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Lost wihout you

von

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Dunkelheit

„Hilfe.“

Eine helle Stimme, die immer leise wurde.

„So helft mir doch. Bitte!“

Es war ein Wimmern, ein Flehen. Die Gefangenschaft setzte ihr körperlich als auch geistig zu. Die Schmerzen die sie erleiden mussten, waren das alles nicht Wert. Eingesperrt und alleine in einem dunklen Raum, der gerade so groß war, dass eine Person in diesem Platz fand. Und auch nur, wenn man so flach wie es ging atmete.

„Bitte!“, die anfangs so helle Stimme wurde immer leiser bis sie schließlich verlöschte.

Egal wer eingesperrt war, es war eine Qual. Egal wo der Blick hin schweifte überall nur die dunklen Wände. Je mehr man sie anschaute, desto mehr hatte man das Gefühl, als würden sie auf einen zu steuern. Natürlich war dies nicht der Fall und doch konnte an diesem Ort die Psyche gebrochen werden.

Entweder man kam tot aus dem Raum heraus oder als ein Häufchen Elend. Die, die sich noch am Leben erfreuen konnten, waren das Letztere. Und welchen Lebenssinn hatte man dann noch?

Einzig und allein einer Person dienen, die alles mit einem anstellen konnte, was gewollt war. Und keiner hielt sie davon ab.

Rückkehr

Das ägyptische Land war übersät mit Sand. Überall wo man schaute waren die Körner, die die Straßen bedeckten. Schlimm wurde es erst dann, wenn Sandstürme aufzogen und sich jene auf die Hauser setzten, die Dächer zum Einsturz brachten und das Leben erschwerten.

Sand. Er war überall. Und doch gab es kleine Orte an welchen sich ganze Städte wiederfanden, Städte oder Dörfer, die sich unter dem Schutz des königlichen Hauses befanden. An jenen Orten spielte sich das Leben ab. Waren es nur Dörfer, so erkannte man sofort, dass keinerlei Schutzmauern um diese gezogen waren. Man konnte ein und aus gehen, sich umschauen, die Märkte besuchen oder Familie sehen.

Die Städte hingegen schienen prunkvoller zu sein, auch wenn es nur Schein war. Oftmals unterschieden sie sich nicht groß von den Dörfern. Allerdings gab es hier Schutzwäller, die vor Eindringlingen schützten und Späher, die vor einem Angriff rechtzeitig warnen konnten. Große Basare und Märkte schmückten das Stadtinnere und im Vergleich zu den Dörfern waren die meisten Bewohner angesehener angezogen. Ihre Kleidung spiegelte mehr Reichtum wieder und doch waren sie im Grunde alle gleich.

Und dann gab es noch die besonderen Städte. Nicht viele wurden auserwählt um Hauptsitz des königlichen Palastes zu werden, nicht viele hatten einen solch guten Ruf. Jene Stadt galt auch als Hauptstadt des Landes, da sich der Pharao nur in dieser aufhielt. Der Palast stand nicht in der Mitte, er stand viel eher abgrenzend am Stadtende, nahe der Mauer. Dort war der Schutz am besten. Nach vorne hin waren die Schutzwäller, die Spähtürmer und die Wachen, die beobachteten, wer rein und wer raus ging. Es war immer jemand da und das nicht alleine. Die Späher konnten meistens über die ganze Stadt blicken und erkennen wenn Feinde näher rückten. Auf der anderen Seite standen ebenfalls mehrere Spähtümer, die besetzt waren. Gleichzeitig dazu gab es noch eine geheime Kammer der Leichname alter Pharaonen, die Grabkammern. An diesen angrenzend waren die Lager der Soldaten, lauter Männer, die sich dem Dienst des Pharaos hingaben. Im Palast selber lagen mehrere Zimmer. Einer war der Thronsaal in welchem Atemu die Bürger, Freunde und selbst Feinde empfing. Anschließend kamen mehrere Zimmer für die Hohepriester, die persönlichen Wächter, Magier und bei Festtagen für Besucher. Von außen sah der Palast schon groß aus, doch trat man in sein Inneres dann konnte man seinen Augen kaum trauen. Überall war alles mit Schriftzeichen verziert, Wandmalereien der alten Kämpfe wurden auf Banner gestickt und Schätze vorgezeigt.

Im Palast selber führte ein Gang in den königlichen Garten, welcher im Sommer durch die schönsten Blumen erblühte. Es war eine Augenweide. Im Winter hingegen existierten die meisten Pflanzen nicht mehr, doch auch hierfür fand man Abhilfe und funktionierte das Gebiet einfach um und nutzte es für die Erholung und heiße Bäder. Pharao Atemu nutzte oftmals den Garten für seine persönlichen Ausflüge. Es war ein Ort an dem er einfach nur abschalten konnte und an welchem keine Tätigkeiten als Pharao lauerten. Zwar kamen oftmals die Diener hinzu, die ihn an was erinnern wollten, aber meistens fand er hier die Ruhe, die er gerade brauchte. An vielen Tagen schlenderte er auch einfach nur durch den Garten, sah sich um und ließ neue Blumen pflanzen.

Auch die Berater kamen an vielen Tagen her. Besonders Mahado, welcher mit seinem Magierlehrling Mana neue Magie praktizierte und jedes Mal irgendwas schief ging. Mana war eben – wie sollte es auch anders sein – ein Lehrling, der noch nicht viel mit der wahren Magie zu tun hatte. Lernen wollte sie es. Doch in den meisten Fällen führte es zu mehr Chaos als zur Unterhaltung. Wobei hier angemerkt sei, dass sie Atemu jedes Mal damit zum Lachen bringen konnte. Es war eben was Besonderes. Mahado hingegen, der Ältere, war da mehr skeptisch. Sein ganzes Leben drehte sich nur um den Pharao, etwas Anderes gab es nicht mehr. Seit dem Vorfall in der Kindheit, der Schlangenbiss, schwor er Treue und dabei blieb es auch.
 

Der Sand wirbelte auf als die Menschen der Stadt ein Pferd hören konnte, welches immer näher und näher kam. Der Reiter ritt schnell und schien einen Wettlauf gegen die Zeit gewinnen zu wollen. Man sah ihm an, dass er an nichts sehnlicheres mehr dachte, als wieder zurück in den Palast zu kommen. Der Blick, der von ihm ausging, konnte alle erschaudern lassen.

Akunadin, Hohepriester und einer der wichtigsten Berater des Pharaos – zudem auch sein Onkel – hetzte sein braunes Pferd weiter durch den Sand. Zum Glück hatte er diesem an der letzten Oase eine Rast gegönnt. Hätte er dies nicht getan, so würde keiner für eine lange Reise garantieren können.

„Los, schneller!“, befahl der alte Mann seinem Pferd und trieb es immer weiter zu Höchstleistungen an. Leichte Schweißperlen setzten sich auf Akunadins Gesicht, als müsste er in höchster Dringlichkeit in den Palast. Und wofür? Krieg mit einem anderen Land sollte es eigentlich nicht geben. Und sonst stand nichts Wichtiges an.

Sobald die Stadtmauer erreicht wurde, erlaubte der Priester seinem Pferd eine langsamere Gangart, schließlich konnte es nicht mehr lange dauern, bis er durch die heiligen Mauern kam, den Pharao und seinen Sohn erblicken konnte. Mit der Zeit allerdings hatte sich der Hohepriester verändert. Zu Beginn war der alte Mann lebhafter, großzügiger und nun wurde er verbittert. In seinem Gesicht konnte man immer wieder Unmut erkennen und dennoch verschwieg er dem Pharao seine negativen Gedanken. Dafür war in dieser Welt kein Platz gewesen.

„Sieh nur, Meister Akunadin scheucht wieder sein Pferd“, fing einer der Wachen an.

Der zweite, an der Mauer angelehnt, nickte zustimmend. „Er hat es wieder eilig um in den Palast zu kommen“, fügte dieser an.

„Wenn du mich fragst, hat sich Meister Akunadin mit der Zeit verändert“, sprach Anwar. In seiner Hand hielt er seinen Speer, an welchen er sich anschließend anlehnte.

„Er wird alt“, kicherte der Zweite, Maged. Würde man die Zwei nun so hören können, wären sie sicherlich ihre Arbeitsstelle los. Dabei brauchten sie den Sold für ihre Familien.

„Lass das bloß nicht den Pharao hören.“

„Er ist ja nicht hier“, gab Maged von sich. Und da hatte er wirklich Glück, wobei Atemu ihm dies sicherlich verzeihen würde.

„Wir haben hier auch nichts Besseres zu tun, als über den Priester zu reden…“, seufzte der Andere.

„Sonst passiert hier sowieso nichts mehr.“

„Beschwer dich ja nicht über den Frieden“, warf Anwar ein.

„Tu ich ja nicht. Es ist nur, wir stehen hier den ganzen Tag herum und sehen den Leuten bei der Arbeit zu.“

„Dafür werden wir auch großzügig entlohnt. Und unsere Arbeit ist besser, als wenn du den ganzen Tag über in der Stadt stehen musst, der Hitze ausgesetzt bist und nichts dagegen tun kannst“, erwiderte Maged. „Wir können noch von Glück reden, dass wir im Schatten stehen und genügend Wasser haben.“

„Wäre auch schlimm wenn nicht. Ich bin nur froh, dass wir nicht wieder eine Dürreperiode haben.“

„Die letzte war Schlimm genug“, seufzte Maged.

„Wenigstens konnten wir genügend Wasser in den Oasen finden“, nickte Anwar.
 

Zum Glück hatte Akunadin nicht mitbekommen, wie die Männer über ihn sprachen und was sie über sein Alter zu sagen hatten. Es stimmte zwar schon. Er war alt, ein alter Mann und irgendwann würde er gebrechlich werden. Shimon allerdings war ja auch alt und noch zu guten Diensten da. Und so würde sich auch Akunadin nicht unterkriegen lassen und bis zum Ende seinen Platz im Palast einnehmen und erfüllen.

Sobald der Hohepriester durch die Palasttore geritten kam, gönnte er seinem Pferd eine Pause und brachte es zu Fuß zum Stall zurück. Dem Stallburschen reichte er die Zügel, sah diesen an und machte sich dann auch auf den Weg. Er war verschlossener geworden und bedankte sich nur noch selten für die einfachen Dinge im Leben. Viel eher nahm er diese schon als gegeben hin. Sie sollten für ihn gemacht werden und das ohne Aufforderung.
 

„Ist schon näheres für das Fest geplant?“, wollte Mahado von Seth wissen. Beide begegneten sich zufällig und kamen recht schnell ins Gespräch miteinander. So konnten sie wenigstens darüber sprechen was bald in Planung stand.

„Noch nichts Genaueres. Isis will in den nächsten Tagen nach Tänzerinnen suchen“, erzählte der Hohepriester. „Du weißt ja wie sie ist. Sie überlässt nichts dem Zufall.“

„Selbst bei den Frauen kann man nicht wissen ob sie dem Pharao was antun wollen. Wir können froh sein, dass sich Isis darum kümmert.“

„Meinst du, Pharao Aknamkanon war deswegen für eine weibliche Hohepriesterin?“, wollte Seth von seinem Freund wissen.

„Das wäre möglich“, nickte Mahado. „Aber es kann auch sein, dass er Isis wegen ihrer Gabe in die Zukunft zu blicken an den Hof geholt hat“, fügte der Ältere hinzu.

„Isis kann von Glück reden, dass sie damals nicht vom Pharao verbannt wurde“, murmelte der Priester. „Wobei das mit dein Verdienst war.“

„Aus der Sicht eines Magiers hat mich ihre Gabe fasziniert“, fing Mahado an. „Ich habe tatsächlich geglaubt, es wäre Magie, die sie einsetzt.“

„Da kann Isis recht froh sein, dass du so gedacht hast“, grinste Seth leicht.

Mahado wurde leicht rot und rieb sich an der Wange. „Eh…ja“, murmelte der Magier. Irgendwie war es ihm schon ein wenig peinlich so über Isis zu sprechen. Und wenn er sich daran erinnerte, wie er die junge Frau kennen lernte, so war das doch eine faszinierende Begegnung, besonders ihre ausdrucksstarken Augen, die ihn ansahen. „Weißt du, was mit Meister Akunadin in der letzten Zeit los ist?“

„In wie fern?“

„Ich seh ihn jeden Morgen ausreiten und am späten Nachmittag kehrt er zurück. Sein Pferd sieht recht geschunden aus, als würde er ihm keine Rast gönnen“, erklärte der Magier.

„Seltsam…“, murmelte Seth. „Soweit ich gehört habe, soll sich Meister Akunadin um die äußeren Dörfer kümmern. Die Wasservorräte werden immer knapper und die Versorgung durch die Oasen soll noch in weiter entfernt liegenden Dörfern bestehen bleiben“, erzählte der Priester.

„Hmm“, gab Mahado von sich, nickte aber im nächsten Moment.

„Du schaust so skeptisch“, warf Seth ein.

„Es ist nur…wenn er sich um die weitere Versorgung kümmert, muss er doch nicht so eilend zurück kehren. Ich hatte erwartet, er würde mehr Zeit in den Dörfern verbringen.“

„Ach du kennst doch Meister Akunadin, was er heute erledigen kann, das führt er zu Ende. Und wenn es schnell geht, ist es umso besser, da er sich danach der nächsten Aufgabe widmen kann. Außerdem solltest du nicht vergessen, dass er mehr als nur ein Dorf zu versorgen hat“, sprach Seth.

„Da magst du wohl recht haben“, nickte der Magier.

„Und wenn nicht, kannst du ihn gleich selber fragen. Da vorne kommt er.“

„Hallo, Meister Akunadin“, grüßten Seth und Mahado den Hohepriester, einen ihrer besten Freunde.

„Hmpf…Hallo…“, gab der Alte nur grummelnd von sich. Seine Laune schien nicht gut zu sein und sein Blick war hart, aber auch trüb. Mit schnellen Schritten trat der Ältere an den beiden jüngeren Priestern vorbei und suchte im Palast sein Gemach auf.

„Das war…“, murmelte Seth.

„…merkwürdig“, führte Mahado zu Ende.

Vergangenheit

Hohepriester Akunadin trat mit schnellen Schritten durch den Flur des Palastes. Er sah sich fast nicht mehr um und wollte nur noch in sein Zimmer. Seth und Mahado hatte er auch nur ganz knapp bemerkt. Seine Gedanken waren woanders, bei seinem früheren Leben, wenn man es genau sehen wollte.

Sobald der alte Mann an seine Zimmertür kam, öffnete er diese, trat ein und verschloss die Tür anschließend wieder. Mit seiner Kutte lehnte er sich nach hinten an die hölzerne Tür. Akunadin atmete tief ein und aus. Wieder hatte er das Pferd abgehetzt, hatte sich bemüht und es war umsonst. Seufzend schloss der Priester seine Augen und dachte ein wenig nach. Anschließend öffnete er die geschlossenen Augen wieder und sah in sein Zimmer. Im Vergleich zu den anderen Zimmern war dieses recht prunkvoll ausgerichtet und viel größer als ein normales Zimmer, aber auch kleiner als das des Pharaos.

Trat man gerade aus, so erkannte man sogleich ein Fenster, welches die Aussicht nach draußen zeigte. Im Sommer war es ein wunderbarer Ausblick und auch im Winter konnte man viel sehen. Trat man dann schließlich nach rechts so erkannte man das Bett des Priesters. Irgendwie wirkte es fremd im Raum, doch es gehörte zur Einrichtung dazu. Weiter links standen mehrere Regale und ein großer Tisch. Auch wenn es im Palast eine Bibliothek gab, die jeder Priester nutzen konnte, hatte Akunadin bei sich im Zimmer, selbst eine große Sammlung an antiken Büchern. Es waren Bücher, die er immer wieder las und durchging. Oft lieh er sie auch aus, wenn sie in der großen Bibliothek nicht mehr vorhanden waren. Am großen Tisch konnte er arbeiten, Pläne zeichnen oder einfach nur Briefe schreiben. Manchmal konnte man denken, dass das Zimmer einem Audienzraum ähnelte, da sich viele Männer hier tummelten und den Priester nach Rat fragten.

Fast schleichend bewegte sich der Hohepriester auf seine Bücher zu und zog eines seufzend heraus. Sein Blick war sogleich ganz starr auf das Buch gerichtet. Mehrere Minuten vergingen, ehe sich der Priester an seinen Tisch setzte, das Buch aufschlug und darin herum blätterte. Was Akunadin nun genau suchte, war selbst dem Priester nicht wirklich bewusst. Es war eben eine unbewusste Handlung. Immer wieder blieb sein Blick an den Seiten des Buches haften und dann erinnerte er sich.

Das war das erste Buch, welches er Seth zeigte, als dieser neu an den Hof kam. Zusammen fingen die zwei Männer an darin herum zu lesen und zu lernen. Ja, genau. Akunadin hatte die Lehrstunden immer mit diesem Buch angefangen und jetzt kehrte er zu diesem Buch zurück.
 

„Es ist mir eine Freude zu verkünden, dass Ihr, Seth, damit der jüngste Hohepriester und Beschützer meines Sohnes werdet“, verkündete Aknamkanom in der feierlichen Zeremonie bei der Seth in den Kreis der Priester aufgenommen wurde.

Aknamkanon saß zusammen mit seinem Sohn Atemu vorne auf dem Thron. Und während Atemu die ganze Situation verfolgte, mit seinem Blick den neuen Priester kein einziges Mal aus den Augen ließ, lauschte er den ehrfürchtigen Worten seines Vaters. Aknamkanon konnte wirklich sehr gut mit Worten umgehen und zog die Menschen sogleich in seinen Bann. Alle hörten auf ihn und liebten ihn. Was wünschte sich ein Pharao mehr?

Aknamkanon hatte bereits in früheren Zeiten angefangen sich die Liebe und das Vertrauen des Volkes zu erarbeiten. Er war ein offener, aufgeschlossener junger Mann, der seinen Mitmenschen den Respekt zollte, welchen sie verdienten. Man merkte dies auch im Alter an. Als Pharao durfte er sämtliche Menschen des Dorfes, sämtliche Hohepriester normal ansprechen. Und doch zog er es vor den Menschen ihre Würde zu lassen und sie mit den richtigen Titeln anzusprechen oder förmlicher zu werden.

Seth kniete vor dem Thron des Pharaos und dessen Sohn. Ehrfürchtig war sein Blick dem Boden entgegen gerichtet und doch erkannte man, wie sehr Seth den Worten des Pharaos lauschte. Er sog jedes einzelne Wort in sich auf und verinnerlichte dieses.

„Es freut mich sagen zu dürfen, dass mein Sohn nun einen Gefährten bekommt, der in seinem Alter ist. Seth, Ihr habt euch von unten bis ganz nach oben gearbeitet, ich erwarte viel von Euch“, fügte der ältere Pharao ein.

„Ich verspreche, ich werde Euch nicht enttäuschen“, sprach Seth. Kurz erhob er seinen Kopf und blickte den Pharao an. Damit wollte er signalisieren, dass man sich wirklich auf ihn verlassen konnte.

Seth nahm sich viel vor, er wollte einer der besten Hohepriester werden und seine Aufgaben erfüllen, ohne Rücksicht auf Verluste. Natürlich hatte Aknamkanon recht, er war jung und doch hatte er sich von unten hochgearbeitet. Es war eine große Chance für ihn und diese musste genutzt werden, jetzt, wo er alleine war.

„Das freut mich“, nickte Aknamkanon. „Ich weiß, Ihr habt sehr viel gelernt und wäre dies nicht der Fall, so wäret Ihr jetzt nicht hier vor uns. Und dennoch glaube ich, dass es viele Unterschiede darin gibt, was Ihr gelernt habt und was man hier von Euch erwartet.“

Seth nickte bei diesen Worten. „Das stimmt. Ich habe vieles gelernt, aber ich bin mir sicher, dass ich hier, an Eurem Hofe, noch mehr lernen werde“, meinte der Jüngling.

„Aus dem Grund wird Euch Akunadin alles zeigen und zusammen mit Euch lernen“, fügte Aknamkanon hinzu.

„Wie Ihr es wünscht“, stimmte Akunadin zu.

Je mehr er sich Seth ansah umso mehr wusste er, um wenn es sich bei der Person handelte. Sobald sich ihre ersten Blicke trafen, war es um Akunadin geschehen. Es war, als würde ein Blitz einschlagen. Er war es. Er musste es einfach sein. Ja, das war er.

Akunadin war sich immer sicherer, je mehr er den Worten seines Bruders lauschte. Das musste sein Sohn sein. Alles passte. Der Name, das Aussehen, und das Leid in der Kindheit. Jetzt hatte er es also von eigener Kraft geschafft und war an den königlichen Hof gekommen. Stolz erfüllte den Hohepriester und nur zu gern wollte er seinem Sohn die ganzen Räumlichkeiten zeigen und mit ihm zusammen lernen. Das Seth nun hier war grenzte fast an ein Wunder, ein Wunder, von dem Akunadin all die Zeit träumte. Oftmals malte er sich nachts in seinen Träumen aus, wie das Wiedersehen mit seinem Sohn werden würde, ehe die Träume in den Schatten verschwanden und der Hohepriester schweißgebadet wieder erwachte.
 

Als Akunadin die nächste Seite umblätterte, verharrte er noch eine Weile in dieser Position. Es war alles andere als ein Traum, es war die Wirklichkeit. Mit einem Lächeln schlug der Priester die nächste Seite um und betrachtete die vielen Worte in dem Buch. Das Buch beinhaltete sämtliche Erinnerungen an die alte Zeit, sowohl die Guten wie auch die Schlechten. Das Buch war sein persönlicher Schatz, ein Schatz, den er nie hergeben wollte. Akunadin hätte damals nie für möglich gehalten, dass sein Sohn noch am Leben war. Es grenzte an ein Wunder.
 

„Akunadin, wohin wollt Ihr, Bruder?“, wollte Aknamkanon wissen. Der Krieg war vorbei und Pharao Aknamkanon ging als Sieger hervor. Er hatte die ganze Unterstützung seiner Männer und die des Volkes. Jeder einzelne Bewohner stand hinter ihm und als die königliche Armee für den Notfall Unterstützung in Form von Männern brauchte, kamen sie alle. Sie liebten ihren Pharao wirklich und das konnte nicht jeder von sich sagen.

Akunadin selbst zog ebenso in den Kampf, doch dafür musste er das hinter sich lassen, was ihm das Liebste war. Während seiner Arbeit am Palast lernte der Priester auch in anderen Dörfern und Städten die Menschen kennen. Darunter war eine besondere Frau. Meritre. Sie war die Tochter eines Bauerns und doch zog sie Akunadin sofort in ihren Zauber. Ihre Schönheit und die Anmut die sie ausstrahlte waren der eines Königs würdig. Sobald Akunadin an dem Bauernhof vorbei ritt, legte er eine Rast ein. Da er zum Hofe gehörte, gewährten sie ihm alle Gastfreundschaft. Und so wurden aus den wenigen Besuchen immer mehr, bis Meritre seine Frau wurde. Heimlich.

Zwar hatte sich der Priester gewundert, dass bisher keiner was mitbekam, aber es war auch sein Glück. Wäre es anders, so hätte er vieles erklären müssen. Aber Gefühl konnte man eben nicht erklären. Zusammen mit Meritre wurde Akunadin glücklich und sehr bald war auch das erste Kind unterwegs. Ein Zustand, der ihm noch mehr Glück bereitete. Das Leben konnte nicht besser sein. Fünf Jahre hielt dieses Glück an und dann begann der Krieg. Akunadin musste ebenfalls mit reiten und seinen Bruder unterstützen. Aber warum nur? Dabei hatte Akunadin damals selber auf den Thron verzichtet und nun durfte er nicht einmal ein ruhiges Leben abseits des Palastes führen.

„Sei vorsichtig“, bat Meritre als sie von den Plänen ihres Mannes erfuhr.

„Das werde ich. Und du pass bitte auf dich und auf unseren Sohn auf“, nickte Akunadin. Dabei stieg er auf sein Pferd und sah von diesem herab auf seine kleine Familie. „Ich werde bald wieder zurück kommen“, fügte er an.

„Ich weiß“, lächelte die junge Frau. An ihrer Hand hielt sie Seth, der seinen Vater ängstlich anblickte.

„Wenn ich wieder da bin, werde ich dich dem Pharao vorstellen“, sprach der Priester.

„Ich werde auf dich warten“, kam es von Meritre.

Noch einmal blickte Akunadin zu seiner Familie. Sie gab ihm die Kraft, die er brauchte. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen ritt er los und zog in den Kampf.
 

Seufzend lehnte sich der Priester leicht nach hinten an die Stuhllehne und blickte nun aus dem Fenster seines Zimmers. Sein Blick zeigte die Traurigkeit in seinen Augen, die Einsamkeit. Wäre er damals nur nicht los geritten…es hätte so viel anders werden können.
 

Der Krieg dauerte nahezu zwei Jahre an, ehe endlich ein Sieger aus diesem hervor ging. Er forderte viele Opfer, doch die königliche Familie blieb zum Glück unversehrt. Nachdem sich alle im Palast erholten und wieder zu Kräften kamen, ließ Akunadin sein Pferd satteln. Jetzt konnte er endlich wieder zurück zu Meritre. Er war ein schneller Reiter und je mehr Zeit nun vergangen war, desto schneller wollte er zurück zu ihr und zu seinem Sohn. Doch was Akunadin sah, als er im Dorf ankam, war die Hölle.

Überall waren Schutt und Asche zu sehen, auch Menschen, die das Dorf wieder aufbauten. Langsam ritt Akunadin näher und erblickte einen Mann, der auch ihn wahr nahm.

„Sagt mir, was ist hier passiert“, wollte der Hohepriester wissen.

„Räuber, diese Halunken haben unser Dorf überfallen. Sie haben alles geplündert, was sie nur finden konnten und legten dann alles in Schutt und Asche. Wir konnten das Feuer nicht aufhalten. Alles loderte lichterloh“, erzählte der alte Mann. „Wir kümmern uns gerade um den Aufbau.“

„Ich verstehe“, murmelte Akunadin leise. Sein Herz klopfte die ganze Zeit über. Was war aus Meritre und Seth geworden? Schnell ritt Akunadin weiter und kam dann am Bauernhof an. Auch dieser war abgebrannt. Akunadin schluckte. Das konnte nicht sein.

„Meritre? Seth?“, rief er aus voller Seele.

Keine Antwort.

„Meritre? Seth? Wo seid ihr?“, kam es erneut von ihm.

Und wieder war diese eigenartige Stille da.

„Sucht Ihr jemanden?“, eine alte Frau kam gerade an dieser Stelle vorbei. Sie hielt einen Stock in der Hand an welchen sie sich festhielt nur um nicht umzufallen.

„Meine Frau, Meritre und meinen Sohn, Seth. Sie leben hier.“

„Mhmm, verstehe“, murmelte die Alte. „Hier lebt schon lange keiner mehr. Der ganze Hof ist vor einiger Zeit abgebrannt. Die Menschen, die hier einst lebten, sind leider in den Flammen gestorben.“

„Ge…gestorben…“, wisperte Akunadin.
 

Damals brach seine ganze Welt zusammen. Wäre Akunadin doch bloß nie weg gegangen, dann wäre das alles nicht passiert und seine Familie wäre noch am Leben. Akunadins gesamtes Leben wurde fad und öde. Ihn interessierte nichts mehr, gar nichts mehr. Was war das schon für ein Leben, wenn er seinen Sohn und seine Frau verlor.

Aber dann, dann als Seth an jenem Tag vor ihm auftauchte, wurde ihm bewusst, dass er nicht gestorben war. Er lebte, sein eigener Sohn lebte. Ein Wunder war geschehen. Akunadin wusste nicht, wie er es hätte beschreiben sollen. Und dann wurde ihm plötzlich bewusst, dass auch Meritre noch am Leben sein konnte.

„Ich werde dich finden“, murmelte der Priester leise als er von weiteren Erinnerungen übermahnt wurde.

Vorführstunde

Das Verhalten von Akunadin war für Mahado schon sehr bald wieder vergessen. Der Magier des Hofes bereitete sich auf die anderen wichtigen Sachen vor, die geklärt werden mussten. Bald würde wieder ein Fest am Hofe stattfinden und dafür brauchte es allerlei Vorbereitung. Nicht nur, dass für die Musik und das Essen gesorgt werden musste, sie mussten auch die ganze Unterhaltung ganz alleine auf die Beine stellen. Eigentlich war es keine wirkliche Anstrengung, da Feste in Ägypten keine Ausnahmen waren. Viel eher wurden oftmals welche gefeiert. Es gab Bauernfeste zur Erntezeit, nach Überschwemmungen und oftmals auch nach der Aussaat. Weitere Feste wurden oftmals gefeiert, wenn ein neues Leben geschenkt oder ein altes Leben genommen wurde, außerdem feierten sie viele Volksfeste zum Beginn des Neujahrs sowie zu Jahreszeitenanfang. Andere Feste waren die Thronbesteigungen, aber auch Feste zu Ehren des Nils. Das Sed-Fest und das Opet-Fest waren wichtige Feste, die man einfach feiern musste. Außerdem gab es jährlich Feste zu Ehren der Götter. Aber das waren nur die wichtigsten Feste, die das Pharaonentum feierte, viele andere wurden von den Menschen des Dorfes gefeiert. Nahm man die Sache mit den Festen ernst, so erkannte man, dass die Menschen in den Dörfern und Städten selten zur Arbeit kommen würden, so viele Feste hatten sie. Pharao Atemu selbst beschränkte sich auf die wichtigsten Feste und besuchte ab und an einige andere. Viele Feste verkörperten leider auch Gefahren. So zogen sämtliche Festlichkeiten zu Ehren der Götter oftmals eine große Bevölkerungsmenge auf die Straße, besonders auch Menschen, die anreisten um zusammen mit dem Pharao die Götter zu ehren. Mehr Menschen hieß für die persönliche Leibgarde von Atemu besser aufzupassen, da man nie wissen konnte, was passieren würde.

Atemu selbst war bislang nur bei einem Sed-Fest dabei, es war eines, welches zu Ehren seines Vaters, Aknamkanon, gefeiert wurde. Ein solches Fest wird auch als das Jubiläumsfest eines jeden Königs bezeichnet und findet nach 30-jähriger Herrschaftszeit statt. Der Ablauf des Festes blieb Atemu noch lange in Erinnerung. Es gab drei verschiedene Zeremonien. Zuerst fand die Erneuerung der Thronbesteigung statt. Aknamkanon trug dabei einen Mantel, welcher seinen ganzen Körper einhüllte. Dadurch wurde seine königliche Macht erneuert. Aber nicht nur dies wurde mit der Erneuerung beabsichtigt, viel mehr wurde durch den Prozess der Körper physisch verjüngt und man konnte als Pharao noch viele Jahre regieren. Anschließend erst durfte sich Atemu als Thronerbe neben seinen Vater setzen. Zu guter Letzt wurde der Pharao mit dem Gott Osiris gleichgesetzt, sowie das Aufrichten mehrere Obelisken, mit welchem das Fest schließlich eingeleitet wurde.

Alles war prunkvoll geworden und Atemu, der zu der Zeit noch ein kleiner Junge war, träumte noch mehrere Tage von den Festlichkeiten. Die nächsten Tage über hatte er seinen Vater und seinen Onkel über das Fest ausgefragt und wollte es ein weiteres Mal feiern. Leider ging das nicht so einfach, weswegen sich Atemu gedulden musste.

Aber zum Glück hatte er noch mehrere andere Feste an denen er beiwohnen konnte. So liebte Atemu das Opet-Fest. Es war eines der wichtigsten Fächer des Landes und wurde mit einer Dauer von 27 Tagen in Theben abgehalten. Wegen der großen Entfernung konnte Atemu nicht jedes Jahr daran teilnehmen, doch immer wenn es soweit war, freute er sich wie ein kleines Kind…was er zu der damaligen Zeit auch war. Und doch durfte er sich in der Öffentlichkeit nicht immer wie eines benehmen. Er musste lernen und königlich werden.

Oftmals durfte Atemu auch bei den Dorffesten anwesend sein. Zwar nicht alleine, aber wenigstens hatte er dadurch seine Kindlichkeit behalten konnten. Es war immer eine Freude wenn er zu den Festlichkeiten am Nil mitgehen durfte. Dieses Fest wurde dann von den Menschen abgehalten, wenn die Sommersonnenwende stattfand. Ein Hinweis hierbei war das Wasser im Nil, welches anfing zu steigen. Im gleichen Verhältnis in welchem der Fluss anschließend das Land überflutete um dort seinen Schlamm abzulegen, nahmen die Freuden der Menschen zu. Zusammen mit den Gefolgsleuten, die Atemu zur Seite gestellt waren, aß der junge Prinz mehrere Tage den Festschmaus und wartete darauf, dass sich das Tor des Tempels öffnete. Jedes Mal stand Atemu vorne, bekam alles aus bester Sicht mit und erfreute sich daran, wie die Priester aus dem Tempel kamen, eine Statue in der Hand hielten und schließlich am Nil entlang gingen. Immer wieder stellte sich Atemu vor, wie die Hohepriester am Hofe das gleiche Ritual durchführten. Unweigerlich musste der kleine Prinz anfangen zu kichern.

Hach ja, das waren früher gute Zeiten. Damals konnte Atemu unbeschwert Leben und musste sich um nichts kümmern. Es war eine sehr lebhafte Zeit für ihn, doch schon bald ging sie zu Ende. Sehr bald danach musste Atemu den Thron besteigen und aus der unbeschwerten Zeit wurde ein Leben mit den Lasten.

Wie jeden Tag um diese Uhrzeit saß Atemu auf seinem Thronsitz und hörte sich die verschiedenen Audienzen der Mitbürger an. Er nickte die ganze Zeit über und sprach mit den einzelnen Bürgern. So gut wie es nur ging, versuchte Atemu sämtlichen Wünschen zu entsprechen, doch leider lag es nicht in seiner Macht jeder Angelegenheit zuzustimmen. Nach knapp drei Stunden war die Audienz beendet worden und der junge Pharao konnte sich wieder um andere Sachen kümmern. Aber zuerst wurde gegessen und danach hielt er erstmals eine Pause ein. Ja, auch diese brauchte ein Pharao.
 

„Atemu…Atemu…“, rief Mana. Gerade erst hatte sie von Mahado einen neuen Trick gelernt, da musste sie sogleich die Räumlichkeiten von Atemu aufsuchen und es ihm vorzeigen.

Atemu saß wie sonst auch immer im Thronzimmer, doch schon von weitem konnte man Mana hören. Atemu schaute nach oben und erkannte dann auch schon wie seine Jugendfreundin auf ihn zu gelaufen kam. „Aber Mana, was hast du denn?“, wollte der Pharao von ihr wissen.

Schnurrstracks lief das Mädchen weiter auf Atemu zu und stoppte schließlich direkt vor seinem Thronsitz.

„Atemu, Atemu“, kam es wieder von Mana. Sie sah den Pharao ganz hastig an und musste dann erst einmal verschnaufen, ehe sie sprechen konnte. „Tut…tut mir Leid…“, wisperte das Mädchen leise.

Atemu fing an ein wenig zu Lachen und stand dann von seinem Platz auf. Er trat näher an seine Freundin heran. „Was ist denn los?“, wollte er erneut wissen.

„Ich…“, fing sie schließlich an. Noch immer kam sie nicht zu genügend Atem. Was musste sie auch so schnell laufen?

„Ja?“, fragte er und blickte das Mädchen weiterhin an.

„Ich hab was Neues gelernt“, rief sie dann fröhlich heraus. Für sie selbst war es immer ein Grund zur Freude, wenn sie die Magie beherrschte. Außerdem kam noch hinzu, dass Mahado sie jedes Mal rümpfen musste, wenn sie mal wieder mit anderen Sachen beschäftigt war. Es war immer lustig mit ihm, besonders wenn es Mana schaffte, dass er sich aufregte.

„Das find ich gut“, lächelte Atemu. Seit ihrer Kindheit war er mit Mana und Mahado sehr gut befreundet. Mahado vor allem verdankte er sein Leben und Mana brachte ihn immer wieder zum Lachen.
 

Eigentlich gehörte das Mädchen nicht an den Palast, doch es kam wie immer anders. An einem heißen Sommertag kamen sie und ihre Eltern zur Audienz zum Pharao Aknamkanon. Atemu selbst war zu diesem Zeitpunkt noch ein kleiner Junge, lauschte der Audienz aber ebenfalls. Lernen hieß es. Der junge Prinz musste in der warmen Sommerluft im Palast sitzen und seinem Vater zusehen, er sollte sehen, wie man mit dem Volk sprach, was man vermied und wie man mit den Menschen umgehen mussten. Aknamkanon selbst war das große Vorbild seines Sohnes.

Als dann Mana mit ihren Eltern herein kam, freute sich Atemu, dass er nun endlich mal wieder ein Kind im Thronsaal erblickte. Das Mädchen hatte etwas an sich, was sie sehr interessant machte. Damals konnte Atemu einfach nicht sagen, was es war, doch mit der Zeit fand er es heraus. Mana strahlte eine Unbekümmerheit aus und war immer am Lächeln. Sie war so ein fröhliches Mädchen, dass genau das Verhalten sein Interesse weckte.

„Wie ich sehe habt Ihr Eure Tochter mitgebracht“, meinte Aknamkanon nickend. Er selbst hatte nichts dagegen gehabt, wenn man die Familie mitbrachte, nur hätte er gerne eher davon erfahren.

„Ja, verzeiht, Pharao“, verneigte sich Manas Vater. „Wir wussten nicht wohin mit ihr. Deswegen kam sie mit.“

„Macht Euch keine Sorgen darum“, sprach Aknamkanon. Und doch grübelte er über das Kind nach. Es war in Ordnung, wenn sein Sohn die Audienz mitbekam, aber andere Kinder? Kinder sprachen doch untereinander über alles.

Mana blickte den Pharao weiterhin an, sobald auch er seinen Blick zu ihr schweifen ließ, wurde sie ängstlicher.

„Wenn Ihr wollt, kann Eure Tochter in den Garten spielen gehen“, schlug der Pharao vor. „Mein Sohn wird sie begleiten“, dabei nickte er diesem zu.

„Ja, ist gut, Vater“, stimmte Atemu ebenso zu. Er stand von seinem Platz auf und blickte zu Mana. „Komm, gehen wir“, meinte er.

„Au ja“, rief Mana lächelnd aus und lief dem Prinzen sogleich hinterher.

„Verzeiht. Sie ist manchmal so lebhaft“, murmelte Manas Mutter.
 

Diese Lebhaftigkeit hatte Mana kein einziges Mal am königlichen Hofe verloren. Atemu war froh, dass das unbeschwerte Mädchen die ganze Zeit über bei ihm war.

„Darf ich dir zeigen, was ich gelernt hab?“, wollte die Braunhaarige wissen.

„Aber natürlich“, nickte Atemu. „Ich bin schon gespannt, was du kannst“, fügte er hinzu.

„Ja, also gut“, Mana atmete tief ein und schloss ihre Augen. Sie brauchte sämtliche Konzentration und als sie die hatte, warf sie einen Stock nach oben. Sobald er herunter kam, hielt sie einen Blumenstrauß in ihren Händen. „Siehst du? Ich habs wieder geschafft“, erzählte sie fröhlich.

„Mana? Ach hier bist du“, Mahado kam näher an den Pharao und das Mädchen heran. Er seufzte leicht. Wieder war ihm Mana nach einer Lehrstunde entkommen und es war kein Wunder, dass sie sich bei Atemu einfand. „Was hab ich dir gesagt?“

„Ich…weiß es nicht“, gestand der Magierlehrling leicht zögerlich. „Das ich mehr üben soll?“

„Nein…“, Mahado schüttelte den Kopf und blickte wieder zu Atemu. „Verzeiht, dass sie Euch wieder einmal gestört hat.“

„Aber nicht doch. Mana stört mich nicht.“

„Da habt Ihr es gehört. Ich stör ihn nicht und ich kann zu jeder Zeit hier rein kommen“, sprach das Mädchen.

„Aber nicht wenn der Pharao arbeiten muss“, wies der Magier das Mädchen an.

„Aber…aber…“, mit traurigen Augen schaute Mana ihren Meister an. „…ich wollte ihm doch nur zeigen, was ich heute gelernt hab.“

„Ähm…“ Mana wusste genau wie sie den Mahado besänftigen konnte. Kaum schaute sie ihn mit leicht traurigen Augen an, konnte er ihr gar nicht mehr böse sein. „Kannst du auch noch das, was ich dir gestern gezeigt hab?“

„Natürlich“, nickte das Mädchen. „Wartet ich zeig es euch Beiden gleich“, fügte sie an.

Bitte

Nachdem Mana Atemu endlich zeigte, was sie alles konnte, musste der Pharao kichern. Egal was das Mädchen tat, sie brachte ihn immer und immer wieder zum Lachen. Und lachen tat in diesem Fall wirklich gut. Als Pharao hatte man es ja nie leicht, das musste der junge König erkennen, weswegen er sich sicher war, dass die Tatsache, sie am Hofe zu haben, das einzig Richtige war.

„Hab ich was falsch gemacht?“, wollte das Mädchen von Atemu wissen. Mit großen Augen blickte sie diesen an. Mana wartete nur noch darauf, dass er mit ihr darüber reden würde und möglicherweise würde sie es das nächste Mal besser machen. Wobei, besser machen war wohl das falsche Wort. Sie würde sich auf jeden Fall wieder Mühe geben es besser zu machen, ob es klappen würde, war wieder eine andere Sache.

„Nein nein“, er schüttelte den Kopf und schmunzelte nun, versuchend das Lachen zu verstecken.

„Was ist es dann?“

Damit brachte der Magierlehrling auch ihren Meister zum Lachen. Das war total typisch Mana, brachte einen zum Lachen und wusste nicht einmal warum.

„Jetzt sagt doch schon!“

„Tut mir Leid, Mana“, fing Atemu ruhig an. „Es ist nur…“, nun musste er nur noch die richtigen Worte finden um das Mädchen soweit zu besänftigen, dass sie sich nicht beleidigt fühlte.

„Ich höre?“

„Mana“, wies Mahado sie an. „Du sollst den Pharao nicht immer unterbrechen. Wie oft muss ich dir das noch sagen?“, wollte der Magier wissen.

„Oh, Verzeihung“, verbeugte sich Mana und sah Atemu weiter an. „Manchmal vergesse ich das einfach“, gestand sie schließlich.

„Das muss dir nicht Leid tun. Ich bin froh, dass du mich immer noch wie einen normalen Menschen behandelst und nicht so sehr wie einen Pharao“, lächelte der Junge.

„Gut“, nickte sie. „Und jetzt will ich wissen, warum ihr Beide so gelacht habt.“

„Du lässt wohl nie locker. Das solltest du nie verlernen“, nickte Atemu. „Es ist so, ich habe gelacht, weil du mir immer den Tag versüßt und mir jedes Mal eine Freude machst, wenn du mir vorführst, was du gelernt hast“, erklärte er.

„Das versteh ich. Aber bei Meister Mahado sieht das nie so lustig aus, dass ich lachen müsste“, sprach Mana und hob dabei den Zeigefinger an ihre Lippen hoch.

„Das ist auch nicht meine Absicht“, sprach Mahado und blickte das Mädchen an.

„Ach so“, murmelte sie leise. „Solange ihr euch damit nicht über mich lustig macht, ist das in Ordnung“, fügte sie an.

„Mach dir darüber keine Sorgen“, lächelte Atemu.
 

„Verzeiht, wenn ich einfach so störe“, kam es von der anderen Seite des königlichen Palastes. Isis war nun in ihrem langen Gewand eingetreten und schaute zu den drei anderen Personen.

„Sprecht nur, Isis“, nickte der Pharao. „Was hast du auf dem Herzen?“

„Es geht um das geplante Fest“, fing die junge Priesterin an.

„Es gibt wieder ein Fest?“, rief Mana dazwischen. Sofort hatte sie ihre Augen leicht weit aufgerissen und blickte die kleine Menge an. Immer wenn es Feste gab, war ihre Freude kaum zu unterdrücken, was meistens daran lag, dass sie zusammen mit Mahado für den Spaß in Form von Magie sorgen durfte. „Das ist wunderbar“, lächelte sie anschließend. „Aber sagt, wann genau wird das Fest stattfinden?“

„Mana?“, räusperte sich Mahado zögerlich.

„Ja?“

„Du sollst doch nicht immer dazwischen reden“, wies er das Mädchen an.

„Aaahhh…“, sofort legte sie ihre beiden Hände gekreuzt auf den Mund. Schluckend schaute sie abwechselnd Atemu, Mahado und Isis an. „Tut mir Leid, war mein Fehler“, fügte sie hinzu.

„Mana…du bringst mich noch ins Grab“, wisperte der Magier und hielt sich die Hand vor sein Gesicht.

„Tut mir Leid“, das Mädchen begann nun damit ihren Hinterkopf zu kratzen. „Ich kann nicht anders.“

Erneut kicherte Atemu leicht, fing sie aber anschließend wieder und blickte Mana an. „Um auf deine Frage zurück zu kommen, wir haben ein Fest geplant, welches in fünf Tagen stattfinden soll.“

„In fünf Tagen schon?“, sie lächelte. „Dann müssen Meister Mahado und ich ja noch ein wenig üben.“ Ein weiteres Mal schaute sie ihren Kindheitsfreund an. „Wir dürfen doch wieder was vorführen, oder?“

„Aber natürlich“, nickte Atemu. „Darauf möchte ich nicht verzichten. Aber nun, Isis, was wolltet Ihr mir wegen dem Fest erzählen?“

„Wir sind immer noch auf der Suche nach geeigneten Tänzerinnen“, fing die junge Frau an. „Unser Problem ist, dass die zu letzt ausgesuchten Mädchen wegen Krankheit ausfallen.“

„Krankheit?“, wollte der Pharao hellhörig wissen. Von seinem Thron hatte er sich nun erhoben und schaute die Priesterin weiter an.

„Es ist keine schlimme Krankheit, sie fühlen sich nicht gut und müssen sich erstmals ausruhen. Aus dem Grund wird es für die Frauen nicht möglich sein in fünf Tagen für Euch zu tanzen. Ich würde gerne Eure Erlaubnis haben um in die Stadt zu gehen und für das Fest neue Tänzerinnen suchen. Momentan haben wir wieder Markttage, ich bin mir sicher, dass zur Belustigung der Gäste und Einkäufer einige Frauen tanzen werden.“

„Isis, seid Ihr Euch sicher, dass ihr das in der gegebenen Zeit schaffen werdet?“, wollte er wissen.

„Wenn ich ehrlich bin, nein, aber ich werde daran arbeiten, dass das Fest zu Eurer höchsten Zufriedenheit ablaufen wird. Sollte ich heute nicht fündig werden, werde ich in anderen Dörfern nachfragen und wenn dies auch nicht zufriedenstellend wird, werde ich einen anderen Weg finden“, sprach die junge Frau. „Ihr könnt Euch auf mich verlassen.“

„Gut, sagt mir aber rechtzeitig Bescheid, solltet Ihr das alles nicht schaffen. Ich bin mir sicher, wir können das Fest auch noch fünf oder zehn Tage später feiern“, entgegnete Atemu ruhig. Der Pharao setzte sich wieder zurück in seinen Thron und nickte noch einmal bestätigend.

„Sehr wohl“, verbeugte sich Isis. „Ich werde Euch heute noch meine Ergebnisse mitteilen“, fügte die Frau an. „Wenn Ihr mich nun bitte entschuldigen würdet, ich werde in das Dorf gehen.“

„Gewiss“, sprach Atemu.

„Isis, wartet, ich komme mit“, rief Mana. Schnurrstracks lief sie der jungen Priesterin nach und ließ die beiden Männer im Raum stehen.

„Ich dachte, sie wollte mit mir üben“, murmelte Mahado wenig verwundert.

„Wie immer Mana“, kicherte der Pharao. Das war wieder einmal eine typische Handlung von dem Mädchen. Sie wollte das Eine, dann wollte sie das Andere und dann machte sie doch wieder das, was anders war.
 

Isis blickte aus dem Augenwinkel zu dem Mädchen. Sie lächelte leicht und ging den Weg weiter zu ihren Räumlichkeiten. Dort blickte sie nun gänzlich auf das Mädchen herab. „Mana!“, fing die Priesterin an. „Kann ich dir helfen?“, wollte sie schließlich wissen.

„Eh…ja“, nickte das Mädchen ruhig. Zögerlich ließ sie die beiden Fingerspitzen ihrer Zeigefinger gegeneinander stoßen. Man merkte ihr an, dass sie ein wenig verschüchtert war. Aber konnte Mana schüchtern wirken?

Isis selbst konnte dies nur schwer glauben. So aufgedreht wie Mana immer war, dachte keiner daran, dass sie auch eine andere Art und Seite hatte, eine Seite, die einem jungen Mädchen glich. „Ach Mana“, lächelte die Schwarzhaarige. „Du kannst es mir wirklich erzählen.“

„Ich würde gerne von Euch lernen“, sprach das Mädchen.

„Von mir lernen?“

„Ja, Ihr wisst genau, wie Ihr Euch hier im Palast und draußen verhalten müsst. Das will ich auch können und den Pharao und Mahado nicht immer zum Lachen bringen. Ich will eine richtige Frau werden.“ Flehend blickte sie die Ältere an.

„Aber Mana“, lächelte Isis. „Du bist doch noch ein junges Mädchen und wenn die Zeit reif ist, wirst du es von alleine können“, fügte sie hinzu.

„Ich möchte aber nicht solange warten. Ich will, dass Meister Mahado sieht, dass ich auch anders sein kann. Bitte Isis!! Ich brauche Eure Hilfe, alleine schaffe ich es nicht. Egal wie sehr ich mich anstrenge, ich fall wieder in mein altes Muster zurück“, murmelte Mana. Bereits mehrere Versuche, erfolglose Versuche hatte Mana hinter sich. Jedes Mal hielt ihre Änderung nur wenige Tage, meistens aber auch nur wenige Stunden an. Jedes Mal fiel sie wieder zurück und konnte ihre Art nicht mehr unterdrücken. Dabei wollte sie unbedingt das richtige Benehmen lernen, nur so konnte sie die Aufmerksamkeit von Atemu auf sich ziehen, die sie wollte. Begonnen hatte es damit, dass Mana versuchte Isis mehrfach nachzuahmen, aber es klappte nie. Jedes Mal wusste sie nicht mehr, wie die Schwarzhaarige in der Situation reagieren würde, in welcher sie dann war. Es war einfach nur zum Haare raufen. Aber jetzt stand die Hohepriesterin vor ihr und es gab kein Entkommen vor ihrem Wunsch.

„Du meinst es wirklich ernst“, stellte die Schwarzhaarige fest.

„Natürlich“, nickte Mana. „Bitte, tut Ihr es?“, wollte sie dann wissen. „Ich bin mir sicher, dass das alles auch Meister Mahado positiv auffallen wird.“

„Das wird es ihm sicherlich. Deine Veränderungen wären nicht gerade versteckt“, warf Isis ein.

„Ich meinte eigentlich auf Euch bezogen“, schmunzelte das Mädchen.

„Was?“, entgleist schaute die Hohepriesterin zu der Anderen.

„Ich hab doch bemerkt, dass Ihr sehr gut mit Meister Mahado aus kommt. Ich bin mir sicher, dass er Euch damit noch mehr bemerken wird“, kicherte Mana leicht.

„Mana! Das reicht jetzt“, wies Isis das Mädchen an.

Doch Mana kicherte weiter. „Tut mir Leid, aber das konnte ich mir nicht verkneifen. Verzeiht Isis. Es ist nur, Ihr und Meister Mahado seht so toll zusammen aus“, sprach sie.

„Mana!“, die Röte um Isis‘ Nasenspitze nahm nun zu. „Jetzt hör doch auf damit“, wisperte sie.

„Verzeihung“, murmelte Mana.

„Also gut, ich werd dir zeigen, wie man sich richtig benimmt. Aber ich möchte nicht mehr, dass du weiter darauf rumreitest.“

„Danke danke“, lächelte das Mädchen und umarmte Isis vor Freude. „Ich verspreche Euch, Ihr werdet das nicht bereuen“, fügte sie hinzu.

„Das will ich doch hoffen“, nickte Isis. Weiterhin blickte sie auf das Mädchen herab. „Dann geh dich ein wenig frisch machen und wir treffen uns in einer Stunde draußen.“

„Ich werde nicht zu spät kommen“, sprach Mana und lief los zu ihrem Zimmer.

Isis blieb zurück. Sie legte ihre Hand an den Kopf und fuhr sich durch die Haare. Was hatte sie sich da nur eingefangen? Mana wollte doch tatsächlich lernen, was es hieß eine richtige Frau zu sein. Und wozu sollte das noch führen? Isis schüttelte leicht den Kopf als sie in ihr Gemach eintrat. Doch dann hatte sie wieder Hoffnung, Hoffnung, dass es Mana wirklich ernst meinte.

Geheimnis

„Hach…“, murmelte der alte Hohepriester, der an seinem Schreib- und Arbeitstisch saß. Wieder musste Akunadin daran denken, was alles in der letzten Zeit passiert war und je mehr er daran dachte, desto weniger fand er eine Lösung.

Immer wieder durchstöberte der Ältere seine Bücher, suchte und suchte und doch gab es keine Neuigkeiten. Auch die ganzen Landkarten des Landes brachten ihn nicht weiter. Jedes einzelne Mal markierte er sich die Stellen, wo er bereits war. Mit einem ‚X‘ wurden sämtliche Dörfer bzw. Städte gekennzeichnet, wo er seine Frau nicht fand, war dieses ‚X‘ noch umkreist so war Akunadin bereits ein zweites Mal an dem Ort gewesen. Wie sollte es auch anders sein?

Der Hohepriester konnte doch nicht sicher sein, dass seine Frau nicht noch in das Dorf reisen würde, wenn sie auf der Flucht war oder selber nach ihm suchte. Dies war auch der Grund, weswegen der Priester nicht so schnell mit der Suche voran kam und immer wieder zurück zum Alltag kehren musste. Wenn er sich doch nur sicher sein konnte, dass seine Frau nicht in das Dorf kam, wäre er bereits viel weiter in seiner Suche. Auf die Menschen vertraute er auch nur noch ganz selten, fast gar nicht.

Das Buch zuklappend, stand der Hohepriester auf und legte es zurück in das Regal, aber nicht so, dass man es sich möglichst sofort wieder heraus nehmen konnte, sondern viel eher versteckt. Ein kleines Buch in einem größeren Buch, wo die Seiten fehlten und es fiel keinem auf. Akunadin starrte auf die Unmengen an Bücher, die er mit der Zeit ansammelte und keines brachte ihn auch nur irgendwie weiter. Sie gehörten zu seinem Leben und doch waren sie nur wertlose Stücke Papier. Was brachte ihm eine solch große Sammlung an Büchern, wenn er das verlor was am Wichtigsten war?

Der Hohepriester war allein, lebte viel eher zurück gezogen, kümmerte sich aber um die belanglosen Sachen am Hofe. Wie sehr er doch dieses Leben hasste und dennoch stand er jeden Morgen auf, erledigte seine Arbeit und zeigte sich positiv, sowohl für sich selbst als auch für die Außenstehenden. Es brachte Akunadin nichts, würde er seine Gefühle zeigen. Pharao Atemu würde rein gar nichts machen können. Einzig und allein die Tatsache, dass Seth am Hofe war, war etwas, das Akunadin wieder leben ließ.

Und dann musste der Hohepriester auch noch mit ansehen, wie das Talent seines Sohnes vergeudet wurde. Seth war nur Priester und gleichzeitig einer der Beschützer des Pharaos. „Das kann nicht wahr sein“, grummelte Akunadin. Nur Priester. Nur Beschützer. Dabei war sein Sohn, Seth, zu Größerem bestimmt und dennoch begnügte sich sein Sohn mit diesen Aufgaben.

Akunadin schüttelte den Kopf und trat nun an das Fenster in seinen Raum heran. Sein Blick schweifte nach draußen heraus, wo er die Landschaft beobachtete. Das alles hier war…es war eben sein Leben und doch passte es ihm nicht. Seit dem er bemerkte, dass nur er es war, der alles einstecken musste, dass er Menschen verlor, die ihm wichtig waren, wusste der Hohepriester, dass es so nicht weiter gehen konnte. Es interessierte keinen am Hofe, was mit ihm war, wie er sich fühlte und ob es ihm gut ging. Zwar fragte Atemu hin und wieder nach seinem Befinden nach, dennoch hatte der Priester das Gefühl, als wären es lediglich Floskeln. Akunadin ballte seine Fäuste und stemmte diese anschließend gegen die Fensterbank.

„So darf es nicht enden“, wisperte der Mann. Mit schnellen Schritten trat Akunadin an seine Tür, aus welcher er geschwind heraus trat. Sofort trugen ihn seine Füße nach draußen, wo er sich das Pferd holte und raus ritt. Zwar war er an diesem Tag bereits draußen gewesen um seine Arbeit zu vollziehen, doch das hieß nicht, dass er den restlichen Tag im Palast bleiben musste. Sofort stieg der Priester auf das Pferd und scheuchte es durch das kleine Dorf am Fuße des Palastes. An einer kleinen Schanke ließ er das Pferd langsamer werden und stieg danach ab. Die Trense band der Hohepriester an einen der Holzmäste vor der Schanke an und trat in diese ein.

Weit ausschweifend blickte sich Akunadin in der Schanke um. Sofort setzte er sich in den hinteren Teil der Räumlichkeiten, wo er sich an einen Tisch setzte, an welchem bereits zwei Männer saßen.

„Schön Euch wiederzusehen, Meister Akn…“, fing einer der Männer an.

„Scht. Seid still!“, wies der Hohepriester beide Männer hin. Dabei blickte er nicht gerade freundlich drein.

„Verzeiht“, murmelte der Zweite.

„Ja, bitte Verzeiht. Ich habe vergessen, dass Ihr nicht erkannt werden wollt.“

„Was können wir für Euch tun?“, wollte der Erste wissen.

„Ich brauche wieder einmal eure Hilfe“, fing Akunadin an. Die Hände waren vorversetzt und ineinander gehackt.

„Aber natürlich. Was können wir diesmal für Euch tun?“

„Ich wusste, dass ich mich auf euch verlassen kann“, nickte der Hohepriester. „Ihr werdet den Pharao vom Thron setzen. Um den Rest werde ich mich kümmern.“

„Wenn die Bezahlung stimmt, machen wir es“, sagte der Mann.

„Macht euch um eure Bezahlung keine Sorgen. Ihr solltet wissen, dass ich eine große Menge für das Ziel springen lasse“, sprach Akunadin.

„Sehr schön“, nickte der zweite Mann.

„Habt Ihr einen besonderen Wunsch, wie wir es angehen lassen sollen oder haben wir freie Hand?“

„Macht was ihr wollt, aber hinterlasst keine Spuren die auf euch oder auf mich zurück zu führen sind“, entgegnete der Priester.

„Keine Sorge, damals als Euer Bruder im Krieg war, haben wir auch keine Spuren hinterlassen. Es wird wie geplant ablaufen“, meinte wieder einer der Männer.
 

„Was haltet Ihr momentan von Akunadins Verhalten?“, wollte Shimon wissen. Zusammen mit Atemu und Seth ging er gerade durch den Palastgarten, wo sie zuvor sahen, wie Akunadin mit schnellen Schritten heraus gestürmt war.

„Was sollte mit ihm sein?“, wollte Atemu wissen und runzelte die Stirn.

„Habt Ihr es noch gar nicht bemerkt?“, kam es dann von Shimon. „Meister Akunadin verhält sich in letzter Zeit sehr merkwürdig. Er ist ständig ein wenig leicht gereizt, reitet sehr oft aus und treibt sein Pferd immer zu Höchstleitungen an. Ich weiß nicht was mit ihm los ist, aber mein Gefühl sagt mir, dass etwas in der Luft liegt.“

„Das kann sein“, nickte Atemu. „Ich muss ehrlich zugeben, ich habe nichts von den Veränderungen mitbekommen, aber ich bin mir sicher, wenn Akunadin etwas hat, wird er schon zu uns kommen und darüber sprechen“, fügte der Pharao hinzu.

„So seh ich das auch“, stimmte Seth zu. „Durch Meister Akunadin hab ich sehr viel gelernt. Ich erlaube mir zu sagen, dass ich Meister Akunadin recht gut kenne und auch weiß ihn einzuschätzen.“

„Mhmm, ich verstehe. Wenn Ihr es sagt, wird es sicherlich auch stimmen.“

„Shimon, mach dir nicht so viele Sorgen. Ich bin mir sicher, dass Akunadin einfach nur einige schlechte Tage hat. Das geht vorbei“, entgegnete der Pharao.

Shimon nickte und starrte auf den kalten Boden. „Er wirkt kühler“, murmelte der Ältere.

„Meister Akunadin wird jeden Tag älter. Vielleicht ist auch im Dorf irgendwas vorgefallen, über das er nicht reden mag. Wie unser Pharao bereits erwähnte, es ist sicherlich besser, wenn wir Meister Akunadin genügend Zeit geben. Mit Zwang und Wut können wir nicht erwarten, dass er uns irgendwas Erzählt.“

„Ich hoffe, Ihr habt Recht, Meister Seth“, nickte Shimon. „Mir wurde heute erzählt, dass er recht kühl an den Wachen vorbei ritt und sofort sein Zimmer aufsuchte, welches er bis vorhin nicht verließ. Wahrscheinlich bilde ich mir auch nur alles ein.“

„Das passt nicht zu dir“, warf Atemu ein. „Wenn du anfängst, dir über irgendwas Sorgen zu machen, dann hat dies einen berechtigten Grund“, sprach er anschließend. „Ich möchte Akunadin nicht bevormunden, deswegen sollten wir warten, bis er zu uns kommt.“

„Trotzdem schlage ich vor, dass wir Akunadin im Auge behalten“, sprach der ältere Berater.

„Nein, das seh ich nicht so“, schüttelte Seth den Kopf. „Damit würde er sich beobachtet vor kommen und das Vertrauen ins uns alle verlieren“, fügte er hinzu.

„So seh ich das auch“, nickte Atemu.

„Dann werden wir also gar nichts tun?“, wollte Shimon wissen.

„So wird es sein. Wir werden erstmals abwarten. Erzählt mir ruhig, wenn sich sein Verhalten wieder ändert, dann werde ich sehen, was ich machen kann“, wies der Pharao den Berater an.

„Gewiss“, nickte der Alte. Und trotzdem nahm sich Shimon vor den Hohepriester zu beobachten. Er musste es nur geschickt anstellen und den richtigen Zeitpunkt abwarten.

Wie Pharao Atemu bereits sagte, meistens waren die Vermutungen, die er hatte, genau richtig. Und so musste er einen Weg finden um das Geheimnis, welchen den Hohepriester umgab, heraus zu finden. Egal wie.

„Sehr gut“, lächelte Atemu. „Dann lasst uns jetzt nicht weiter darüber reden“, entgegnete Atemu schmunzelnd. „Gibt es sonst noch etwas, was ihr mir sagen wollt?“

„Es gibt noch immer keine Tänzerinnen für das Fest, aber das wisst Ihr sicherlich schon.“

„Isis hat es mir bereits gesagt“, nickte Atemu. „Sie ist zusammen mit Mana in das Dorf gegangen um nach neuen Tänzerinnen zu suchen.“

„Zusammen mit Mana?“, wollte Seth wissen. Er musste leicht lachen. Das würde ja noch was geben. In seinen Gedanken spielten sich schon mehrere Szenen ab, wie Mana die Ältere in den Wahnsinn treiben würde, und vor allem aber auch, wie die Suche der Beiden ablief. Welche Version aber wirklich passieren würde, müsste er noch heraus finden.

„Ja, sie wollte auf einmal mit ihr gehen. Mahado hat das gar nicht lustig gefunden, weil er mit ihr noch üben wollte. Aber ihr kennt ja Mana, wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat, setzt sie alles daran um es auch zu bekommen.“

„Das ist typisch Mana. Sobald die Zwei wieder zurück sind, werde ich Fragen gehen, was im Dorf vorgefallen ist und wie sich unser Nesthäkchen benommen hat“, sprach Seth.

„Ich bin mir sicher, sie weiß sich zu benehmen“, warf Shimon ein.

„Selbst wenn nicht, mit ihrer Art macht sie alles wieder wett“, schmunzelte der Pharao.

Fünf Tage

Tage der Suche nach Frauen, die bei dem Fest tanzen konnte, vergingen und vergingen. Egal wie sehr sich Isis zusammen mit Mana auch bemühte, keiner entsprach ihren Anforderungen. Natürlich gab es hin und wieder viele Frauen, die vortanzten, aber keine der Frau hatte das gewisse Etwas. Isis wusste zwar selber nicht nach welcher Art von Frau sie suchte und dennoch war ihr klar, dass sie sie finden würde, würde eine von ihnen vor ihr stehen. Aber jetzt war dies noch nicht soweit.

„Lass uns gehen“, sagte Isis seufzend. Die Sonne stand wieder einmal hoch am Himmel und es wurde immer wärmer und wärmer.

„Ja ist gut“, nickte das Mädchen. „ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer werden würde eine Tänzerin zu finden“, fügte Mana hinzu.

„Das hab ich am Anfang auch nicht gedacht. Aber man muss bei der Suche die ganze Zeit über aufpassen“, erzählte die Priesterin. „Eine Tänzerin zu finden ist eigentlich einfach. Aber du musst auf viele verschiedene Gesichtspunkte achten. Zum Einen ist da die Tatsache, wie gut die Frauen ihr Handwerk ausüben, wie schnell sie möglicherweise neue Tänze oder Schritte lernen können. Aber das sind nur die nebensächlichen Punkte, auf die wir achten müssen. Daneben ist es natürlich auch noch wichtig, dass die Frauen ein schönes Aussehen haben. Äußerliches Aussehen ist hierbei zweitrangig, du musst versuchen in ihr Inneres zu sehen und zu schauen, ob sie im Inneren leuchten, das Leuchten mit ihren Augen aufzeigen können. Das ist das gewisse Etwas, was man bei den Frauen finden muss. Am wichtigsten ist es, das wir uns sicher sind, dass die jungen Frauen keinen Anschlag auf unseren Pharao ausüben wollen oder dergleichen.“

„Das sind aber ziemlich viele Punkte“, murmelte der Magierlehrling.

„Und alle sind wichtig“, warf Isis ein. „Auf dem ersten Blick hört es sich nach sehr viel an, aber wenn man weiß, was man sucht, ist es einfach.“

„Woran erkenn ich denn, dass eine Frau das gewisse Etwas hat?“

„Es gibt keine richtigen Merkmale dafür“, lächelte die junge Frau. „Man erkennt die Frau wenn man sie sieht. Also mach dir darum keine Sorgen“, fügte Isis an.

„In Ordnung, dann wird ich meine Augen aufmachen. Und wie erkenn ich, dass eine Frau es nicht auf den Pharao abgesehen hat?“, wollte Mana wieder wissen.

„Das ist nicht immer so einfach. Du hast ja gesehen, dass ich jedes Mal mit den jungen Frauen gesprochen habe. Man merkt schnell an ihrem Gesichtsausdruck und an der Tonlage wie sie mit dir reden, welche Absichten sie haben. Manchmal musst du aber auch auf ihre Hände und ihren Körper achten. Dies verrät sehr viel über einen“, erklärte die Priesterin.

„Ich werde darauf achten“, nickte Mana. „Ist es schon mal passiert, dass eine der Tänzerinnen auf den Pharao los ging?“

„Unglücklicherweise passiert das öfters als man denkt. Wir sind auch nur Menschen und keiner von uns kann sagen, ob er die richtige Wahl trifft“, sprach Isis. „Und das wirst du auch sehr früh merken. Es gab in der Vergangenheit leider schon einige Fälle von Tänzerinnen, die versucht haben den Pharao umzubringen. Egal wie sorgsam wir manchmal sind, die Menschen versuchen es trotzdem immer wieder. Dabei kann ich gar nicht verstehen, warum man es auf ihn abgesehen hat“, seufzte die junge Frau. „Aber wie du bereits gesehen hast, sind wir für jede solche Situation gerüstet und die Wachen sind auch noch da.“

„Ich hab solche Angst, dass ich auch den Fehler mache und eine falsche Entscheidung treffe“, murmelte Mana.

„Ach Mana“, wisperte Isis. „Ich weiß, aller Anfang ist schwer, aber du bist genau so ein Mensch, wie wir anderen, wir machen alle Fehler, das ist einfach menschlich. Du musst lernen damit zu leben und wenn dieser Fehler passiert, kannst du dich entweder dein ganzes Leben lang verstecken oder du machst weiter. Ich kann dir sagen, die bessere Option ist das weiter machen. Wenn du einmal aufgibst, ist es schwer sich wieder aufzurappeln und neu anzufangen. Fang lieber sofort neu an und warte nicht. Wenn du wartest, wird es schlimmer und zieht sich in die Länge. Im schlimmsten Fall kann es dich sogar deine Existenz am königlichen Hofe kosten.“

„Ich werde es versuchen“, nickte das junge Mädchen. „Auf jeden Fall werde ich mein bestes geben“, fügte Mana an.

„Gut zu hören. Lass uns jetzt zum Pharao und von unserer Suche berichten. Wir müssen das Fest um einige Tage verschieben lassen. So schaffen wir es auf gar keinen Fall noch Tänzerinnen zu finden und sie anzuweisen.“

„Ist gut“, stimmte Mana zu.
 

„Verzeiht, mein Pharao“, fing die Hohepriesterin an. „Wir bringen keine guten Nachrichten.“

„Was ist passiert?“, wollte Atemu wissen und runzelte die Stirn. „Ist es sehr schlimm?“

„Nun ja“, murmelte Isis. „Wir müssen das Fest zu Eurer Ehren noch verschieben. Es tut mir Leid, aber wir haben keine Tänzerinnen finden können. Wir brauchen noch ein wenig mehr Zeit. Bitte gebt sie uns.“

„Isis, wisst Ihr, Ihr habt mir gerade ein schlechtes Gefühl gegeben und ich dachte, es wäre etwas Schlimmes passiert. Ich bin froh, dass es sich in diesem Fall nur um eine Kleinigkeit handelt“, lächelte Atemu.

„Nun ja, wir wissen, wie sehr Ihr die königlichen Feste mögt. Aus diesem Grund wollten wir Euch eigentlich keine schlechten Nachrichten verkünden. Leider lässt es sich nun nicht mehr ändern“, erzählte die junge Frau.

„Macht Euch darum keine Sorgen, Isis. Ich verkrafte es sehr gut, wenn wir das Fest um einige Tage verschieben“, sprach Atemu. „Reichen Euch fünf weitere Tage?“

„Aber natürlich“, nickte die Priesterin. „Fünf Tage sind mehr als genug. Ich verspreche Euch, dass wir in den fünf Tagen genügend Tänzerinnen finden werden und dass das Fest diesmal wie geplant stattfinden kann“, lächelte sie.

„Dann soll es so sein.“
 

Zur gleichen Zeit betrat ein etwas älterer Herr den Eingang des Dorfes. Bei sich hatte er zwei Karren, die abgedeckt waren. Ruhig passierte er die Wachen, die am Eingang standen.

„Seid gegrüßt“, fing der Eine an.

„Herzlichen Dank. Ihr auch, meine Herren“, entgegnete Khem.

„Lange ist es her, dass wir Euch hier sahen, Khem“, meinte der Zweite.

„Ich tu was ich kann“, schmunzelte der Alte.

„Und werdet Ihr auch diesmal wieder auf dem Markt verkaufen?“

„Das will ich doch hoffen. Ich habe einen guten Stand erkauft“, nickte Khem.

„Ich freue mich schon auf Euer Obst.“

„Da muss ich Euch leider enttäuschen, mein Herr. Diesmal habe ich etwas viel Besseres gefunden als Obst. Meine neuen Waren werden mir mehr Geld einbringen“, grinste er.

„Können wir die mal sehen?“, wollte einer der Wachen wissen.

„Tut mir Leid. Ihr wisst doch wie das ist, lasst euch überraschen. Mehr möchte ich an dieser Stelle auch nicht verraten. Nachher wäre es keine Überraschung mehr und jeder wüsste, was ich verkaufe. Außerdem“, er fing an zu grinsen. „…kann mich so keiner nachmachen.“

„Verstehe. Naja gut. Ihr dürft passieren, aber auch nur, weil wir Euch bereits von früheren Märkten kennen“, nickte einer der Wachen.

„Habt vielen Dank.“
 

Nachdem Khem die Wachen endlich passierte, setzten sich die Beine des Mannes ein weiteres Mal in Bewegung. Er hatte Glück, da diese den Inhalt seiner zwei Karren nicht kontrollierten. Damit konnte man nicht immer rechnen, aber wenigstens ging sein Plan auf. Notfalls würde er ihnen einfach den kleineren Karren zeigen, in welchem Obst und Gemüse lagen. Alles, nur den großen durften sie nicht sehen.

Sobald der Ältere an seinem Haus ankam, brachte er den großen Karren nach hinten. Sicher, dass keiner diesen Moment beobachtete, zog er die Plane herab und schloss die Tür des Käfigs auf.

„Raus mit euch“, sein Ton von freundlich wie er zu den Wachen war, veränderte sich nun zu finster. „Ich werde mich nicht wiederholen“, fügte er hinzu.

Nach und nach stiegen einige junge Mädchen und junge Frauen aus den Karren aus. Sie alle hatten den Befehl während der gesamten Reise still und ruhig hinten zu sitzen. Würden sie es nicht tun, so mussten sie mit dem schlimmsten rechnen.

Die ganze Zeit während seine Gefangenen aus dem Käfig stiegen, ließ er sie nicht aus den Augen. Sie wussten, was ihnen blühte, würden sie einen Versuch wagen und entkommen wollen. Aber dies war selten der Fall, wenn er an seine langjährige Arbeit dachte. Alle Mädchen wurden vor Beginn in einen kleinen Raum gesperrt, größtenteils demoralisiert und ihr Wille gebrochen. Sie alle waren nur noch ein Häufchen voll Elend und taten das, was man von ihnen verlange.

„Mhmm“, grinste Khem. „Du bist aber ein hübsches Ding“, mit einem Klaps auf dem Hinterteil schob er eine blonde Frau weiter und begutachtete danach den Rest.

Sein Grinsen blieb während der ganzen Sichtung erhalten. „Für dich wird ich sicher so einiges herausschlagen können“, sprach der Mann schließlich.

Zu guter Letzt legte er seine Hand an das Gesicht des letzten Mädchens. Er drückte seinen Zeigefinger und Daumen in die Wangenknochen des nächsten Mädchens, musterte sie mehrfach. „Mager mir nicht ab“, wies er sie harsch an. Viel zu dünne Mädchen konnte er sich hier nicht erlauben. Mädchen war auch nicht ganz richtig, die jüngste war gerade mal 18 Jahre alt, während die Älteste um die 24 Jahre alt war. Man konnte nicht sagen, dass Khem eine zu geringe Auswahl hatte. Für jeden war was dabei.

Die junge Frau nickte zaghaft.

„Mal sehn, was ich für dich heraus schlagen kann. Du bist ja nun nicht jeder Manns Typ“, murrte er. Aber sie war besser als nichts zu haben. Und wer wusste schon, ob nicht irgendein Mann doch Interesse an ihr haben würde.

Ein erneutes Nicken war von ihr zu sehen.

„Wobei“, wieder dieses schelmische Grinsen. „Mit deiner hellen Haut, den blauen Augen und deinen weißen Haaren gehörst du zu den exotischeren Frauen, die es in Ägypten nicht oft gibt. Jetzt bin ich mir sicher, dich werde ich für einen sehr hohen Preis los…“

Die Weißhaarige blickte den Älteren zaghaft an, schwieg aber wie auch schon die restliche Zeit.

„Steht hier draußen nicht so rum. Los rein mit euch und dann nach unten in den Keller“, wies er alle an.

Rückkehr in die Vergangenheit

Zurück in seinem eigenen Zimmer legte sich der Priester Seth auf sein Bett. Sein Blick blieb an der Decke hängen, die er mehrere Minuten nur anstarrte. Kaum vernahm man ein Augenzucken, Lider bewegen von dem Priester. Er lag einfach nur so da.

Ob Meister Shimon recht hat?, fragte sich der Priester. Sämtliche Gedanken kreisten um seinen alten Lehrmeister. Hätte er es nicht selber bemerkt, wenn eine Veränderung auftrat? Und jetzt, wo Seth so sehr darüber nachdachte, machte er sich doch Sorgen.

Natürlich veränderte man sich, es war ja auch nicht so, als würde man immer die gleiche Person sein, jeder machte Veränderungen durch. Und die bei Akunadin hatte er nicht einmal selber bemerkt. Aber nun, da er so viel darüber nachdachte, wurde ihm bewusst, dass der Hohepriester sehr zurückgezogen lebte. Natürlich waren da auch noch die täglichen Begegnungen nach Akunadins Ausritten in den Dörfern und Städten. Wenn es danach ging, dann musste Seth wirklich zugeben, eine Veränderung am Hohepriester bemerkt zu haben.

Jetzt fiel es ihm wie die Schuppen von den Augen. Natürlich hatte sich Akunadin verändert. Es war so offensichtlich. Die ganze Zeit über lebte Akunadin alleine für sich, arbeitete und war, nachdem er wieder zurück am Hofe war, kühl. Aber was war geschehen? Das konnte Seth unglücklicherweise nicht sagen.

Dabei mussten Veränderungen nicht unbedingt schlecht sein. Ganz im Gegenteil, sie konnten auch was Gutes haben.

Bei ihm war es damals ja nicht anders gewesen. Langsam schloss Seth die Augen und erinnerte sich an das, was passiert war. Lange war es her und doch kam es ihm so vor, als wäre es erst gestern geschehen.
 

Zu jener Zeit lief Seth zurück in das Dorf aus welchem er kam. Und dann erblickte er es. Überall Feuer und Flammen. Das Dorf brannte. Es loderte. Der Geruch des Rußes stieg ihm sofort in die Nase.

„Mama!“, rief Seth mehrfach. Immer und immer wieder. Doch kein einziges Mal antwortete sie ihm. Noch gab es Hoffnung. Nur weil sie jetzt nicht antwortete, hieß es nicht, dass ihr was passiert war. Der junge Seth war schließlich erst am Dorfeingang. Sofort nahm er die Beine in die Hand und lief weiter. Er lief solange bis er zu einem weiteren lodernden Haus kam. Sein Familienhaus.

„Mama“, wisperte der Junge leise. Wieder gab es keine Antwort von seiner Mutter.

„Seth? Oh mein Gott, was machst du hier? Du musst sofort weg“, sagte eine freundliche, ältere Stimme. Die alte Dame, die im Haus daneben lebte, ging sofort auf den Jungen zu.

Seth schüttelte den Kopf. „Wo ist sie?“, wollte er wissen.

„Ich weiß es nicht“, gab die Dame von sich. „Du solltest dich jetzt in Sicherheit bringen. So viel Feuer und Rauch ist nicht gut für dich.“

„Nein“, ein weiteres Mal schüttelte Seth den Kopf. „Wer tut das nur? Warum?“, murmelte der Junge und sank auf seine Knie.

„Die Männer sprachen was von Rache, als sie durch unser Dorf ritten. Und von einem Mädchen, welches ihnen entkommen ist“, erzählte sie.

„Was?“, Seth musste schlucken. Dann hielt er inne und blieb still auf dem Boden sitzen. Seth saß solange da, bis die Soldaten des Pharaos in das Dorf ritten und die Brände löschten. Aber seine Mutter blieb verschwunden.

„Das zahl ich ihnen heim“, wisperte der Junge, als er sich nun das nasse und abgekühlte Dorf ansah. „Ich werde sie finden“, fügte er hinzu.

Das war damals sein einziges Ziel. Er musste die Männer finden, die das seiner Familie antaten und das nur aus Rache. Rache. Was für ein Ziel. Und doch war es ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass seine Ziele ebenso wenig rein waren wie die der Männer. Damals war es egal.

Der Wunsch nach der Rache begleitete ihn sein ganzes Leben lang. Nur deswegen hatte er sich angestrengt, gelernt und kam schließlich an den königlichen Hof. Und das als einer der jüngsten Priester.

„Es ist mir eine Freude zu verkünden, dass Ihr, Seth, damit der jüngste Hohepriester und Beschützer meines Sohnes werdet“, verkündete Aknamkanom in der feierlichen Zeremonie bei der Seth in den Kreis der Priester aufgenommen wurde.

Seth kniete vor dem Thron des Pharaos und dessen Sohn. Ehrfürchtig war sein Blick dem Boden entgegen gerichtet und doch erkannte man, wie sehr Seth den Worten des Pharaos lauschte. Er sog jedes einzelne Wort in sich auf und verinnerlichte dieses.

„Es freut mich sagen zu dürfen, dass mein Sohn nun einen Gefährten bekommt, der in seinem Alter ist. Seth, Ihr habt euch von unten bis ganz nach oben gearbeitet, ich erwarte viel von Euch“, fügte der ältere Pharao ein.

„Ich verspreche, ich werde Euch nicht enttäuschen“, sprach Seth. Kurz erhob er seinen Kopf und blickte den Pharao an. Damit wollte er signalisieren, dass man sich wirklich auf ihn verlassen konnte.

Seth nahm sich viel vor, er wollte einer der besten Hohepriester werden und seine Aufgaben erfüllen, ohne Rücksicht auf Verluste. Natürlich hatte Aknamkanon recht, er war jung und doch hatte er sich von unten hochgearbeitet. Es war eine große Chance für ihn und diese musste genutzt werden, jetzt, wo er alleine war.

„Das freut mich“, nickte Aknamkanon. „Ich weiß, Ihr habt sehr viel gelernt und wäre dies nicht der Fall, so wäret Ihr jetzt nicht hier vor uns. Und dennoch glaube ich, dass es viele Unterschiede darin gibt, was Ihr gelernt habt und was man hier von Euch erwartet.“

Seth nickte bei diesen Worten. „Das stimmt. Ich habe vieles gelernt, aber ich bin mir sicher, dass ich hier, an Eurem Hofe, noch mehr lernen werde“, meinte der Jüngling.

„Aus dem Grund wird Euch Akunadin alles zeigen und zusammen mit Euch lernen“, fügte Aknamkanon hinzu.

„Wie Ihr es wünscht“, stimmte Akunadin zu.

Seth nickte bei den Worten ebenso und schaute zu Akunadin herüber. Der Ältere blickte ihn mehrere Minuten an. Irgendwas Vertrautes war vorhanden, aber was, konnte Seth zum gegebenen Zeitpunkt nicht sagen.
 

Das gemeinsame Lernen mit Akunadin machte Spaß, immer wieder gingen sie Sachen durch, die Seth bisher nicht sah oder sie machten etwas, was Beide sehr gut konnten. Seth war sich sicher, Akunadin war ein guter Lehrmeister.

„Sag Seth, warum willst du unbedingt Hohepriester werden?“, wollte Akunadin eines Tages von seinem Schützling wissen.

„Weil…“, begann Seth. Sein Blick vom Buch ging nach oben zum Gesicht des Priesters. „…ich die Männer finden will, die mein Dorf zerstört haben. Ich will sie bestrafen und das kann ich nur mit dem Rang eines Priesters. Sie sind keine guten Menschen, deswegen hoffe ich auf die Unterstützung des Pharaos.“

Akunadins Blick verengte sich leicht. Der Priester schaute die ganze Zeit über auf seinen Schützling herab. Ein Kopfschütteln, eine Gestik und dann schlug der Ältere mit der Hand auf den Tisch. „Solche Gedanken und Wünsche sind eines Priesters nicht würdig.“

Weiterhin starrte Seth seinen Meister an.

„Mit dieser Einstellung, dem Hass, der Wut und den Rachegedanken wirst du hier am Hofe nicht weit kommen. Leg sie ab und höre auf in der Vergangenheit zu leben“, wies Akunadin den Jüngeren an.

„Aber Meister…“, murmelte Seth.

„Das ist ein gut gemeinter Rat von einem Älteren. Nimm ihn an oder lass es sein.“

Damals hatte Akunadin so recht gehabt, mit der ganzen Wut im Bauch konnte Seth einfach nicht weit kommen. Er lebte ständig in der Vergangenheit und auf der Suche nach den Männern, die er so sehr bestrafen wollte. Die Veränderung seines Charakters hatte er dank Akunadin wieder in den Griff bekommen.
 

Gefangen. Wieder war sie gefangen, wie schon so oft in ihrem Leben. Die schlimmste Zeit war die Kindheit. Als kleines Mädchen wurde sie von allen Menschen angestarrt, so als wäre sie ein Monster. Aber zugeben musste sie, dass es in Ägypten selten war eine helle Haut, tiefblaue Augen, helle blau-weiße Haare zu haben. Und doch gab es sie. Sie selbst war der Beweis und kein Monster, wie man sie auch gerne bezeichnete. Als Kind hatte sie es schwer gehabt, immer wieder wurde sie verstoßen.

An ihre Eltern konnte sie sich nicht mehr erinnern, das einzige was sie wusste war, dass diese bei dem Versuch sie zu retten, starben. Wieder war sie es, die das Unheil herauf beschwor. Von klein auf an kämpfte sie um ihr Überleben. Hin und wieder fand sie Familien, eigentlich waren es ältere Frauen, die sie retteten. In diesen Zeiten trug sie meistens lange Gewände um die helle Haut und ihre Haare zu verdecken, aber die Augen konnte man nicht verstecken. Es war egal. So fiel sie weitaus weniger im Dorf auf.

Und trotzdem wurde sie einst von Männern gefangen genommen und in einen Käfig gesperrt. Viel eher war es ein Wagen, mit dem die Männer durch die Gegend fuhren. Worte fielen wie ‚Spaß mit ihr haben‘ oder ‚teuer weiter verkaufen‘. All das machte ihr Angst.

So saß sie an jenem Abend im Wagen, kauerte auf dem Boden herum, wimmerte und betete zu Ra um ihr Leben. Und dann passierte das Wunder. Ein Junge, nur einige Jahre älter als sie, kam aus einem Gebüsch zu ihr gekrochen.

Ohne viele Worte kümmerte sich der Junge um das Schloss am Wagen und schaffte es dann auch dieses zu öffnen.

„Komm mit“, sprach er leise. Da sie sich aber nicht bewegte, zog er ihre Hand einfach mit. Zusammen liefen sie zu einem Pferd. Dort setzte er sie schnell hoch und stieg ebenfalls auf. Unglücklicherweise wurde ihre Flucht von den Männern bemerkt. Aber das war jetzt egal. Der Junge trieb das Pferd zum Laufen an.

Sie ritten und ritten, bis sie sich irgendwann in Sicherheit hielten. Das Pferd wurde langsamer und der Junge stieg ab.

„Reite gerade aus weiter. Dort ist ein Dorf, die Menschen sind nett und da werden sie dir sicherlich helfen. In fünf Tagen werde ich nach dir sehen“, sprach er.

Sie nickte. „Danke“, wisperte das Mädchen leise. Noch einmal drehte sie sich um zu ihm. „Wie heißt du?“, wollte sie von ihm wissen.

„Seth“, rief er ihr zu, während er dem Pferd einen Klaps auf den Hintern gab und dieses dann schneller ritt.

„Danke Seth“, kam es über ihre Lippen, ehe sie zum Dorf ritt.

~~~
 

So, das war jetzt das 7. Kapitel. Und wie fandet ihr es?

Da ich gerade dabei bin, es wird jetzt wieder im normalen wöchentlichen Abständen (jeweils Sonntags) das nächste Kapitel geben, wer eine Benachrichtigung will, schreibt mir bitte eine ENS. Ach ehe ich es vergesse, geplant hatte ich 31 Kapitel, jetzt sind es nur 21 geworden, aber keine Sorge, all das, was ich schreiben wollte, hab ich auch rein geschrieben. Ich denke, ich kann sagen, dass ihr euch schon auf den weiteren Verlauf freuen dürft, wenn alle Charaktere endlich mal aufeinander treffen und alle Handlungsstränge zusammen laufen.

Das wars jetzt auch schon von mir. Ich hoffe, ihr hattest Spaß beim Lesen.

Vom Regen in die Traufe

Kaum im Dorf angekommen, zog sie gleich sämtliche Blicke auf sich. Eigentlich müsste man meinen, dass sie es gewöhnt war und doch war das Gegenteil der Fall. Diese Blicke waren alle so unbehaglich. Das Mädchen sah sich immer wieder zur Seite um. Die Zügel des Pferdes fest in der Hand haltend, schritt die Weißhaarige weiter durch das Dorf. Alles war so fremd und unbekannt. Aber die Menschen waren überall gleich.

Sie ging weiter und weiter. Auf die Frage, was sie denn suchte, gab es keine Antwort. Sie wusste es selber nicht einmal. Das Mädchen ging weiter bis sie ein kleines Haus entdeckte, vor dem viele andere Kinder standen. Sie wurde neugierig und blickte diesen zu.

Die Kinder standen um eine ältere Frau herum, die das Essen an alle verteilte. Danach vernahm die Weißhaarige das Lachen der Kleinen, die sich, wie jeden Tag, darüber freuten. Sobald das gesamte Essen verteilt war, blickte die Frau nach oben. Ihr Blick wich auf das fremde Mädchen.

„Oh!“, stieß sie aus.

Die Weißhaarige ging einige Schritte zurück.

„Du musst keine Angst haben“, fing die Frau an. „Hast du Hunger oder Durst?“, wollte sie wissen.

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

Die Frau runzelte die Stirn. „Bist du mit deinen Eltern hier?“

Wieder ein schüttelnder Kopf.

„Du bist also ein Waisenkind?“

Jetzt gab es ein Nicken.

„Hast du hier Verwandte oder jemanden Anderen, zu dem du kannst?“, kam die Frage auf.

Sie schüttelte ein weiteres Mal den Kopf.

„Oh. Kannst du sprechen?“

„Ja“, diesmal gab es endlich eine Antwort von der Weißhaarigen.

„Wenn du hier niemanden hast, kannst du gern bei mir bleiben“, sprach die Frau. „Die Kinder, die du hier siehst, sind auch alles Waisenkinder. Ich kümmer mich um sie“, sie lächelte.

„Danke“, nuschelte das Mädchen.

„Verrätst du mir auch deinen Namen?“

„Kisara“, wisperte sie.

„Kisara. Ein schöner Name“, lächelte die Frau. „Du kannst mich gern Rihya nennen.“
 

„Kisara? Möchtest du nicht noch was anderes machen, als täglich immer am Dorfrand zu sitzen und zu warten?“, wollte Rihya von dem Mädchen wissen.

Kisara aber schüttelte den Kopf. „Nein, ich warte auf ihn.“

„Ihn?“

„Seth. Er…er hat mich gerettet und seine Worte waren, dass er in fünf Tagen hier her kommt“, erzählte Kisara.

„Ach Kind“, Rihya schüttelte den Kopf. „Du bist jetzt schon seit sieben Tagen hier. Denkst du noch immer, dass er kommt?“, wollte sie wissen.

Kisara nickte. „Er hat es doch gesagt. Vielleicht konnte er vor zwei Tagen nicht hier her kommen. Aber ich bin mir sicher, er kommt noch“, sprach sie.

„Ich wünschte mir für dich, dass du recht hast“, lächelte Rihya und strich ihr über den Kopf.

„Er wird kommen…“
 

Doch er kam nicht. Fünf lange Jahre waren ins Land gezogen und Seth kam kein einziges Mal in das Dorf. Auch wenn er es versprach, so war das Versprechen schon lange gebrochen, nur Kisara glaubte weiterhin daran.

Fünf Jahre lang saß sie jeden Tag vor dem Eingang des Dorfes und wartete. Sie wartete unendlich lange. Nie gab sie auf. Und Seth? Der lebte sein eigenes Leben weiter.

Das Mädchen, jetzt mittlerweile eine junge Frau mit langen weißen Haaren, blickte traurig auf ihre Beine, die sie umfasste. Er war tatsächlich nicht gekommen. Es war ein Stich ins Herz. Am Abend stand sie von ihrem Platz auf, schüttelte sich den Sand aus ihrem Gewand und ging zurück zu Rihya, die ihre Ziehmutter wurde. Doch Rihya alterte auch mit der Zeit und schon bald konnte sie sich nicht mehr um die Kinder kümmern wie zu vergangenen Zeiten.

Sie war alt und schwach. Die meiste Zeit des Tages lag Rihya in ihrem Bett oder stand auf, wo sie das Essen für sich und Kisara machte. Es war nur noch ihr einziger Lebensinhalt.

„Ich bin wieder da“, rief Kisara, als sie das Haus betrat.

„Ist er heute da gewesen?“, wollte Rihya wissen. Sie setzte sich von ihrem Bett auf und wartete bis Kisara durch die Tür kam.

„Nein“, schüttelte die Weißhaarige den Kopf. Kisara setzte sich an das Bett ihrer Ziehmutter und blickte diese an. „Ich habe wieder vergebens gewartet.“

Rihya nickte leicht. Das hatte sie sich schon gedacht. „Es tut mir so leid für dich“, wisperte sie und strich der Jüngeren durch die Haare. „Kisara, Kind, hör zu. Du hast jetzt fünf lange Jahre auf ihn gewartet. Er kommt nicht mehr. So leid es mir auch tut, er hat dich sicherlich schon vergessen. Bitte hör auf, dein ganzes Leben nach ihm auszurichten. Du bist jung. Mach was aus dir“, sie lächelte leicht. „Oder verlasse das Dorf und such nach ihm.“

„Ich weiß nicht, ob ich das kann“, murmelte Kisara. „Immer wenn ich am Dorfrand sitze, gehe ich auch nach draußen. Und dann zieht mich irgendwas wieder zurück ins Dorf. Ich kann nicht von hier weg gehen“, nuschelte sie.

„Aber du kannst es versuchen. Und wenn du es wirklich willst, kannst du alles schaffen“, sprach Rihya.
 

Rihyas Worte erreichten das weißhaarige Mädchen in ihrem tiefsten Inneren. Die alte Dame hatte Recht. Immer nur warten und nichts tun würde rein gar nichts bringen. Binnen weniger Tage, die sie noch am Dorfrand wartend verbrachte, entschied sie sich dazu, Seth suchen zu gehen. Viele Sachen besaß Kisara nicht, weswegen das ‚packen‘ leicht wurde. Sie nahm nur das nötigste mit.

Doch sehr weit kam Kisara nicht. Kaum aus dem Dorf draußen, bemerkte sie die Wärme der Sonne, die auf ihr Gesicht und auf ihren Körper strahlte. Zwar nahm sie sich Wasserflaschen mit, doch schon bald erlag sie der Hitze. An einer Oase weit abseits machte sie Pause. Das kühle Nass auf ihrem Gesicht tat so unendlich gut, dass die Pause verlängert wurde. Kaum aus dem Gewand draußen, wusch sich Kisara in dem Wasser der Oase, darauf achtend, dass ihr keiner dabei zu sah.

Sobald sie sich genügend auffrischte, zog sie das Gewand wieder an und blickte nach oben in die Sonne. Sie stand hoch am Himmel. Nachdenklich zog Kisara die Augenbrauen hoch und überlegte. Es war wirklich viel zu heiß. Kisara streckte sich und blickte dann zu der Palme herauf. Sie stand eigentlich genau perfekt und verdeckte einen Teil der Sonne.

Jetzt wo sie mehr darüber nachdachte wurde ihr bewusst, dass beim Ausruhen nichts Schlimmes passieren konnte. Lächelnd setzte sich die Weißhaarige unter die Palme und lehnte ihren Rücken nach hinten an den Stamm. So zu sitzen tat wirklich gut und von der Wärme war kaum was zu spüren.

Aus der anfänglichen kurzen Pause, welche Kisara einlegen wollte, wurde eine große Pause, die darin endete, dass die Weißhaarige einschlief. Eigentlich wollte sie nur kurz die Augen schließen und sich ausruhen, aber schnell wurde mehr daraus. Was sollte auch schon geschehen?
 

Einige Stunden später wachte Kisara auf. Das Mädchen, noch total müde und auch ein wenig verschlafen, setzte sich von ihrem Platz, an dem sie herunter gerutscht war, auf und streckte sich. Verschlafen rieb sie sich ihre Augen und bemerkte erst dann, dass sie gar nicht mehr draußen an der Oase war. Sie war an einem fremden Ort. Sofort riss sie ihre Augen auf und blickte sich mehrmals panisch in dem Zimmer um.

Es war ein kahler Raum. Nicht einmal ein Bett stand da, nur ein Tisch, zwei Stühle und auf dem Boden ein Lacken. Das Lacken sollte wohl die Schlafgelegenheit darstellen. Kisara schluckte bei dem Anblick. Das Mädchen stand auf und sobald sie die Tür erspähte, begab sie sich an diese. Die Klinke herunter drückend bemerkte sie, dass abgeschlossen wurde. Panik stieg in ihr auf.

„Nein“, wisperte sie leise. Und wie auf Kommando wurde die Tür von der anderen Seite geöffnet. Ein Mann mittleren Alters stand mit seiner Frau vor ihr.

„Du bist also endlich wach“, sprach er.

Kisara wich nach hinten.

„Du musst keine Angst haben. Wir haben dich an der Oase gefunden und hier her mitgenommen. Hier bist du in Sicherheit“, fügte er hinzu. „Ich bin Levi und das ist meine Frau Tara“, stellte er sich und sie vor.

„Ich bin Kisara“, wisperte das Mädchen. „Ich wollte mich an der Oase nur ausruhen“, fügte sie hinzu.

„Oh, dann verzeih uns bitte. Es war nur, du wärest für jeden Mann ein gefundenes Fressen geworden. Aus dem Grund nahmen wir dich mit“, erklärte Levi.

„Vielen Dank“, nickte Kisara. Sie war erleichtert, dass die Beiden doch so nett waren.

„Hör mal zu, Mädchen“, sprach Tara dann. „Wir denken, es ist das Beste, wenn du erstmals bei uns bleibst. Findest du nicht auch?“

„Was? Aber ich…eh…“, murmelte die Weißhaarige.

„Das bist du uns für die Rettung schuldig. Wir haben so viel für dich aufgenommen“, fügte Levi hinzu.

„Eh…“, nuschelte Kisara. „Gut, dann werde ich fürs erste hier bleiben“, nickte sie.

„Wunderbar“, lächelte Levi.

„Dann komm mal mit. Ich werde dir alles zeigen“, fügte Tara hinzu und nahm Kisara mit aus dem Raum. „Im Übrigen das Zimmer wo wir gerade waren, das wird deines werden.“

„Ja, ist gut. Danke“, nickte Kisara.
 

Es vergingen mehrere Tage und Wochen. Kisara blieb bei den Beiden leben und kümmerte sich meistens um den Haushalt, um das Vieh…eigentlich kümmerte sie sich um alles. Sie war mehr eine Putzfrau statt ein Gast. Aber weg konnte sie auch nicht. Immer wenn sie es versuchte, appellierten Levi und Tara an ihr Gewissen.

Mit einem Seufzen stand Kisara an jenem Tag in ihrem Zimmer. Sie lehnte sich an den kleinen Tisch im Raum und sah auf den Boden. So sehr wollte sie weg von hier und sich weiter auf die Suche machen, aber wie konnte sie nur weg?

„Gefällt es dir hier etwa nicht?“, wollte Levi von ihr wissen. Er kam gerade erst in ihr Zimmer und machte die Tür zu. Levi trat auf Kisara zu und legte seine Hand an ihr Gesicht.

„Ich…eh…ich…“, was hier gerade geschah war ihr nicht wirklich recht. Aber schon bald musste sie merken, was Levi wirklich wollte.

„Dafür freut es mich umso mehr, dass du hier bist“, ein Grinsen umspielte seine Lippen, ehe er die Arme des Mädchens packte und sie auf den Tisch drückte.

Sofort riss Kisara ihre Augen auf. „Nein…“, rief sie.

Aber das interessierte Levi nicht. Er drückte Kisara weiter auf den Tisch und kletterte anschließend auf diesen. Das der Tisch nicht unter den Beiden zusammen brach, war schon ein Wunder. „Jetzt zier dich nicht so“, wies er sie an.

„Nein…“, wisperte das Mädchen leise. Sie wusste nicht wie es hier geschah. „Bitte…“, wimmerte Kisara. Als Levi ihre Hände nach hinten riss und sich nun an ihrem Gewand zu schaffen machte, handelte Kisara ohne nachzudenken. Durch Zufall kam sie an die Blumenvase, die im Regal hinter dem Tisch stand. Ohne zu zögern und auch im Affekt stieß sie die Vase auf Levis Kopf.

Levi, der damit nicht rechnete, sank im ersten Moment blutend zu Boden. Während Kisaras Körper zu zittern begann, betrachtete sie den Mann, der sich gerade an ihr vergehen wollte. Sie schluckte. Im gleichen Moment lief sie der Tür im Zimmer entgegen und verschwand.

____

Na? Wie fandet ihr es?

Als kleine Info vorab, da nächste Woche Ostern ist, dürft ihr euch freuen. Da wird es nämlich eine Kleinigkeit von mir geben. Bis es aber soweit ist, freu ich mich, dass ihr das Kapitel gelesen habt.

Brautsuche

Die vergangenen Tage über hatte Akunadin weiter an seinen eigenen Plänen gefeilt. Viel weit war er allerdings nicht gekommen. Dies lag aber nicht daran, dass er es nicht versuchte, sondern viel eher, weil er sich Zeit lassen musste. Je weniger Zeit dazwischen verging, desto eher würde man ihn entlarven können. Das sollte auf gar keinen Fall passieren. Akunadin war alt genug um zu wissen, welche Konsequenzen es brachte und vor allem, wie er den richtigen Putsch gegen den Pharao einleiten lassen konnte. Er musste vorsichtig sein.

Glücklicherweise wussten bisher nur zwei Menschen von seinen Plänen. Und nicht einmal die hatte er gänzlich eingeweiht. Immer ein Ass im Ärmel, so war der Hohepriester. Und für seine Ziele würde er alles machen.

Wie jeden Tag ritt Akunadin auf seinem Pferd durch die Dörfer und Städte. Er suchte und suchte eine verstorbene Frau. Wobei man verstorben nicht sagen konnte, da es einige Augenzeugen gab, die diese scheinbar sahen. Diesmal aber ritt Akunadin nach seinen Aufgaben nicht wieder zurück in den Palast, sondern zu der kleinen Schanke im Dorf. Das Pferd spannte er wieder an den Zaun und trat in die Schanke ein.

Wie jedes Mal saßen bereits einige Männer in der Schanke, auch die zwei, mit denen sich Akunadin immer mal wieder traf. Sofort setzte er sich an den Tisch zu den Beiden.

„Wie sieht es aus?“, wollte der Priester wissen.

„Wir arbeiten daran“, sprach der erste Mann.

„Sehr gut“, nickte Akunadin. „Was glaubt ihr, wie lange es noch dauern wird?“, wollte er dann wissen.

„Vielleicht noch fünf Tage. Wir haben bereits ein wenig Unmut im Dorf gesät“, sagte der zweite Mann.

„Wunderbar“, entgegnete der Priester. „Macht weiter“, wies er die Männer schließlich an.

Nach diesem kurzen Gespräch stand Akunadin von seinem Platz auf und machte sich wieder auf den Weg zum Hof. Dort trieben ihn seine Beine zum Thronsaal.
 

„Mein Pharao“, begann Akunadin ruhig.

Sofort zog er die Blicke von Atemu und den restlichen Priestern unter denen sich auch Mahado, Seth und Isis befanden auf sich.

„Was gibt es?“, wollte Atemu wissen.

„Mir ist zu Ohren gekommen, dass im Dorf Unmut herrscht“, fing der Priester an.

„Weswegen?“

„Die Bewohner beraten sich, wann ihr Hochzeit feiern werdet“, fügte er an.

„Wie kommen die Bewohner darauf?“, wollte Mahado wissen.

„Ich weiß es nicht“, log Akunadin. „Ich habe lediglich gehört, wie sie darüber sprachen, dass es langsam an der Zeit wird, dass unser Land eine Herrscherin bekommt.“

„Das ist nicht gut“, wisperte Seth.

„Wir müssen die Menschen vom Gegenteil überzeugen, ansonsten laufen wir Gefahr, dass sie einen anderen Pharao fordern“, murmelte Isis.
 

„Mein Pharao“, lief Shimon rein. Sein Gesicht war leicht verzerrt. Einmal weil er außer Atem war und das andere Mal weil er noch total geschockt von den Nachrichten war.

„Was gibt es, Shimon?“, wollte Atemu wissen.

„Die Bewohner“, fing er an.

Atemu seufzte. „Ja, das wissen wir schon. Akunadin hat es uns bereits mitgeteilt.“

„Ich verstehe“, nickte Shimon.

„Wir wissen aber immer noch nicht, wie das geschehen konnte“, erklärte der Pharao.

„Ich weiß es auch nicht“, schüttelte Shimon den Kopf. Der Berater blickte in die Runde, die genau so wenig wusste, was vor sich ging, wie er selbst. „Es ist furchtbar. Ich habe mich immer gefragt, wann die Bewohner es von Euch fordern werden. Und immer habe ich mir gewünscht, dass es noch lange dauert.“

„Jetzt ist es bereits zu spät. Wir können das was passiert ist nicht mehr ungeschehen machen“, sprach Seth.

„Das einzige, was wir jetzt tun können ist der Sache nachzugehen und das Volk zufrieden zu stellen. Wir haben Glück, dass die Sache mit der Hochzeit zurzeit nur bei uns im Dorf publik wurde. Aber ich bin mir sicher, dass sie bald Überhand nehmen wird“, warf der Priester Akunadin ein.

„Das wäre sehr gut möglich. Wenn das Volk einmal was in Frage stellt, hören sie so schnell nicht auf.“ Shimon blickte nun auf Atemu.

Der Pharao seufzte. „Ich verstehe was ihr sagen wollt.“ Ein leichtes Nicken war ihm anzusehen. „Dann soll es so sein.“

„Ihr wollt tatsächlich heiraten?“, wollte Akunadin wissen. Das passte ja überhaupt nicht in seine Pläne.

„Ich will, dass mein Volk glücklich ist“, sprach der Pharao. „Das Volk will eine Hochzeitszeremonie und ich werde sie sicher nicht enttäuschen. Allerdings knüpfe ich einige Bedingungen daran.“

„Die da wären?“, wollte Mahado wissen.

„Ich möchte nicht von heute auf morgen heiraten. Außerdem möchte ich meine zukünftige Braut selber aussuchen und sie kennen lernen. Erst danach können wir von Hochzeitsplänen reden. Davor bitte nicht.“

„Ihr trefft damit eine weise Entscheidung“, sagte Shimon.

„Hoffen wir nur, dass das Volk mit dieser Entscheidung auch einverstanden ist“, murmelte Akunadin. Der Priester ballte seine Faust. Nichts hier lief nach Plan. Aber gut, damit musste man rechnen und irgendwie würde es noch zur Veränderung kommen.
 

Mehrere Tage waren vergangen seit Atemu verkündete heiraten zu wollen. Unglücklicherweise konnten seine bisherigen Wünsche bzw. Bedingungen nicht in die Tat umgesetzt werden. Man fand einfach keine Braut die ihm gerecht werden konnte.

Und als wäre dies nicht noch schlimm genug, drangen auch wichtige Informationen über die Eheschließung nach draußen an das Volk. Dieses nutzte natürlich den Zeitpunkt und wartete täglich gespannt darauf, wer die Frau an der Seite des Pharaos werden würde. Da es keine gab, trat ein weiterer Missmut auf.

„Mein Pharao“, fing Shimon im Palast an.

„Was gibt es?“, wollte Atemu von seinem Berater wissen.

„Das Volk wird langsam ungeduldig.“ Shimon seufzte. Es tat ihm im Herzen leid zu sehen, wie sich der Pharao mit der Suche nach einer Frau quälte.

„Ich verstehe“, auch Atemu seufzte. Sein Blick blieb an dem Berater haften.

„Es wird nicht besser“, warf Akunadin ein, der neben Atemu stand.

„Wie meint Ihr das?“

„Das Volk findet es zwar gut, dass ihr Euch in der Entscheidung einer Braut Zeit lasst und genau abwägen wollt, allerdings wollen sie nicht länger warten. Die Bewohner sparen bereits ihre landwirtschaftlichen Gewinne um Euch so zur Hochzeit zu gratulieren. Je mehr Zeit vergeht, desto verärgerter werden sie“, erklärte Akunadin. „Hinzu kommt noch, dass einige Adlige unter der Bevölkerung von Euren Ablehnungen sprachen. Das macht die ganze Sache nicht besser. Viel eher findet Euch Euer Volk für viel zu wählerisch. Natürlich sind wir alle hier anderer Meinung, aber ich gebe nur das wieder, was mir zu Ohren kam.“

„Ich danke Euch, Akunadin“, nickte Atemu. „Und es tut mir für die Bewohner leid, dass ich sie ablehnen muss. Ich werde es ihnen versuchen zu erklären“, fügte der Pharao hinzu.

„Dann solltet Ihr schnell machen. Sie werden nicht lange warten.“

„Mein Pharao, wenn ich was vorschlagen dürfte…“, fing Seth an. Er blickte zwischen Atemu und seinem Onkel hin und her.

„Bitte, sprecht.“

„Ich würde gerne den Vorschlag machen, dass wir Priester nach der richtigen Braut für Euch suchen, während Ihr hier im Palast bleibt. Wenn Ihr jetzt bei den Zuständen die draußen herrschen heraus geht, würden sich nur viele Frauen an Euren Hals werfen. Dadurch würden weitere Ablehnungen unvermeidlich und der Missmut nur weiter gefördert. Wenn dahingegen wir gehen, können wir Frauen suchen, die Eurem Stand entsprechen. Vielleicht werden wir genau so eine Chance haben, die richtige Frau zu finden, wie Ihr, wenn Ihr alleine sucht“, erzählte Seth.

„Wenn Ihr es erlaubt, mein König, ich unterstütze den Vorschlag“, entgegnete Shimon. „Die Priester kennen Euch genauso gut, wie Ihr euch selber kennt. Mit ihrer Hilfe ist die Wahrscheinlichkeit groß eine Frau zu finden.“

„Also gut“, nickte Atemu. „Dann soll es so sein. Ich vertraue euch allen.“

„Danke.“
 

Sobald Akunadin aus dem Thronsaal kam, ballte er die Faust. Zwar hatte er es geschafft den Missmut in der Stadt wachsen zu lassen, aber es gab immer wieder Anhänger des Pharaos, die dessen Position festigen wollten. Shimon war einer von ihnen und dann war ja auch noch Seth da. Akunadin wusste wie loyal Seth dem Pharao gegenüber war, aber da gab es etwas, was Seth’s Loyalität auf eine harte Probe stellen würde. Die Tatsache, dass Akunadin sein Vater und sein Lehrmeister war, machte die ganze Sache nur noch komplizierter. Und so glaubte der Hohepriester daran, dass sich sein Sohn schon sehr bald auf seine Seite stellte. Der Plan trug schon seine ersten Früchte, das Volk fühlte sich abgestoßen und die Suche würde sich sicher noch um einiges hinziehen.

Akunadin sah bereits vor seinem inneren Auge wie weit die Sache ging. Es war das was er wollte, sein großer Plan. Dabei musste er nicht einmal ein Attentat auf Atemu in Auftrag geben. Es reichte, wenn das Volk ihn nicht mehr als Pharao wollte.

Gefährlich werden konnte es nur noch durch die Priester. Würden diese eine passende Frau finden, war alles zu spät. Aber auch dafür würde Akunadin einen Weg finden, genauso wie er für den ganzen ‚Aufstand‘ einen Weg fand.

„So ist es gut“, wisperte Akunadin leise und trat in sein Zimmer ein.

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Ich wünsch euch allen Frohe Ostern,

und als besonderes Geschenk hab ich diese FF für euch geschrieben:

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/271762/

Stille

Gefangen. Wieder hatte man sie gefangen. Als wäre ihr Leben nicht schon schlimm genug, so geriet sie immer in diese Gefangenschaft. Hatte sie es verdient?

Wahrscheinlich. Zumindest antwortete sie dies jedes Mal, wenn sie sich selber fragte. Und sie würde es auch antworten, wenn jemand anderes fragte.

Sehr oft in ihrem Leben erblickte Kisara Gitter- oder Holzstäbe. Ob an fahrenden Wagen oder im Kerker. Auch war sie oft in Zimmern eingesperrt. Schlechte Erfahrungen? Natürlich. Genau wie jetzt saß sie damals in einem kalten Raum eingesperrt und wartete nur darauf, bis jemand zu ihr kam. Flucht zwecklos. Immer wieder appellierten sie an ihre Vernunft, ihr Gewissen und an das Gute in ihr. Das überhaupt noch Gutes vorhanden war, grenzte schon an ein Wunder. Aber die Weißhaarige konnte die Menschen einfach nicht dafür hassen, was sie ihr antaten.

Wenn, dann suchte sie die Schuld bei sich selbst. Das war eigentlich logisch, immerhin war es ihre Schuld, dass sie so aussah, wie sie aussah. Schließlich hätte sie sich auch Tagelang in die Sonne legen können um ein wenig mehr Farbe zu bekommen, oder irgendwas mit den Haaren machen. Aber nichts klappte.

Jetzt saß sie wieder in einem kahlen Zimmer. Diesmal aber zusammen mit mehreren anderen jungen Frauen. Eine war hübscher als die Andere. Und das schlimmste daran war, dass diese genau wussten, was sie hier erwartete und sie es noch freiwillig machten. Kisara hingegen hatte keinerlei Ahnung und wollte einfach nicht.

Innerlich betete sie zu Ra, das nicht wieder das passierte, was schon einmal. Sie wollte nicht wieder das Objekt der Begierde sein und dem Mann mit einer Blumenvase auf dem Kopf zum Aufhören zu bewegen. Was wohl in der Zwischenzeit mit Levi passiert war? Machte er weiter? Suchten sie sie gar und wollten Rache? Fragen über Fragen.

Kisara schüttelte den Kopf. Warum dachte sie gerade jetzt an diesen Moment damals. Viel wichtiger war das hier und jetzt. Die erneute Gefangenschaft. Dabei sah es im ersten Moment so einfach aus. Kaum war Kisara aus dem Haus von Tara und Levi gestürmt, lief sie quer durch das Dorf bis sie den Ausgang fand. Wo sie war wusste sie schon lange nicht mehr. Ihre Orientierung gab an diesem Punkt auf. Und jetzt war es auch egal wo sie war und wohin sie wollte. Ziel war es einfach nur weg zu kommen. An mehr dachte Kisara nicht.

Sobald das Mädchen den Dorfeingang passierte, wurden ihre Schritte langsamer. Immer wieder blickte sie sich nach hinten um. Glücklicherweise war keiner gefolgt. Konnte man mehr wollen? Und trotzdem marschierte Kisara ein wenig schneller durch die triste Wüste. Auch wenn ihre Beine nicht mehr konnten das Mädchen musste weiter…immer weiter.

Vor lauter Schmerzen in den Beinen ließ sich Kisara in den heißen Wüstensand fallen. Ihr Körper zitterte unter den Anstrengungen und einige Tränen rollten über ihre Wange. Das einzige was sie doch nur wollte, war es Seth zu finden. Und jetzt hatte sie sich selber in so eine missliche Lage gebracht.

Aber egal wie schwer es war, sie durfte hier nicht halt machen. Es war immer noch viel zu nah am Dorf und wenn Levi sein Pferd nutzte um sie einzuholen, so war es immer noch gefährlich. Mit schmerzenden Beinen stand Kisara wieder auf. Ihr Gewand war in der Zwischenzeit mehr zu einem Haufen an Lumpen, die ihr am Körper klebten.
 

Der Sand wirbelte auf. Bereits von weitem konnte man es sehen. Irgendwas ging dort vor sich. Kisara war viel zu weit weg um genaueres sagen zu können. Doch sie merkte, dass es auf sie zu kam. Je weiter sie ging, desto näher kam der aufgewirbelte Sand. Im ersten Moment machte sich die Weißhaarige keinerlei Sorge deswegen. Auch wenn es nach Gefahr ausschaute, Kisara konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es noch schlimmer werden würde.

Aber es wurde schlimmer. Ein Haufen von Reitern umkreiste das Mädchen. Kisara wollte nach hinten weichen, doch da spürte sie schon die Beine der Pferde. Sie schluckte. Es durfte nicht schon wieder sein.

„Schaut euch mal an, was wir hier haben“, meinte einer der Männer.

„Und dann ganz so alleine“, grinste der Andere.

Die Männer ließen schließlich ein kleines ‚Loch‘ in ihrer Barrikade durch welches Kisara entschlüpfen konnte. Sie nahm quasi die Beine in die Hand und lief los. Auch wenn es ausweglos schien, sie wollte weg.

Wieder grinste einer der Männer. „Die Jagd hat begonnen.“

Sofort hetzten sie ihre Pferde ab, bis sie bei der Weißhaarigen waren. Einer der Männer griff nach ihr und konnte sie auch schnappen. Sogleich wurde Kisara auf das Pferd gehoben. Sie strampelte, versuchte das Pferd so zu hauen, das sie wieder runter konnte und schrie. Aber alles brachte nichts. Sie nahmen sie mit in die nächste große Stadt. Dort brachte man sie zu einem Mann. Für wenig Geld wurde sie verkauft.

Kisara schluckte. Jetzt war sie Vieh geworden und ihr neuer Besitzer würde alles mit ihr machen dürfen, was er nur wollte. Aber der Mann war anders. Khem hieß er, das hatte sie bereits heraus gefunden.
 

Am Boden sitzend, blickte die Weißhaarige die ganze Zeit über zu den Anderen. Alle hatten sie unter einander kleine Freundschaften aufgebaut. Das passte Kisara nicht. Mittlerweile fand sie schon heraus, dass Khem nur daran interessiert war, die Frauen teuer weiter zu verkaufen. Wie konnten sie dann eine Freundschaft aufbauen, wenn man sie doch noch trennen würde?

„Habt ihr es schon gehört?“, fragte die blonde Frau.

„Erzähl schon, welche Neuigkeiten hast du für uns?“, wollte die Brünette wissen.

„Der Pharao will heiraten“, schmunzelte sie. „Stellt es euch doch mal vor, wenn er nur eine von uns zu seiner Frau nehmen würde…wir müssten dieses Leben nicht mehr führen.“

„Och, das wäre ja so was von wundervoll. Das ganze Leben am Palast“, schwärmte eine Andere.

„Und dann die ganze Dienerschaft, wir könnten machen was wir wollen. Und wir müssten respektiert werden. Das wäre so ein schönes Leben“, sprach eine Weitere.

„Oh ja, das kannst du so was von laut sagen“, nickte die Blonde wieder. „Soll ich euch noch was verraten?“

„Na klar. Los raus damit.“

„Ich habe gehört, dass der Pharao bisher jede Braut abgelehnt hat. Jetzt gehen die Hohepriester auf die Suche. Khem schätzt, dass sie morgen am Markt auch dabei sind. Wir sollten uns von unserer besten Seite zeigen. Vielleicht suchen sie eine von uns aus. Und selbst wenn wir nicht die Frau des Pharaos werden, vielleicht möchte er uns ja wo anders haben…im Bett…“, grinste die blonde Frau.

„Großartig. Wir haben also eine Chance“, nickte die Brünette.

Kisara, die den Frauen zuhörte, schüttelte einfach nur den Kopf. Das was die Frauen hier taten, waren einfache Träumereien. Wahrscheinlich brauchte sie diese für dieses Leben, aber es war etwas, was sicherlich nie eintreten würde. Und doch beneidete sie die Frauen. Dieses Wunschdenken…das wollte sie auch gerne haben.

Egal wie sehr es Kisara versuchte, sie konnte sich einfach nicht die gleichen Vorstellungen machen wie die Frauen, die ebenfalls im Raum saßen. Sie versuchte und versuchte, aber anstatt das sie den Pharao vor sich sah, tauchte immer wieder das kindliche Gesicht von Seth vor ihrem inneren Auge auf. Selbst jetzt, in dieser schweren Zeit musste sie noch an ihren Retter von damals denken. Wie er wohl heute ausschaute?

Kisara seufzte leise. Wieder blickte sie auf das kleine Stückchen Brot in ihre Hand. Ob es ihm wohl gut ging? Und wenn nicht, würde er dann Hunger haben? Genau so einen Hunger wie sie jetzt?
 

Mana seufzte. Zusammen mit Isis schaute sie sich ein weiteres Mal auf dem Markt um. Isis selber sollte sich aus der Brautsuche für Atemu heraus halten. Sie war eben eine Frau und hätte nicht das gleiche Auge und vor allem das Gespür für die richtige.

„Was hast du?“, wollte Isis von ihr wissen.

„Ach ich weiß auch nicht“, murmelte sie leise. „Irgendwie bin ich ein wenig von der ganzen Brautsuche genervt. Jeder spricht nur noch darüber. Und das Schlimmste dabei ist auch noch, dass ich täglich mehrfach gefragt werde, ob schon jemand gefunden wurde.“

„Mhmm, dir geht das ja scheinbar ordentlich an die Nieren“, sagte die Priesterin.

„Natürlich“, nickte Mana. „Er ist mein bester Freund. Ich finde, ich sollte bei der Suche auch dabei sein. Aber nein, ich weiß ja nicht, wie die perfekte Frau für unseren Pharao ist“, murrte das Mädchen.

„Ach Mana, du regst dich zu sehr auf. Nur weil die anderen nicht wollen, dass du bei der Suche mithilfst, heißt das doch nicht, dass du gar nichts machen kannst“, warf Isis ein.

„Mhmm?“, Mana hob die Augenbraue und klatschte dann in die Hände. „Aber natürlich. Ich werde heimlich jemanden suchen. Und wenn ich die Person gefunden habe, werde ich sie dem Pharao präsentieren. Dann sehen die anderen, das ich auch was kann“, kicherte sie.
 

„Eigentlich müsste man doch meinen, dass während der Marktzeit genügend adlige Frauen auf den Straßen sind“, murmelte Mahado. „Und heute scheint es nicht der Fall zu sein.“

„Vielleicht wissen sie ja, dass wir hier nach einer Braut suchen.“

„Wenn das der Fall wäre, Seth, dann würden sie alle bereits Schlange stehen. Sie lassen es sich sicherlich nicht zweimal sagen“, Mahado schaute sich um. Einige Frauen waren ja da, doch denen konnte man ansehen, dass sie bereits vergeben waren. Also fielen diese Frauen bereits heraus.

„Und was schlägst du dann vor?“, wollte der Priester wissen.

„Wir gehen weiter. Vielleicht wird es nachher noch voller.“

„Wir sollten auch ins Innere des Dorfes. Dort sollen sich die besten Angebote verstecken. Ich nehme an, dass wir dort auch die meisten Frauen finden werden“, sprach Seth.

„Na dann mal los“, sprach Mahado.

Sklavenhandel

Isis schüttelte nur noch den Kopf. „Das ist unter unserer Würde“, meinte die Priesterin.

„Was hast du?“, wollte Mana wissen. Das Mädchen konnte nicht ganz nachvollziehen. Verwirrt blickte sich Mana um, um den Grund für Isis Verhalten heraus zu finden.

„Ich meine das da vorne“, mit einem Kopf nicken wies Isis auf die Begebenheiten.

„Handel…“, murmelte das Mädchen.

„Sklavenhandel…“, korrigierte die Priesterin. „Ich finde es eine Unverschämtheit. Einige Männer nehmen es sich heraus, Frauen, Männer oder gar Kinder gegen viel Geld zu verschachern“, murmelte sie. „Und einige dieser Personen machen es freiwillig, weil das Geld ihrer Familie zu Gute kommt, oder sie machen es, weil sie Spaß an dem haben, wofür die meisten Sklaven gehalten werden.“

„Und das wäre?“, fragte Mana nach.

„Das sollte ich dir jetzt noch nicht sagen“, Isis schüttelte den Kopf. Nein, das war wirklich nichts, was für Manas Ohren bestimmt wäre.

„Das ist aber gemein“, grummelte der Magierlehrling.

„Daran musst du dich gewöhnen. Nicht alles ist für die Ohre eines Mädchens bestimmt.“ Vor allem nicht, wenn es um das Thema Beischlaf ging.

Unglücklicherweise gab es sehr viele Sklavinnen die nur aus diesem Grund gekauft wurden. Isis hasste es, wenn sie die lüsterne Blicke der Männer sah, die nur aus dem Grund überhaupt auf den Markt kamen. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe sie fern zu halten, sie hätte sie sicherlich schon ergriffen. Was die Priesterin auch nicht verstehen konnte, war die Tatsache, dass es überhaupt Sklaven gab.

Seit geraumer Zeit hatten die Pharaonen so hart daran gearbeitet die Menschen gleichwertig zu machen und dann das. Sie stellten untereinander eine eigene Hierarchie auf, die sie bis zum tiefsten Punkt sinken ließ. Isis schüttelte den Kopf. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie es solche Menschen gab.

„Gehen wir weiter“, wies die Priesterin das Mädchen an.

„Darf ich noch eine Frage stellen?“, wollte Mana dann wissen.

„Natürlich. Du weißt doch, du kannst mich alles fragen, was du wissen willst.“

„Das was hier passiert ist schlimm, aber warum wollen wir dann einfach weg gehen?“, fragte Mana. „Ich meine, wenn es uns zu wider ist, was mit den Frauen passiert, warum schauen wir sie uns nicht einfach mal an. Vielleicht finden wir darunter jemanden, der als Tänzerin für das Fest in Frage kommt. Damit könnten wir doch die Frauen abkaufen und ihnen ihre Freiheit wieder geben.“

„Nun ja…“, murmelte die Priesterin. Mit einer solch intelligenten Aussage von Mana hatte sie nun wahrlich kaum gerechnet. Und wie sie so darüber nachdachte, stellte sich die Frage, warum sie nicht selber darauf kam.

Es war nicht einmal eine schlechte Idee, die der Magierlehrling hatte. Je mehr Isis das Bild vor ihren Augen hatte, umso mehr wurde ihr bewusst, dass sich ihnen so eine gute Chance bot, um junge Frauen für das Fest zu finden.

„Ja?“

„Deine Idee ist wirklich gut“, gab die Priesterin dann zu. „Einen Versuch ist es wert, vielleicht finden wir auch ein oder zwei Frauen, die sich gut als Tänzerinnen eignen.“
 

„Isis? Mana? Was macht ihr denn hier?“, wollte Mahado von den beiden Frauen wissen. Sobald er und Seth die zwei erblickten, traten sie auf diese zu.

„Oh, Mahado, Seth, das könnte ich euch aber auch Fragen“, sprach Isis lächelnd.

„Das gilt nicht. Meine Frage kam schneller“, schmunzelte der Mann.

„Also schön“, lächelte die Priesterin. „Wir sind immer noch auf der Suche nach Tänzerinnen.“

„Verstehe. Es ist auch schwer eine gute Tänzerin zu finden“, nickte Mahado. „Und wir sind hier, weil wir eine Braut für den Pharao suchen.“

„Die Suche nach einer Tänzerin ist ebenso schwer wie die Suche nach einer Braut“, kicherte Isis.

„Mahado!“, kam es von Seth. „Wir sollten weiter. Hier hab ich keine Frau entdeckt.“

„Sofort“, nickte der Magier.

„Moment mal, ihr sucht auf dem Sklavenmarkt nach einer Frau? Ich will doch schwer hoffen, dass es nicht so ist, wie ich denke“, warf Isis ein.

„Was?“, kam es erschrocken von Mahado. „Aber ganz sicher nicht. Wir wussten nur, dass sich zum Zeitpunkt des Marktes die meisten adligen Frauen des Volkes im Inneren des Marktes aufhalten. Deswegen sind wir hier. Aber scheinbar ist hier kaum jemand zu finden“, rechtfertigte er sich.

„Ich dachte schon. Da hattet ihr aber noch einmal Glück, sonst wäre ich sehr böse geworden“, sprach Isis. Sie blickte anschließend zu Seth. „Und wo sucht ihr jetzt weiter?“

„Das wissen wir noch nicht ganz“, fing dieser an. „Ich denke jetzt daran, dass wir uns in der Bibliothek die Namen sämtlicher Bewohner des Dorfes vornehmen und diese einzeln besuchen. Es wird zwar ein hartes Stückchen Arbeit, aber wenn wir auf der Straße niemanden finden, dann können wir sicherlich dadurch Banden knüpfen.“

„Das wird wirklich viel Arbeit. Kann man euch dabei viel Spaß wünschen?“, wollte Isis wissen.

„Man kann, aber ich glaube nicht, dass man auch viel Spaß haben wird“, warf Seth seufzend ein.

„Das hattet Ihr Euch leichter vorgestellt, oder?“, wollte Mana wissen, die bisher zwischen den Dreien hin und her schaute.

„Definitiv. Ich glaube, ihr solltet euch bald mal die Frauen ansehen. Wie ich gehört habe, dauert es nicht lange bis alle verkauft worden sind“, murmelte Seth.

„Diese Gier ist abscheulich“, wisperte Isis.

„Es ist nicht zu ändern“, sprach der Priester. „So ist das Volk.“

Isis nickte. Dann trat sie näher zu der Masse heran. Sofort gingen sämtliche Blicke zu der Priesterin. Die Menschen spalteten sich um sie herum. Anschließend trat Mana dichter an Isis heran. Der Blick Beider war auf die Mädchen gerichtet. Isis brauchte nicht lange ehe sie feststellte, dass keines der Frauen als Tänzerin viel brachte. Sie schüttelte den Kopf.

„Nein, hier kommen wir nicht weiter“, meinte sie.

„Oh“, murmelte Mana. Sie blickte kurz nach hinten, wollte auch schon los gehen und stieß mit Mahado zusammen. „Aua.“

„Tut mir Leid, Mana“, sprach der Ältere. Sein Blick ging wieder zu der Priesterin. „Wie ich an deinem Blick sehe, hast du hier Keine gefunden.“

„Die Zeit dafür ist einfach zu kurz. Das was wir hier sehen sind nur kleine Ausschnitte der Frauen. Auf die Schnelle kann keiner entscheiden, ob jenes Mädchen eine gute Tänzerin abgibt oder nicht.“
 

„Kommt näher, meine Damen, meine Herren“, verkündete Khem. Er war quasi der Redner auf der großen Bühne und preiste seine Mädchen an.

„Zuerst hätten wir Nadija. Nadija bezeichnet sich selbst als eine gute Köchin. Also schlagt zu meine Herren, für den Haushalt wäre sie eine wahrliche Bereicherung“, erzählte Khem. Dabei kam die besagte Frau nach vorne. Sie drehte sich vor den Männern und stellte sich dann zur Seite.

„Das Anfangsgebot für sie sind 50 Gold“, sprach Khem.

„50“, rief ein Mann.

„75“, kam es von einem Anderen.

Die Auktion ging solange weiter, bis Khem ein Angebot hatte, welches er nicht ablehnen konnte. Sie wurde schließlich Nadija für 150 Gold an einen kleinen, pummeligen Mann verkauft.

„Dann zu der nächsten“, Khem blickte sich um. Sofort zog er die Weißhaarige aus dem fahrbaren Käfig heraus und zerrte sie heraus. Anfangs bewegte sich Kisara gar nicht. Sie wollte einfach nicht laufen. Der Grund war nicht, weil sie nicht verkauft werden wollte, es war viel eher die Tatsache, dass sie keine Kraft mehr hatte.

Ihre Beine taten weh, sie hatte Hunger und wurde bei den kleinen Portionen täglich einfach nicht satt. Dazu kam noch die Müdigkeit, die auftrat, weil sie Angst hatte zu schlafen. Bei ihrer bisherigen schlechten Erfahrung war es auch kein Wunder.

Nur ganz langsam trat Kisara nach vorne. Sie stand da und man konnte ihr ansehen, dass sie sich da oben nicht ganz wohl fühlte. Die Weißhaarige schluckte, als sie die Blicke der Männer sah. Zum Glück aber schien kaum einer interessiert zu sein.

„Das Mädchen“, wisperte Seth. Diese weißen Haare erinnerten ihn sofort daran wer sie war. Und dann erinnerte er sich wieder daran.

„Dann wollen wir wieder anfangen. Das Mädchen hier neben mir heißt Kisara. Sie ist 18 Jahre alt und wir alle erkennen könnt, ist sie ein exotischeres Exemplar. Schaut sie euch an, diese helle Haut, die weißen Haare und diese tiefblauen Augen. Ein Anblick für jeden Mann“, sprach Khem um die Männer zu begeistern.

„Das Startgebot für die junge Dame neben mir beträgt 100 Gold“, sagte er.

Ein Tuscheln ging durch die Reihen. 100 Gold waren schon viel. Und dafür, dass sie nicht einmal wie eine richtige Ägypterin ausschaute, war es den Männern viel zu viel. Alle schüttelten sie den Kopf.

„Mhmm“, murmelte Khem. Er blickte zu Kisara und kam anschließend zu seiner Geheimwaffe. „Die Männer unter uns wird interessieren, dass das Mädchen noch unberührt ist. Wer möchte der Erste sein?“

„100“, kam es dann von einem Mann.

„110.“

„Ich biete 150“, rief ein anderer Mann.

„Typisch“, Isis schüttelte den Kopf. Kaum sagte man, dass eine junge Frau bisher noch nie einen Mann hatte, so sprangen alle darauf an. Und irgendwie tat ihr das Mädchen leid, so wie sie da stand. Sie strahlte das Unbehagen aus und doch rührte sie sich keinen Zentimeter.

„400 Gold“, sprach ein adligerer Mann.

Isis schüttelte ein weiteres Mal den Kopf. Ihr Blick ging zu Mahado, Mana und Seth. „Wir sollten gehen“, sprach sie dann.

„Verkauft“, grinste Khem. Der Adlige kam nach oben, gab ein kleines Säckchen mit dem Geld in die Hand von Khem, der sofort alles nachzählte. Danach packte er Kisara am Handgelenk. Grinsend schleifte er das Mädchen mit sich.

Wieder waren ihre Schritte recht unbeholfen und langsam.

„Nun zier dich nicht so“, giftete er sie an.

Kisara gab sich alle Mühe um die Schritte aufrecht zu erhalten, doch irgendwann ließen ihre Beine nach. Sie ließ sich auf den Boden fallen. Als wäre das nicht schlimm genug, begann ihr Käufer damit sie in den Rücken zu treten.

„Steh wieder auf“, zischte er wütend. „Was für eine Schande, und dich will ich gekauft haben“, sobald Kisaras Gesicht nach oben blickte, spuckte er ihr in dieses.
 

„Das reicht jetzt“, ehe der Fremde mit einer Hand auf Kisara einschlagen konnte, wurde diese festgehalten.

„Was soll das, du verdammter…“, die Stimme des Mannes versagte. Schluckend blickte er seinen Gegenüber an.

Ein neuer Gast

Schluckend blickte der Mann seinen Gegenüber an. Sofort war er mit dem was er sagen wollte, verstummt. Wie konnte man auch nur irgendwas sagen, wenn ein Priester des Pharaos vor einem stand?

„Das reicht jetzt“, sprach Seth. Noch immer hielt er die Hand des Mannes fest. Seths Blick war eindeutig.

„Mhmm…“, murmelte der Fremdling. Langsam ließ er seine Hand nach unten sinken, was auch dazu führte, dass Seth seinen Griff lockerte. Für den Mann war es schwer die richtigen Worte zu finden, Worte, die das beschrieben, was er auch meinte. Und noch schwerer wurde es, da er einem Priester gegenüber stand.

„Willst du mir was sagen?“, wollte Seth leicht grummelnd von dem Mann wissen. „Dann sag es jetzt und drucks nicht so herum.“ Seine ganze Aura hatte sich verändert und das nicht gerade zum Positiven. Man merkte, dass es Seth ganz und gar nicht gefiel, wie dieser Mann das Mädchen behandelte.

„Es ist mein Recht“, fing der Mann an. Dabei blickte er auf dem Boden, auf welchem die Weißhaarige lag. Dass es ihr nicht besonders gut ging, erkannte man selbst jetzt noch.

„Bitte was?“, der Priester zog nun die Augenbraue nach oben.

„Es ist mein Recht sie so zu behandeln. Ich hab sie rechtmäßig gekauft. Alle hier können das bezeugen“, sprach er weiter. „Ihr könnt mir nichts deswegen tun.“

„Meinst du?“, wollte Seth wissen. Er schüttelte nur noch den Kopf. „Du magst sie zwar hier gekauft zu haben, aber ob es wirklich so legal ist, seh ich nicht. Und selbst, wenn du sie gekauft hast, du hast nicht das Recht das Mädchen so zu behandeln.“

„Das ist doch egal. Sie ist doch nichts Wert.“

„Unter diesen Umständen…“, fing Seth an. Sein Blick wanderte zu Mahado, der ihm ein kurzes Nicken zu warf. „…du wirst das Mädchen nicht mehr anfassen. Dafür werde ich sorgen. Und die anderen Frauen kannst du dir auch abschminken“, fügte der Priester an.

„Bitte was? Ich versteh nicht“, der Mann ballte seine Faust.

„Du hast mich schon richtig verstanden.“

Seths Blick ging nun zu Khem, der die Situation ein wenig verdutzt entgegen blickte. Khem schluckte und wollte in aller schnelle seine Sachen zusammenpacken und verschwinden.

„Stehen geblieben“, sprach Mahado. Er legte seine Hand an die Schulter von Khem und hielt den Mann damit von der Flucht auf.

„Eh…ja, mein Herr“, nickte Khem schluckend.

„So und jetzt reden wir mal Tacheles“, fing Seth an.

„Und was…was habt Ihr jetzt vor?“, wollte der Verkäufer wissen.

„Wir machen es ganz einfach. Alle Frauen wieder zurück“, sagte der Priester.

„Was? Das könnt Ihr nicht machen…“, murmelte Khem. Das würde sein ganzes Geschäft vermasseln.

„Doch, das können wir“, nickte Seth. Wieder blickte er zu Mahado.

„Ich verstehe“, nickte der Magier und sah dann wieder zu Khem. „Wir regeln das alles jetzt anders“, sprach dieser.

„Das ganze Geld wird an die neuen ‚Besitzer‘ zurück gegeben“, meinte der Priester.

„Aber das…das ruiniert mich…“, Khem schluckte. Super, jetzt hatte er sich diese Lage selber eingebrockt und schien wohl nicht mehr heraus zu kommen.

„Geizhalst“, murrte Seth. „Wir werden sämtliche Kosten übernehmen“, fügte der Priester an. Seth blickte nun zu den Frauen, anschließend wieder zu Khem. „Komm morgen in den Palast, da händigen wir dir das Geld aus.“

„Ja, natürlich“, nickte Khem. Da hatte er doch noch einmal Glück gehabt.

„Damit wäre das ja geklärt“, sagte Seth. Jetzt blickte er zu dem Mann. „Und dich will ich hier nie wieder sehen. Lerne, das man Frauen und Mädchen nicht so behandelt“, wies er den Mann an.
 

Seth kniete sich nun zum Boden hin. Er betrachtete das Mädchen ganz genau welches nun unter ihm lag. Sie war vollkommen entkräftet und versuchte sich immer wieder aufzurichten. Kisara stemmte ihre Hände auf den Boden, wollte einfach nur den Oberkörper aufrichten, aber es klappte nicht. Langsam legte Seth seine Handfläche an ihr Gesicht, wo er eine Strähne zur Seite strich.

„Streng dich nicht an. Ich kann doch sehen, dass es dir nicht so gut geht und du nicht aufstehen kannst“, sprach der Priester. „Warte, ich helf dir…“, er konnte diesen Qualen einfach nicht mehr zu sehen.

Langsam legte der Priester seine Hände an den Rücken des Mädchens und half ihr somit sich aufzusetzen. Der Priester blickte zu ihr herunter. Sie war es. Sie war es definitiv. Jetzt erst erinnerte er sich wieder an sie.

Ohne lange zu überlegen nahm Seth die Weißhaarige auf seine Arme nach oben. „Wir nehmen sie in den Palast mit“, sprach er.

„Du willst…?“, murmelte Mahado. „Nun gut“, nickte er anschließend.
 

Im Palast zurück gekehrt, schaute Seth zu Mahado, der neben ihm herging. „Ich bring sie jetzt auf ein Zimmer“, sprach der junge Priester.

„Gut, ich gehe derweil zum Pharao“, nickte Mahado. „Wir müssen ihm erzählen, was passiert ist.“

„Ich werde so schnell wie es geht nach kommen“, stimmte Seth zu.

Kaum traten beide Männer mehrere Schritte weiter, trennten sich auch schon ihre Wege. Während Mahado gerade aus ging, ging Seth nach links. Dort waren die Zimmer, die für die Gäste im Palast zur Benutzung standen.

Als Seth endlich in dem Zimmer war, legte er Kisara auf das Bett. Die ganze Zeit über hatte sie ihre Augen offen. Sie schaute ihm die ganze Zeit zu. Und doch gab es kaum eine richtige Reaktion von ihr. Auch als sie auf das Bett gelegt wurde, lag Kisara still da. Keine Frage was jetzt passierte, was er mit ihr vor hatte oder wie es weiter ging. Ihr gesamter Wille war gebrochen.

„Hast du Hunger?“, wollte der Priester wissen.

Schweigend sah Kisara zu ihm.

„Durst?“

„Mhmm“, murmelte Seth. „Ich wird dir was zum Essen und Trinken bringen lassen“, fing der Priester an. „Ich lass dir auch ein paar Dienerinnen schicken, dann kannst du Baden oder dir was ordentliches anziehen“, fügte er an.

Wie schon zu vor gab es keine Reaktion von dem Mädchen.

„Also dann, ich werde heute Abend noch einmal nach dir sehen“, sprach er.
 

„Mein Pharao?“, fing Mahado an. Er trat nach vorne und kniete sich vor den Herrscher.

„Was gibt es?“, wollte Atemu von ihm wissen.

„Es geht darum, dass wir heute in der Stadt waren“, sprach der Magier.

„Davon hab ich bereits gehört“, nickte der Pharao. „Und wart Ihr auf der Suche erfolgreich?“, wollte er wissen.

„Nun ja, darum geht es auch irgendwie“, murmelte Mahado. „Wir sind natürlich aus diesem Grund in die Stadt gegangen. Allerdings gab es kaum Adlige auf der Straße. Aus dem Grund sind wir in das Innere des Marktes gegangen. Dort trafen wir durch Zufall auf Isis und Mana, die auf der Suche nach weiteren Tänzerinnen waren“, fügte er hinzu. „Wir wurde Zeuge des Sklavenhandels.“

„Ich verstehe“, nickte Atemu. „Sprich bitte weiter.“

„Es waren Zustände, die könnt Ihr Euch gar nicht vorstellen. Die ganzen Mädchen wurden wie Fleisch vorne ausgestellt und wurden verkauft. Vor allem ein Mädchen war da, welches keine Kraft mehr hatte. Sie bracht quasi vor unseren Beinen zusammen. Der Käufer ging sofort auf das Mädchen los. Seth aber ließ nicht zu, dass noch weiteres passierte.“

„Das war auch richtig. Diese Zustände sollten nicht im Königreich herrschen“, sprach der Pharao. „Ich wünschte es gäbe keinen Sklavenhandel bei uns“, seufzte er.

„So geht es uns auch“, nickte Mahado. „Aber die Geschichte geht noch weiter.“

„Dann sprich bitte.“

„Wir konnten den ganzen Umständen nicht mehr zu sehen. Dann hat Seth gehandelt. Wir haben sämtliche Sklavinnen abgekauft. Morgen wird der Händler her kommen und das Gold abholen. Ich hoffe, wir haben jetzt nichts Falsches gemacht“, erzählte Mahado.

„Gewiss nicht“, Atemu schüttelte den Kopf. „Ihr habt genau richtig gehandelt“, fügte er an. „Ich überlege, ob wir nicht öfters so handeln sollten. Damit würden wir vielen Frauen ihre Freiheit wieder geben“, sprach der Pharao.

„Das ist eine gute Idee“, nickte Mahado.

„Mein Pharao? Verzeiht bitte, dass ich erst jetzt hier her kommen konnte“, fing Seth an. Der Priester kam nun auch nach vorne und kniete sich vor dem Pharao hin.

„Mach dir darüber keine großen Gedanken. Mahado hat mir bereits erzählt, was passiert ist“, meinte Atemu.

„Gut“, nickte Seth. Er blickte zu Mahado. „Hast du alles erzählt, oder soll ich noch den Rest erzählen?“

„Der Rest liegt an dir. Darüber habe ich bisher noch nicht gesprochen“, meinte Mahado.

„Danke“, sprach Seth. Nun schaute er den Pharao wieder an. „Es ist so, mein König. Ein Mädchen brach auf der Straße zusammen, sie war zu schwach um alleine irgendwohin zu gehen. Außerdem muss ich ehrlich zugeben, dass ich sie in diesem Zustand nur ungern allein in dem Dorf gelassen hätte. Aus dem Grund hab ich sie mit in den Palast gebracht. In diesem Moment wird ihr was zu Essen und zu trinken gebracht“, erzählte der Priester. „Ich würde Euch gerne darum bitten, dass das Mädchen noch einige Zeit hier bleiben darf.“

„Natürlich, das versteh ich vollkommen. Wir dürfen ein Mädchen nicht leiden lassen, nur wegen dem, was man ihr antun wollte“, nickte Atemu. „Sag ihr, dass sie alle Zeit der Welt hat und sich in Ruhe bei uns Ausruhen kann. Warte! Ich werde es ihr selber sagen. Ich möchte das Mädchen gerne sehen.“

Ausruhzeit

„Wie Ihr es wünscht“, nickte Seth. Natürlich hatte er nichts dagegen, wenn sein König nach dem Mädchen sehen wollte, welches nun für einige Zeit zu Gast sein würde. Seth runzelte leicht die Stirn. „Verzeiht, wenn ich das sage, aber ich denke, es wäre das Beste, wenn Ihr noch mit Eurem Besuch warten würdet. Sie ruht sich gerade erst aus. Ich würde das Mädchen gerne noch ein wenig in Ruhe lassen.“

„Dann werde ich deinen Rat befolgen“, stimmte Atemu dem zu.

„Danke“, lächelte der Priester. „Ich würde gerne öfters nach ihr sehen. Natürlich nur, wenn Ihr es erlaubt. Ich verspreche auch, ich werde meinen Pflichten weiterhin nach kommen und die Arbeit nicht vernachlässigen.“

„Gut. Du hast die Erlaubnis“, sprach der Pharao. „Erzähle mir dann wie es dem Mädchen geht.“

„Natürlich“, nickte Seth. „Ich glaube, es geht ihr nicht sonderbar gut.“

„Wie kommst du darauf?“, wollte Atemu wissen.

„Als ich zu ihr hin bin, versuchte sie die ganze Zeit über aufzustehen. Ich glaube, sie wollte immer noch das machen, was man ihr befohlen hat. Als ich sie anschließend hoch genommen hab, war sie relativ apathisch. Sie hat quasi alles mit sich machen lassen, was man wollte.“

„Das könnte zu einem Problem werden“, murmelte der Pharao.

„Wäre möglich. Ich weiß nicht, was in der ganzen Zeit über passiert ist, aber ich glaube, sie hatte schon viel Schlimmes erlebt“, entgegnete Seth.

„Das wäre sehr gut möglich“, sprach Atemu nachdenklich.

„Ich frage mich, ob wir irgendetwas tun können, damit wir ihr helfen können“, sagte der Priester. Dann aber schüttelte er den Kopf. „Verzeiht, das ist natürlich nichts was der Pharao und die Priester als Aufgabe haben“, meinte Seth anschließend.

„Mach dir darüber keine Gedanken“, meinte Atemu. „Es ist in Ordnung, wenn du dich um das Mädchen sorgst. Ich kann es verstehen“, fügte er hinzu. „Und ich bin mir sicher, dass wir einen Weg finden werden um dem Mädchen zu helfen.“

„Danke.“
 

Still saß Kisara auf ihrem Bett im Zimmer. Sie hatte die Beine an sich gezogen und starrte dauerhaft stumm auf die Tür. Wer würde rein kommen? Was wollte man von ihr? Das Mädchen war in sich zurück gezogen und wartete nur noch auf den ‚Henker‘. Dass sie es hier diesmal gut haben sollte, glaubte sie nicht. Dafür hatte sie viel zu viel Versprechungen gehört. Warum sollte diesmal jemand die Wahrheit sagen?

Als es anschließend an der Tür klopfte, zuckte das Mädchen zusammen. Sie antwortete nicht und blickte stumm auf die Tür. Kisara wartete nun darauf, dass jemand eintreten würde. Aber genau dies passierte nicht. Stattdessen klopfte es wieder an die Tür.

„Herein“, wisperte die Weißhaarige leise.

„Hallo“, sprachen zwei Frauen, die einige Jahre älter als Kisara waren. „Wir bringen das Essen“, erzählte die Eine. Sie trat an Kisara heran und legte das Tablett mit dem Essen an ihr Bett. „Gibt es sonst noch was, was wir tun können?“

„Nein, danke…“, murmelte Kisara.

„Wenn es irgendwas gibt, was Ihr braucht, dann ruft uns einfach. Dazu müsst Ihr nur aus dem Zimmer heraus gehen, den Gang entlang gehen, dann nach rechts und an die dritte Tür klopfen“, erzählte die zweite Frau. „Wir werden in einer Stunde noch einmal nach Euch sehen und machen in der Zwischenzeit ein Bad fertig.“

Nickend blickte die Weißhaarige beide Frauen an ehe sie aus der Tür wieder verschwanden. Kisara schaute nun auf die Portion an Essen, welches hier war. Sie staunte nicht gerade schlecht, als sie feststellte, dass es mindestens die dreifache Portion von dem war, was sie bei Khem bekam. Nicht zu vergessen, dass es bei Khem nur eine Mahlzeit pro Tag gab.
 

Stunden später wurde Kisara in den Baderaum gebracht, wo die Frauen halfen sie zu waschen. Das Mädchen war im Moment recht unbeholfen und wusste gar nicht was zu tun war. Eigentlich ließ sie die meiste Zeit über alles mit sich machen. Selbst das Anziehen übernahmen die zwei Frauen. Als Kisara fertig war, blickte sie an sich herunter. Ein langes Gewand in einem hellen blau Ton zierte ihren Körper. Aber es war kein gewöhnliches Gewand, das sie sonst trug. Dieses Gewand war mehr ein Kleid. Ein schönes, das sie noch nie in ihrem Leben trug.

Das Mädchen betrachtete sich eine Weile selbst, ehe es ein weiteres Mal an ihrer Tür klopfte.

„Ja, bitte“, murmelte sie leise. Immer noch leicht verunsichert, was nun mit ihr passieren würde, blickte sie an die Tür.

Als die Tür aufging und der Pharao mit einigen Gefolgsleuten eintrat, erstarrte das Mädchen. So nah hatte sie den König bisher nie gesehen und jetzt stand er ihr schon gegenüber. „Ma…majestät…“, wisperte das Mädchen. Sogleich ging sie vor Atemu zu Boden und blickte diesen an.

„Ich wollte dich nicht erschrecken“, sprach dieser. Atemu blickte sich nach hinten zu der Gefolgschaft um. „Ich denke, es ist das Beste, wenn wir sie nicht gleich so sehr ängstigen und ihr gehen würdet“, meinte er. Als es geschehen war, schaute der Pharao wieder zu der Weißhaarigen. „Es ist schön zu wissen, dass es dir den Umständen entsprechend gut geht“, fing er an.

Kisara nickte.

„Hast du dich gut erholt?“, wollte er von ihr wissen.

Wieder nickte das Mädchen.

„Du musst hier wirklich keine Angst haben. Wir haben nicht vor dir irgendwas zu tun. Außerdem kannst du dich im Palast frei bewegen. Wenn dir die Wachen folgen dann nur deswegen, weil sie zu deinem Schutz hier sind“, erklärte er.

Ein weiteres Mal nickte Kisara. Sie traute sich nicht ein Wort zu sprechen.

„Du musst vor mir keine Angst haben“, sprach Atemu anschließend. „Bitt, schau mich doch an. Du kannst ruhig mit mir reden. Ich bin keinem Böse für die Worte, die kommen.“

„Danke“, murmelte das Mädchen. Kisara blickte kurz nach oben und senkte dann ihren Blick. „War...warum bin ich hier?“, wollte sie wissen.

„Weißt du das nicht mehr? Du wurdest auf dem Sklavenmarkt verkauft. Nachdem du zusammenbrachst, wurdest du von Seth gerettet. Er und Mahado haben sämtliche Slaven abgekauft und euch allen die Freiheit geschenkt. Du warst zu schwach, weswegen dich die Beiden nicht auf der Straße lassen wollten. Deswegen bist du hier.“

Seth, sofort hallte der Name in Kisara nach. Konnte das sein? Meinte er ihren Seth? Der, der sie damals rettete? Kisara konnte es nicht glauben. „Dann…bin ich nicht gefangen?“, wollte das Mädchen wissen.

Atemu schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht. Wenn du nach Hause willst, dann kannst du jeder Zeit gehen. Aber wir würden uns freuen, wenn du noch einige Tage hier bleiben würdest. Du bist noch nicht ganz auf den Beinen. Ich würde mir wünschen, dass du genügend zu Kräften kommst“, sprach der Pharao.

„Wenn Ihr es so wünscht, dann werde ich noch hier bleiben“, sprach die Weißhaarige.

„Gut“, nickte Atemu. „Du wirst täglich zu den gleichen Zeiten mit uns zusammen speisen. Die Dienerinnen werden dich jeweils zur Essenszeit holen und zu uns in den Speisesaal bringen. Wenn dir einmal nicht danach sein sollte zu Essen, dann sag es den Dienerinnen einfach.“

„Ja, danke“, murmelte Kisara.
 

Mit einem Murren trat Akunadin am nächsten Tag nach draußen. Kaum hatte er die Sache mit der Hochzeit eingefädelt, schien es wieder als hätte die Bevölkerung das alles vergessen. Vor allem jetzt wo die Geschichte des Sklavenmarktes und Seth aufkam. Das machte die ganze Sache nur noch schwieriger. Jetzt trat das Mädchen auf den Plan und dabei war sie kein Teil davon.

Akunadin ballte seine Faust während er weiter durch die Stadt marschierte. Wieder führte ihn sein Weg in die kleine Schanke, wo er schon so oft Zeit verbrachte. Ein weiteres Mal setzte er sich zu den beiden Männern. Glücklich sah definitiv anders aus.

„Ich hab einen weiteren Auftrag für euch“, fing Akunadin an.

„Mit was können wir Euch helfen?“, fragte der eine Mann.

„Es geht wieder um die Sache. Ich will, dass ihr ein Gerücht verstreut“, sprach der Priester.

„Gut, welches?“

„Der Pharao hat eine kleine Sklavin bei sich aufgenommen. Um genauer zu ein, das Mädchen über das das ganze Dorf redet“, sprach Akunadin. Er seufzte leicht auf.

„Mhmm…verstehe. Sie zieht alles auf sich“, nickte einer.

„Deswegen werden wir das jetzt ändern. Lasst durchblicken, dass der Pharao an dieser Dirne interessiert ist und in Erwägung zieht, sie zu seiner Frau zu machen.“

„Oh...“, kam ein Gemurmel.

„Macht, was ich sage“, fügte Akunadin hinzu.

Zerstörung

Kaum sprachen zwei Menschen über die Tatsache, dass sich Atemu mit einer Sklavin vermählen wollte, machte dieses Gerücht die Runde. Binnen weniger Stunden wusste das ganze Dorf darüber Bescheid. Einfach alle.

Wenige Tage später trat Akunadin ein weiteres Mal durch das Dorf. Seine Schritte waren wohl bedacht. Er wollte und konnte sich nicht zu lange an einem Ort aufhalten und natürlich konnte er auch nicht los laufen. Der Mittelweg war die beste Lösung.

Würde er sich zu lange irgendwo aufhalten, würden die Menschen kommen, Fragen stellen und ihn belagern. Lief er dahingegen durch das Dorf, wären sich die Menschen sicher, dass er was zu verbergen hatte. Und was konnte es außer den Hochzeitsplänen wohl ein?
 

Als Akunadin wieder zurück im Palast war, ging er sogleich zum Thronsaal.

„Mein Pharao“, fing er an.

Atemu blickte zu seinem Onkel. „Bitte, sprich“, nickte der Pharao.

„Das Volk spricht davon, dass ihr daran denkt das Mädchen zu heiraten“, sagte Akunadin.

„Was?“, erschüttert darüber richtete sich Atemu auf. Das konnte nicht wahr sein. Kaum sprachen sie über die Hochzeit, da hatten sie auch jemanden im Auge.

„Ich weiß nicht, wie sie auf die Idee kamen“, log der Priester.

„Das darf nicht wahr sein“, murmelte Atemu. Wieder seufzte er. „Gerade erst fingen sie mit der Hochzeit an und jetzt das“, seufzte der Pharao anschließend.

„Es tut mir leid, aber ich bin mir sicher, wir können die Bevölkerung beschwichtigen“, sprach Akunadin.

Atemu nickte. „Gut, mach das.“
 

„Mein Pharao?“, nun trat auch Shimon in den Thronsaal ein. Sofort kam er nach vorne und blickte seinen Herrscher an.

„Was gibt es? Bitte sprich“, sagte der Angesprochene.

„Ich war heute Morgen im Dorf. Es geht um die Hochzeitspläne. Das ganze Volk spricht darüber“, fing Shimon an.

„Irgendwie hab ich es mir denken können“, seufzte Atemu. „Wie schlimm ist es?“, wollte er dann wissen.

„Nun ja“, murmelte Shimon. Er runzelte die Stirn und überlegte, wie er die Geschichte dem Pharao leichter beibringen konnte. „Es ist nicht wirklich schlimm.“

„Nicht schlimm?“, Akunadin hob die Augenbraue. „Aber das ganze Volk spricht darüber“, warf er dann ein.

Shimon nickte. „So ist es. Und das Volk spricht auch den ganzen Tag darüber, dass unser Pharao eine Braut unter seinem Stand fand. Sie sind sehr erfreut darüber.“

„Wie kann das sein?“, wollte Akunadin wissen.

„Ich glaube, es liegt daran, dass die Bevölkerung nun erkannt hat, das unser Pharao ein genau so gleicher Mensch ist wie sie, und das er die gleichen Bedürfnisse hat. Sie finden es gut, dass Ihr des Throns wegen nicht auf die Liebe verzichtet. Jetzt liebt Euch Euer Volk noch viel mehr als zuvor“, erklärte der Berater.

„Ich verstehe. Das ist eine Wendung, mit der ich nicht rechnete. Ich hatte viel eher gedacht, dass unser Volk gegen eine solche Eheschließung ist“, murmelte der Pharao.

„Und was wollt Ihr jetzt deswegen unternehmen?“, fragte Akunadin nach. „Werdet Ihr das Mädchen zu Eurer Frau nehmen oder klärt Ihr die Sache richtig?“

„Mhmm“, murmelte Atemu. Sein Blick ging wieder zu Shimon. „Was denkst du darüber?“

„Nun ja“, Shimon räusperte sich. „Das ist keine leichte Frage. Mit einer Hochzeit würdet ihr dem Volk seinen Wunsch erfüllen und dazu auch noch Eure Macht festigen. Sie stehen komplett auf Eurer Seite. Wenn Ihr allerdings das Mädchen nicht heiratet, könnte das Volk darüber enttäuscht sein, weil Ihr jemanden aus ihren eigenen Reihen ablehnt.“ Shimon blickte kurz zu Akunadin. Dessen Blick erschütterte den Berater, sodass er wieder zu Atemu schaute. „Wenn Ihr aber meine ehrliche Meinung wissen wollt, ich würde Euch raten, auf Euer Herz zu hören und das zu machen, was es Euch sagt.“

„Ich danke dir“, nickte der Pharao. Wenn es nach dem Herzen ging, so wollte er die Weißhaarige nicht heiraten. „Hier geht es aber nicht nur um mich. Ich muss auch an das Denken was Kisara will“, sprach er.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Menschen auf dieser Welt gibt, der Euch nicht heiraten will“, warf Akunadin ein.

„Da wäre ich mir nicht so sicher“, fing Atemu an. „Sie ist recht zurück haltend, ich habe oft das Gefühl, dass sie hier eigentlich nicht sein möchte. Sollte ich wirklich an eine Eheschließung mit ihr denken, muss ich erst wissen, was sie davon hält.“

„Wenn es Euer Wunsch ist, rede ich zuerst mit ihr. Ich würde das Mädchen gerne kennen lernen“, entgegnete der Priester.

„Dann tu das“, nickte Atemu. „Schick sie doch bitte am Ende des Gespräches in den Palastgarten. Sie soll einmal auch aus ihrem Zimmer heraus kommen“, fügte er hinzu.

„Das wird ich“, stimmte Akunadin zu. Damit hatte der Pharao selbst die Idee zu einem neuen Plan geliefert. Innerlich grinste der alte Hohepriester während er sich auf den Weg machte.
 

Bevor Akunadin aber das Zimmer der Weißhaarigen aufsuchte, betrat er wieder das Dorf. Und wie auch schon die vielen Male zuvor führte ihn sein Weg zu der kleinen Schanke.

Die zwei Männer warteten bereits. „Was können wir diesmal für Euch tun?“, wollten sie wissen.

„Der Plan hat bisher keine Früchte getragen. Das Volk sieht in dieser Eheschließung viel zu viel Potential“, grummelte der Ältere.

„Und was gedenkt Ihr jetzt zu machen?“

„Ihr werdet mit mir in den Palast kommen. Dort spreche ich mit dem Mädchen. Danach schicke ich sie nach draußen in den Garten. Ihr werdet sie da abfangen. Dann dürft ihr mit ihr machen was ihr wollt. Aber lasst sie am Leben. Sie soll glauben, dass der Pharao zu dieser schrecklichen Tat fähig war.“

„Oh ho, Ihr müsst ja einen richtigen Greul gegen den König haben.“

„Lasst das mal meine Sorge sein“, sprach der Alte.

„Ich versteh aber nicht so ganz, was das alles jetzt noch bringen soll“, warf der zweite Mann ein.

„Das ist doch einfach“, schüttelte Akunadin den Kopf. Mit den Beiden hatte er sich wirklich zwei Dummköpfe angelacht. Aber sie führten die Anweisungen aus und solche Männer wollte und konnte er nicht einfach gehen lassen. „Wenn sie allen erzählt, was passiert wird, leidet ihre eigene Glaubwürdigkeit. Keiner würde dem Pharao eine solche Tat zumuten, schon gar nicht, weil er sich die ganze Zeit über um sie kümmerte. Das wäre ihr Tod. Und auf der anderen Seite haben wir noch die Tatsache, dass das Mädchen recht sensibel sein soll. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie den Palast nach der Tat verlässt und wir uns um sie keine weiteren Sorgen machen müssen. Damit stünde der Pharao wieder ohne Braut da.“

„Gute Idee“, nickte der erste Mann.
 

Nachdem die Männer im Palastgarten positioniert waren und auf ihr Zeichen warteten, ging Akunadin durch die Gänge. Absichtlich hatte er auch den Pharao warten lassen, damit es so aussah, als würde er sich noch lange mit der Weißhaarigen unterhalten. Akunadin liebte es wenn ein Plan aufging. Und diesmal sah es auch wirklich danach aus.

Sobald er an der besagten Türe stand, klopfte er an.

Wenige Sekunden später öffnete das weißhaarige Mädchen die Tür. Kisara sah leicht eingeschüchtert aus. Es war wahr, sie kam selten aus dem Zimmer heraus, traute sich kaum irgendwas hier zu machen. Es war die Ehrfurcht, aber auch die Angst vor neuen Übergriffen und was war mit Seth? Er kam kein einziges Mal zu ihr. Dies untermauerte Kisaras Überlegungen, dass es sich bei dem Jungen nicht um den hielt an den sie dachte.

„Hallo“, lächelte der Hohepriester. „Es freut mich, dich endlich kennen lernen zu dürfen. Mein Name ist Akunadin, ich bin der Onkel des Pharaos und einer der Hohepriester“, stellte er sich vor.

Kisara nickte. „Freut mich sehr. Mein Name ist Kisara“, stellte auch sie sich vor. Dabei verbeugte sie sich, wie es sich gehörte, vor dem Priester.

„Verzeih mir bitte, dass ich nicht schon eher hier her kommen konnte. Meine Zeit hat es einfach nicht erlaubt.“

„Natürlich verzeih ich Euch. Ihr müsst Euch gewiss nicht dafür entschuldigen“, sprach das Mädchen leise.

„Hast du dich hier schon eingelebt?“, wollte er von dem Mädchen wissen.

„Ein wenig. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht wie lange ich noch hier bleibe. Eigentlich wollte ich den Palast die ganze Zeit über verlassen…es ist nur…“, wisperte Kisara leise.

„Bitte sprich weiter.“

„Ich weiß selber nicht was es ist. Irgendwas hält mich hier“, erzählte sie.

„Mhmm…das kann die Atmosphäre sein, oder eine weise Eingebung“, sprach Akunadin.

„Wie meint Ihr das?“

„Hast du es noch nicht gehört? Das ganze Dorf spricht bereits davon. Sie munkeln, dass du die Braut des Pharao wirst“, erzählte er ihr.

„Ich soll was?“, geschockt blickte sie den Priester an. Nie hatte Kisara das Ziel den Pharao zu heiraten. Eigentlich dachte sie nur an Gastfreundschaft und jetzt diese Erkenntnis. Das durfte nicht sein. „Ich…ich…“, wisperte sie.

„Wie bereits gesagt. Es wird darüber gemunkelt. Es muss nicht heißen, dass der Pharao dich wirklich zur Frau nehmen will“, warf der Priester ein. „Ich kann nur mit Sicherheit sagen, dass dich der Pharao mag.“

„Was soll ich denn jetzt machen?“, wollte Kisara leise wissen. Dieses ‚Geständnis‘ zog ihr den Boden vor den Füßen. Konnte sie einen Pharao überhaupt ablehnen? Wie würde es aussehen? Schluckend starrte sie den Hohepriester weiter an.

„Mit ihm darüber reden“, lächelte Akunadin. „Ich bin auch hier her gekommen um dir mitzuteilen, dass dich der Pharao im Palastgarten zu sehen wünscht.“

Kisara nickte. „Dann werde ich ihn nicht länger warten lassen.“ Das Mädchen verbeugte sich und trat zur Zimmertür. Dabei hielt sie Inne. „Verzeiht, Akunadin“, fing sie an.

„Ja? Kann ich dir helfen?“, wollte der Alte wissen.

„Ich kenne mich hier nicht aus. Könntet Ihr mir bitte sagen, wie ich zum Garten komme?“

„Aber natürlich“, nickte er. „Du gehst den Gang gerade aus weiter. Solange bis er zu Ende geht. Wenn das der Fall ist, hast du eine Art Gabelung. Dort gehst du erstmals nach rechts. Anschließend gehst du wieder den Gang entlang. Am Ende kommst du beim Garten an. Geh einfach weiter gerade aus, in der Mitte des Gartens ist ein Brunnen, dort erwartet er dich“, erklärte Akunadin.

„Vielen Dank“, nickte die Weißhaarige lächelnd und machte sich auf den Weg…in ihr Verderben.

Erste Begegnung

Kisaras Herz pochte die ganze Zeit über. Immer und immer wieder dachte sie an die Worte, die sie von Akunadin hörte.

Heiraten? Sie und heiraten? Das war unmöglich. Und dann war auch noch der Pharao da. Was sollte das Mädchen nur machen, wenn dieser sie heiraten wollte? Schluckend und mit einem mulmigen Gefühl im Bauch trat das Mädchen weiter. Konnte sie dem Pharao überhaupt eine Abfuhr erteilen?

Kisara schüttelte den Kopf. Sie machte sich gewiss über alles viel zu viel Gedanken und doch konnte sie nicht damit aufhören. Immer und immer wieder stellte sie sich das Szenario vor, wie er um ihre Hand anhielt. Es war die Hölle. Und dann fiel ihr ein, dass sie damals in der Gefangenschaft bei Khem zwar daran dachte, es sich aber nie vorstellen konnte. Wie sehr hatte sie doch damals die anderen Frauen beneidet, wie sie von der Hochzeit schwärmten und sich alles so zurecht legten, wie sie es wollten. Und nun stand sie wahrscheinlich genau vor dieser Vorstellung und es behagte ihr gewiss nicht. Hochzeit…Ehe…sie war doch noch gar nicht dazu bereit.

Was für eine Ironie des Schicksals, die nun auftrat. Und was war am besten zu tun? Sie hatte keine Ahnung. Wenn sie annahm so würde sie ein viel besseres Leben führen. Sie hätte alles was sie wollte und könnte den Menschen helfen, wenn sie jemanden in Gefahr sah oder wenn sie sah, wie die Kinder behandelt wurden. Das sprach wirklich für eine Zusage. Aber auf der anderen Seite würde sie ihr Herz betrügen. Kisara hatte keinerlei Gefühle für den Pharao, konnte unter diesen Umständen eine Ehe überhaupt bestehen? Nun ja, die Frage war eigentlich fehl am Platz, da es bereits oft in der Geschichte Männer und Frauen höherer Stände gab, die eine Hochzeit feierten ohne sich zu lieben.

Der ganze Gedanke daran war schon so unbehaglich, dass die Weißhaarige kurz stehen blieb. Konnte sie denn jetzt noch in den Palastgarten um auf den Pharao zu treffen? Vielleicht wollte ihr auch Akunadin die Möglichkeit geben noch rechtzeitig vom Palast zu fliehen. Aber wenn sie das tat, wäre sie dann nicht gejagt worden? Warum musste alles auch nur so kompliziert sein?

Mit pochendem Herzen betrat die Weißhaarige den Eingang des Gartens. Sofort blickte sie sich genügend um. Sie musste schon gestehen, dass dieser Ort der Schönste war, den sie bisher zu Gesicht bekam. Alle Blumen waren erblüht, in ihren unterschiedlichen Farbenprachten zeigte sie sich nun. Die Weißhaarige roch an vielen dieser Blumen während ihr Weg sie weiter führte.

Lächelnd trat das Mädchen weiter. Sie erinnerte sich wieder an Akunadins Worte mit der Wegbeschreibung und befolgte diese. Nach einigen Minuten des Gehens, und auch der Bewunderung über diesen Ort, kam Kisara am Brunnen an. Er sah so prachtvoll aus. Und auch die Idee, einen solchen Brunnen in der Mitte aufzustellen, umgeben von den ganzen Blumen war einfach nur atemberaubend. Als Kisara dem kühlen Nass näher kam, blickte sie in das blaue Wasser. Ihr Gesicht spiegelte sich in diesem. Mit einem leichten Lächeln setzte sie sich an den Stein des Brunnens, während ihre linke Hand in das Wasser hinein ragte.

Krzch…krzch…immer wieder hörte Kisara das Geräusch von zerbrechenden Ästen. Sofort blickte sich die junge Frau um. Ihre bisherige schlechte Erfahrung sagte nur noch eines ‚Lauf weg‘.

Sofort stand Kisara von ihrem Platz auf. ‚Lauf weg. Lauf weg‘. Immer wieder wies sie sich selber dazu an, nur um dann doch still an der Stelle zu stehen wo sie war. Ihre Beine bewegten sich keinen Millimeter. Sie konnte sich nicht bewegen. Die Angst einer erneuten Gefangenschaft, der erneuten unsagbaren Flucht blockierten ihre Beine. Kisara stand nur da, den Blick auf das Gestrüpp blickend, von wo sie die zerbrochenen Äste wahrnahm. Voller Furcht stand sie da, die Angst auf ihrem Gesicht gezeichnet und Panik aufkommend.

Bitte nicht, dachte sich das Mädchen. Sie wollte nicht schon wieder der Gefahr laufen. Mulmig beäugte sie schließlich das Auftauchen eines Mannes.

„Bitte nicht“, wisperte Kisara leise.
 

„Verzeih bitte“, meinte der Mann, kein geringerer als Priester Seth. „Ich wollte dich nicht erschrecken“, fügte er hinzu.

„Ihr…ihr seid der Priester, der mich hier her gebracht hat“, murmelte die Weißhaarige.

Seth nickte. „Und du bist Kisara“, sprach er.

„Ja…aber woher…“

„Der Pharao hat mir deinen Namen verraten“, erklärte der Priester. Dieser trat nun näher an Kisara heran. So nah, dass er direkt vor ihr stand. „Ich bin hier, um dir mitzuteilen, dass der Pharao bereits wieder in seinen Räumlichkeiten ist und dich morgen aufsucht. Heute wurde ihm das Warten zu lang.“

„Verzeihung“, sagte Kisara erschrocken. „Ich wollte den Pharao nicht so lange warten lassen.“

Seth schüttelte den Kopf. „Ist schon in Ordnung. Er hatte sich denken können, dass das Gespräch mit Akunadin eine Weile dauert. Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Unser Pharao ist ein sehr großzügiger Mensch“, fügte der Priester an.

„Ich wollte ihn wirklich nicht warten lassen“, murmelte die Weißhaarige.

„Das glaub ich dir“, nickte Seth. „Du bist es, oder?“, wollte der Priester im Anschluss wissen. Mit seiner linken Hand griff er nach einer Haarsträhne von dem Mädchen. Diese hielt er in der Hand und verzwirbelte sie leicht.

Stumm blickte Kisara nach oben zu ihm.

„Das Mädchen, das ich einst rettete vor Banditen…ich hab dich in das nächste Dorf geschickt“, wisperte er.

„Dann…dann seid Ihr es tatsächlich…“ Mit leicht gerötetem Gesicht schaute Kisara den Mann an, der ihr gegenüber stand. Man erkannte, dass sie jede Sekunde los weinen konnte. Jetzt preschte alles nur noch aus ihr heraus. „Ich habe so lange auf Euch gewartet. Ihr habt mir fünf Tage gesagt…und nach fünf Jahren kamt Ihr immer noch nicht ins Dorf…ich kann nicht glauben, dass ich Euch jetzt tatsächlich gefunden hab…“ Ihren Kopf hatte Kisara bei den letzten Worten dem Boden entgegen geneigt. Die Tränen flossen als wäre sie ein Wasserfall.

„Ki…Kisa…ra..“, stieß der Priester ihren Namen aus. Das Mädchen jetzt so zu sehen, bewegte etwas in Seth. Etwas, das bisher noch nie passiert war. Und nun musste sie auch so vor ihm stehen, ihrer Seele freien Lauf lassen. Wie konnte er jemanden trösten? Bisher war der Priester immer auf sich allein gestellt. Kein Mensch war mehr in seiner Nähe, kein Mensch, den er so sehr mochte.

Trösten? Das musste er gewiss nie und gelernt hatte er es auch nicht. Selbst am Palast musste er niemanden trösten, dort war jeder auf sich allein gestellt und Trauer ließ man so gut wie gar nicht zu.

Wahrscheinlich musste er ihr gerade kalt vorkommen, weil er einfach nur da stand und das Mädchen beäugte. Ihr Haar ließ der Priester los. Einige Schritte nach hinten machend, blieb er dann aber nicht stehen. Seine normale Reaktion in diesem Moment wäre eine ganz andere gewesen. Im eigentlichen hätte er sich nun umgedreht, sie um Verzeihung gebeten und wäre gegangen. Keine große Trösterei.

Viel eher dachte Seth an die großen blauen Augen, die ihn bis eben noch ansahen. Sie waren voller Traurigkeit und doch war auch eine gewisse Stärke in ihnen vertreten. Er musste schlucken, als er in diese großen Augen blickte. Es waren jene Augen, die er schon damals sah, während Kisara im fahrbaren Gefängnis saß. Sie zogen ihn an, sie faszinierten ihn. Noch nie hatte er ein solch helles blau in den Augen eines Menschen gesehen. Sie war die einzige. Mit einem mulmigen Gefühl blickte er das weißhaarige Mädchen weiterhin an. Und dann musste er mit ansehen, wie Tränen von ihren Augen, über ihre Wange zum Boden rollten.

Es versetzte ihm einen Stich. Nie wollte der Priester ein Mädchen zum Weinen bringen. Sein eigener Schwur. Doch jetzt war er gebrochen. Seth schluckte leicht. Nachdem er vorhin erst einig Schritte nach hinten trat, machte er nun die gleiche Anzahl nach vorne. Er verstand die Logik hinter seinem eigenen Handeln nicht mehr. Was machte dieses Mädchen nur mit ihm?

Aber wenn er noch ehrlicher zu sich war, so konnte er nun verstehen, warum der Pharao von ihr so angetan war, sie sehen wollte und sich mit ihr anfreundete. Kisara sah nicht wie jeder normale Mensch aus, natürlich war sie einer, aber die Haarfarbe, die helle Haut, ihre Augen, das passierte normalerweise nicht zu einer Ägypterin. Sie war Besonders, ein besonderes Mädchen.

„Verzeih mir bitte“, sprach Seth nachdem er endlich die richtigen Worte fand. Worte, die er auch sagen konnte. Seine größte Angst in dem Moment war es Worte zu wählen, die nicht ehrlich gemeint waren.

Wieder machte der Priester einige Schritte auf das Mädchen zu. Sobald er ganz dicht vor ihr stand, legte er seine starken Arme um sie. Ihren zierlichen Körper drückte er an sich heran, egal ob sie es nun wollte oder nicht, es schien ihm gerade das richtige zu sein.

Kisaras Arme waren vor ihrem Brustkorb verschränkt, doch je mehr sie die Nähe zu dem Priester, ihrem alten Retter verspürte, um so weniger hielt sie diese Barrikaden an. Langsam wichen ihre Arme nach unten, sie spürte wie ihr Körper noch enger an den Priester gedrückt wurde. Die Wärme die von ihm ausging, gab ihr wieder das Gefühl von Schutz, wie schon damals. Und auch die Tränen konnten gestillt werden.

~~
 

Na wie fandet ihr es?

Ich muss jetzt mal eine kleine Ankündigung machen, und zwar geht es um das nächste Kapitel nächsten Sonntag. Da ich nicht genau weiß, wann ich im Urlaub bin, wäre es möglich, dass es am Sonntag kein Kapitel gibt. Sollte ich an dem Tag doch noch on sein, wird natürlich ein Kapitel hochgeladen.

Attentat

Eine ganze Weile verharrten Kisara und der Priester in der Position. Während sie sich weiterhin ihren Tränen hingab, hielt er sie einfach nur fest. Und dann verstummte das weißhaarige Mädchen. Sie konnte nicht mehr weinen. All die vielen Jahre unterdrückte sie es. Nie wollte sie diese Trauer zeigen. Die Angst vor den eigenen Konsequenzen war viel zu groß. Was wenn sie unter den Umständen nicht mehr mit dem Weinen aufhören konnte? Dazu kam auch noch die Angst, dass sie das Weinen bereits verlernte. Man konnte ja nie wissen.

Stumm blickte Kisara auf das Gewand des Priesters an dessen sie lehnte. Selbst unter dem Stoff spürte sie die Wärme, die von Seth ausging. Es war ein gutes Gefühl. Wenn sie ehrlich war, konnte sie noch mehrere Stunden so da stehen, nichts tun und sich einfach nur halten lassen. Selbst nach so vielen Jahren gehörte er immer noch zu den Personen, denen Kisara blindes Vertrauen schenkte. Auch wenn sie sich Jahre nicht sahen, es war wieder etwas Vertrautes zwischen ihnen, dabei waren sie sich nie wirklich vertraut.

„Danke“, wisperte Kisara leise, nachdem sie sich wieder fing.

„Hmm?“, murmelte Seth. Er blickte auf die Weißhaarige herab. Dann schüttelte er den Kopf. „Warum bedankst du dich? Dafür, dass ich dich fünf Jahre hab warten lassen?“

„Nein“, sie schüttelte nun auch den Kopf. „Dafür, dass ich Euch jetzt endlich gefunden hab und Ihr immer noch der gleiche seid wie damals.“

„Der gleiche?“, Seth hob die Augenbraue. War er überhaupt noch der gleiche? Gewiss nicht. Er hatte sich verändert und Rache geschworen. Wie konnte sie dann da noch sagen, dass er der gleiche war. „Du irrst dich“, fing der Priester an. „Ich bin nicht mehr der gleiche“, fügte er schließlich an.

„Ich spüre es, wenn Ihr mich so in Euren Armen haltet.“

Seth schüttelte wieder den Kopf. „Nein, Kisara. Ich bin nicht mehr der, der ich damals war. Ich hab mich verändert, wie wir alle“, mit den Worten ließ er sie los. „Es ist das Beste, wenn ich dich jetzt wieder in den Palast bringe. Nachher verläufst du dich noch.“

So kühl wie er gerade mit ihr sprach, versetzte es der Weißhaarigen einen Stich. Sie wollte und konnte einfach nicht glauben, dass sich der Priester so sehr veränderte. „Ja, ist gut“, nickte sie schließlich. Es brachte ja nichts, wenn sie was sagte.

Stumm ging Kisara anschließend neben Seth her. Kurz blickte sie zu ihm nach oben. „Stimmt es…was ich gehört habe?“, wollte sie wissen.

„Was hast du denn gehört?“, wollte der Priester wissen.

„Dass der Pharao daran denkt mich zu heiraten“, wisperte das Mädchen leise.

Abrupt blieb Seth stehen. Zunächst hatte er die Augen ein wenig aufgerissen, ehe sie sich anschließend verengten. Heiraten? Sie? Auch wenn Seth das Mädchen früher nur einmal zu Gesicht bekam und selbst jetzt nicht so viel Zeit mit ihr verbrachte, es versetzte ihm doch einen Stich.

„Tut mir leid“, fing der Priester an. Er schloss seine Augen und machte einige Schritte nach vorne. „Davon ist mir bisher nichts bekannt.“

„Dann verzeiht, dass ich gefragt hab“, sagte Kisara leise.
 

„Von hier aus lass ich dich jetzt alleine gehen. Du wirst dein Zimmer leicht finden, geh den Gang gerade aus, und dann in die dritte Tür links“, erklärte er ihr. Während Kisara nickte, machte sich Seth auf den Weg zum Thronsaal.

Er schaute sich um, doch Atemu war nicht dort. Seth runzelte die Stirn. Wieder trat er aus dem Thronsaal heraus und suchte den Pharao in seinem eigenen Raum auf. Nachdem er hinein trat, wurde auch er von dem Pharao gemustert.

„Verzeiht, dass ich Euch noch zu so später Stunde störe“, fing Seth an.

„Was gibt es denn?“, wollte Atemu wissen.

„Mir ist heute zu Ohren gekommen, dass Ihr es in Erwägung zieht das Mädchen zu heiraten.“

„Dann weißt du es also auch schon“, murmelte Atemu. Er seufzte leicht. „Erwägung ist nicht das richtige Wort. Das Volk wäre sehr angetan von der Vorstellung.“

„Und wie seht Ihr das?“

„Ich kenne sie kaum. Natürlich das was ich von ihr bereits weiß, reicht aus. Aber ob es für eine Eheschließung reicht, ist wieder eine ganz andere Begebenheit“, sprach Atemu. „Wie würdest du entscheiden? Würdest du sie heiraten?“, wollte er wissen.

„Wie bitte?“, Seth schluckte leicht bei den Worten. Darüber hatte er sich, wenn er ehrlich war, noch keine Gedanken gemacht.

„Wenn du an meiner Stelle wärest, würdest du sie heiraten?“, fragte Atemu ein weiteres mal.

„Wahrscheinlich“, nickte der Priester.

„Verstehe. Das hab ich mir schon gedacht.“

„Wie meint Ihr das?“

„Ach nichts. Ich werde darüber nachdenken. Lass uns erst einmal das große Fest morgen abwarten. Ich habe gehört, Isis hat Kisara das Tanzen gezeigt, sodass sie morgen auch dabei ist“, sprach der Pharao.
 

Nachdem Seth den Raum verließ, trat Atemu wieder auf seinen Balkon. Von diesem hatte man einen perfekten Ausblick. Vor allem konnte man den Garten beobachten, wie er blühte und gedeihte. Die Menschen nahm man nur wie kleine Ameisen wahr und dennoch war sich Atemu sicher, was er von dort oben sehen konnte.

Zunächst wollte er, als er bemerkte, dass sich Kisara am Brunnen aufhielt, ebenfalls noch unten gehen, bis er schließlich merkte, wie Seth sich der Weißhaarigen näherte. Und dann bekam er das ganze restliche Szenario mit, bis zu dem Zeitpunkt wo der Priester das Mädchen zurück brachte.

Der Blick genügte und Atemu konnte sehen, was sich vor seinen Augen abspielte. Noch nie hatte er in Seths Augen einen solchen Blick vernommen…außer wenn es sich um Kisara handelte. Für Atemu war die Sache klar geworden.

Er selbst würde das weißhaarige Mädchen nicht zur Frau nehmen.
 

Wieder einmal war einer von Akunadins Plänen zu nichte gemacht worden. Der Hohepriester konnte es einfach nicht glauben. Alles was er anfasste, wurde zerstört. Langsam dachte er schon daran, dass es nur an der Anwesenheit des Mädchens lag. Aber egal was es war, ein neuer Plan musste her.

Akunadin musste sich beeilen. Morgen wäre das Fest und was würde dann geschehen? Es gab nicht vieles, was sein konnte. Aber der Priester war sich sicher, dass Atemu dort seine Verlobung verkünden würde. Und wenn er es nicht tat, wäre ihm dennoch die Liebe des Volkes sicher. In Akunadin reifte noch ein viel grausamer Plan, als den, den er vorher bereits hatte.
 

Nach der vielen Arbeit die nicht nur die Priester am Hofe hatten, konnte das geplante Fest endlich stattfinden. Isis hatte einige Tänzerinnen gefunden und ließ auf Anweisung des Pharaos auch Kisara dabei mitmachen. Mahado und Mana führten ihre Magie vor, außerdem gab es Feuerspucker, Schwertschlucker und andere künstlerischen Akte, die von Shimon ausgesucht worden waren.

In den Pausen kam der Tanz. Bei der ersten Runde war die Weißhaarige recht aufgeregt. Würde alles klappen? Oder würde sie einige Schritte vergessen? Sie wusste es nicht. Und dann noch das Gewand, welches sie trug, es war ein Traum.

Die Hofschneider nähten ihr extra für das Fest ein Oberteil aus blauem Stoff. Es setzte ihr ganzes Aussehen in den Mittelpunkt. Außerdem glitzerte es durch den Stoff und einige Verzierungen. Dazu trug sie noch eine Art Rock, er war schräg abgeschnitten, auf der einen Seite ging er nur bis oberhalb zum Knie, während es auf der anderen Seite viel länger war. Das Ende war mit einem Ring verbunden, den Kisara am Finger trug. Es sah wie ein richtiges orientalisches Kostüm aus. Zunächst war sie nur wegen der Freizügigkeit am Nachdenken, aber am Ende wurde das ganze Kostüm so geändert, dass nur ein kleiner Teil ihres Bauches zu sehen war und nicht mehr so viel, wie bei den anderen Tänzerinnen. Dies führte noch einmal mehr dazu, dass sich Kisara von denen unterschied.

Während das Mädchen die erste Runde tanzen überstand, arbeitete Akunadin an seinem nächsten Plan. Heimlich trug er einen Dolch mit sich, dessen Spitze mit Gift versehen war.

Und während der ganzen Aufregung um den genauen Ablauf des Festes, stieß er mehrfach mit der Weißhaarigen zusammen. Natürlich ließ es der Priester nach einem Versehen aussehen. Doch keiner ahnte, dass er in dieser Zeit den Dolch wandern ließ. Da Kisaras Kostüm durch die Steine ein wenig schwerer war, als ein Gewand ohne, bemerkte sie das zusätzliche Gewicht nicht. Außerdem wog so ein Dolch auch nicht so viel.

Kisara bemerkte, wie ihr das tanzen Spaß machte. Sie kam gänzlich aus sich heraus, bis zu jenem Augenblick. Kaum war das halbe fest vorbei, stürmte jemand auf die Bühne. Ein älterer Mann. Sofort lief er auf den Pharao zu, zog seinen Dolch heraus und wollte ihn gegen den Körper des Herrschers drücken. Glücklicherweise reagierten die Priester und Wachen schnell. Sie nahmen den Mann in Gewahrsam.

„Was geht hier vor?“, wollte Seth grummelnd wissen. Seinem Blick wollte man nun am liebsten entgehen. Er blickte auf den festgenommenen Mann. „Warum tust du das?“, wollte er wissen.

„Das war mein Auftrag“, wimmerte der Festgenommene.

„Weißt du eigentlich, was du hier getan hast? Du hast den Pharao angegriffen, das kannst du mit deinem Leben bezahlen“, warf Isis ein.

Der Mann schluckte, nickte aber nur.

„Wer wollte, dass du den Pharao umbringst?“, fragte Seth mit lauter Stimme. Als keine Antwort kam, schrie er. „WER?“

„Es…es war eine Frau. Sie sagte, wenn ich den Auftrag ausführe, würde ich mit Gold belohnt werden“, murmelte der Alte.

„Kannst du uns sagen, wie sie heißt oder wie sie aussieht?“, wollte dann Atemu wissen.

Der Mann nickte. Er drehte sich um und schaute sich im Saal um. „Da…das ist sie. Sie hat mir den Auftrag gegeben“, mit ausgestrecktem Zeigefinger zeigte er auf Kisara.

„Was?“, sowohl Atemu als auch Seth waren über diese Tatsache schockiert.

Innerlich grinste Akunadin. Er trat auf Kisara zu, packte sie am Arm und zog diesen hoch. „Lass mal sehn, Mädchen.“ Als sie sich wehrte und zappelte, schüttelte der Hohepriester nur den Kopf. „Das bringt dir jetzt auch nichts. Mach es uns nicht so schwer“, warf er ein. Und dann ‚fand‘ er den von ihm versteckten Dolch. „Mein Pharao! Schaut nur, was ich bei dem Mädchen fand“, dabei hob er den Dolch nach oben. „Daran klebt noch was“, sprach er dann.

Akunadin trat nach vorne zu dem Mann. Nur dieser kannte seine Identität und wusste, wer für dieses Attentat zuständig war. Er nahm die Hand von dem Mann und rammte den Dolch in diese.

„Akunadin was macht Ihr da?“, wollte Seth von seinem Meister wissen.

„Ich will was testen“, kam die Antwort. Und nach einigen Minuten der Qualen verstarb der alte Mann. „Hab ich es mir doch gedacht. Daran war Gift“, fügte Akunadin hinzu. „Das Mädchen wollte den Pharao töten.“

~~
 

So heute mal an einem Samstag, da ich ab morgen im Urlaub bin und euch nicht alleine lassen wollte^^. Also viel Spaß beim Lesen

Schuldig

Mit weit aufgerissenen Augen blickte Kisara zu Akunadin, der sie gerade als Mörderin betitelte. Naja Mörderin war noch zu viel gesagt, viel eher gab man ihr die Schuld an dem ganzen. Dabei hatte die Weißhaarige doch wirklich nichts getan. Und nun das.

Schluckend stand Kisara immer noch auf der Position wo sie die ganze Zeit über war. Um sie herum tuschelte man, außerdem traten sämtliche Menschen, die in ihrer Nähe waren, einige Schritte zur Seite. Man sah allen an, dass sie ebenso von der Schuld überzeugt waren, wie Akunadin.

Die Weißhaarige konnte keinen klaren Satz formulieren und schon gar keinen klaren Gedanken fassen. Immer wenn sie was sagen wollte, öffnete sich ihr Mund, aber Worte kamen keine heraus. Sie verstand das alles selber nicht. Sie konnte es nicht verstehen.

„Nehmt sie gefangen“, wies Akunadin die Wachen an, die nun auch alle samt an den Ort des Geschehens kamen. Akunadins Blick ging an den Pharao. „Das seht Ihr doch auch so, oder?“, wollte er wissen.

„Was?“, murmelte Atemu. Er schüttelte schnell den Kopf. „Ja, bringt sie weg. Aber sorgt dafür, dass es ihr gut geht. Morgen wird ihr der Prozess gemacht“, sprach der Pharao.

„Wie Ihr es wünscht“, nickte Akunadin. Er blickte wieder zu den Wachen. „Los, weg mit ihr.“
 

Sobald die Wachen Kisara packten, rissen sie Kisara aus ihrer eigenen Welt, in der sie sich vorstellte, was los war. Als Kisara endlich realisierte, was hier los war, versuchte sie sich zu wehren. Sie zappelte herum, aber die Männer fingen an sie stärker anzupacken.

„Nein…nein…“, schrie die Weißhaarige immer wieder und wieder. Aber sie ließen nicht von ihr. Je mehr sie sich wehrte, desto stärker wurde sie festgehalten.

„Haltet ein“, warf nun Seth ein. Der Priester trat an die Wachen und an Kisara heran. „Ich bringe sie persönlich in die Zelle“, sprach der Priester anschließend. Auch ihm fiel es sehr schwer zu glauben, dass dieses Mädchen einen solchen Plan hatte. Wie konnte das nur sein? Und warum hatte er es nicht schon viel eher bemerkt?

Egal wie sehr Seth darüber nachdachte, er konnte sich immer noch nicht vorstellen, dass Kisara es tatsächlich auf den Pharao absah. Sie war doch nicht so eine…das hatte er in ihren Augen gesehen. Und jetzt wo sie beschuldigt wurde, sah er es ein weiteres Mal in ihren Augen. Sie waren so erschrocken und sie war verängstigt. Eigentlich konnte er genau sehen, dass die Angst deswegen da war, weil sie es nicht getan hatte. Aber alle Beweise sprachen gegen sie.

„Seit vorsichtig“, nickte die Wache. Nun ließen die Männer von Kisara ab. Dafür legte Seth seine Hand an ihren Arm und zog sie nach draußen.

„Wie kannst du nur so was machen?“, zischte der Priester. Die Beweise sprachen gegen sie…das konnte ja nur heißen, dass sie es war. An was anderes durfte der Priester in diesem Moment nicht mehr denken, sonst wäre es zu schwer.

Kisara blickte traurig zu Seth nach oben. „Ich hab nichts getan“, wisperte das Mädchen leise.

„Du hattest den Dolch“, warf der Priester ein.

„Ich weiß, aber er gehört nicht mir“, murmelte sie anschließend. „Ich habe wirklich nichts getan. Das könnte ich nicht…Bitte glaubt mir…“

„Ich wünschte, ich könnte das“, sprach Seth. „Man kann vieles sagen, aber wir hier können nur einander vertrauen. Du warst Gast hier und jetzt das“, fügte er hinzu.

„Ich hab damit nichts zu tun. Bitte…ich hab wirklich nichts getan. Seth, bitte, Ihr müsst mir glauben…ich habe nichts getan. Das könnte ich doch gar nicht…bitte…“, wisperte Kisara leise.

Seth schüttelte den Kopf. „Bitte…sei still…“, sprach er und zog das Mädchen weiter. „Ich wird jetzt meine Pflicht tun und ich unter Arrest stellen. Morgen wird dann entschieden, was weiterhin passiert.“

Ihren Blick abwendend blickte Kisara auf den Boden. Dass er so von ihr dachte…aber trotzdem sprach er wahre Worte. Der Priester kannte hier jeden, warum sollte er dann auch einem Mädchen wie ihr Glauben schenken.

„Ich werde dafür sorgen, dass es dir hier an nichts fehlen wird. Im Vergleich zu den Anderen wirst du sämtliche Essensportionen bekommen. Mach dich darauf gefasst, dass gegen Morgen Mittag die Verhandlung stattfinden“, sprach Seth kühl.

Zusammen mit der Weißhaarigen trat er an den Wachen vorbei und brachte sie in einen anderen Raum. „Tu heute Nacht nichts, was du bereuen würdest.“

„Was sollte ich hier schon tun?“, murmelte Kisara fragen.

„Selbstmord- oder Fluchtversuche. Dir wird es danach sicher nicht besser gehen“, sagte der Priester. Seth ging dann wieder an die Tür. Ehe er diese verließ, drehte er sich um und schaute zu ihr.

Wieder blickte sie ihn so an, als könnte sie keiner Fliege irgendwas tun. „Auch wenn du es mir nicht glaubst, ich glaube dir…“ Mit den Worten verschwand der Priester aus dem Zimmer. Auf der anderen Seite lehnte er sich gegen die Tür. „Verdammt“, fluchte Seth leise und konnte dann noch Kisaras Weinen hören.
 

Direkt am nächsten Morgen bekam Kisara noch etwas zu Essen ins Zimmer gebracht. Nur langsam aß Kisara dieses. Ihre Gedanken waren die ganze Zeit bei dem gestrigen Vorfall. Was brachte das Essen jetzt noch? Sie würde doch sowieso für schuldig gehalten.

Vier Stunden danach wurde sie auch schon von zwei Wachen abgeholt und in den Thronsaal gebracht. Beide Männer standen mit ihren Schwertern vor ihr und achteten darauf, dass sie nicht noch einen Anschlag durchführte.

„Dann wollen wir beginnen“, sprach Akunadin. Neben dem Hohepriester saß Atemu im Thronsaal. Neben ihm standen die Priester Seth, Mahado und Isis. Auch Shimon war dabei gewesen.

„So“, fing Akunadin wieder an. „Kommen wir zu den Beweisen. Beweis Nummer eins wäre unser toter Attentäter. Er bestätigte, dass das Mädchen den Auftrag gab. Das haben alle gehört“, erzählte Akunadin. „Beweis Nummer zwei, der Dolch, den ich bei dem Mädchen fand. An der Spitze haftete noch ein wenig Gift.“

„Die Beweise sprechen wirklich gegen dich“, sprach Atemu. „Hast du noch was zu deiner Verteidigung zu sagen?“

Kisara schüttelte den Kopf. „Mich sehen alle für schuldig. Egal was ich sage, die Meinung aller steht bereits fest“, murmelte das Mädchen.

Akunadin schüttelte den Kopf. „Mit dieser Antwort kommst du hier nicht weiter. Du stürzt dich doch nur selber ins Verderben.“

„Ich würde da gerne noch auf was zurück kommen“, warf Seth ein.

Nun schaute Atemu auf den Priester. „Was ist dir aufgefallen?“, wollte der Pharao wissen.

„Ich würde gerne wissen, was Isis gesehen hat. Soweit ich weiß, hast du sie doch angekleidet. Ist dir da ein Dolch aufgefallen?“, wollte Seth wissen.

Isis schüttelte den Kopf. „Nein, ein Dolch war sicherlich nicht dabei. Das hätte ich bemerkt“, sagte die Frau.

„Und ergab sich danach eine Möglichkeit, dass sie alleine irgendwo einen Dolch herkriegen konnte?“, wollte er wissen.

„Das kann ich so genau nicht sagen. Die meiste Zeit über war sie zusammen mit den anderen Mädchen beim Tanzen oder machte mit denen Pause. Eigentlich hab ich sie nie alleine gesehen. Die, mit denen sie zusammen Pause machte, sahen auch nicht danach aus, als würden sie ein Attentat planen“, erklärte Isis.

Seth nickte. „Dann ist gar nicht wirklich bewiesen, dass der Dolch zu ihr gehörte. Während des ganzen Festes konnte auch jemand anderes den Dolch an das Mädchen weitergeben. So schwer ist er nicht. Das hießt entsprechend auch, dass sie das weitere Gewicht nicht bemerkt haben kann“, sprach Seth. „Und wir sollten nicht vergessen, dass der Attentäter eine falsche Spur sähen wollte oder aber dass er jemanden anderen dafür verantwortlich machen wollte. Wir haben keinen Augenzeugen dafür, dass das Mädchen dies alles plante.“

„Das ist es ja gerade“, warf Akunadin ein. „Wir haben keinen Zeugen, der es bestätigen kann.“

„Aber das ist auch zum Teil Eure Schuld. Hättet Ihr nicht den Dolch an dem Mann ausprobiert, hätten wir einen Zeugen“, meinte Seth.

„Einen, der nur bestätigt, dass das Mädchen daran schuld ist.“

„Das wissen wir doch nicht. In einer Verhandlung könnte er eine andere Aussage machen oder wir hätten ihm auf den Zahn gefühlt“, meinte Seth.

„Und was dann? Dann hätte er noch immer gesagt, dass das Mädchen ihn bezahlt hat“, entgegnete Akunadin.

„Das wissen wir doch gar nicht. Und das werden wir nun auch nicht mehr wissen“, sprach Seth.

Akunadin schüttelte nun den Kopf. „Das reicht. So darüber zu reden bringt uns jetzt auch nicht mehr weiter“, sagte der Hohepriester. „Wir können das was passiert ist, nicht ungeschehen machen. Jetzt haben wir als einzigen Anhaltspunkt die Beweise. Also richten wir uns danach.“

„Aber wenn wir doch mal darüber nachdenken. Ich bin mir sicher, dass keiner von uns dem Mädchen solch eine Tag zutraut“, fügte Seth an.

„Die ganze Sache hier hat nichts mit Zutrauen zu tun. Wenn es danach geht, würde sie wahrscheinlich freigesprochen. Aber wir sollten uns noch einmal die ganzen Beweise ansehen“, sagte der Hohepriester. „Und die Beweise sprechen gegen sie. Jetzt sollten wir uns wirklich überlegen, wie wir urteilen“, fügte er an.

„An was denkt Ihr, Akunadin?“, wollte Shimon wissen.

„Es liegt doch auf der Hand. Entweder wir lassen das Mädchen frei, weil wir ihr eine solche Tat nicht zutrauen, oder wir sprechen sie schuldig. Wir sollten nicht vergessen, dass bei einem Freispruch das Volk sicherlich nicht erfreut ist. Das Mädchen gilt für die Bewohner schließlich als neue Braut des Pharaos. Wie kann man dann so jemanden frei lassen? Natürlich steht auf der anderen Seite die Möglichkeit der Unschuld. Aber das können wir nicht so genau sagen“, erklärte der Hohepriester.

Atemu seufzte. „Ich sehe in welchem Dilemma wir sind“, nickte der Pharao. „Und bei allem es tut mir leid“, fügte er hinzu. „Es gibt keine andere Möglichkeit, die wir haben. Und wir müssen nach den Beweisen gehen. Alles andere wäre nicht vertretbar.“ Atemu schaute zu Kisara. „Es tut mir wirklich leid, aber wir müssen dich schuldig sprechen. Aber ich verspreche dir, wir werden weiter suchen um Beweise zu finden, dass du unschuldig bist.“

Kisara nickte. Es war ja klar, dass so was passierte. Warum sollte sie auch das Glück haben und unschuldig gesprochen werden?

„Bringt sie jetzt wieder in ihre Zelle“, sagte Atemu.

Flucht

Nachdem Kisara in das Zimmer gebracht wurde, verschlossen die Wächter die Zelle. Sie gingen wieder nach draußen und taten ihre Arbeit. Schluchzend lief das Mädchen auf das Bett zu. Sie warf sich auf dieses und fing an zu weinen.

„Und wie geht es jetzt weiter?“, wollte Shimon wissen.

„Ich weiß es nicht. Ich glaube, dass sie unschuldig ist“, murmelte Atemu. „Nur leider sprechen sämtliche Beweise gegen sie.“

„Und wenn wir nach unserem Gefühl entscheiden, dann müssten wir sämtliche anderen Entscheidungen auch überdenken“, warf Isis ein.

„Wenn sich das beim Volk durchspricht, sie würden uns nie wieder Vertrauen“, meinte Mahado.

„Verflucht“, zischte Seth leicht wütend.

„Unglücklicherweise haben wir keine andere Wahl. Es gibt nur eine Möglichkeit“, Atemu seufzte erneut. „Wir müssen sie bis zum Ende verurteilen.“ Auch wenn er nicht wollte. Alle Beweise sprachen gegen sie.

„Sie wird morgen hingerichtet, dann hat sie heute noch einen schönen Abend“, sprach Akunadin.

„Was? Nein. Das ist noch viel zu früh“, entgegnete Seth.

„Wir sollten nicht länger warten“, meinte Akunadin allerdings darauf. „Momentan denkt das Volk, dass das Mädchen die neue braut des Pharaos wird“, fügte er an. „Wenn in den nächsten Tagen publik wird, dass sie ein Attentat plante, wird das Volk Handlungen sehen wollen. Was denkt ihr, wie das Volk reagiert, wenn es heraus findet, dass wir dem Mädchen noch eine Gnadenfrist gewährten?“

Akunadin schüttelte den Kopf. „Sie würden es nie verstehen“, sprach der Hohepriester. „Je schneller wir nun ihre Hinrichtung planen, desto schneller wird das Volk diese Begebenheiten vergessen und weiterhin Vertrauen zu uns haben.“

„Unter schnell handeln versteht Ihr also die Hinrichtung am nächsten Tag…“, meinte Seth. Er schüttelte nun auch seinen Kopf. „Sowas wird ich nie verstehen. Aber nun gut, wenn so die Entscheidung ist, werde ich mich dieser nicht entgegen stellen.“

„Es ist das Beste für alle“, warf Akunadin ein.

„Das ist Eure Ansicht“, murmelte Seth. „Wenn es jetzt nichts mehr gibt, würd ich mich gern zurück ziehen.“
 

Zähneknirschend legte sich Seth auf das Bett in seinem Zimmer. Die ganze Zeit über starrte er die Decke an. Wie konnte Akunadin nur so streng sein? Vor allem jetzt? Dazu kam noch dieses eigenartige Verhalten des Hohepriesters.

Hätte Shimon jetzt nach der Veränderung gefragt, dann hätte Seth auf jeden Fall zugestimmt. Ja, ganz sicher, Akunadin hatte sich verändert. Der Hohepriester wurde kühler und dazu noch so streng. So hatte er seinen einstigen Lehrmeister noch nie gesehen. Wenn Seth daran dachte, wie dieser in der Vergangenheit war, dann war es ein ganz anderes Szenario. Akunadin war eigentlich meistens immer derjenige, der versuchte den Menschen genügend Aufmerksamkeit und Respekt gegenüber zu bringen. Außerdem versuchte er immer die Unschuld eines jeden Angeklagten zu finden.

Sein jetziges Verhalten spiegelte nicht das wieder, was Seth einst von seinem Meister lernte. Eher das Gegenteil. Diese Strenge…es passte nicht zu ihm. Seth atmete tief ein und aus. Anschließend stand er wieder auf und ging den ganzen Tag über seine Pflichten nach.
 

Am Abend legte sich der Priester müde in sein Bett. Die ganze Zeit über musste er schon gähnen und war so froh, als er endlich ins Bett kam. Sobald Seth die Decke über sich zog und die Augen schloss, wurde er auf einmal hell wach. Seine Gedanken kreisten ein weiteres Mal um die Weißhaarige…wie sie einfach nur so da stand.

Seth öffnete wieder seine Augen und schaute nach oben an die Decke. Ihr Gesicht spiegelte sich in dieser wieder. Der Priester schüttelte den Kopf. Warum sah es nur so schlecht für sie aus? Immer wieder schüttelte Seth den Kopf. Er wollte diese Gedanken ausschalten. Aber egal was er machte, sie kamen wieder.

Irgendwann hielt der Priester es nicht mehr aus. Er stand von seinem Bett auf, nahm seine Kleidung und zog diese an. In seinem tiefsten Inneren spürte der Priester, dass er nun die richtige Entscheidung traf. Alles andere konnte er einfach nicht weiter verantworten. Und wenn sie das Mädchen hinrichteten, dann, das wusste er, würde er wohl selber nicht so lange am Hofe bleiben können. Die gesamte Geschichte ging ihm nah, viel zu nah. So sehr durfte es eigentlich nicht sein. Und doch war es passiert.

Mit schnellen Schritten marschierte der Priester zu den Räumlichkeiten in denen nun Kisara untergebracht war. Vor dem Zimmer standen zwei Wachen und beobachteten die Umgebung. Seth trat an diese heran. „Ihr könnt jetzt gehen. Ich werde die restliche Schicht machen“, sprach er.

„Ja, aber…“, fing die erste Wache an.

„Das ist ein Befehl. Ich werde sie auch morgen früh zur Hinrichtung bringen“, fügte Seth an.

Die Wache nickte und ging dann. Befehl war Befehl.

Nur langsam öffnete der Hohepriester die Tür des Zimmers und trat ein.

Kisara saß auf dem Boden neben dem kleinen Fenster. Es war mit Holzstäben soweit verriegelt, dass man nicht ausbrechen konnte. Ihre Beine hatte sie dicht an den Körper gezogen und sie mit ihren schlanken Armen umarmt. Das Licht des Mondes, welches in das Zimmer schien, war fast gänzlich auf das Mädchen gefallen. Die ganze Zeit über schaute sie aus dem Fenster nach draußen…in die Natur…die Freiheit.

Als die Tür schließlich aufging, blickte sie zu dieser. Sobald sie den Priester erkannte, schenkte sie ihm ein kleines Lächeln, blickte dann aber auf den Boden. Dass er sich doch noch für sie einsetzte, hatte ihr sehr viel bedeutet, aber der Kampf war vorbei. Es war entschieden und die Freiheit würde sie so gewiss nicht mehr sehen.

„Steh auf“, wies Seth das Mädchen an.

Wieder blickte Kisara zu ihm.

„Du hast mich verstanden. Steh auf.“

Kisara nickte. Dann stand sie auf und ging zu ihm. Sie schluckte leicht. Dann würde es nun soweit sein…ihr Ende. Der Blick war noch immer zum Boden gerichtet.

„Jetzt muss alles schnell gehen“, fing der Priester an. Seine Stimme wurde dabei leise, er flüsterte. „Wir müssen auch schnell sein. Sollten wir getrennt werden, warte bei den Ställen auf mich“, fügte er hinzu.

Kisara blickte nach oben. Ihr war unverständlich was er ihr gerade sagte. Warum sollte sie jetzt gehen? War die Entscheidung nicht bereits gefallen. „Ich versteh nicht ganz“, flüsterte das Mädchen leise.

„Du bist unschuldig!“ Seth sah das Mädchen an, zog sie dann aber mit nach draußen. „Ich bring dich hier raus…wenn du bei den Pferden bist, nimmst du dir eins und reitest los. Du reitest die ganze Nacht, den nächsten Tag und dann wieder die Nacht immer die gleiche Richtung. Dann bist du in einer größeren Stadt, dort wartest du auf mich. Diesmal verspreche ich dir zu kommen.“

Ungläubig blickte Kisara den Priester an. Dass er das für sie tat…sie würde es ihm nie vergessen. Dann aber schüttelte sie den Kopf. „Nein.“

„Wieso nicht?“, Seth hob seine Augenbraue. Dann schüttelte er den Kopf. „Wir haben keine Zeit uns nun deswegen zu unterhalten. Komm jetzt.“

„Nein“, sprach die Weißhaarige wieder. Diesmal ein wenig lauter als das Mal zuvor.

„Kisara!“, meinte Seth streng. „Jetzt lass den Unsinn. Warum willst du nicht gehen?“

Das Mädchen blickte ihn an. Sie lächelte leicht, verstummte dann aber damit. „Ihr habt hier alles…ein Leben…und eine Zukunft. Werft das nicht wegen mir weg. Ich bin das nicht wert“, erklärte die Weißhaarige.

„Was redest du da?“

„Es ist in Ordnung. Ich bin hier diejenige, die nicht da sein sollte. Durch meine Anwesenheit kam es nun zu dem allen“, wisperte Kisara. „Ich weiß schon lange, dass ich nicht so viel Wert bin wie die Priester hier oder die anderen Menschen. Mein einziger Wunsch war es Euch wiederzusehen. Jetzt ist er endlich in Erfüllung gegangen und dafür danke ich Euch“, sprach Kisara ruhig. „Ich habe mein Schicksal akzeptiert. Es ist in Ordnung so wie es ist. Ich will nicht, dass Ihr Euch wegen mir das Leben schwer macht. Euer Leben hat noch Sinn, meines nicht mehr. Bitte lasst mich hier, ich bin es nicht wert gerettet zu werden…“

Seth blickte die Weißhaarige weiterhin an. Sie redete Unsinn…und legte doch so viel Gefühl in ihre Worte. Aber wertlos war sie gewiss nicht. Um Kisara nun von ihrer fehlgeleiteten Interpretation ihrer selbst zu überzeugen, presste der junge Priester seine Lippen gegen die der Weißhaarigen.

Kisara wusste nicht was hier gerade passierte, aber es fühlte sich gut an…so gut. Langsam drückte Seth das Mädchen noch näher an sich heran und zog sie in seine Arme. Den Kuss ließ er nun abbrechen. Direkt danach öffnete er wieder seine geschlossenen Augen. Seths Handfläche strich über die Wange der Weißhaarigen.

„Du bist nicht wertlos…für mich bist du alles…ich würde alles für dich tun“, wisperte er ihrem Gesicht entgegen.

Kisara errötete.

„Erst nach einer kurzen Weile ließ der Priester das Mädchen los. „Jetzt komm, wir müssen weg“, sprach er und zog sie ein weiteres Mal am Arm mit aus dem Zimmer.

Diesmal gab Kisara dem Ziehen nach und bewegte sich selbstständig. Doch kaum hatten sie den Flur passiert, standen sie auch schon dem Pharao, den Wachen und Akunadin gegenüber. Aus Unsicherheit darüber, dass sich ein Priester um eine Gefangene kümmern wollte, hatten die Wachen den Pharao informiert, was wiederrum dazu führte, das auch Akunadin alles mitbekam.

„Was geht hier vor?“, wollte der Hohepriester von Seth wissen.

Sofort stellte sich Seth vor die Weißhaarige. „Das seht Ihr doch. Ich bringe sie weg“, sprach der Angesprochene. „Lasst mich passieren. Tut Ihr es nicht werde ich gegen Euch kämpfen.“

Die Wahrheit

Akunadin schüttelte ungläubig den Kopf. „Das kann nicht dein ernst sein“, sprach der Hohepriester.

„Überlasst das ruhig mir“, meinte Seth. „Ich habe mich entschieden, und Ihr werdet mich sicherlich nicht davon abhalten können.“

„Das ist Irrsinn…“

„Das mag Eure Meinung sein, aber nicht meine. Ich werde nicht zulassen, dass ihr aufgrund der mangelnden Beweise das Mädchen zum Tode hinrichtet. Früher wart Ihr auch nicht so, da habt Ihr immer alles hinterfragt. Warum?“, wollte Seth von ihm wissen.

„Du weißt nicht was du sagst“, meinte Akunadin.

„Ich weiß es ganz genau. Ihr habt Euch so sehr verändert. Ich will jetzt wissen warum das passiert ist.“

„Das kannst du nicht verstehen“, warf Akunadin an. „Du wirst es nie verstehen. Und jetzt hör auf mit diesem Schwachsinn. Lass das Mädchen in Ruhe und bleib hier“, entgegnete Akunadin.

„Der einzige, der hier so handelt, das seid Ihr.“

„Das reicht, Seth. Du weißt doch gar nicht, was ich alles getan hab. Das war alles nur für dich“, zischte der Hohepriester.

„Ich habe Euch nie darum gebeten. Es interessiert mich nicht, was Ihr Euch hier für mich wünscht oder nicht. Wir könnt Ihr nur sagen, dass Ihr das jetzt für mich tut?“, wollte Seth von ihm wissen.

„Weil es so ist. Das Mädchen würde dich nur ins Unglück führen. Was findest du nur an ihr? Du bist von dem Allem hier verblendet. Es ist nicht dein Schicksal nur ein Diener des Pharaos zu sein.“

„Was soll das heißen?“, fragte der Priester nach.

„Das spielt jetzt keine Rolle. Ich hab nur so gehandelt, wie ich es für dich am besten fand“, warf der Hohepriester ein.

„Dann sagt mir gefälligst auch warum“, sagte Seth. „Wie soll ich Euch verstehen, wenn Ihr hier alles nur so vage formuliert?“

„Ich will, dass aus dir mehr wird. Du sollst Pharao werden und nicht sein Diener. Verdammt, Seth, du bist für viel Größeres bestimmt.“

„Das ist mir doch egal“, rief ihm Akunadin entgegen.

„Warum? Warum tut Ihr das nur?“

Akunadin konnte nur den Kopf schütteln. „Du bist mein Sohn, du sollst nicht dem Pharao dienen. Dein Blut ist genau so rein, wie seines“, antwortete Akunadin.

„Was?“, wollte Seth schockiert wissen. Sein Vater…das war doch unmöglich. Er hatte keinen Vater mehr.

Seth schüttelte wieder den Kopf. Sein Vater war schon seit langer Zeit nicht mehr am Leben. Er wusste es noch wie damals. Zusammen mit seiner Mutter stand er vor dem großen Pferd und verabschiedete seinen Vater.

Einige Wochen danach erzählte seine Mutter von dem Tod seines Vaters. Für Seth war die Sache klar. Sein Vater war nicht mehr am Leben und er hatte nur noch seine Mutter. Und dann tauchte Akunadin jetzt als sein angeblicher Vater auf.

„Ihr lügt.“

„Gewiss nicht“, sprach Akunadin. „Es ist die Wahrheit. Und wenn du tief in dich hinein hörst, wirst du merken, dass es die Wahrheit ist. Was meinst du, warum ich mich die ganze Zeit über so intensiv um dich gekümmert hab? Es ist kein Hirngespinst.“

„Das kann gar nicht sein“, schüttelte Seth den Kopf. „Mein Vater ist vor einer langen Zeit verstorben.“

„Ich lebe, nur konnte ich damals nicht wieder zurück kehren…zumindest nicht rechtzeitig. Als ich dich und deine Mutter in dem Dorf aufsuchen wollte, hieß es, ihr seid gestorben. Deswegen habe ich nie nach euch gesucht. Und dann bist du auf einmal im Palast aufgetaucht. Ich wusste sofort wer du warst. Es steht fest. Du bist mein Sohn.“

„Selbst wenn es der Wahrheit entsprechen sollte, so jemanden wie Euch möchte ich nicht als Vater haben“, sprach der Priester.

„Das sagst du jetzt. Aber wenn du siehst, was ich alles für dich getan hab, wirst du es anders sehen. Ich ebne dir den Weg für ein besseres Leben“, entgegnete der Hohepriester.

„Ich bin Euch auch dafür dankbar, dass Ihr mir in der Anfangszeit so sehr geholfen habt. Aber in der letzten Zeit habt Ihr rein gar nichts getan. Ihr habt Euch so verändert. Darauf kann ich wirklich verzichten“, meinte Seth.

„Dass du das so siehst, hab ich schon bemerkt. Aber du weißt gar nichts. Ich ebne dir den Weg um als Pharao zu herrschen und du machst hier alles zunichte, in dem du das Mädchen rettest“, murrte Akunadin ohne richtig zu bemerken, dass er sich verplappert hatte.

„Was soll das heißen? Habt Ihr etwa das Attentat in Auftrag gegeben und wolltet es in ihre Schuld schieben?“

„Ja. Und ich würde es immer wieder tun. Genau wie den ganzen anderen Rest“, zischte Akunadin.

„Den Rest?“, nebst Seth hob nun auch Atemu die Augenbraue.

„Oh ja. Habt ihr es etwa nicht bemerkt? Alles war meine Schuld. Die Gerüchte um die Ehe und dann fandet ihr immer einen Weg um den Pharao wieder in einem guten Licht da stehen zu lassen. Aber nicht mit mir. Er muss weg, für immer weg…“

Seth schüttelte nur den Kopf. „Ihr wisst ja gar nicht, wie sehr Ihr Euch verändert habt. Egal ob Ihr nun mein Vater seid oder nicht, ich will Euch nicht mehr sehen. Ihr seid für mich gestorben.“

„Das kannst du nicht machen“, rief Akunadin. „Egal was passiert ich bin und ich bleibe dein Vater. Ich hab alles für dich getan. Hörst du? Ich hab für dich alles getan.“

„Ich werde Euch nie als meinen Vater anerkennen“, sprach Seth. Der Priester trat an Akunadin heran. Sofort legte er seine Hände an dessen Hals und drückte Akunadin gegen die Wand. Kurz drückte Seth auch zu.

Dann schüttelte der Priester den Kopf. „Nein, Ihr seid es nicht Wert, dass ich mir an Euch die Hände schmutzig mache.“ Nun ließ er wieder von dem Hohepriester ab und blickte zu Atemu.

„Nehmt ihn in Gewahrsam“, sprach Atemu. Er schaute zu seinen Wachen, die sofort nickten und den Hohepriester festhielten.

„Das wird euch nichts bringen. Ich finde schon einen Weg, genau wie ich die ganze Zeit über meinen Sohn näher an die Macht gebracht hab“, rief der ehemalige Hohepriester. „Keiner von euch wird merken, wie ich mich wieder an die Macht bringe, genau wie keiner von euch je wusste, dass Seth mein Sohn ist“, lachte Akunadin.

„Da irrt Ihr Euch“, warf Shimon nun ein. „Pharao Aknamkanon wusste von Anfang an, wer Seth war…deswegen hatte sich auch unser ehemaliger Pharao so sehr dafür eingesetzt, dass der Priester an den Hof kann.“

„Nein, das kann gar nicht sein“, Akunadin schüttelte den Kopf. „Er hat nie irgendwas gesagt. Er wusste es nicht.“

„Er wusste es definitiv. Er wollte nur solange warten, bis Ihr selber zu ihm gegangen wäret. Unser alter Pharao hat die ganze Zeit darauf gewartet, dass Ihr ihm die Wahrheit über Euren Sohn erzählt“, meinte Shimon anschließend.

„Niemals“, sprach Akunadin.

„Bringt Akunadin in das Verließ“, meinte Atemu. Er schüttelte den Kopf und war nur noch von dessen Verhalten erschüttert. Anschließend ging sein Blick zu Kisara, die die ganze Zeit über stumm dem Gespräch gefolgt war. „Es tut mir leid, dass wir dich zu Unrecht verurteilt haben. Natürlich bist du jetzt frei und kannst machen was du möchtest.“

„Danke“, wisperte das Mädchen leise.
 

Priester Seth schaute seinem vermeintlichen Vater nach. Er konnte es nicht glauben. Kaum erfuhr er, wer sein Vater war, wurde dieser auch schon abgeführt. Es war zwar die richtige Entscheidung, aber trotzdem veränderte es alles. Nun wusste Seth, dass er königlichen Blutes war…Atemus Cousin.

Es änderte so viel, wie er das alles noch begreifen konnte, wusste er nicht. Das würde sicherlich noch eine Weile dauern, ehe er zur richtigen Besinnung kam. Und was sollte er machen, wenn er tagtäglich seinen Vater erblicken musste? Wobei hierbei die Frage war, was noch mit Akunadin passieren würde. Hatte dieser überhaupt noch eine Zukunft am Palast?

Seth schüttelte den Kopf. Er musste erstmals einige klare Gedanken fassen, ehe er entscheiden konnte, wie es weiter ging. Seths Blick ging an Atemu.

„Wusstet Ihr es?“

„Ja. Aber nicht von Anfang an“, sprach Atemu. „Durch einen Zufall habe ich vor einiger Zeit die Tagebücher meines Vaters gefunden. Dadurch habe ich heraus gefunden, dass du Akunadins Sohn bist. Auf Anraten von Shimon habe ich mich dazu entschieden, dir nichts darüber zu erzählen. Ich wollte warten, bis es Akunadin selber tat, aber die Zeit verging und es passierte nichts. Ich wollte deinem Vater nicht zuvor kommen. Aus dem Grund habe ich dir nichts erzählt“, erzählte der Pharao.

„Ich verstehe“, murmelte Seth. Dann wussten es also so gut wie alle. Der Priester atmete tief ein und anschließend wieder aus. Es war generell viel zu viel.

„Tut mir leid, dass du so die ganze Wahrheit erfahren hast“, meinte Atemu. „Aber wenigstens haben wir dadurch noch die ganze Wahrheit über seine Intrigen heraus finden können. Jetzt können wir dagegen handeln und die Sache beim Volk richtig stellen“, fügte er hinzu.

Seth nickte. „Wie wird es jetzt weiter gehen?“, wollte der Priester wissen. Er selber hatte davon keine Ahnung. Was würde geschehen? Würde er von seinem Rang als Priester entbunden und offiziell ein Mitglied der Königsfamilie werden? Oder würde er gar einen Rang aufsteigen, vielleicht auch den Rang von Akunadin übernehmen, wenn nun ein Hohepriester fehlte. Was? Was würde passieren?

„Wie immer“, sprach Atemu. „Wir sollten es die heutige Nacht ruhen lassen und morgen weiter darüber sprechen.“

Aufbruch

Da es immer noch mitten in der Nacht war, beschloss der Pharao, dass die ganze Sache erst am nächsten Morgen besprechen werden sollte. Anders ging es ja nicht. Außerdem hatte Atemu weitaus wenig Interesse daran, die gesamten Begebenheiten bei den Arrestzimmern zu besprechen. Es schien ihm, als wäre es sonst zwischen Tür und Angel passiert. Lieber nicht.

Von Isis wurde Kisara auf ihr altes Zimmer gebracht und legte sich sogleich auf das Bett. Wenigstens hatten sie die ganze Sache aufgeklärt, zwar auf den Kosten von Seth, aber aufgeklärt war aufgeklärt.

Und trotzdem konnte die Weißhaarige nicht schlafen. Immer wieder gingen ihr viele verschiedene Gedanken durch den Kopf. Zuerst die Kühle von Seth, wo er ihr zu verstehen gab, sie für schuldig zu halten. Dann aber der Fluchtversuch als er mitten in der Nacht in ihrer Zelle erschien. Der anschließende Kuss. Die Tatsache wie sehr er sie beschützen wollte vor den Wachen und selbst vor dem Pharao. Und dann natürlich noch die Sache mit der Verwandtschaft zum Hohepriester Akunadin. Erst jetzt realisierte die Weißhaarige was es hieß der Sohn von Akunadin zu sein. Nicht nur, dass Seths Vater ein Hohepriester war, er war auch noch der Onkel des Pharaos, was auch dazu führte, dass Seth sein Cousin war.

Sie waren verwandt. Der Pharao Ägyptens und der Mann der ihr so viel bedeutete. So wie Kisara den Palast bisher kannte, wusste sie, dass es schon sehr bald publik werden würde. Seufzend blieb die Weißhaarige auf dem Bett liegen. Sie schloss die Augen und versuchte zu vergessen.
 

Genau wie Kisara lag auch Seth diese Nacht wach. Für ihn war die ganze Sache noch viel schwerer, immerhin war er direkt involviert. Warum musste er ausgerechnet so seinen Vater ‚kennen lernen‘? Das war doch einfach nur viel zu pikant. Und dazu musste er auch noch erfahren, welche Schandtaten Akunadin tat, nur um an die Macht zu kommen bzw. ihn selbst an die Macht zu bringen. Hätte er doch nur selber mit ihm darüber gesprochen. Es hätte alles leichter gemacht. Seth hätte seinem Vater sofort klar gemacht, dass er nicht die Position des Pharaos haben wollte. Wahrscheinlich hätte es nicht so viel besser gemacht, aber wenigstens wären die Fronten sofort geklärt.

Seth war sich sicher, es wäre alles einfacher. Und jetzt hatte er den Schlamassel. Akunadin war durchgedreht und versuchte mehrere Mordanschläge. Nun ja, eigentlich war nur einer bekannt, aber dem Priester wurde bewusst, dass wahrscheinlich nicht nur einer auf Akunadins Kosten ging.
 

Direkt am nächsten Morgen trat Seth in den Thronsaal von Atemu.

„Guten Morgen. Ihr wolltet mich sehen“, fing der Priester an.

Atemu nickte. „Morgen“, sprach er. „Gut, dass du so schnell hier her gekommen bist“, fügte der Pharao hinzu. „Wir sollten uns nun über das Unterhalten, was in der Nacht passiert war.“

Seth nickte. Genau das wollte er auch.

„Was passiert ist, tut mir wirklich leid“, fing er an. „Ich kann leider nicht ungeschehen machen, was passiert ist, auch wenn ich es mir wünschte.“

„Ihr hättet nichts tun können“, warf Seth ein.

„Ich hätte mit Akunadin darüber reden können. Vielleicht wäre es dann nicht so weit gekommen.“

„Das werden wir nie erfahren. Selbst wenn Meister…mein Vater es gewusst hätte oder öffentlich gemacht hätte, man kann daraus nicht sagen, dass er es dennoch nicht versucht“, meinte Seth wieder.

„Das mag sein. Aber wir hätten eine größere Chance gehabt“, murmelte Atemu.

„Das werden wir nie erfahren“, seufzte der Priester. „Wie geht es jetzt mit ihm weiter?“

„Ich habe mich dazu entschieden, dass wir Akunadin aus dem Königreich verbannen. So bekommt er noch eine Möglichkeit über alles nachzudenken“, erklärte Atemu.

„Mhmm…gut“, nickte Seth. „Wenn es Eure Entscheidung ist, dann werd ich sie nicht kritisieren“, fügte der Priester hinzu.

„Gut. Wie gedenkst du, dass es jetzt weiter geht?“, wollte der Pharao von ihm wissen.

„Ich weiß es nicht. Aber Ihr habt es doch gestern selber gesagt. ‚Wie immer‘“, wiederholte der Priester. „Ich denke, das wird das Beste für den ersten Moment sein. Ich möchte auch nicht nach oben gestuft werden, seit ich denken kann, hab ich immer selbstständig gearbeitet. Ich will nicht jetzt wegen meinem Vater anders gesehen werden.“

„Gut“, nickte Atemu. „Das kann ich verstehen. Du behältst deine ganzen Aufgaben.“

„Danke.“
 

In der Zwischenzeit stand Kisara zusammen mit Mana und Isis in der Vorratskammer. „Das ist wirklich nicht nötig“, sprach die Weißhaarige.

„Ach Unsinn“, warf Mana ein. Sie schnappte sich ein paar Brote, dazu noch ein wenig Obst. „Wenn du uns schon verlassen willst, dann wird ich persönlich dafür Sorge tragen, dass du nicht an der nächsten Oase vor Hunger zusammen brichst.“ Anschließend schnappte sich Mana noch zwei Wasserflaschen. „Warum willst du überhaupt gehen?“

„Mana!“, ermahnte Isis das Mädchen. „Du hast doch gehört, dass sie sich entschieden hat, es ist nicht von Vorteil, wenn du jemanden von seiner Entscheidung abhalten willst.“

„Ja, aber…“, Mana seufzte. „Ich verstehe. Tut mir leid, Kisara.“

„Das macht nichts“, die Weißhaarige lächelte leicht. „Und danke, dass du mir das Paket fertig machst.“

„Gerne gerne…das ist das mindeste was ich jetzt noch für dich tun kann. Ich find es aber immer noch Schade…“, das Mädchen verzog das Gesicht.

„Glaub mir, es ist besser so…“
 

Nachdem Kisara alles in die Hand bekam, brachte sie Mana bis zum Eingang.

„Komm gut nach Hause“, meinte das Mädchen.

Kisara nickte. „Danke. Leb wohl“, sprach sie dann. Das Essens- und Trinkenpaket war mit einem Leinentuch umwickelt, sodass Kisara es ganz einfach tragen konnte. Kurz darauf drehte Kisara ihr den Rücken zu und trat nach draußen.

Kaum hatte sie das Tor passiert, blieb sie stehen. Das weißhaarige Mädchen atmete tief ein und drehte sich dann um. Der Blick der Weißhaarigen ging nach oben.

Und da erblickte sie ihn dann.

Seth stand auf dem Balkon in seinem Zimmer. Von diesem konnte man ganz gut den Palasteingang beobachten. Und so wie es heute aussah, war es gut, dass er die Aussicht ‚genoß‘. Dem Priester war das Mädchen natürlich nicht verborgen geblieben.

Dann ging sie jetzt also nun und zog die Konsequenzen aus dem Geschehenen. Irgendwie rechnete er schon mit einem Abschied, doch dass es so baldig sein würde…

Einige Sekunden, wahrscheinlich waren es sogar mehrere Minuten, blickte sich Seth und Kisara an. Langsam hob das Mädchen ihre Hand nach oben und winkte. Danach machte sie sich auch auf den Weg. Der Abschied fiel ihr nicht leicht. Zuerst waren es nur ein paar kleine Schritte, dann aber lief sie los. Tränen rollten über ihre Wangen und sie wusste, würde sie nun nach hinten schauen…sie wäre nicht gegangen.

Solange bis Kisara im Hintergrund verschwand, stand Seth am Balkon. Aus der Ferne beobachtete er sie. Auf einmal war sie weg…Das Schlimmste daran war, dass er es verstehen konnte. Selbst nur mit dem Rang eines Priesters würde es schwer für die Beiden werden. Seth der Priester und Kisara die ‚Sklavin‘. Warum musste das Schicksal nur so grausam sein?

Leicht seufzte Seth auf, ehe er sich umdrehte und dann auch schon den Pharao in seinem Zimmer entdeckte.

„Verzeiht. Ich habe mir eine kleine Pause gegönnt, ich werde sogleich mit der Arbeit weiter machen“, sprach der Priester ruhig.

Atemu nickte. Sein Blick richtete sich auf seinen Cousin, der ihm gegenüber stand und den Blick abwand. Der Pharao konnte es genau in seinem Gesicht lesen. Seth war traurig…er musste nichts sagen oder machen, mit diesem Gesichtsausdruck war er ein offenes Buch.

„Weiß das Volk schon Bescheid?“, wollte Seth dann wissen.

„Bisher noch nicht. Aber wir werden es nachher bei der Audienz verkünden lassen“, entgegnete Atemu.

„Gut, ich werde dann dort sein“, nickte der Priester.

„Ist sie weg?“, fragte der Pharao nach.

„Ja, gerade eben. Mana hat ihr noch was zu Essen und zu Trinken mitgegeben, damit sie nicht in der Wüste zusammen bricht“, antwortete Seth. „Woher wisst Ihr, dass sie weg ist?“

„Ich hatte so ein Gefühl, dass sie gehen würde. Außerdem wurde ich vorhin von Isis aufgesucht. Sie hat mir noch von den Plänen des Mädchens erzählt“, erklärte der Herrscher.

„Ich verstehe“, murmelte Seth leise. „Wenigstens wird sie nicht mehr verdächtigt, Euch umbringen zu wollen. Das ist doch was.“

„Ich hätte sie nicht als schuldig ansehen sollen. Aber alle Beweise sprachen dagegen.“

„Ich weiß. Wenn man das danach richtet, dann wäre sie definitiv schuldig. Und leider ist unsere Demokratie so, dass die Beweise zählen“, meinte der Priester.

„Und trotzdem warst du von ihrer Unschuld überzeugt“, warf Atemu ein.

„Weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie so was tatsächlich planen konnte“, nickte er.

„Das war mutig von dir…auch der Fluchtversuch. Ich hätte nie erwartet, dass sich einer der Priester gegen mich stellt“, sprach der Pharao.

„Es musste sein. Normalerweise teile ich auch Eure Überzeugungen. Aber es gibt auch Begebenheiten, wo ich nicht der gleichen Ansicht bin. Es gab keine andere Möglichkeit für mich, da Akunadin sie hinrichten lassen wollte…“

„Alleine das hätte uns komisch vorkommen sollen. Hätten wir die Zeichen doch viel eher bemerkt“, seufzte Atemu.

„Dazu ist es nun zu spät. Aber wir können nur noch für die Zukunft lernen“, entgegnete der Priester.

„Das werden wir auch“, nickte der Pharao.

„Wenn es Euch jetzt nichts ausmacht, dann würde ich gerne wieder meinen Aufgaben nach gehen“, erklärte Seth. Ablenkung würde jetzt sowieso das beste Mittel sein.

„Natürlich. Ich werde dir da nicht im Weg stehen“, sagte Atemu. „Aber wenn du mich fragst, würde ich dir gerne einen guten Rat mit auf den Weg geben.“

„Bitte, sprecht nur“, meinte Seth. Einen gut gemeinten Rat wollte er auf jeden Fall annehmen.

„Lass sie nicht einfach so gehen…“

Der Beginn von etwas Großem

Mit seinen letzten Worten ließ Atemu den Priester im Raum stehen. Seth bewegte sich keinen Zentimeter. Immer wieder hörte er noch das, was der Pharao sagte. Lass sie nicht einfach so gehen…. Die ganze Zeit über musste Seth daran denken.

Aber war es nicht bereits passiert? Hatte er sie nicht schon lange einfach so gehen gelassen? Kisara war weg und er stand alleine in seinem Raum. Seth schüttelte den Kopf. Wie konnte er auch nur daran denken?

Schleunigst bewegte er sich nach draußen zu. Er lief schon richtig. Als der Priester bei den Pferden ankam, griff er schnell nach einer Trense und legte sie seinem Pferd um. Sofort stieg er auf und ritt los. Dabei preschte er mit dem Pferd recht schnell durch die Tore des Palasteinganges.

Ich muss sie finden, sagte sich der Priester dauerhaft. Aber wo sollte man suchen? Das Dorf war zwar nicht groß, aber trotzdem brauchte man bei Suchen schon einige Stunden. Keiner konnte sagen, wo die Person war, die man finden wollte. Außerdem war auch nicht klar, ob jemand ein Pferd nutzte und auch nicht welcher Dorfausgang verwendet wurde. Aber in diesem Moment war es Seth egal.

So schnell wie es ging, ritt er zum Marktstand. Dort ließ er seinem Pferd eine kurze Weile der Ruhe. Der Priester stieg ab und sah sich auf dem Platz um. Hier war gewiss kein Mädchen, welches wie Kisara ausschaute, und trotzdem hatte er die Hoffnung, sie hier zu finden. Immer wieder blickte er sich um, erspähte jede Person, aber sie war einfach nicht dabei.

„Verflucht“, gab der Priester von sich. Warum war er auch nicht sofort raus gelaufen, als er sie vom Balkon beobachtete? Ein Fehler den er für den Rest seines Lebens bezahlen musste?

„Verzeiht, kann ich Euch helfen?“, wollte eine ältere Frau von dem Priester wissen. Jaja, so waren sie die älteren Damen in den Dörfern. Immer wenn sie ärger witterten, nutzten sie ihre Chancen.

„Hast du hier ein Mädchen mit weißen Haaren und blauen Augen gesehen?“

„Lasst mich mal überlegen“, murmelte die Dame. Nach einer kurzen Weile schüttelte sie den Kopf. „Nein, tut mir leid, so jemand ist mir hier nicht untergekommen. Und so wie Ihr das Mädchen beschreibt, wäre sie uns aufgefallen…bei so einem untypischen Verhalten. Was hat sie denn angestellt?“

„Sie hat nichts getan“, sprach der Priester. „Ich will sie einfach nur finden. Aber wenn sie nicht hier war, werde ich mich weiter umsehen.“ Sofort nachdem Seth dies sagte, machte er sich auch weiterhin auf den Weg.

Es war so schwer jemanden hier zu finden. Vor allem Kisara. Dabei war es doch komisch. Ein Mädchen mit ihrem Aussehen musste eigentlich in dem Dorf recht schnell auffallen und doch schien keiner sie gesehen zu haben. War sie überhaupt da? Wieder schüttelte der Priester den Kopf und fuhr dann mit der Hand durch seine Haare. „Wo bist du nur…“, wisperte er leise.

Erneut stieg der Priester auf sein Pferd und ritt weiter. Diesmal sah er in der Umgebung des Hafens nach. Dabei fiel ihm das Bild von Kisara am Brunnen ein. Wie sie so da saß und ihren Arm in das kühle Nass streckte. Ihren Blick konnte er ebenso nicht vergessen…so verträumt und trotzdem war auch noch diese Traurigkeit vorhanden. Sie hatte ihn wirklich verzaubert und nun machte er den Fehler und ließ sie gehen.

Sobald Seth am Hafen ankam, ließ er sein Pferd wieder rasten und trat sofort zu dem Schiffer heran. „Hast du hier ein Mädchen gesehen. Sie hat weißes Haar und blaue Augen. Das Mädchen ist nicht zu übersehen.“

Nur ein Kopf schütteln kam als Antwort.

„Verdammt.“

Wieder ein Ort an dem Kisara nicht zu finden war. So langsam machte er sich Sorgen. Sie konnte doch nicht einfach so vom Erdboden verschwinden. Ein weiteres Mal schwang sich der Priester auf sein Pferd und ritt los. Dann fiel es ihm wie die Schuppen von den Augen. Wenn sie aus dem Dorf weg wollte, hätte sie wohl gleich den nächsten Weg heraus genommen. Warum kam er nicht auch eher auf die Idee?

Seth dachte viel zu logisch. In seinen Augen wäre es für ein Mädchen viel einfacher, wenn sie sich zuerst in der Stadt ein Pferd besorgte oder aber versuchte mit dem Schiffer übers Wasser zu fahren. Natürlich war ihm nicht klar, dass Kisara da anders dachte. Es gab keine andere Erklärung dafür.

Jetzt musste der Priester nur nochmal wieder von Neuem am Palast anfangen und den ersten Weg nehmen, der heraus führte. Vielleicht würde er dann Glück haben und die Wächter hätten sie gesehen. Der Priester konnte schreien. Jetzt war er fast zwei Stunden auf der Suche nach ihr, und die einfachste Möglichkeit zog er nie in Betracht. Der Rückritt in den Palast und das anschließende heraus reiten, würde sicherlich noch eine weitere Stunde in Kauf nehmen. Unter den Umständen würde auch der Vorsprung von Kisara immer größer werden. Egal wie angestrengt Seth nachdachte, er konnte sich nicht vorstellen, dass Kisara zu Fuß los gegangen war. Vor allem in der Wüste könnte dies enormes Unbehagen auslösen. Sie würde nicht schnell sein und müsste mit den Hitzeerscheinungen rechnen.

Verdammt…warum war sie auch manchmal so stur? Noch ein Grund warum er Kisara sehr schnell finden musste. Kaum am Palast angekommen, machte der Priester halt. Von seinem Pferd sprang er herab und wies einen der Wachen an, die Zügel zu halten. Mit schnellen Schritten trat Seth in den Palast ein. Sein Weg führte ihn in den Vorratsraum, aus dem sich der Priester eine Wasserflasche nahm und diese befüllte.

Als Seth wieder bei der Wache ankam, stieg er blitzartig auf das Pferd. „Danke“, sprach er und ritt wieder los. Sein Weg führte ihn jetzt zum östlichen Ausgang des Dorfes. Dort hielt er vor den Wachen an.

„Habt ihr hier ein Mädchen gesehen…weißes Haar und blaue Augen?“

Die Wachen blickten sich gegenseitig an. Der erste Wächter nickte dann.

„Wo ist sie hin? War sie alleine? Ist sie geritten?“, wollte Seth wissen.

„Eine Karawane nahm sie mit. Sie saß auf einem Esel“, erklärte die zweite Wache.

„Verstehe…dann kann sie ja nicht weit sein“, murmelte der Priester.

„Das können wir nicht genau sagen. Sie kamen vor knapp zwei Stunden hier her. Einen Wagen hatten sie auch nicht mit. Es schien als wären ihre ganzen Sachen auf den Pferden und Eseln verteilt. Wenn Ihr mich fragt, können diese Tiere auch recht schnell sein“, erläuterte der Andere.

„Dennoch danke für Eure Aussage“, sprach Seth. Wieder gab er dem Pferd den Befehl los zu reiten.

„Bitte lass sie nicht weit sein“, wisperte der Priester. Die ganze Zeit über hielt er die Augen auf, doch kein weißhaariges Mädchen durchquerte seinen Blick.
 

Kisara tat sich nicht gerade leicht mit ihrer Entscheidung, aber sie war sich sicher, dass es das Beste für alle Beteiligten war. Mit der Zeit würde es nur weh tun…würde sie ihn immer wieder sehen, und wenn er sie immer sah. Auch wenn sie es jetzt bereute, ihr war klar, dass es irgendwann verschwinden würde…dieses Gefühl.

Sobald sich die Weißhaarige vom Palast entfernte, lief sie zum östlichen Ausgang, wo sie auf eine Gruppe von Menschen trat. Genauer gesagt war es eine Karawane. Zuerst blickte er diese ein wenig skeptisch an, aber dann taute das Eis auf und sie kamen bei ihrem gemeinsamen Weg durch das Dorftor ins Gespräch.

So erfuhr sie auch, dass sie in die nächste Stadt südlich wollten, zwar nicht dorthin wo die Weißhaarige hin wollte, aber wenigstens fand sie so eine mitnehm-Gelegenheit. Sie war nicht allein. Lächelnd stieg sie dann auf den Esel, welchen man ihr anbot.

„Wir werden bei der Oase Rast machen“, hatte ihr der eine Mann erzählt.

Kisara nickte. „Von dort werde ich dann alleine weiter gehen. Ich danke euch, dass ihr mich mit genommen habt“, lächelte das Mädchen.

„Bist du dir sicher, dass du die Wüste alleine durchqueren willst?“

„Ja, ich weiß, welche Gefahren auf mich zu kommen“, nickte sie. „Ich habe keine Angst.“
 

Und so passierte es auch. Sobald sie an der Oase waren, stieg Kisara von dem Pferd ab, die Karawane stärkte sich und zog dann wieder weiter. Die Weißhaarige blieb alleine zurück. Langsam trat sie an den kleinen See heran. Sie blickte ihr Spiegelbild an. „Danke für alles“, wisperte die Weißhaarige leise.

Immer nur hatte sie gelernt verstoßen zu werden, ein Außenseiter zu sein und dann wurde sie für einen kurzen Augenblick akzeptiert. Ihre ganzen Abenteuer, die ganzen Qualen, sie führten sie zu ihm. Die wunderbare Zeit würde Kisara nie vergessen…

Schweigend betrachtete die Weißhaarige weiterhin ihr Spiegelbild. Doch statt ihres Gesichtes spiegelten sich die wichtigsten Ereignisse in dem Wasser wieder. Die aller erste Begegnung mit Seth. Seine Rettung auf dem Sklavenmarkt, wie er sie auf seinen Armen in den Palast trug. Die Begegnung im Palastgarten, wo er sie in seinen Armen hielt und tröstete. Die Kälte in seiner Stimme, die ihr sagte, dass er an ihrer Unschuld zweifelte. Der Kuss. Die Rettung. Und der Abschied. Eine Träne floss von Kisaras Gesicht in das Wasser herunter und verwirbelte die gerade Strömung.

Schnell wusch sich Kisara ihre Tränen aus dem Gesicht, als sie das Wiehern eines Pferdes hörte. Ihre Sinne schlugen wieder aus. Sofort richtete sie sich auf und wich ein wenig nach hinten, ehe ihre Schritte stoppten.
 

Endlich hatte er sie eingeholt. Dafür musste das Pferd aber auch einen ordentlichen Marsch hinlegen. Seth war erleichtert. Wahrscheinlich hatte er auch Glück, dass sie sich länger an der Oase ausruhe. Stillschweigend stieg der Priester von seinem Pferd herunter und ging auf die Weißhaarige zu. In der einen Hand hielt er noch immer die Zügel des Pferdes, welches ihm dadurch auch zu ihr folgte.

Stumm blickte Kisara zu ihm. Sobald er aber vor ihr stand, öffnete sich ihr Mund, welcher von Seths Zeigefinger schnell wieder verschlossen wurde. Kein Wort kam nun über ihre Lippen. Langsam legte der Priester seine Hände an ihre Taille. Mit einer unglaublichen Stärke hob er sie nach oben und setzte sie auf das Pferd. Er selbst stieg kurz darauf ebenso herauf. Die Zügel hielt er fest, während er eine Hand um Kisaras Bauch legte, sie damit festhielt, ritt er wieder los…zurück.

Diesmal aber ließ er seinem Pferd die Ruhe, die es brauchte. Außerdem wollte er mit der Geschwindigkeit die Weißhaarige nicht verschrecken. Es dauerte eine Weile ehe sie wieder in dem Dorf waren und während des gesamten Rittes sprachen sie keinen einzigen Satz miteinander. Am Palast angekommen, stieg zuerst Seth vom Pferd und hob dann das Mädchen herunter. Ganz langsam ließ er sie neben sich herunter gleiten.

Sogleich griff der Priester nach der Hand des Mädchens. Er hielt sie fest, während er dementsprechend zusammen mit ihr zum Thronsaal des Pharaos ging. Normalerweise wollte er dieses Gespräch alleine mit seinem Cousin führen, aber die Angst, Kisara ein weiteres Mal verlieren zu können, war zu stark. So konnte wenigstens gewährleistet werden, dass sie nicht wieder ging.

„Mein Pharao?“, fing Seth an. Er verbeugte sich kurz.

Atemu nickte. „Lass uns alleine sprechen. Kisara? Ich möchte dich bitten kurz draußen zu warten.“

Die Weißhaarige nickte ebenfalls, konnte sich aber nicht aus dem Griff des Priesters lösen. Atemu, der das bemerkte, fügte anschließend noch an: „Isis wird sich in der Zwischenzeit um Kisara kümmern.“

Jetzt endlich ließ Seth die Hand des Mädchens los. So war gewährleistet, dass sie ihn nicht wieder alleine ließ.
 

„Du hast sie also wieder gefunden. Das freut mich für dich“, lächelte Atemu.

„Ja, vielen Dank für Eure Aussage“, nickte Seth. „Ich bin aber auch wegen was Anderem hier her gekommen.“

„Und das wäre?“

„Ich möchte mich von meinen Pflichten entbinden lassen. Ich werde von nun an wie ein normaler Mensch im Dorf leben…zusammen mit Kisara. Ich bin mir sicher, Ihr könnt meine Entscheidung verstehen“, sprach Seth.

„Nein!“, Atemu schüttelte vehement den Kopf. „Du wirst deinen Pflichten am Hofe nachkommen.“

Seth schluckte und blickte den König erschrocken an. „Ich…das…wenn ich mich entscheiden muss, wird meine Entscheidung nicht für Euch ausfallen. Verzeiht“, damit stand er auf. Ein Vergehen, welches man nie vor einem Pharao bei der Audienz machen durfte.

„Ich will gar nicht, dass du dich entscheidest“, sprach der Pharao. „Du vergisst eine entscheidende Sache, mein lieber Seth.“

„Die da wäre?“, wollte der Angesprochene wissen.

„Ich habe keine Entscheidung gegen dich und Kisara getroffen. Es mag zwar üblich sein nur unter Königshäusern zu heiraten oder unter einander im Adel, doch ich werde der letzte sein, der sich einer Liebe in den Weg stellt“, erklärte Atemu.

„Das bedeutete…“, murmelte Seth leise. Er musste sich erstmals selber darüber im Klaren werden. Bisher gab es keinen solchen Fall wie seinen…nun ja…Akunadin hatte den gleichen Fall, doch statt irgendwas darüber zu sagen, verschwieg er es.

Atemu nickte. „Meinen Segen habt ihr.“
 

Mit schnellen Schritten machte sich Seth auf den Weg zu Kisara. Da sich Isis um das Mädchen kümmerte, suchte er sie bei deren Zimmer auf. Seth klopfte und nachdem er eintreten durfte, erblickte er die Priesterin alleine im Zimmer.

„Wo ist sie?“, wollte er wissen. Seth schluckte leicht. War sie etwa wieder weg?

„Sie wollte in den Palastgarten zum Brunnen“, antwortete Isis.

Seth nickte und machte sich nun auf den Weg dorthin. Wenn es die ganze Zeit über so wäre, dass er Kisara nach laufen musste, dann wäre es ja ein sehr turbulentes Leben.

Wie bereits bei ihrer anderen Begegnung hier, saß Kisara am Brunnen und hielt ihre Hand in das Wasser. Eine Weile über beobachtete der Priester das Mädchen. Er lächelte und trat dann zu ihr heran.

Sofort stand Kisara auf. Sie machte nur zwei Schritte, da standen sich die Zwei bereits gegenüber.

„Lass mich nie wieder alleine“, sprach der Priester leise. Seine Arme legte er sogleich um das Mädchen und zog sie dicht an sich heran. Kisaras Kopf lag nun seinem Brustkorb, sie konnte sein Herz schlagen hören.

„Nie wieder“, wisperte die Weißhaarige leise.

Seth nickte. „Wir haben seinen Segen.“ Langsam beugte sich der Priester mit dem Gesicht herunter zu dem von Kisara. Sie konnte den warmen Atem spüren, der gegen ihre Lippen floss.

Tränen kullerten über Kisaras Gesicht. Das war wie ein Traum, der nun in Erfüllung ging. Sie hatte einen Menschen gefunden, dem sie vertrauen konnte und der sie so liebte, wie sie war. Sie hatte ihn endlich gefunden…den Jungen, den sie so lange suchte…und ihren Seelengefährten…die große Liebe.



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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Von:  Raichu
2019-10-18T12:40:54+00:00 18.10.2019 14:40
Es mag ungewöhnlich sein nach so vielen Jahren über eine alte selbstgeschriebene FF ein Kommentar zu lesen, dennoch wollte ich ein kurzes Feedback hinterlassen. Ich habe Kisara X Seto als Paar immer geliebt und wie man weiß, wäre der Mangaka gerne näher auf die Beiden eingegangen, hätte es da nicht die knappe Deadline gegeben.
Vom groben Prinzip her fand ich die Geschichte ganz gut, sie passte zum klassischen Thema. Etwas schade fand' ich, dass nicht näher auf Kisaras Seele eingegangen wurde. Gut und schlecht zugleich war, dass sehr viel auf die anderen Charaktere eingegangen wurde, fast mehr als auf das Hauptpaar (gefühlt). Wäre die Geschichte länger gewesen, hätte es sicher gepasst, so wirkte es etwas zu füllig und Kisara sowie Seto blieben dezent auf der Strecke.
Dennoch - insgesamt hat mir das Stück FF sehr gut gefallen und man sollte ja nicht vergessen, dass im Vergleich zu damals bereits einige Jahre verflossen sind. Deshalb danke dir für diese kleine Erinnerung am heutigen Tage und nach all der Zeit.
Von: abgemeldet
2011-07-17T09:10:58+00:00 17.07.2011 11:10
Hi. Das war also das Ende deiner Story. Ich finde deine Story wirklich große klasse. Die Story konnte an gut mitverfolgen und sie war sehr spannend. Ich bin wiklich froh das die Beiden zusammengekommen sind und von nun an sicher sehr glücklich werden.

Lg kisar-kaiba
Von: abgemeldet
2011-07-10T11:39:03+00:00 10.07.2011 13:39
Hi. Auch diesmal ist das Kapitel sehr schön geworden. Ich freue mich schon darauf wenn Seth Kisara zurückholt und sie dann zusammenkommen.

Lg kisara-kaiba
Von: abgemeldet
2011-07-03T12:01:03+00:00 03.07.2011 14:01
Hi. Auch dieses Kapitel ist wirklich klasse geworden. Endlich ist es raus das Akunadin der Übeltäter ist. Freu mich schon darauf wie es weiter geht.

Lg kisara-kaiba
Von: abgemeldet
2011-06-26T20:16:22+00:00 26.06.2011 22:16
Hi. Auch dieses Mal hat mir dein kapitel sehr gut gefallen. Es freut mich das Seth immer noch fest an Kisara glaubt und ihr helfen will.Freu mich schon darauf wie es weiter geht.

Lg kisara-kaiba
Von: abgemeldet
2011-06-19T19:40:00+00:00 19.06.2011 21:40
Hi. Auch dieses Mal ist das Kapitel sehr schön geworden. Ich hoffe das Kisara schnell wieder frei kommt und sie auch mit Seth zusammen kommt noch.

Lg kisara-kaiba
Von:  Tebian
2011-06-14T23:28:04+00:00 15.06.2011 01:28
Hallo Varlet,

ich bin ein großer Mizushippingfan, deswegen habe ich mich gefreut, als ich deine Geschichte gefunden habe. Statt Mizushipping findet man ja fast nur Blueshipping… jedoch muss ich gestehen, ich bin nur bis zu diesem Kapitel gekommen. -__-
Sorry, aber… du hast eine merkwürdige Art Geschichten zu schreiben. Ich bin bei Kapitel 5 und die Geschichte hat immer noch nicht wirklich angefangen und wir befinden uns sogar noch am selben Tag und wahrscheinlich noch immer in derselben Stunde wie Kapitel 1. Außerdem finde ich es nervig, dass du immer nur eine Szene beschreibst und sie auch nur in ein Kapitel packst. Das alles was bisher passiert ist hättest du auch in einem Kapitel packen können, so wenig wie bisher passiert ist. Es ist gar nichts passiert.

Ich fand es schade, dass du nur so wenig Kommentare kriegst und dachte es liegt Mal wieder nur an Hetero, aber ich muss jetzt leider sagen, dass es auch an deinem Stil liegt.
Ich weiß nicht, wie du auf Kritik reagierst, doch ich hoffe du nimmst das eher als Ansporn.

Ich hoffe du verstehst was ich dir weiter oben damit sagen wollte? Liest du Bücher? Irgendwelche Romane, oder andere Fanfiktions? Da solltest du bemerkt haben spätestens ab Kapitel 3 geht eine Geschichte normaler Weise schon los. ^^‘‘‘ Und in jedem Kapitel sind mehrere Szenen eingebaut – nicht so wie bei dir. Sorry, aber so funktionieren Geschichten nun Mal… wenn mal in einem, oder zwei Kapitel nicht viel passiert, dann ist es okay, aber bei dir nimmt das ja gar kein Ende mehr. Eine Einleitung nach der nächsten. Ich würde mir wünschen du würdest auf meinen Rat hören, denn pro Kapitel geht es immer nur um eine Person und das was sie den lieben langen Tag tun. Das ist irritierend und ich verstehe ehrlich gesagt nicht was du damit bezwecken willst. Geht es nicht eigentlich um Seth und Kisara? Ich bin zwar ein Freund von ausschweifenden Erklärungen und Hintergrundbeschreibungen der Nebencharaktere, aber es war eher ermüdend. Ich habe das Gefühl es geht um Akunadin und nicht um Seth, welcher bisher ziemlich farblos blieb. In Kapitel 5 sollte eigentlich keine Einleitung mehr sein.

Leider habe ich noch weitere Gründe, weshalb ich an dieser Stelle aufhöre weiter zu lesen. Deine Geschichte ist voller Unlogik. Allein Akunadin… ist er nicht ganz, ganz schnell zurück geritten, damit er seine Arbeit fortsetzen kann und nicht zu lang wegbleibt vom Palast? Und was tut er? Er schaut in sein Buch, statt seine Arbeit zu erledigen. ^^‘‘‘ Das geht ja noch, aber dann, ganz plötzlich geht er wieder zu seinem Pferd. Okay, 4 Kapitel sind vergangen, aber in der Geschichte selber sind gerade einmal ein paar Minuten, oder höchstens eine Stunde vergangen. Das Pferd ist sicher immer noch kaputt und er reitet wieder aus? Ich dachte er muss arbeiten? Genauso ist es unlogisch, dass ihm ausgerechnet jetzt einfällt den Pharao stürzen zu wollen. Warum gerade jetzt? Man merkt einfach, dass du dir über solche Kleinigkeiten keinerlei Gedanken machst, aber auch die gehören zur Charakterisierung einer Figur dazu. Dieses Es-passiert-einfach-Schema benutzen leider sehr viele Autoren und das finde ich, sorry, sehr unprofessionell und auch irgendwie schlecht. Nichts passiert ohne Grund. Genauso das mit den Tänzerinnen. Der einzige Grund, der dir einfiel, Kisara in deine Geschichte zu holen (Ich bin sicher ab Kapitel 6 taucht Kisara auf und wird als Tänzerin angestellt) ist also, weil Tänzerinnen ausfallen? Das ist okay, aber warum musst du so einen typisch unlogischen Grund für den Ausfall der Tänzerinnen nehmen? Auf offener Straße finden sie nebenbei bestimmt nicht so schnell ein paar Tänzerinnen, zumal die alten Ägypter sehr auf Perfektion achteten. Sie würden also eher nach professionellen (oder adligen) Tänzerinnen suchen, als auf der Straße. Tut mir ja leid, aber dazu brauch ich nicht mal ein Experte für das alte Ägypten sein, denn das ist eine ganz logische Reaktion. Die Menschen heute achten auf Perfektionismus und damals haben das die Menschen auch getan. Findest du nicht dass das unlogisch ist? Du hast doch selbst beschrieben wie wichtig den Ägyptern ihre Feste waren. Das hat was mit Ethik zu tun, mit Religion… und da war ich ganz besonders geschockt, dass du, obwohl du die Religion der Ägypter gut beschrieben hast – solch einen großen Fehler machst. Der Pharao lässt doch nicht irgendwelche ausgehungerten, vielleicht sogar hässlichen Frauen bei sich tanzen. Und auch der Grund des Ausfalls… Ich meine: Da bricht eine Krankheit aus, die jede Tänzerin da flach legt, aber das ist kein Grund zur Sorge? Oo‘‘‘ Und natürlich sind ALLE Tänzerinnen krank und natürlich sonst niemand, außer die Tänzerinnen. Irgendwie… du machst es dir echt zu einfach. Verstehst du was ich meine? Da sind so viele Ungereimtheiten und es gibt noch mehr, aber mein Kommentar ist eh schon lang genug. Wenn da wirklich eine Krankheit ausgebrochen wäre dann wäre Alarm. Selbst die kleinste Grippe kann zum Tode damals führen. Und nehmen wir mal an es wären wirklich nur die Tänzerinnen ausgefallen so hätte sich bestimmt zumindest Seth darüber maßlos aufgeregt, weil die Planung so miserabel ist. Mahado und Isis hätten bestimmt nach den Tänzerinnen geschaut und sie gesund gepflegt. Merkwürdig, dass Isis noch nicht mal die Symptome nannte. Aber nein, du übergehst das Thema einfach.

Also sorry, ich finde es echt klasse wie du die einzelnen Charaktere beschreibst, ihnen Tiefe verleihen willst und ich fand es auch toll, dass du dem Leser die Traditionen des alten Ägypten nahegelegt hast, aber das tröstet nicht darüber hinweg welche unlogischen Fehler du da einbaust. Es gibt noch andere Dinge, die ich zu bemängeln habe, doch ich denke dass sollte nun reichen.

Tut mir echt leid, dass ich dir keinen netteren Kommentar schreiben konnte, aber meine Geduld ist nun wirklich zu Ende. Ich bin bis Kapitel 5 gekommen und les nicht mehr weiter, sorry. :( Es mag Anderen gefallen, aber mir leider nicht und die Gründe habe ich dir genannt. Ich hoffe du verbesserst dich noch und nimmst die Kritik ernst, denn gute Ansätze hast du ja. Ich wünsch dir viel Spaß bei den nächsten Kapiteln.

LG,
Tebi
Von: abgemeldet
2011-06-12T09:35:14+00:00 12.06.2011 11:35
Hi. Auch dies Mal ist das Kapitel sehr gut geworden. Ich freue mich schon darauf wie es weiter geht und ob die Wahrheit bald heraus kommt wer wirklich der Bösewicht ist und ob Kisara und Seth doch noch zusammen kommen und wen Atemu als Frau wählt.

lg kisara-kaiba
Von: abgemeldet
2011-06-05T20:21:01+00:00 05.06.2011 22:21
Hi. Auch diesmal hat mir das Kapitel sehr gut gefallen. Bin schon gespannt wie die Beiden ihre Liebe zueinander entwickeln und gestehen.

Lg kisara-kaiba
Von: abgemeldet
2011-05-29T11:27:49+00:00 29.05.2011 13:27
Hi. Auch diesmal ist das Kapitel sehr schön geworden. Freu mich schon darauf wie es weiter geht.

Lg kisara-kaiba


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