge der jungen Frau, die ansonsten von fast schon steinerner Härte gezeichnet waren, wurden weich im Augenblick der absoluten Erheiterung, die sich glucksend aus ihrer Kehle brach. Beide Hände vor den Mund geschlagen, als würde sie wissen, dass es absolut nicht ihrer Erziehung entsprach, was sie da gerade tat, und hoffen, dass es das noch komplett verstecken konnte. Und er, nun, er war, um es kurz auszudrücken: irritiert. „Was ist… so lustig?“
 

„Das ist eine Bruchbude, Sirius.“ Nein, da wäre er von alleine nun wirklich absolut nicht gekommen. Aber sie, sie lachte immer noch, warf ihren Umhang über einen der Stühle, ließ sich auf dem, der diesem gegenüberstand, nieder und bohrte den Zeigefinger der rechten Hand tief in die Polstermasse, die daraus hervorquoll. „Und weißt du, was das Erheiterndste ist?“ „Nein.“ Wahrscheinlich, dass er sich gerade fühlte wie ein Schuljunge, den man mit einer zu komplizierten Aufgabe belastet hatte, die zu lösen er absolut nicht im Stande war. Und seine Lehrerin war gönnerhaft dazu bereit, es ihm nun doch in allen Einzelheiten zu erklären. „Ich habe nichts anderes erwartet. Eigentlich… eigentlich sieht es besser aus, als ich gedacht hatte, dass es das tun würde, Sirius. Ich bin davon ausgegangen, dass du knöcheltief im Dreck watest, irgendwo eingepfercht zwischen Muggeln, umgeben von Muggelzeug… dagegen ist das hier ja fast ein Palast. Bis auf den Punkt, dass mich die Decke erschlagen wollte.“
 

„Es ist immer wieder großartig zu erfahren, was die eigene Familie von einem denkt.“ Die Worte kamen trocken aus seinem Mund und für einen Augenblick war da wieder die alte Distanz, die Kollision zwischen dem tiefen Wunsch, gegen alles, was ihn umgab zu rebellieren und ihre alles überstrahlende Arroganz, die alles, was nicht in ihrem Dunstkreis mitschwamm, mindestens eine Stufe nach unten setzte. „Aber du musst eines bedenken, Bella. Ich bin der König über dieses Reich und seit heute Abend bist du seine Königin.“ Er hatte es als Auflockerung gemeint und ja, vielleicht auch ernst, aber was er damit nicht hatte bezwecken wollen, waren die dunklen Wolken, die sich auf ihr Gesicht schlichen und ihm jegliche Weichheit mit einem Schlag wieder raubten. „Sag so etwas nicht.“ Ihre Stimme war leise, als sie ihm antwortete und den Kopf leicht zur Seite drehte, hin zu dem kleinen Fenster, welches nur anzeigte, dass die Dunkelheit sich längst komplett über London gelegt und damit jede Kontur der Stadt vollständig gefressen hatte.
 

Er wusste, dass er vielleicht nicht weiter bohren sollte, aber in ihm war der unbändige Wunsch, Klarheit zu erlangen. Sie war niemand, der einen Kuss einfach nur verschenkte, weil ihr danach war und das schon gar nicht an jemanden wie ihn. Und jetzt musste er wissen, woran er war, ob er nicht mehr war, als ein Lückenfüller, jemand, den sie brauchte, ehe sie sich sehenden Auges in das Elend ihrer Heirat stürzte oder ob sie bei ihm bleiben würde. Oder ob sie ihm wenigstens die Chance geben konnte, es zu versuchen. Ihr zu zeigen, dass es eine andere Welt da draußen gab, eine, in der Verpflichtungen existierten, aber nicht jene ihrer Familie, die jedes Mitglied mit eisernen Fesseln zu Boden drückten und jede Individualität, jeden Wunsch, der nicht in das System passte, jeden Traum, der komisch anmuten mochte, im Keim erstickten. Man konnte leben.
 

Langsam ging er vor ihr in die Hocke, ergriff ihre Hände und drückte sie sanft. „Bella. Sieh mich an. Wie soll das was werden, wenn du jedes Mal, wenn wir über etwas Ernstes sprechen, den Kopf wegdrehst und mich ignorierst?“ Leichter Spott glitzerte durch die Worte hindurch ,genug, dass sie die Mundwinkel wieder leicht nach oben zog und ihm ihre volle Aufmerksamkeit schenkte, aber zu wenig, um sie zu verärgern. „Na bitte.“ Ihre schlanken Finger verschränkten sich mit den seinen und eine dankbare Wärme breitete sich von ihnen aus, eine Wärme, die seinen ganzen Körper zu überziehen begann. „Lass das für heute, Sirius, lass… lass uns heute nicht darüber nachdenken, ich… ich will nicht. Ich kann nicht.“ Wirklich, wirklich gern hätte er ihr diesen Wunsch gewährt, aber es war die eigene Selbstsucht, die so ungemein Überhand nahm, dass er nicht anders konnte. Und fast schon entschuldigend drückte er einen Augenblick lang die Stirn gegen ihre verschränkten Finger, ehe er sie nicht in den Frieden entließ, den sie forderte.
 

„Ich kann das nicht ignorieren, Bella. Du trägst seinen Ring am Finger, du wirst ihn heiraten und das ist etwas, das ich nicht einfach vergessen kann. Es ist da. Es ist überall. Was ich brauche, ist Gewissheit, eine Antwort, Bella, eine…“ Er spürte den Ruck, mit dem sie ihm ihre Hände entzog, die Hände, die sie ihm jetzt fast anklagend vorhielt, wo an der linken Hand der Metallreif schimmerte, der sie an Rodolphus band. „Du hast ihn mir doch zurück an die Hand gesteckt, Sirius. Darf ich dich daran erinnern? Wenn du nicht gewesen wärst, dann würde dieses Ding jetzt unter irgendeinem Tisch in dieser Spelunke liegen, in die du mich geschleppt hast.“ Es war hart und auf der gleichen Seite eigenartig, der Vernünftige zu sein. „Nur, wenn du ihn nicht trägst, dann heißt das nicht, dass diese Verbindung gelöst ist, Bella. Was ich brauche, sind Antworten, eine Entscheidung, einfach… Klarheit.“
 

Sie sprang auf, stieß ihn fast nach hinten, so wuchtig, dass der Stuhl zu kippeln begann. „Klarheit? Du?“ Heftig sog sie die Luft in die Lungen, er konnte sehen, wie der Brustkorb sich erregt hob und senkte, während sie begann, in seiner Wohnung auf und ab zu laufen, auf den wenigen Metern, die man von der Wand bis zur Tür hatte, wie ein Tier, welches er hier einzusperren versuchte. „Ich weiß es nicht Sirius, ich weiß es nicht.“ Aggressiv, fast schon anklagend, als trüge er an alledem die Schuld. „Das hier ist alles so falsch und ich kann… ich kann das nicht, nicht jetzt entscheiden, nicht hier und vor allem nicht so, ich meine, woher weiß ich nicht, dass das hier alles einfach nur eine Phase ist?“
 

Hätte sie seinen Kopf gepackt und ihn in einen Eimer mit Eiswasser gedrückt, der Effekt hätte nicht schlimmer sein können. „Eine Phase?“ Selbst, als er die Worte wiederholte, als seine eigene Stimme sie trug, klang es so ungeheuerlich, dass er kaum glauben konnte, dass sie es ausgesprochen hatte. Endlich erhob er sich aus der Hocke, wandte sich zu ihr um, die wie erstarrt neben der Tür stand, scheinbar darauf wartend, dass er etwas dazu sagen würde, etwas anderes, als eine erneute Wiederholung der Worte, die sie gerade ausgesprochen hatte. Und gerade, als sie ansetzte, weiterzusprechen, packte er sie schlicht und drängte sie gegen die Wand, die rechte Hand tief in ihren weichen Haaren vergraben, deren Geruch seine ganze Wahrnehmung in den ersten Sekunden ausfüllte. „Eine Phase, ja?“ Der Kuss, den er ihr förmlich aufzwang war hart, fordernd, wütend. Er hörte, wie sie erschrocken einatmete, fühlte, wie sie sich trotz allem an ihn drückte, wie ihr warmer Körper sich an den seinen schmiegte, als wären sie beide Teile ein und desselben Puzzles, die endlich wieder zusammengefunden hatten. „Fühlt sich das an, wie eine Phase, ja?“ Er bekam keine Antwort mehr, aber wenn er ehrlich war, dann brauchte er auch keine. Wollte keine. Alles, was er jetzt gerade noch wollte, war sie. Ihr so nah sein, wie keiner zuvor, ohne all den störenden Stoff, der gerade zwischen ihnen beiden lag. Und sie leistete keinerlei Widerstand drückte sich ihm vielmehr entgegen, selbst, als er für einen Moment innehielt, um ihr den Ring vom Finger zu ziehen, der mit einem leisen Klirren auf dem Boden aufkam und in irgendeine Ecke des Zimmers rollte.
 

#
 

Ihre dunklen Haare auf seiner weißen Bettwäsche bildeten einen Kontrast, die ihn faszinierten. So sehr, dass er sie seit geraumer Zeit einfach nur ansah, sie, die helle Haut, die einen nicht minder starken Gegensatz dazu zeichnete und die angedeuteten Umrisse ihres schlanken Körpers unter der Decke. Voll der warmen Zufriedenheit flüsterte er ihren Namen, zog sie wieder enger zu sich, sie, die immer wieder errötete, wenn er seine Zuneigung leise in Worte fasste, leise auflachte, um über die Verlegenheit hinwegzutäuschen, die so gar nicht zu ihr passen wollte und ihr doch so unglaublich stand.
 

„Bleib bei mir…“ Die dunklen Locken schluckten die Bitte und doch bekam er seine Antwort. „Gib mir Zeit, Sirius, nur… ein wenig. Ich muss Dinge regeln, ich muss… ich kann nicht einfach gehen, wie Andromeda, das kann ich ihnen nicht antun. Das kann ich nicht und das weißt du.“ Sicher wusste er es, aber hatte er sich damals darum geschert? Keine Sekunde lang, es war ihm gleich gewesen, aber diesen Charakterzug, nun, den teilten sie beide einfach nicht. Also hatte er gerade keine andere Möglichkeit, als einfach nur zu nicken und ihr dieses Mal diese Sache zuzugestehen. Weil er das Versprechen, nach welchem er so sehr gehungert hatte, jetzt in Händen hielt. Weil er jetzt wusste, dass sie ihm folgen würde, obwohl sie sah, worauf sie sich einließ.
 

Bellatrix Black, zukünftige Königin einer Bruchbude, zukünftige Königin der Familienverräter. Und in seinen Ohren klang es nach den höchsten Ehren, die diese Zivilisation zu übergeben wusste. Nur, weil ihre Familie das nicht so sah, musste das nicht heißen, dass es nichts wert war. Irgendwann würde jemand erkennen, wie großartig diese Opfer gewesen waren, wie einzigartig und richtig. Und selbst, wenn niemand es erkannte, was störte es ihn? In diesen Stunden war er der reichste Mann der Welt und wenn er seine Zukunft mit zusammengekniffenen Augen betrachtete, dann war sie ein hellfunkelnder Stern, nach dem sie beide die Hände ausstreckten. Auch, wenn sie davon sprach, dass sie gehen musste, im gleichen Atemzug verkündend, dass sie wieder kommen würde, lachend dagegen protestierte, als er sie einfach wieder zu sich zurück in die Laken zog und ihr noch ein paar Stunden ihrer Zeit stahl.
 

Er würde sein Glück teilen müssen. Er würde mit James, Remus und Peter darüber reden müssen, ansonsten lief er Gefahr, zu platzen. Und schließlich galt es jetzt für ihn zwei Gruppen von Menschen, die er liebte, zu vereinen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (22)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _Natsumi_Ann_
2010-04-18T19:14:56+00:00 18.04.2010 21:14
:D
dann würden sie odhc herrvorangedn zusammen passen xD
hahah geil^^
Von:  Gilraen
2009-06-29T22:02:37+00:00 30.06.2009 00:02
So. Anscheinend hab ich hier noch nichts kommentiert.
Wird nachgeholt.

Das Kapitel ist zum Schmelzen. Wirklich. Es gehört mit zu meinen Lieblingskapitel, wenn es nicht sogar eventuell die anderen schon überholt habe.
Wie immer ist dir die Stimmung in Sirius Wohnung einfach nur gut gelungen. Von der Spannung die am Anfang auftritt, als Sirius dann tatsächlich einmal unsicher ist, die dann wieder durch das Lachen aufgelöst wird, nur um erneut zu kommen und sich dann in Leidenschaft umgesetzt zu werden. Bis zum Schluss bleibt es erhalten, und man wartet förmlich darauf, dass jemand mit einer spitzen, langen Nadel kommt, um Sirius Seifenblase des Glücks platzen zu lassen..
Liebe, liebe, liebe es. Kann das gar nicht oft genug wiederholen. Wie immer hat man auch trotz der ungewöhnlicher Situation in der sie sich befinden, das Gefühl, dass die beiden total In-Character sind.
Alleine der Schal. Nett. *lach*
Von: abgemeldet
2009-06-11T14:10:46+00:00 11.06.2009 16:10
Oh.
Okay, fangen wir damit an, dass ich eine meiner Aussagen im vorherigen Kommentar revidieren muss: Den Teil mit den Namen nämlich, zumindest im Fall von Bellas (hier vielleicht eventuell zukünftigem oder eben doch nicht) Ehemann Rodolphus.
So und jetzt muss ich mich mit dem tippen schicken - ich hasse Kapitelenden! Wirklich! Und das nicht nur, weil es ja Enden sind für eine Zeit lang zumindest, sondern auch weil sich bisher immer dieses 'Oh-Gott-da-kommt-noch-was' Gefühl einstellt. Bäh.
Geschrieben dagegen ist es einfach nur richtig gut, über so eine Wohnung hat Sirius es sich doch richtig verdient veralbert und ausgelacht zu werden. Putz von der Decke! Aber wirklich! Dafür war der Mittelteil aber auch alles von lustig bis schön, auch wenn ich wohl sagen würde Sirius bleibt ja nichts anderes übrig außer Bella die Zeit zu geben, die sie braucht. Und jetzt bleibt noch abwarten...wobei ich finde, gerade in Sachen Remus und James kann das nächste Gespräch ja was werden - vermutlich darf letzterer nur noch unter Auflagen ins Zimmer :P
Von: abgemeldet
2009-06-03T23:36:38+00:00 04.06.2009 01:36
Okay...wo fange ich an.
In der Theorie kann ich diese ganze Bellatrix und Sirius Geschichte nicht ausstehen. Es hat einfach keine Basis und gehört damit für mich eindeutig zu den Pairings, die genauso abweging sind wie Bellatrix und Severus.
Dass ich trotzdem hier reingeschnuppert (und dann auch weitergelesen) habe, lag also zugegebener Maßen eher an der Verzweiflung alle Bella/Rodolphus Geschichten schon durch zu haben - überraschender Weise war das aber doch etwas positives, deine FF ist nämlich richtig gut!
Und das wirklich, auch wenn es spät ist und ich damit eigentlich längst reif fürs Bett und damit etwas unaufmerksam geworden bin, aber soweit ich es jetzt sagen kann waren es an Rechtschreibfehlern Null, gerade was die Namen anbelangt. (Gott sei Dank! Noch ein Rodolphus mit 'u' und...argh.)
Aber jetzt zum wirklich wichtigen Teil.
So unwirklich es mir am Anfang noch erschienen ist, Bellas Gedankengänge waren wirklich nachvollziehbar, schon wieder direkt gemein böse zu lesen wenn man eigentlich doch immer das Gefühl im Hintergrund hat, dass den beiden viel zu viel im Weg steht als dass irgendwann einmal daraus etwas werden könnte. Wobei das 'daraus' auch erst einmal wirklich definiert werden muss...Ab der Frage mit dem Club musste ich ich übrigens richtig lachen, die Vorstellung einer reinblütigen Hexe die das erste Mal in einem überfüllten Muggelclub (Barhocker des Teufels...) steht - einfach zu köstlich! Naja, und dann noch mit Sirius Sprüchen gewürzt, einen Schlag als Zustimmung sehen kann auch nur er. Seine Wut auf James kann ich übrigens voll und ganz unterstützen, keine allzu gute Reaktion wenn man sich gerade bei seinem Freund auskotzen mag, nur der gute Remus hat eben einfach Recht gehabt und sich da die Antwort etwas unverdient eingeholt.
Und, wenn wir gerade nach der übrigends guten Idee der Verwandlung in einen Hund wieder bei der nächsten Alkohol-Szene sind: Ich muss widersprechen, bisher trinkt Sirius wirklich nicht so über alle Maßen. Weder er noch Bella. Nur eines macht er wirklich sehr oft: Sich so dämlichst daneben benehmen! Siehe Barszene. Es hat mich ja schon gewundert dass er überhaupt noch da war, wo sie doch so sehr zu spät erst kam (andererseits, wahrscheinlich war das ein Wenn-ich-ohnehin-schon-hier-bin-und-sie-nicht-Reflex). Und dann noch so zu reagieren - verständlich aber einfach grundfalsch da Sirius es ja nicht darauf angelegt hatte sie zu vertreiben!
Ach, aber der Schluss war so eine Sache. Erst natürlich ein wenig der Endlich-Moment als sie sich geküsst haben. Ehrlich, endlich! Darauf hat man doch gewartet ;) Aber der Schlusssatz hat es doch einem wieder ein wenig reingewürgt, diese Tatsache dass ihnen eigentlich so viel zu viel entgegensteht als dass das Irgendwas dass sie haben mehr werden könnte.
Insgesamt, es war toll, ich freue mich darauf wenn es weiter geht (und darauf hoffe ich doch sehr?).
Von:  Gilraen
2009-01-21T22:47:55+00:00 21.01.2009 23:47
ich liebe, liebe, liebe den letzten Satz! (Nein, man kann es einfach nicht oft genug sagen, er ist toll!)

Und Sirius ist mal wieder in einer Phase (zumindest am Anfang) wo man ihm mit einem dicken Buch einen Schlag auf den Hinterkopf verpassen will. Sehr schön.^^
Von:  YooMiJoo
2009-01-21T22:42:27+00:00 21.01.2009 23:42
hach... *an taschentuch zupf* schön *seufz* und gleichzeitig traurig

weiß nicht, was ich noch sagen soll... gefällt mir wie immer sehr gut ^^

weiter so, wenn nicht, gibts ärger *nicknick*
Von:  YooMiJoo
2009-01-17T00:02:28+00:00 17.01.2009 01:02
hach... was soll ich da noch sagen? *seufz* nur so viel: ich weiß nicht mehr wie ich meine top 3 deiner kapitel ordnen soll... was machst du nur? ^^

du weißt ja schon, was ich zu dem kapitel gesagt habe ^^
ich finde es wundervoll *nick*

ich liebe narcissa ^^ genau so habe ich sie mir vorgestellt
sirius wie immer total putzig
und bella... armes ding *bella pat*

*knuddel*
yooyoo

Von:  Gilraen
2009-01-14T15:39:18+00:00 14.01.2009 16:39
Ich liebe es immer noch so unheimlich sehr.

Narcissa ist toll, Sirius ist toll, und Bella sowieso.

Ich liebe einfach diese kleinen Gesten und deine Vergleiche...*hach*

*drück*
das Squee-chan
Von:  YooMiJoo
2008-12-07T21:55:42+00:00 07.12.2008 22:55
Keine Ahnung warum, aber dieses Kapitel kommt in meiner Beliebtheits-Liste gleich nach dem Ersten *nick* ich mag es unheimlich gerne... kann es leider nicht erklären ^^''

Muss Gil in allem zustimmen *grins*
Ich finde die Vorstellung wie Sirius da im Gebüsch liegt und von einem Gefühl ins nächste schwappt einfach niedlich

*drück*
Von:  Gilraen
2008-12-07T21:44:05+00:00 07.12.2008 22:44
Hah! Erste! *grin* (Sowas wollte ich schon immer mal schreiben! *gg*)

Es ist toll, wie immer. Ich mag, dass er in Hundeform unterwegs ist, er soll Rudolphus ruhig ins Bein beißen, ich desinfiziere sein Zahnfleisch auch danach. *gg*

Und Bella mit ihrem Fauchen kommt mir wie eine schlechtgelaunte Katze vor.^^

Endlich hat der Idiot es begriffen. Remus hatte natürlich Recht, sonst wäre er nicht Remus.^^

*drück*


Zurück